Aktuelle Dermatologie 2008; 34(11): 422-427
DOI: 10.1055/s-2008-1077730
Übersicht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Behandlung der Verbrennungswunde in der Praxis – Welche Kriterien dienen der Einschätzung der Wunde?[*]

Treatment of Burns in Medical Practice – What are the Criteria for Assessing a Wound?H.-O.  Rennekampff1
  • 1Sektion für Verbrennungsmedizin und Hautregeneration, Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover (Direktor: Univ.-Prof. Dr. P. M. Vogt)
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Univ.-Prof. Dr. Hans Oliver Rennekampff

Sektion für Verbrennungsmedizin und Hautregeneration
Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover

eMail: Rennekampff.Oliver@mh-hannover.de

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
03. November 2008 (online)

Inhaltsübersicht #

Zusammenfassung

Die kutane Verbrennung stellt eine häufige Verletzung dar. Verbrennungen werden bezüglich der Verbrennungstiefe in 1-, 2a-, 2b-, 3- und 4-gradige Verbrennungen eingeteilt. 2a-gradige Verbrennungen, die nur bis in die oberflächlichen Anteile der Dermis reichen und durch erhebliche Schmerzen und positive Rekapilarisierung erkennbar sind, werden konservativ behandelt. Großflächige Verbrennungen (> 15 %-2a-gradig bei Erwachsenen) und Verbrennungen an speziellen Lokalisationen (Gesicht, Hände, Genitale) sind jedoch stationär zu behandeln. Die konservative Behandlung wird mit topischen Salben und Wundauflagen durchgeführt. Ein Austrocknen des Wundgrundes ist zu vermeiden. Die Reepithelisierung sollte nach 14 Tagen abgeschlossen sein. Infizierte Wunden oder eine ausbleibende Heilung machen eine operative Intervention notwendig. Eine Nachbehandlung mit Narbenpflege und Kompression kann auch bei konservativ behandelten zweitgradigen Verbrennungswunden notwendig sein.

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Abstract

Burn injuries are a common trauma. Burn injuries to the skin are divided according their depth into erythema, superficial partial thickness, deep partial thickness and full thickness wounds. Superficial partial thickness wounds are characterized by intense pain and a positive blanching test. Superficial partial thickness wounds of up to 10 % total body surface area can be treated as out-patients. Large burns and those at critical areas like hand, face and genitalia should be treated in surgical departments or may require treatment at specialized burn centers. Superficial partial thickness burns are treated topically with antimicrobial ointments or wound dressings. It is of major importance to avoid desiccation of the wound bed. Reepithelialization should be completed by day 14. Infection of the wound or a non-healing wound makes surgical intervention necessary. In the case of postburn scarring silicon dressings and compression garments are necessary.

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Einleitung

Verbrennungen stellen eine häufige Verletzung dar. Die Gesamtzahl beläuft sich auf eine Verbrennung pro 350 Menschen und Jahr. Kleinste Verbrennungen werden als Bagatelltrauma häufig durch den Patienten selbst behandelt und bedürfen dann oftmals keiner weiteren ärztlichen Behandlung. Hingegen sind großflächigere Verbrennungen, veraltete infizierte Verbrennungswunden, Verbrennungen an der Hand und im Gesicht und insbesondere Verbrennungen bei Kindern mit der notwendigen Sorgfalt zu behandeln, um Folgeschäden wie funktionelle Einschränkungen und Entstellungen durch Narben zu vermeiden.

In dieser Übersicht sollen zum einen die diagnostischen Maßnahmen und die ambulante Behandlung der Verbrennung und zum anderen die Kriterien zur Vorstellung und Behandlung eines brandverletzten Patienten im Verbrennungszentrum dargestellt werden.

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Erstversorgung

An erster Stelle der Versorgung von Verbrennungsopfern steht die Bergung der Person aus dem Gefahrenbereich. Hierbei müssen die gleichen Vorsichtsmaßnahmen wie bei anderen Unfallopfern angewandt werden. An mögliche Begleitverletzungen, wie sie bei einem Sprung oder Sturz aus großer Höhe oder bei einem Rasanztrauma auftreten können, muss gedacht werden. Gleiches gilt auch bei Verätzungen, Rauchvergiftungen und Stromunfällen. Bei letzteren muss die Entfernung der Noxe unter dem notwendigen Eigenschutz erfolgen.

