Rofo 2008; 180(11): 947-948
DOI: 10.1055/s-2008-1101405
Bildessay

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Bildgebung des Morbus Niemann-Pick

Imaging of Niemann-Pick DiseaseG. Staatz, S. Alibek, I. Knerr1 , H. Blessing1
  • Kinderradiologie des Radiologischen Instituts, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
  • 1Kinder- und Jugendklinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Further Information

Publication History

Publication Date:
24 October 2008 (online)

Der Morbus Niemann-Pick ist eine seltene autosomal-rezessiv vererbte Lipidspeicherkrankheit, die zu einer massiven intrazellulären Speicherung von Sphingomyelin bzw. Cholesterin in Leber, Milz, Lunge, Gehirn und Knochenmark führt. Es werden 3 Haupttypen des M. Niemann-Pick unterschieden, wobei Typ A und B auf einem Mangel an Sphingomyelinase (Gendefekt Chromosom 11) beruhen und Typ C auf eine Cholesterin-Transportstörung (Gendefekt Chromosom 18) zurückzuführen ist (Guillemot N, Troadec C, de Villemeur TB et al. Pediatr Pulmonol 2007; 42: 1207-1214).

Patienten mit Typ A werden bereits im Säuglingsalter auffällig und erreichen meist nicht das 3. Lebensjahr. Charakteristische klinische Befunde sind eine massive Hepatosplenomegalie, Gedeihstörung, Muskelhypotonie, ein rasch progredienter neurodegenerativer Verlauf, eine gelbbräunliche Hautverfärbung und bei der Hälfte der Patienten ein kirschroter Maculafleck. Die klinischen Befunde beim Typ B sind heterogen mit milderer Ausprägung von ZNS-Symptomen. Die Kinder fallen häufig erst im Schulkindalter mit einer Hepatosplenomegalie, Blutbildveränderungen (Anämie, Leukopenie, Thrombopenie), respiratorischer Insuffizienz infolge interstitieller Lungenerkrankung und nur geringen neurologischen Symptomen auf. Der Typ C ist klinisch sehr heterogen mit variablem Krankheitsbeginn zwischen dem Neugeborenenalter und der 6. Dekade. Hier dominiert der fortschreitende neurodegenerative Krankheitsverlauf mit Krämpfen, Ataxie, Apraxie, Dysarthrie, Schluckstörungen, aber auch extrapyramidalen Störungen wie Dystonie, Tremor und Choreaathetose. Die supranukleär bedingte vertikale Blicklähmung mit Störung der willkürlichen Auf- und Abwärtsbewegung der Augen ist dabei für alle Altersstufen des Morbus Niemann-Pick Typ C pathognomonisch.

Die Bildgebung beim Morbus Niemann-Pick ist durch die klinischen Symptome bestimmt. Die bei allen Subtypen vorliegende Hepatosplenomegalie (Muntaner L, Galmés A, Chabás A et al. Eur Radiol 1997; 7: 361-314) ist primär sonografisch gut erfassbar, bei massiver Ausprägung und starken abdominellen Schmerzen kann eine Schnittbilddiagnostik mittels MRT oder Low-dose-MDCT erforderlich sein. Im Blickpunkt der abdominellen Schnittbilddiagnostik stehen dabei vor allem Milzinfarkte bei massiver Splenomegalie (Abb. [1]). In der Milz wurden aber auch multifokale echoreiche bzw. hypointense Läsionen infolge Sphingomyelin-Lipidose im Rahmen der Grundkrankheit beschrieben, die interessanterweise in der Leber nicht beobachtet wurden (Muntaner L, Galmés A, Chabás A et al. Eur Radiol 1997; 7: 361-314).

Abb. 1 Low-dose-MDCT bei einem 8-jährigen Jungen mit M. Niemann-Pick Typ B. Die axiale Schicht in Höhe der Nierenstiele (a) und die koronare MPR (b) zeigt eine ausgeprägte Hepatosplenomegalie. Die riesige Milz reicht bis in das kleine Becken mit keilförmigem Infarktareal am latero-dorsalen Milzrand.

Die pulmonale Symptomatik des M. Niemann-Pick beruht auf dem interstitiellen Lungenbefall, der sich bei 90 % der Patienten mit Typ B auf dem konventionellen Röntgenbild und in 98 % der Fälle mittels HRCT nachweisen lässt (Mendelson DS, Wasserstein MP, Desnick RJ et al. Radiology 2006; 238: 339-345). Das Thoraxröntgenbild zeigt vorwiegend in den basalen Lungenabschnitten eine retikulonoduläre interstitielle Zeichungsvermehrung, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann (Abb. [2], [3]). Im HRCT dominieren die Verdickung des intralobären Interstitiums und der Interlobärsepten sowie diffuse Milchglastrübungen (Abb. [2], [3]). Das Lungenvolumen kann infolge eines Zwerchfellhochstandes bei massiver Hepatosplenomegalie vermindert sein (Mendelson DS, Wasserstein MP, Desnick RJ et al. Radiology 2006; 238: 339-345).

Abb. 2 Röntgen-Thorax (a) und HRCT (b) eines 2-jährigen Mädchens mit M. Niemann-Pick Typ A/B (Mischtyp). Beidseits pulmonal retikulonoduläre Zeichnungsvermehrung mit deutlicher Verdickung der Interlobärsepten.

Abb. 3 8-jähriger Junge mit M. Niemann-Pick Typ B. Im Röntgen-Thorax (a) und insbesondere im HRCT (b) massive rechtsbetonte interstitielle Lungenveränderungen mit Verdickung des intralobären Interstitiums und der Interlobärsepten sowie ausgeprägten Milchglas-Trübungen.

Der ZNS-Befall ist MR-tomografisch durch unspezifische White matter lesions, eine Hirnvolumenminderung mit Evacuo-Erweiterung des Ventrikelsystems, Kleinhirnhypotrophie sowie Balkenhypoplasie gekennzeichnet (Abb. [4]) (Muntaner L, Galmés A, Chabás A, et al. Eur Radiol 1997; 7: 36--314;Trouard TP, Heidenreich RA, Seeger JF et al. Pediatr Neurol 2005; 33: 325-330; Soehendra M, Harzer K, Aslanidis C et al. Akt Neurol 2008; 35: 234-237). Es gibt bisher keine kausale Therapie des Morbus Niemann-Pick, die Erkrankung hat eine schlechte Prognose mit unaufhaltsam progredienten Verlauf bei vielen Patienten.

Abb. 4 ZNS-Beteiligung bei einem 3-jährigen Mädchen. Die axiale FLAIR (a), koronare (b) und sagittale T2-TSE-Sequenz (c) sowie die KM-angehobene T1-MPRAGE (d) zeigen diffus verteilte White matter lesions, eine frontal und temporal betonte Hirnvolumenminderung mit Evacuo-Erweiterung des Ventrikelsystems, eine Kleinhirnwurmhypotrophie sowie eine Balkenhypoplasie.