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DOI: 10.1055/s-0028-1086744
Sprache im Alter: Eignung als Prädemenz-Marker?
Fragestellung:„Was zuletzt kam, geht als Erstes“ beschreibt häufig anzutreffende Ausfallmuster bei Demenz. So geben Demente in der Testung auf semantische Wortflüssigkeit häufiger als Gesunde früher im Leben erworbene Wörter an (Forbes-McKay at all, 2005). Wir überprüften, ob dieser „age-of-acquisition“ Effekt als Prädemenz-Marker eingesetzt werden kann.
Methoden: Wir untersuchten eine Teilgruppe von 125 Probanden (mittleres Alter 62,5 Jahre) aus der SEARCH-Studie ohne Schlaganfall, Depression oder Demenz. Die Teilnehmer nannten möglichst viele Wörter mit S als Anfangsbuchstaben (lexikalische Flüssigkeit) und schätzten ein, wann sie jedes Wort zum ersten Mal in ihrem Leben verwendet und verstanden hatten (Erwerbsalter). Vierzig Probanden führten diese Aufgabe auch für semantische Flüssigkeit (Tiere) aus. Alle Probanden wurden umfangreich neuropsychologische getestet.
Ergebnisse: Entgegen der Prädiktion korrelierte schlechtes Arbeitsgedächtnis mit spätem Erwerbsalter (p<0.01) – und zwar bei lexikalischer wie semantischer Wortflüssigkeitstestung. Ein Untergruppenvergleich ergab, dass dieser paradoxe Effekt auf die insgesamt noch gute Gedächtnisleistungen der Teilnehmer zurückging. Betrachtete man Probanden mit unterdurchschnittlichem verbalen Gedächtnis, fand sich bei denen, die gleichzeitig schlechtere Leistungen in Aufmerksamkeit und exekutive Funktionen hatten, der erwartete Effekt des „Was zuletzt kam, geht als Erstes“ (p<0.001 bzw. p<0.01).
Schlussfolgerung: Die aktuelle Querschnittserhebung legt einen umgekehrten-U Zusammenhang nahe: Bei Probanden mit intaktem verbalen Gedächtnis fördert ein gutes Arbeitsgedächtnis die Produktion von früh erworbenen Wörtern. Ist das Arbeitsgedächtnis schlechter, werden mehr später erworbene Wörter berichtet. Bei beeinträchtigtem verbalen Gedächtnis werden wiederum, wenn die Aufmerksamkeit und die exekutive Funktionen abnehmen, eher früh erworbene Wörter produziert. Der „age-of-acquisition“-Effekt in der Wortflüssigkeitstestung ist daher unseres Erachtens nicht als direkter Prädemenz-Marker geeignet.