Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P704
DOI: 10.1055/s-0028-1086958

Sprachdominanz und Verbalgedächtnis bei Patienten mit Schizophrenie – eine Studie mittels funktioneller transkranieller Dopplersonographie

A Hermsen 1, H Jacobs 1, J Rösler 1, A Haag 1, M Huber 1, A Thum 1, S Knake 1, F Rosenow 1, W.H Oertel 1, H.M Hamer 1
  • 1Marburg

Fragestellung: Bei schizophrenen Patienten sind Verbalgedächtnisdefizite gut beschrieben. Studien verweisen auf linkstemporale metabolische sowie strukturelle Veränderungen. Die vorliegende Studie untersuchte daher die Frequenz verschiedener Sprachdominanzen sowie verbale Gedächtnisleistungen bei Patienten mit Schizophrenie.

Methoden: Bei 18 rechtshändigen Patienten (Alter: 39,6±12,5) mit Schizophrenie wurde mit funktioneller transkranieller Dopplersonographie (fTCD) und einem Wortgenerierungsparadigma die individuelle Sprachdominanz bestimmt. Aus den aufgezeichneten Blutflussgeschwindigkeiten der Arteria cerebri media (ACM) beidseits wurde mittels der Auswertungssoftware Average® der relative Blutflussanstieg unter Wortgenerierung gegenüber Ruhe bestimmt und aus der Seitendifferenz ein Lateralitätsindex (LI) und dessen 95%-Konfidenzintervall berechnet. Des weiteren wurde ein verbaler Lerntest (VLMT) durchgeführt. Die prämorbide Intelligenz wurde mittels Wortschatztest (WST) erhoben. Psychiatrische Symptome wurde mit der Brief Psychiatric Rating Scale (BPRS) ermittelt. Die Kontrollgruppe bestand aus 35 gesunden Rechtshändern (Alter: 56,4±8,9).

Ergebnisse: Schizophrene Patienten zeigten nicht häufiger eine atypische Sprachdominanz als Gesunde (7% vs. 9%; p>.1). Die LIs unterschieden sich zudem im Mittel nicht (4,2 vs. 3,8; p>.1). Der maximale relative Blutflussanstieg war bei Schizophrenen beidseits signifikant geringer als bei den Gesunden (ACM links 10,5% vs. 14,0% p<.05, ACM rechts 6.7% vs. 11,2% p<.05). Schizophrene Patienten waren bei vergleichbarem prämorbiden Intelligenzniveau jünger (p<.01), zeigten aber eine geringere verbale Gesamtlernleistung (p<.01). Die Behaltens- und Wiedererkennensleistung waren hingegen nicht verringert. Der LI korrelierte nicht mit den verbalen Gedächtnisparametern und den aktuellen psychiatrischen Symptomen (BPRS). Schizophrene mit relativ starker linksseitiger Dominanz (Median-Split) zeigten eine tendenziell schlechtere Wiedererkennensleistung als die Patienten mit schwächer ausgeprägtem LI (p<.1).

Schlussfolgerung: In dieser Studie konnte keine erhöhte Rate atypischer Sprachdominanzen bei Schizophrenen gezeigt werden. Es ergaben sich Hinweise, dass eine schwächer ausgeprägte linksseitige Sprachdominanz bei Schizophrenen mit einem geringeren Verbalgedächtnisdefizit assoziiert ist.