Galt vor einigen Jahren die sofortige Kühlung der Brandwunde noch als Qualitätsmerkmal der Erstversorgung, besteht heute Einigkeit, dass eine Kühlung nur noch bei kleinen Verletzungen (< 10 % der Körperoberfläche) bei nicht intubierten Patienten sinnvoll ist [6]. Die Kühlung kann dabei das lokale Ödem initial günstig beeinflussen und die Patienten empfinden eine temporäre Schmerzlinderung. Die thermische Schädigung der Haut ist durch die Kühlung jedoch nicht reversibel zu beeinflussen. Zur Kühlung sollte nur Flüssigkeit mit einer Temperatur von > 12 ° Celsius verwendet werden [9]. Die Kühlung mit Eis oder Eiswasser ist zu vermeiden, da dies zu einer weiteren zellulären Schädigung führt. Lediglich bei Verätzungen sollte eine intensive Spülung der Wunde mit Wasser erfolgen, da in den meisten Fällen eine spezifische lokale Therapie mit Neutralisation der Noxe nicht möglich ist. Eine Ausnahme stellt die Verätzung mit Flusssäure dar. Sie wird topisch und intraläsional mit Kalziumglukonat behandelt. Eine ausreichende Tetanus-Immunisierung muss geprüft werden. Im Zweifelsfall erfolgt eine aktive und passive Tetanusimpfung.

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Anamnese

Das Erheben der Unfallanamnese ist von weiter reichender Bedeutung. So kann ein Verbrennungstrauma im geschlossenen Wohnraum bereits anamnestisch auf ein zusätzliches Inhalationstrauma hinweisend sein. Auch der Hinweis auf die Noxe gibt einen wichtigen Hinweis auf die zu erwartende Schädigung. Heißes Fett enthält eine größere thermische Energie als kochendes Wasser, und die Immersion in kochendes Wasser überträgt mehr Energie als Wasserdampf oder heiße Luft. Bei Verätzungen ist die Anamnese mit Hinweis auf die Noxe für eine mögliche weitere spezifische Therapie von Bedeutung. Bei Verbrennungen im Kindesalter hat die Anamnese im Vergleich zum Verbrennungsmuster eine weiter reichende Bedeutung, um eine eventuelle Kindesmisshandlung aufzudecken. Nicht zuletzt ist die Anamnese wichtig, um Arbeitsunfälle von Privatunfällen abzugrenzen und eine geeignete Vorstellung einzuleiten.

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Befundung

Charakteristischerweise wird die Verbrennungswunde in vier Grade eingeteilt ([Tab. 1]).

Tab. 1 Verbrennungsgrade.
Verbrennungsgrad 1 2a 2b 3 4
Aussehen Rötung Blasenbildung Blasenbildung Brandschorf verbrannte Haut und Gewebe, freiliegende tiefere Strukturen
Wundgrund keine Wunde rötlich, feucht weißlich, rot, teils thrombosierte Venen weiß, bräunlich
lederartig
Denaturierung, Verkohlung
Rötung wegdrückbar ja ja kaum/nein nein nein
Berührungsschmerz deutlich sehr deutlich herabgesetzt fehlt fehlt
Nadelstichblutung sofort sofort gering keine keine
konservative Behandlung operative Behandlung
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Verbrennungsgrad 1

Grad 1 entspricht einer Hyperämie, die durch ein Erythem erkennbar ist. Es findet sich ein lokales Ödem und Schmerzen.

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Verbrennungsgrad 2

Grad 2a oder die oberflächlich zweitgradige Verbrennung ([Abb. 1]) stellt eine Verbrennung mit geringer Tiefenausdehnung, aber mit Verlust der Epidermis und oberer Anteile der Dermis dar.

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Abb. 1 Verbrennung 2a: Deutlich zu erkennen ist der hyperämische, feuchte Wundgrund.

