Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P559
DOI: 10.1055/s-0028-1086813

Takotsubo-Kardiomyopathie: Ursache oder Folge einer zerebralen Ischämie?

R Haffner 1, K Pfadenhauer 1, T Müller-Honold 1, W von Scheidt 1, M Naumann 1
  • 1Augsburg

Allgemeines: Die Takotsubo- Kardiomyopathie (TCM) wird zunehmend häufiger diagnostiziert. Es handelt sich dabei um eine Herzerkrankung, die häufig bei postmenopausalen Frauen nach einem Stressereignis auftritt und sich klinisch wie ein Myokardinfarkt präsentiert. Ventrikulographisch findet sich eine typische apikale Ballonierung des linken Ventrikels. Koronarangiographisch muss eine dafür relevante Stenose ausgeschlossen werden. Die kardiale Funktionsstörung bildet sich in der Regel nach Tagen bis Wochen vollständig zurück.

Fragestellung: Kann die TCM Ursache oder Folge zerebraler Ischämien sein?

Methoden: Wir untersuchten 22 konsekutive Patienten (davon 21 Frauen, Altersmedian 72 Jahre), bei denen innerhalb eines Jahres angiographisch eine TCM diagnostiziert wurde. Bei 4 Patienten zeigten sich koronarangiographisch zusätzlich höhergradige Stenosen der Koronararterien ohne ursächliche Relevanz für die TCM.

Ergebnisse: Bei drei Patienten trat in engem zeitlichen Zusammenhang mit der TCM eine ischämische zerebrale Symptomatik auf. Davon ein Fall von 2 x links-hemisphärischer TIA ca. 48 Std. vor dem Auftreten der kardialen Symptomatik und zwei Fälle von Territorialinfarkten im Versorgungsgebiet der ACP links bzw. ACM rechts nach Beginn der kardialen Symptome.

Schlussfolgerungen: Die TCM kann Folge und Ursache einer zerebralen Ischämie sein. Wenn eine zerebrale Ischämie der TCM eindeutig vorausgeht, kann pathophysiologisch ein Stressereignis oder eine autonome Imbalanz durch eine primär zerebrale Schädigung angenommen werden. Treten die Symptome einer TCM vor einem Hirninfarkt auf, so ist von einem kardio-embolischen Geschehen auszugehen. Dafür sprechen die verschiedenen Lokalisationen TCM- assoziierter Hirninfarkte, die Fallberichte von extracerebralen arteriellen Embolien und Ventrikelthromben bei einem unserer Patienten und in mehreren Fallbeschreibungen. Obwohl die Prognose der TCM prinzipiell günstig eingeschätzt wird, traten bei 2 von 22 unserer Patienten am ehesten kardial-embolische Hirninfarkte auf. Damit stellt sich die Frage, bei welchen Patienten mit TCM eine Antikoagulation eingeleitet werden sollte. Der Nachweis eines linksventrikulären Thrombus erfordert eine sofortige Antikoagulation, insbesondere da die sich rasch zurückbildende linksventrikuläre Funktionsstörung bei TCM eine embolische Komplikation begünstigt. Gleiches gilt für die häufiger im Zusammenhang mit TCM auftretenden Herzrhythmusstörungen wie absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern.