Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P586
DOI: 10.1055/s-0028-1086840

Multiple Sklerose und familiäres Mittelmeerfieber: atypischer Verlauf bei einer Patientin mit einer Mutation im MEFV-Gen

L.A Hoffmann 1, P Lohse 1, R Hohlfeld 1, T Kuempfel 1
  • 1München

Das familiäre Mittelmeerfieber (FMF) ist eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung infolge von Mutationen im MEFV-Gen auf Chromosom 16p, die typischerweise im östlichen Mittelmeerraum auftritt. Klinisch kommt es zu rezidivierenden Episoden mit Fieber, Serositis, Arthralgien, Bauchschmerzen oder erysipeloidem Erythem. Über eine Hirnnervenbeteiligung und entzündlich-demyelinisierende Erkrankungen des zentralen Nervensystems wurde vereinzelt berichtet.

Wir beschreiben den ungewöhnlichen Verlauf einer Patientin mit Multipler Sklerose (MS) und einer Mutation im MEFV-Gen. Mit 53 Jahren entwickelte die Patientin subakut eine sensomotorische Hemiparese links. Kernspintomografisch kam eine große, singuläre, partiell KM-aufnehmende balkenassoziierte Marklager-läsion rechts zur Darstellung. Im Liquor zeigten sich oligoklonale Banden. Laborchemisch fielen ein erhöhter ANA-Titer (1:240), positive SSB-AK und ein wiederholt erhöhtes CRP auf. Aus der Vorgeschichte ließen sich rezidivierende Myalgien und Arthralgien, erhöhte Entzündungswerte sowie eine einmalige Episode eines unklaren meningitischen Syndroms eruieren. Differentialdiagnostisch wurde an eine zerebrale Vaskulitis, eine ADEM und die Erstmanifestation einer MS gedacht und eine hochdosierte Kortison-Therapie eingeleitet, die zu einer kompletten Remission führte.

Nach einem beschwerdefreien Intervall von drei Jahren kam es erneut zu einer schweren sensomotorischen Hemiparese links mit deutlicher Gangstörung, welche unter Kortison nur inkomplett remittierte. Im MRT zeigte sich im Bereich der früheren Läsion eine frische Diffusionsstörung ohne Nachweis anderer neuer Herde. Eine zerebrale Angiographie ergab keine vaskulitischen Veränderungen. Eineinhalb Jahre später trat eine leichte Dysarthrie auf bei Nachweis neuer MRT-Läsionen im Hinstamm und im linken Marklager. Anhand der McDonald-Kriterien konnte die Diagnose MS gestellt werden. Aufgrund der Vorgeschichte mit unklaren rheumatologischen Beschwerden wurde eine molekulargenetische Untersuchung durchgeführt, die bei der Patientin eine von Exon 3 des MEFV-Gens kodierte Arginin329 (CGT)-Histidin (CAT)-Substitution in heterozygoter Form nachwies.

Zusammenfassend konnten durch den Nachweis der Mutation im MEFV-Gen die unklaren rezidivierenden autoinflammatorischen Symptome der Patientin erklärt werden. Die Häufigkeit von MEFV-Mutationen in der deutschen Bevölkerung oder bei deutschen MS-Patienten ist bislang nicht bekannt und wird in weiterführenden Studien untersucht.