Meist findet sich eine Blasenbildung und der Wundgrund weist eine wegdrückbare Hyperämie auf (Rekapilarisierungs-Test positiv). Der Wundgrund ist sehr schmerzhaft. Hautanhangsgebilde in tieferen Anteilen der Dermis sind intakt. Grad 2b, oder die tief zweitgradige Verbrennung ([Abb. 2]) hat eine größere Tiefenausdehnung in die Dermis, ebenfalls mit Verlust der Epidermis, aber auch mit weitgehendem Verlust der Hautanhangsgebilde. Auch hier kann eine Blasenbildung auftreten.

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Abb. 2 Verbrennung 2b: Im Gegensatz zu der oberflächlich zweitgradigen Verbrennung finden sich teils dunkelrote, teils thrombosierte Areale.

Der Wundgrund ist teils dunkel gerötet, teils weiß, die Rötung ist nicht wegdrückbar (negativer Rekapilarisierungs-Test). Die Dermis ist nicht durchblutet. Es besteht eine geringe bis fehlende Schmerzhaftigkeit.

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Verbrennungsgrad 3

Grad 3 oder die drittgradige Verbrennung ([Abb. 3] und [Abb. 4]) stellt eine Verbrennung dar, bei der alle Hautschichten zerstört sind.

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Abb. 3 Drittgradige Verbrennung am distalen Unterarm mit weißem Wundgrund. Der Nadelstichtest und Rekapilarisierungstest sind in diesem Areal negativ. Am Handrücken findet sich eine tief zweitgradige Verbrennung; die Verbrennung reicht bis in tiefe Anteile der Dermis; es findet sich noch partiell ein roter Wundgrund; eine Rekapilarisierung ist aber bereits nicht mehr feststellbar.

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Abb. 4 Der charakteristische lederartige Wundgrund ohne Schmerzempfindung bei einer drittgradigen Verbrennung am Rücken vor der Wundreinigung.

Der Wundgrund ist weiß bis lederartig, die Schmerzempfindung ist aufgehoben, und eine Durchblutung ist nicht mehr nachweisbar.

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Verbrennungsgrad 4

Bei Grad 4 oder der Verkohlung sind neben der Haut auch Anteile der Unterhaut, Faszien oder Muskel betroffen und thermisch schwer geschädigt.

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Einschätzung der Verbrennungstiefe

Die Einschätzung der Verbrennungstiefe erfolgt klinisch anhand der Parameter Rekapilarisierung und Schmerzhaftigkeit. Während die Einschätzung in eine oberflächliche Grad-2a-Verbrennung ([Abb. 1]) und drittgradige Verbrennung ([Abb. 3]) in aller Regel nur wenig Erfahrung erfordert, ist die Befundung der Verbrennungstiefe 2b und korrekte Abgrenzung von der oberflächlichen 2a-gradigen Verbrennung an die Erfahrung des Untersuchers gebunden ([Abb. 5]).

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Abb. 5 Bei dieser Verbrennung am Knie zeigt sich nach Entfernung der Blasen in den mittleren Anteilen ein weißlicher Wundgrund mit reduzierter Schmerzhaftigkeit, entsprechend einer tief zweitgradigen Verbrennung. Die umgebenden Areale mit rötlichem Wundgrund und guter Rekapilarisierung sind als oberflächlich zweitgradig einzustufen.

Diese Abgrenzung ist von erheblicher therapeutischer Bedeutung, da 2a-Verbrennungen konservativ behandelt werden, 2b-Verbrennungen aber bereits einer chirurgischen Therapie bedürfen. Präzise objektivierbare diagnostische Methoden wie Laserdopplerflowmetrie [1] oder die histologische Untersuchung stehen für die Befundung im hausärztlichen Bereich nicht zur Verfügung.

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Bestimmung der Verbrennungsfläche

Die Bestimmung der Verbrennungsfläche kann anhand zweier Regeln erfolgen: Zum einen gilt, dass die Handfläche des Patienten 1 % seiner Körperoberfläche entspricht. Eine weitere Möglichkeit ist die Einschätzung der Verbrennungsfläche nach der Neunerregel nach Wallace, wobei beim Erwachsenen den Körperregionen Anteile von 9 % der Gesamtkörperoberfläche zugeordnet werden ([Abb. 6]).

