Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P445
DOI: 10.1055/s-0028-1086699

Variationen der segmentalen nervalen Versorgung bei lumbosacralen Übergangsanomalien

M Kottlors 1, F.X Glocker 1
  • 1Bad Bellingen, Freiburg

Fragestellung: 4–12% der Bevölkerung weist eine lumbosacrale Übergangsanomalie auf. Bei einem Teil imponiert diese als Variation der Zahl der Lendenwirbelkörper (LWK), so dass vier oder sechs LWK auf der Röntgenaufnahme gezählt werden. Die Bezeichnung und radikuläre Zuordnung einer lumbalen Nervenwurzel wird entsprechend dem LWK vorgenommen, dessen axiale Schnittebene cranial dieser Nervenwurzel liegt. Die Untersuchung folgt der Fragestellung, ob bei einer vier- oder sechsgliedrigen Lendenwirbelsäule (LWS) die nervale Versorgung sich auch an den Landmarken wie 12. Rippe und lumbosacralem Übergang entsprechend einer fünfgliedrigen LWS orientiert.

Methoden:

  • Klinisch monosegmentales sensomotorisches L5-Syndrom.

  • sechs-oder viergliedrige LWS (keine knöcherne Verbindung des caudalen freien LWK mit dem Sacrum).

  • CT und/oder NMR und/oder lumbale Myelographie mit monosegmentaler Bandscheibenhernie der caudalen LWS

  • Elektrophysiologie (H-Reflex, EMG, Neurographie). Ausschluss anderweitige neurologische/orthopädische Erkrankungen/Voroperationen der LWS.

Ergebnisse: 7 Patienten mit sechsgliedriger LWS und klinisch sensomotorischem L5-Syndrom wurden aus einem stationären Kollektiv von 1100 Patienten mit der Aufnahmediagnose „Rückenschmerzen“ detektiert. Von diesen 7 Patienten wiesen 6 Patienten einen mediolateralen Bandscheibenvorfall zwischen dem 4. und dem 5. LWK auf. Ein Patient mit rudimentärer Rippe zeigte eine isolierten extraspinalen Vorfall zwischen dem 4. und dem 5. LWK Ein Patient wies eine viergliedrige LWS auf bei klinisch sensomotorischem L5-Syndrom, elektrophysiologisch beidseits normalem H-Reflex und myelographisch monosegmentaler Wurzelkompression zwischen dem 4. LWK und dem 1. Sacralwirbelkörper.

Diskussion: In der Mehrzahl der Fälle (6/7) lässt sich die Übergangsanomalie einer sechsgliedrigen LWS durch Orientierung am lumbosacralen Übergang und begleitendem „Fehlen der 12. Rippe“ interpretieren. Bei 1/7 Fällen ist der klinische Befund einer L5-Kompression nur dadurch zu erklären, dass bei freiem 6. LWK die Wurzel L5 zwischen dem vorletzten und letzten LWK abgeht. Im Fall der viergliedrigen LWS sind die Befunde eines L5-Syndroms dahingehend zu interpretieren, dass caudal des letzten (vierten) freien LWK die Wurzel L5 verläuft.

Zusammenfassend muss bei numerischer Abweichung der Zahl der LWK eine eingehende Diagnostik erfolgen, um die Bildgebung richtig zu interpretieren und um eine korrekte Korrelation mit der Klinik zu gewährleisten.