Z Sex Forsch 2024; 37(01): 29-34
DOI: 10.1055/a-2234-0420
Dokumentation

Sexuelle Kultur Berlins zwischen Subkultur und Selbstoptimierung. Ein Seminarkonzept im Rahmen des Studienprogramms Berlin Perspectives an der Humboldt-Universität zu Berlin

Sexual Culture of Berlin between Subculture and Optimization of Self. A Seminar Concept in the Study Program Berlin Perspectives at the Humboldt University of Berlin
Stefanie Rinke
Humboldt International Campus, Humboldt-Universität zu Berlin
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Das Seminar „Sexuelle Kultur Berlins zwischen Subkultur und Selbstoptimierung“ ist ein Angebot des Studienprogramms Berlin Perspectives der Humboldt-Universität zu Berlin. Es ist für ausländische Studierende aus aller Welt konzipiert, die sich in ihrem Auslandsstudium mit einem zentralen Merkmal der Stadt Berlin wissenschaftlich beschäftigen wollen. Das Ziel dieses forschungsorientierten Seminars liegt in der Stärkung der Forschungskompetenz der Studierenden, die selbst eine eigene Forschungsfrage zur Gegenwart der sexuellen Kultur in Berlin entwickeln und diese in einer Präsentation und einem Forschungsportfolio am Ende des Seminars bearbeiten. Der Rahmen des Seminars bietet zum einen Grundlagenwissen an. Das ist zunächst a) die Seminarthese, dass die sexuelle Kultur Berlins nicht einfach nur frei gelebte Sexualität ist, sondern dass sie dem globalen ökonomischen Regime der sexuellen Selbstoptimierung untersteht. Besonders in Berlin fällt die sexuelle Selbstoptimierung auf fruchtbaren Boden, wie anhand b) der lokalen Geschichte der sexuellen Kultur der Stadt von der Moderne bis zur Gegenwart beleuchtet wird. Die Studierenden präsentieren im zweiten Teil des Seminars ihre Forschungsprojekte zur Gegenwart. Themen sind u. a. sexpositive Räume, Praktiken wie Kink (BDSM, Bondage, Fetisch) und Tantra, sexuelle Identitäten und ihre Verhandlung (LGBTQAI+, FLINTA* etc.), neue Beziehungsformen (Polyamorie vs. Monogamie, Online-Dating), sexpositiver Aktivismus und Medien (Pornografie) sexueller Kultur.

Abstract

The seminar “Sexual Culture in Berlin between Subculture and Self-Optimization” is part of the study program Berlin Perspectives at the Humboldt University of Berlin. It is aimed at international students from all over the world who wish to academically explore a central feature of the city of Berlin during their studies abroad. The aim of this research-oriented seminar is to strengthen the research skills of the students, who develop their own research question on the current sexual culture in Berlin and work on it in a presentation and a research portfolio at the end of the seminar. On the one hand, the framework of the seminar provides basic knowledge. First of all, a) the seminar thesis that Berlin’s sexual culture is not just freely lived sexuality, but that it is subordinated to the global economic regime of sexual self-optimization. In Berlin in particular, sexual self-optimization finds fertile ground, as illustrated by b) the local history of the city’s sexual culture from modernity to the present. In the second part of the seminar, the students present their current research projects. Topics include sex-positive spaces, practices such as kink (BDSM, bondage, fetish) and tantra, sexual identities and their negotiation (LGBTQAI+, FLINTA*, etc.), new forms of relationships (polyamory vs. monogamy, online dating), sex-positive activism, and media (pornography) of sexual culture.



Publication History

Article published online:
12 March 2024

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