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Abb. 6 Neunerregel nach Wallace.

Bei der Berechnung der verbrannten Gesamtkörperoberfläche werden erstgradige Verbrennungen nicht miteingerechnet.

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Behandlung

Generell gilt, dass die erstgradige Verbrennung, das Erythem, und die oberflächlich zweitgradige Verbrennung (2a) einer konservativen Behandlung zugeführt werden. Tief zweit- und drittgradige Verbrennungen erfordern eine operative Intervention mit Nekrektomie und autologer Hauttransplantation, sodass eine stationäre Einweisung in eine chirurgische Klinik notwendig sein wird. Obgleich die meisten chirurgischen Kliniken eine Hauttransplantation durchführen können, kann es sinnvoll sein, den Patienten direkt in ein Verbrennungszentrum einzuweisen. Besonders bei großflächigen Verbrennungen kann der Umweg über das nahe gelegene Krankenhaus Gefahren wie Unterkühlung oder eine inadäquate Flüssigkeitstherapie mit sich bringen, sodass die direkte Einweisung in ein Verbrennungszentrum als sinnvoll erachtet wird. Dazu kann eine direkte Kontaktaufnahme mit dem nächstgelegenen Verbrennungszentrum oder eine Vermittlung über die zentrale Vermittlung für Schwerbrandverletzte in Hamburg (Tel.: 040/42851-3998) erfolgen. In jedem Fall stehen die Verbrennungszentren mit ihrer Notfallaufnahme jederzeit beratend und gegebenenfalls zur Aufnahme zur Verfügung.

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Kriterien für die stationäre Einweisung in ein Verbrennungszentrum

Bei dem in [Tab. 2] gelisteten Ausmaß der Verbrennung hat die Fachgesellschaft eine Behandlung (Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin) [10] in einem Verbrennungszentrum empfohlen.

Tab. 2 Kriterien für die Einweisung in ein Verbrennungszentrum.
Verbrannte Körperoberfläche (KOF) > 15 % KOF 2 ° oder > 10 % 3 ° bei Erwachsenen, < 10 % KOF bei Kindern
Tiefe der Verbrennung 2b ° – 3 ° bei entsprechender Ausdehnung
Lokalisation Gesicht, Hals, Hände, Genitale, Achselhöhlen
Allgemeinzustand Alter unter 8 Jahre bzw. über 60 Jahre, schwerwiegende Grunderkrankung
Verletzungsart Inhalationstrauma
Elektroverbrennung
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Stromverletzungen

Ein besonderes Augenmerk gilt den Stromverletzungen [5]. Hier ist die Lichtbogenverletzung von dem tatsächlichen Stromdurchtritt durch den Körper durch eine genaue Anamnese und eventuell durch das Vorhandensein von Ein- und Austrittsmarken zu unterscheiden. Während es sich bei der Lichtbogenverletzung letztlich um eine thermische Schädigung der Haut handelt, ist bei der Verbrennung beziehungsweise Verletzung durch einen Stromdurchtritt immer von einer weit über das Hautniveau reichenden Verletzung von Muskel, Gefäßen und Nerven auszugehen. Oftmals täuscht die Stromeintritts- und -austrittsmarke eine viel kleinere Schädigung vor. Daher müssen Stromverletzungen stationär behandelt werden und sollen in Verbrennungszentren vorgestellt werden.

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Transport

Für den Transport wird der Patient in eine metallisierte Rettungsdecke oder Brandwundenverbandtücher eingeschlagen, bei kleinen Verbrennungen ist das Anlegen eines sterilen Verbandes ausreichend. Die Anwendung spezieller Verbandsstoffe und Wundauflagen ist für einen kurzen Transport nicht notwendig.

