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DOI: 10.1055/s-2002-19908
Kann eine linksventrikuläre pathologische Hypertrophie bei arterieller Hypertonie von einer physiologischen Hypertrophie durch Sport unterschieden werden?
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
28. April 2004 (online)

Zuschrift Nr. 1
Schannwell et al. [6] führten vergleichende dopplerechokardiographische Untersuchungen bei Ausdauersportlern, Hypertonikern und einer Kontrollgruppe durch. Sie fanden eine signifikant erhöhte linksventrikuläre Muskelmasse bei den untersuchten Sportlern und Hypertonikern gegenüber der Kontrollgruppe, während das diastolische Füllungsverhalten nur bei den Hypertonikern beeinträchtigt war. Es wird die Schlussfolgerung gezogen, dass die linksventrikuläre Füllungsdynamik eine Differenzierung zwischen physiologischer und pathologischer linksventrikulärer Hypertrophie erlaubt.
Der Beitrag impliziert, dass die Ergebnisse innovativ sind, denn frühere, seit den 80er Jahren von verschiedenen Arbeitsgruppen publizierte Befunde über die linksventrikuläre diastolische Funktion des Sportherzens werden nahezu komplett ignoriert. Eine 1999 in Circulation veröffentliche Metaanalyse, die die echokardiographischen Daten von 1451 Athleten im Vergleich zu 813 Kontrollpersonen aus 59 Studien darstellt [5], scheint den Autoren ebenso wenig bekannt zu sein wie wichtige grundlegende Arbeiten, die beispielsweise echokardiographische Befunde von ausdauertrainierten Patienten, bei denen eine hypertrophe Kardiomyopathie besteht, und gesunden Sportlern [1] oder die diastolische Funktion bei verschiedenen Formen der linksventrikulären Hypertrophie [3] vergleichen.
Viel gravierender sind aber die in Tab. 2 dargestellten Kammerwanddicken der so genannten Ausdauersportler [6]. Septum und Hinterwand der 42 Sportler sind mit 15 ± 3 bzw. 14 ± 2 mm eindeutig verdickt. Bei einem enddiastolischen Durchmesser des linken Ventrikels von 50 ± 4 mm ergibt sich die Konstellation einer konzentrischen linksventrikulären Hypertrophie, die ein ähnliches Ausmaß aufweist wie jene der verglichenen Hypertoniker. Dieser Befund, würde er stimmen, wäre innovativ, denn weltweit existiert Ähnliches nicht. In der oben erwähnten Metaanalyse [5] betragen die Mittelwerte aus 31 Studien bei Ausdauersportlern für Septum- und Hinterwanddicke 10,5 bzw. 10,3 mm. Kammerwanddicken oberhalb von 13 mm sind auch bei Sportlern in der Regel pathologisch [7] [8]. In der zahlenmäßig größten Einzelstudie von Pelliccia [4], die die echokardiographischen Befunde von 947 hochtrainierten Sportlern umfasst, hatten lediglich 6 Athleten dickere Kammerwände als 13 mm. Diese Sportler (ausschließlich Ruderer und Kanuten) wiesen durchweg einen grenzwertig großen bis vergrößerten linken Ventrikel auf.
In der Literatur besteht Einigkeit darüber, dass umfangreiches Ausdauertraining zu einer exzentrischen linksventrikulären Hypertrophie führt. Die von Schannwell et al. [6] veröffentlichen Zahlen bezüglich enddiastolischer Durchmesser des linken Ventrikels und Kammerwanddicken bei Sportlern (letztere liegen unter Berücksichtigung der Standardabweichung im Einzelfall um 20 mm) entsprechen einer konzentrischen Hypertrophie und sind deshalb als pathologische Hypertrophie zu bewerten.
Einige weitere Ungenauigkeiten fallen auf und ziehen die Qualität der Arbeit [6] erheblich in Zweifel. Die sportanamnestischen Angaben für die Gruppe der Ausdauersportler bzw. Langstreckenläufer sind unvollständig. 50 bis 60 Laufkilometer pro Woche sind für eine Sportherzhypertrophie häufig nicht ausreichend [7], dementsprechend ist bei den Sportlern der enddiastolische Durchmesser des linken Ventrikels mit 50 mm nicht vergrößert und unterscheidet sich auch nicht von den Normalpersonen und Hypertonikern (Tab. 2 in 6). Die Körperoberfläche wird in Tab. 1 mit kg/cm 2 angegeben, eine ungewöhnliche Maßeinheit, zumal für die linksventrikuläre Muskelmasse g/m 2 verwendet wird [6]. Der Muskelmassenindex liegt für alle verglichenen Gruppen zwergenhaft niedrig und ist auch bei den Hypertonikern weit entfernt vom klinischen Grenzwert, abgeleitet aus der Framingham-Studie [2]. Hinsichtlich der antihypertensiven Medikation werden u. a. AT2-Rezeptor-Antagonisten genannt. Tatsächlich wird aber über die Blockade der AT1-Rezeptoren Angiotensin II gehemmt.
Wir meinen, die Arbeit von Schannwell et al. [6] bringt mehr Verwirrung als dass sie Wissenswertes vermittelt.
Literatur
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            Kann  eine linksventrikuläre pathologische Hypertrophie bei arterieller  Hypertonie
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Univ.-Prof. Dr. med. Wilfried Kindermann
Prof. Dr. med. Axel Urhausen
         Institut für Sport- und Präventivmedizin  der Universität des Saarlandes
         
         66041 Saarbrücken
         
         
Univ.-Prof. Dr. med. Hans-Hermann Dickhuth
         Medizinische Universitätsklinik- Sportmedizin - der  Eberhard-Karls-Universität
         
         72074 Tübingen
         
         
 
     
      
    