Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P643
DOI: 10.1055/s-0028-1086897

Cidofovir als Ko-Therapeutikum bei HIV-assoziierter PML Überblick und Metaanalyse

I.W Husstedt 1, K Berger 1, C Kraemer 1, O Braicks 1, K Biehl 1, N Gregor 1, D Reichelt 1, S Evers 1
  • 1Münster

Die progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML) ist eine Erkrankung des ZNS, die durch das JC-Virus (JCV) verursacht wird. Die Durchseuchung mit JCV beträgt im 2. Lebensjahrzehnt 90%. Je nach Stadium entwickeln bis zu 5% aller HIV-Infizierten eine PML. Die PML ist eine disseminierte demyelinisierende Erkrankung der weißen Substanz des Gehirns. Ohne HAART beträgt die mittlere Überlebenszeit sechs Monate, unter HAART kann eine Reduktion der PML eintreten und es sind Überlebenszeiten von mehreren Jahren möglich. Ob Cidofovir, was eine hohe Effektivität gegen JCV in vitro aufweist, als Ko-Medikation mit HAART effektiver ist als HAART allein, wurde in einer Metaanalyse untersucht. Die wissenschaftliche Recherche mittels Medline ergab für den Zeitraum von 1998 bis 2008 32 Arbeiten, in denen Ergebnisse über die Kombination von HAART und Cidofovir im Vergleich zu HAART als Monotherapie publiziert wurden. Bei den meisten Publikationen handelt es sich um kasuistische Berichte. Es fanden sich insgesamt nur sieben Studien, in denen größere Patientenkollektive prospektiv mit HAART versus HAART und Cidofovir behandelt wurden. Insgesamt wurden 180 Patienten mit HAART sowie 125 Patienten mit der Kombination HAART und Cidofovir behandelt und über 12 Monate nachverfolgt. Eine eindeutige Überlegenheit der Kombination von HAART mit Cidofovir ergab sich nur in einer dieser Studien. In einer Studie, die den Verlauf über zwei Jahre analysiert, stellte sich geringradiger Vorteil für das Kollektiv unter HAART mit Cidofovir heraus. Metaanalytisch ergibt sich, dass nach Analyse prospektiver Studien keine generelle therapeutische Überlegenheit der Kombinationstherapie von HAART mit Cidofovir im Vergleich zur Monotherapie mit HAART zu verzeichnen ist. Eine systematische Überlegenheit der Kombinationstherapie aus Cidofovir und HAART lässt sich durch die Analyse der Literatur nicht belegen. Prognostische Marker, die eine Vorhersage ermöglichen, welche Patienten von einer Kombinationstherapie aus HAART und Cidofovir profitieren, existieren bis heute nicht und sind der weiteren infektiologischen Grundlagenforschung vorbehalten. In einzelnen Fällen kann eine Therapie mit Cidofovir in Kombination mit HAART als ultima ratio bei rasch progredienter HIV-assoziierter progressiver multifokaler Leukoenzephalopathie in Erwägung gezogen werden.

Eine genaue Vorhersage, ob inividuell gesehen, ein Patient ggf. von der Kombinationstherapie profitieren wird, ist bis heute nicht möglich.