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Ambulante Versorgung

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Initiale Schmerzbehandlung

Die initiale Schmerzbehandlung erfolgt mit intravenös fraktioniert applizierten Opioiden wie zum Beispiel Piritramid. Eine intramuskuläre oder subkutane Medikamentengabe ist ebenso wie die orale Zufuhr in der akuten Notfallsituation zu vermeiden. An eine ausreichende Schmerzmedikation ist aber auch bei der ambulanten Weiterbehandlung zu denken. Gerade die Verbrennungen, die keiner chirurgischen Therapie bedürfen, nämlich die oberflächlichen zweitgradigen Verbrennungen, stellen die schmerzhaftesten Verbrennungen dar. Die Verschreibung einer oralen Schmerzmedikation, zum Beispiel mit Tramadol oder Tilidin, erfolgt individuell.

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Débridement der Brandblasen

Ist die Entscheidung für die ambulante hausärztliche Weiterbehandlung gefallen, erfolgt die lokale Wundbehandlung. Hierzu werden die Brandblasen abgetragen, sofern dies nicht bereits für die Beurteilung der Wunde geschehen ist. Das Abtragen der Blasen und insbesondere der entleerten Brandblasen hat eine prophylaktische Bedeutung [7]. Zum einen wird der Wundgrund vom Druck der hyperonkotischen Brandblasenflüssigkeit entlastet und zum anderen werden die schädigenden Einflüsse der Brandblasenflüssigkeit auf die Wunde entfernt. Geplatzte oder lediglich eröffnete Brandblasen stellen ein hohes Risiko für die Keimbesiedlung dar, sodass Brandblasen komplett débridiert werden sollten.

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Antimikrobielle Behandlung

Nach diesem Débridement der Brandblasen und der aseptischen Reinigung des Wundgrundes wird eine topische Wundbehandlung der zweitgradigen oberflächlichen Verbrennung durchgeführt ([Tab. 3]). Deren Ziel ist die antimikrobielle Abschirmung der Wunde und Optimierung des Wundmilieus mit Beschleunigung der Reepithelisierung. Für die topische antimikrobielle Behandlung der Wunde steht eine Reihe von Salben zur Verfügung [8].

Tab. 3 Wundauflagen und Salben für die ambulante Behandlung.
antimikrobielle Salben antibakterielle Abschirmung der Wunde
enzymatische Salben oberflächliches Débridement der Wunde mit Verbesserung der Epithelisierung
Alginate mit Silber antibakteriell und feuchtigkeitsregulierend
Hydrokolloid mit/ohne Silber feuchtigkeitsregulierend, ggf. mit antibakterieller Abschirmung
Fettgaze mit/ohne antimikrobielle Wirkstoffe Wundgrundprotektion, ggf. mit antibakterieller Abschirmung
Spezialfolien Verbesserung der Epithelisierung

Flammazine®-Salbe (Silbersulfadiazin) wird in Kombination mit einer Fettgaze verwendet. Flammazine® hat eine gute Wirksamkeit gegenüber vielen Mikroorganismen. Nachteilig ist der zytotoxische Effekt auf die Reepithelisierung und das Entstehen eines Pseudoschorfes aus Salbe und Exsudat. Dieser Pseudoschorf kann leicht eine tiefere Verbrennungstiefe oder eine Infektion der Wunde vortäuschen.

Repithel® stellt eine Kombination aus Hydrogel und Polyvinylpyrrolidone-jodid in Liposomen dar. Repithel® besitzt weite antimikrobielle und fungizide Eigenschaften. Zudem wird die Rehydrierung der Wunde günstig beeinflusst. Nachteilig sind die hohen Kosten.

An weiteren Möglichkeiten stehen Chlorhexidin oder Fusidinsäure in Kombination mit Salbe oder Salbenkompressen zur Verfügung. Alternativ können auch kollagenasehaltige Salben Verwendung finden; besonders dann, wenn dünne oberflächliche Beläge von denaturiertem Kollagen abgetragen werden sollen. Tägliche Verbandwechsel mit Kontrolle der Wundverhältnisse schließen sich bis zur Reepithelisierung an. Auch silberhaltige Alginatverbände können in der Behandlung von oberflächlich zweitgradigen Verbrennungen angewendet werden. Okklusive Verbände mit Hydrogelplatten oder neuartigen Milchsäurederivaten (Suprathel®) erfordern Erfahrung beziehungsweise sind sehr teuer.

