Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P650
DOI: 10.1055/s-0028-1086904

Epidemiologie, Prädiktoren und Outcome HIV infizierter Patienten auf der neurologischen Intensivstation

K Anneken 1, O Braicks 1, S Evers 1, W.R Schäbitz 1, U Klönne 1, I.W Husstedt 1
  • 1Münster

Fragestellung: Die Manifestation des humanen Immunodefizienz Virus (HIV) im Nervensystem ist eine häufige Komplikation im AIDS-Stadium, wobei gravierende neurologische Defizite eine intensivmedizinische Behandlung bedingen können. Ziel dieser Studie war es, Epidemiologie, Prädiktoren und Outcome bei HIV Infizierten auf einer neurologischen Intensivstation zu untersuchen.

Methoden: Retrospektiv wurden die Krankenakten aller HIV Infizierten, die von 1996 bis 2007 intensivmedizinisch in der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Münster (UKM) behandelt worden waren, hinsichtlich demographischer, HIV assoziierter und neurologisch diagnostischer Daten, Charakteristika der Intensivtherapie sowie bezüglich der antiretroviralen Therapie und des Outcome untersucht.

Kategoriale Variablen wurden mit dem Chi Quadrat Test, kontinuierliche mit dem Mann-Whitney-U Test analysiert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden im o.g. Zeitraum 172 HIV Infizierte in der Klinik für Neurologie des UKM stationär behandelt. Von ihnen waren 37 (22%) (Durchschnittsalter 39,5±0,7 Jahre; 24m) intensivpflichtig. Dreizehn (35%) dieser Patienten waren ausländischer Herkunft, überwiegend aus Afrika stammend. Die zerebrale Toxoplasmose (7/37) und Kryptokokkose (5/37) sowie die progressive multifokale Leukoenzephalopathie (5/37) erwiesen sich als die häufigsten primären Diagnosen. Insgesamt verstarben 19/37 Patienten (51%) während oder innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss der intensivmedizinischen Behandlung. Die Faktoren „Beatmungspflichtigkeit“, „antiretroviral naiver Immigrant“, „zerebrales Malignom“ und „fehlende antiretrovirale Therapie bei Aufnahme“ erwiesen sich bezüglich des Outcomes „Tod“ als statistisch signifikante negative Prädiktoren.

Schlussfolgerungen: Die intensivmedizinische Behandlungsbedürftigkeit ist eine häufige Komplikation bei HIV Infizierten mit Neuromanifestation. Die vorliegende Studie nimmt erstmals eine genauere Analyse dieses Patientenkollektivs vor. Die Mortalitätsrate in diesem Kollektiv ist hoch, wobei opportunistische ZNS Infektionen ätiologisch eine wichtige Rolle spielen. Die Ergebnisse dieser Studie untersteichen die dringende Notwendigkeit einer frühzeitigen antiretroviralen Therapie bei HIV Infizierten mit Neuro-AIDS und zeigen die besondere Problematik antiretroviral naiver Immigranten auf.