Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P726
DOI: 10.1055/s-0028-1086980

Ungewöhnliche Präsentation einer zerebralen Vaskulitis

S Bolat 1, N Garde 1, W Brück 1, R Dengler 1, M Stangel 1, C Trebst 1
  • 1Hannover, Göttingen

Falldarstellung: Ein 29-jähriger Patient stellte sich mit einem seit 3 Wochen subakut entwickelten Bild aus Halte- und Intentionstremor, einer Gang- und Standataxie sowie subfebrilen Temperaturen und Abgeschlagenheit vor. Eine wesentliche Vorgeschichte oder Vormedikation bestand nicht. Der Patient arbeitete als Tierpfleger mit Primaten. Im weiteren Verlauf zeigte sich eine progrediente Entwicklung mit Auftreten von Wortfindungsstörungen, Tetraparese, Myoklonien, Desorientierung und schließlich zunehmende Bewusstseinstrübung. Liquoranalytisch präsentierte sich eine lymphomonozytäre Pleozytose, eine Schrankenstörung, Nachweis von oligoklonalen Banden und eine intrathekale IgG-Synthese. Die kranielle MRT wies symmetrische bilaterale Signalalterationen im Bereich der Temporallappen, Thalamus und Basalganglien auf. Im EEG sah man neben einer Allgemeinveränderung triphasische Potentiale. Virologische als auch mikrobiologische Analysen und CJD Diagnostik konnten kein auslösendes Agens identifizieren. Unter einer pragmatischen antibiotischen und virostatischen Therapie mit additiver Gabe von intravenösen Immunglobulinen kam es zu einer allmählichen klinischen Besserung. Nach einem Monat zeigte sich eine erneute klinische Verschlechterung, in der die Tetraparese, Myoklonien, ein ubiquitärer Tremor und ein Psychosyndrom im Vordergrund standen. Eine erneute kraniale Bildgebung wies nun vor allem Signalalterationen in der supra- und infratentoriellen weißen Hirnsubstanz auf. Dagegen zeigte sich liquoranalytisch ein Rückgang der Pleozytose. Eine leptomeningeale und parenchymatöse Biopsie ergab im histopathologischen Bild eine perivaskuläre dichte lymphozytäre Infiltration, die sich auch diffus im Gewebe verteilte. Somit konnte die Diagnose einer zerebralen Vaskulitis gestellt werden. Zeichen für eine systemische Vaskulitis bestanden zu keiner Zeit. Unter einer immunsuppressiven Therapie mit Steroiden und Zyklosphosphamid stabilisierte und verbesserte sich das klinische Bild schnell.

Diskussion: Zusammengefasst handelt es sich in dem oben dargestellten Fall um eine isolierte zerebrale Vaskulitis mit ungewöhnlicher Präsentation. Für die Diagnose sind die Zusammenschau liquoranalytischer und bildmorphologischer Befunde und letztlich die histologische Diagnostik entscheidend. Inwieweit es sich in unserem Fall um eine primäre Vaskulitis oder um eine sekundäre postentzündliche Manifestation handelt ist zu diskutieren.