Ein evidenzbasierter Vergleich der unterschiedlichen Materialien für die Verbrennungsbehandlung fehlt. In jedem Fall ist aber ein Austrocknen des Wundgrundes zu vermeiden, da dies zu einem Abtiefen der Verbrennungstiefe führt und eine zeitgerechte Heilung behindert. In gleicher Weise gilt das Gerben der Verbrennungswunde heute als obsolet.

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Reevaluation der Verbrennungswunde

Die Reevaluation der Verbrennungswunde sollte am Folgetag des Verbrennungstraumas durchgeführt werden, um ein Abtiefen der Verbrennung zu erkennen. Ein prolongierter Zellschaden durch das thermische Trauma kann dazu führen, dass eine initial als oberflächlich zweitgradig eingestufte Verbrennung in der Reevaluation dann tiefer erscheint und bereits einer tief zweitgradigen Verbrennung entspricht. Bei der weiteren Abheilung ist auch darauf zu achten, dass es nicht zur Infektion der Verbrennungswunde kommt. Die lokale Infektion der Verbrennungswunde kann zum einen zu einer systemischen Infektion führen, zum anderen führt die Infektion der Wunde zu einer Gewebeschädigung mit konsekutiver Vertiefung der Wunde. Dennoch kann eine prophylaktische Antibiose nicht generell empfohlen werden. Sie sollte dem Fall der nachgewiesenen Infektion vorbehalten bleiben. Im Fall einer Infektion der Verbrennungswunde muss ein zusätzliches chirurgisches Débridement erfolgen, da systemische Antibiotika nicht die nekrotischen Gewebeanteile der Verbrennungswunde erreichen.

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Abheilungszeiten

Die Heilung der oberflächlichen zweitgradigen Verbrennungswunde ist in der Regel nach 14 Tagen erfolgt. Nur im Ausnahmefall kann eine Reepithelisierungsdauer bis 21 Tage toleriert werden. Bei Abheilungszeiten die darüber hinausgehen, muss von einer initialen Fehleinschätzung der Verbrennungstiefe oder einem Nachtiefen der Verbrennungswunde ausgegangen werden. Ist die Wunde nach dieser Zeit nicht abgeheilt, muss ein chirurgisches Débridement und eine Hauttransplantation erfolgen. Ein längeres Warten führt zu einer übermäßigen hypertrophen Narbenbildung [3]. Eine Hauttransplantation ist in diesen Fällen mit weniger Narbenbildung verbunden und deshalb anzustreben.

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Nachbehandlung

Der Nachbehandlung kommt eine besondere Bedeutung zu, da alle Verbrennungswunden, bei der tiefere Anteile der Dermis geschädigt sind und/oder die durch eine Hauttransplantation versorgt wurden, eine mehr oder weniger starke Narbenbildung zeigen. Hierbei gilt in der Regel, dass die Zeit bis zum Wundverschluss und der Verlust dermaler Anteile mit einer stärkeren Narbenbildung korrelieren [2]. Nach Abschluss der konservativen oder operativen Therapie erfolgt die Verordnung und Anpassung von Kompressionswäsche, wie zum Beispiel Kompressionshandschuhen, Kompressionsärmlingen oder Kompressionshosen. Die Kompressionsbehandlung soll der Entstehung hypertropher Narben entgegenwirken. Auch Blutumlaufstörungen und der Juckreiz in Narben werden günstig beeinflusst. Die Kompression wird bis zum zweiten Jahr nach dem Trauma als sinnvoll erachtet.

Der oft starke Juckreiz der Narben kann durch topische kortisonhaltige Cremes wie zum Beispiel Linola HN® gemildert werden. Bei kleineren Arealen kann die Auflage von Silikonplatten, zum Beispiel Acante Gelfolie® oder CicaCare® einen günstigen Effekt haben. In gleicher Weise steht Silikon auch als topisches Gel zur Verfügung. Der Effekt von so genannten Narbencremes ist wissenschaftlich derzeit nicht belegt. Für spezielle Fragen der rekonstruktiven und ästhetischen Nachbehandlung nach einer Verbrennung stehen die Verbrennungszentren mit ihren Nachsorge-Sprechstunden zur Verfügung.

