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DOI: 10.1055/s-0032-1315685
Defekt auf X-Chromosom – Gentherapie zeigt Erfolg bei Hämophilie B
Publication History
Publication Date:
31 May 2012 (online)
Derzeit wird die Hämophilie B rein symptomatisch über Substitution von Faktor IX behandelt; trotz ihrer Wirksamkeit ist diese Therapie mit Nachteilen verbunden, etwa den hohen Kosten und dem Auftreten von inhibierenden Antikörpern bei Langzeitbehandlung. Eine Heilung der Erkrankung wäre theoretisch möglich, wenn das gesunde, einen normalen Faktor IX produzierende Gen in die Leberzellen eingeschleust werden könnte, in denen die Synthese stattfindet.
N Engl J Med 2011; 365: 2357–2365
Die Einschleusung eines gesunden menschlichen Faktor-IX-Gens über einen modifizierten Adenovirus-Vektor kann bei Patienten mit Hämophilie B zu einer ausreichenden und anhaltenden Gerinnungsaktivität führen. Das ist das Ergebnis einer Studie aus Großbritannien mit insgesamt 6 Patienten, die 2010 und 2011 behandelt und über bis zu 16 Monate nachbeobachtet wurden.
Bei allen Patienten hatte vor der Behandlung eine Faktor-IX-Aktivität von weniger als 1 % des Normalwerts vorgelegen, die bei 5 von ihnen mit regelmäßigen Infusionen von Faktor IX (2- bis 3-mal pro Woche) behandelt wurde. Ein Patient erhielt gezielte Faktor-IX-Gaben, d. h. vor allen Aktivitäten, die mit erhöhtem Verletzungs- und Blutungsrisiko verbunden waren (etwa 1-mal pro Woche).
Die Genübertragung erfolgte über die Infusion des Vektors in eine periphere Vene, dabei erhielten jeweils 2 Patienten eine niedrige, eine mittlere oder eine hohe Dosis des Vektors. Bei allen Patienten kam es zur Produktion eines normalen Faktors IX mit Aktivitäten von 2–11 %. 4 der Patienten konnten daraufhin die Substitutionsbehandlung abbrechen, da die erreichte Gerinnungsaktivität für eine normale Blutstillung ausreichte, bei den beiden restlichen Patienten konnten die Intervalle zwischen den Substitutionen verlängert werden. Insgesamt wurde die Therapie gut vertragen, bei den beiden Patienten aus der Hochdosis-Gruppe kam es zu einem asymptomatischen Anstieg der Transaminasenkonzentration im Serum. Nach Ausschluss anderer Ursachen wurde eine T-Zell-vermittelte Immunreaktion gegen die transformierten Leberzellen vermutet und eine Therapie mit Prednisolon eingeleitet. Darunter bildeten sich die Transaminasenwerte zurück und blieben auch nach Absetzen der Kortikoide im Normbereich, die Aktivität von Faktor IX blieb erhalten.
Die intravenöse Gabe des humanen Faktor-IX-Gens über einen Adenovirus-Vektor kann bei Patienten mit Hämophilie B zu einem ausreichenden Anstieg der Faktor-IX-Aktivität führen. Dabei muss die Reaktion des Immunsystems gegenüber den transformierten Leberzellen berücksichtigt werden, so die Autoren, und der genaue Pathomechanismus der beschriebenen Transaminasenerhöhungen geklärt werden. Dazu ist allerdings eine deutlich größere Anzahl von Studienteilnehmern erforderlich, bei denen dann bestimmt werden könnte, ob ein routinemäßiger, prophylaktischer Kortikoideinsatz sinnvoll wäre.
Dr. Elke Ruchalla, Trossingen