Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P714
DOI: 10.1055/s-0028-1086968

Modellerweiterungen zur nichtinvasiven Hirndruckbestimmung

B Schmidt 1, M Weinhold 1, M Czosnyka 1, J.J Schwarze 1, J Klingelhöfer 1
  • 1Chemnitz; Cambridge, UK

Hintergrund: Vor einiger Zeit wurde ein mathematisches Modell entwickelt, welches mittels Signalanalyse des arteriellen Blutdrucks (ABP) und der cerebralen Blutflussgeschwindigkeit (CBFV) den Hirndruck (ICP) nichtinvasiv erfasst (nICP). Aus ABP und CBFV werden die sog. TCD-Kennwerte berechnet und zur Transformation des ABP in das nICP-Signal verwendet. In der aktuellen Arbeit werden 3 Ansätze zur Optimierung des Basismodells vorgestellt.

1. Dynamische Adaption an den Status der cerebralen Autoregulation: Bei 150 Patienten mit Schädel-Hirn-Traumen wurden der (mittels ICP-Sonde erfasste) ICP, der ABP und die CBFV aufgezeichnet. Die Autoregulation wurde kontinuierlich durch eine fortlaufend gemittelte Korrelation zwischen cerebralem Perfusionsdruck (ABP-ICP) und CBFV erfasst. Der berechnete nICP wurde zur kontinuierlichen Erfassung der Autoregulation verwendet und das nICP-Modell jeweils dem aktuellen Status angepasst.

Die mittlere absolute Differenz zwischen ICP und nICP (D ICP) war beim adaptiven Modell etwas niedriger als im Basismodell (6.9±5.4mmHg versus 7.6±6.1mmHg; P<0.005).

2. Fuzzy Pattern Classification (FPC): Es wurden Signaldaten bestehend aus CBFV, ABP und ICP von 201 Patienten mit Schädel-Hirnverletzungen untersucht. Der im Basismodell lineare Zusammenhang zwischen TCD-Kennwerten und der ABP-ICP Transformation wurde mittels FPC nichtlinear formuliert. Dies erlaubte die Anwendung des nICP-Verfahrens in heterogenen Patientenkollektiven.

Beim FPC Ansatz lag die D ICP mit 6.21±5.50mmHg leicht, aber signifikant (P<0.001) niedriger als im Basismodell (6.39±5.76mmHg).

3. Individuelle Kalibriering: Bei 18 Patienten mit Schädel-Hirnverletzungen wurden CBFV, ABP und ICP während 1 Stunde aufgezeichnet und an 3 Folgetagen wiederholt. Die 1. Aufzeichnung diente der individuellen Kalibrierung des nICP-Verfahrens mittels des invasiv gemessenen ICP. In den Folgetagen wurde das kalibrierte nICP-Verfahren mit dem Basismodell verglichen.

Durch die initiale Kalibrierung ließ sich die D ICP von 7.1±7.2mmHg auf 5.8±6.0mmHg (P<0.05) senken.

Schlussfolgerung: Der Einsatz erweiterter Methoden zur Signalanalyse (Modell 1 und 2) führte nur zu relativ geringen Verbesserungen der Verfahrensgenauigkeit. Eine deutlichere Verbesserung wird durch eine initiale Kalibrierung erreicht. Diese Methode kann bei Patienten mit zeitweise implantierten ICP-Sonden eingesetzt werden. Nach Entfernung der Sonde wird das ICP-Monitoring durch das kalibrierte nICP-Verfahren fortgesetzt.