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Literatur

  • 1 Chatterjee J S. A critical evaluation of the clinimetrics of laser doppler as a method of burn assessment in clinical practice.  J Burn Care Res. 2006;  27 123-130
  • 2 Cubison T C, Pape S A, Parkhouse N. Evidence for the link between healing time and the development of hypertrophic scars (HTS) in paediatric burns due to scald injury.  Burns. 2006;  32 992-999
  • 3 Deitch E A, Wheelahan T M, Rose M P. et al . Hypertrophic burn scars: analysis of variables.  J Trauma. 1983;  23 895-898
  • 4 Granick M, Boykin J, Gamelli R. et al . Toward a common language: surgical wound bed preparation and debridement.  Wound Repair Regen. 2006;  14 Suppl 1 1-10
  • 5 Hülsbergen-Krüger S, Pitzler D, Partecke B D. Hochspannungsunfälle, Besonderheiten und Behandlung.  Unfallchirurg. 1995;  98 218-223
  • 6 Lönnecker S, Schoder V. Hypothermia in patients with burn injuries: Influence of prehospital treatment.  Chirurg. 2001;  72 164-167
  • 7 Sargent R L. Management of blisters in the partial-thickness burn: an integrative research review.  J Burn Care Res. 2006;  27 66-81
  • 8 Vasel-Biergans A, Probst (Hrsg.) Wundauflagen. Stuttgart; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH 2003:
  • 9 Venter T H, Karpelowsky J S, Rode H. Cooling the burn wound: the ideal temperature of the coolant.  Burns. 2007;  33 917-922
  • 10 http://www.verbrennungsmedizin.de

1 Erstveröffentlichung in: Notfall & Hausarztmedizin 2008; 34 (7): 360 – 367.

Univ.-Prof. Dr. Hans Oliver Rennekampff

Sektion für Verbrennungsmedizin und Hautregeneration
Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover

eMail: Rennekampff.Oliver@mh-hannover.de

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Literatur

  • 1 Chatterjee J S. A critical evaluation of the clinimetrics of laser doppler as a method of burn assessment in clinical practice.  J Burn Care Res. 2006;  27 123-130
  • 2 Cubison T C, Pape S A, Parkhouse N. Evidence for the link between healing time and the development of hypertrophic scars (HTS) in paediatric burns due to scald injury.  Burns. 2006;  32 992-999
  • 3 Deitch E A, Wheelahan T M, Rose M P. et al . Hypertrophic burn scars: analysis of variables.  J Trauma. 1983;  23 895-898
  • 4 Granick M, Boykin J, Gamelli R. et al . Toward a common language: surgical wound bed preparation and debridement.  Wound Repair Regen. 2006;  14 Suppl 1 1-10
  • 5 Hülsbergen-Krüger S, Pitzler D, Partecke B D. Hochspannungsunfälle, Besonderheiten und Behandlung.  Unfallchirurg. 1995;  98 218-223
  • 6 Lönnecker S, Schoder V. Hypothermia in patients with burn injuries: Influence of prehospital treatment.  Chirurg. 2001;  72 164-167
  • 7 Sargent R L. Management of blisters in the partial-thickness burn: an integrative research review.  J Burn Care Res. 2006;  27 66-81
  • 8 Vasel-Biergans A, Probst (Hrsg.) Wundauflagen. Stuttgart; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH 2003:
  • 9 Venter T H, Karpelowsky J S, Rode H. Cooling the burn wound: the ideal temperature of the coolant.  Burns. 2007;  33 917-922
  • 10 http://www.verbrennungsmedizin.de

1 Erstveröffentlichung in: Notfall & Hausarztmedizin 2008; 34 (7): 360 – 367.

Univ.-Prof. Dr. Hans Oliver Rennekampff

Sektion für Verbrennungsmedizin und Hautregeneration
Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover

eMail: Rennekampff.Oliver@mh-hannover.de

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Abb. 1 Verbrennung 2a: Deutlich zu erkennen ist der hyperämische, feuchte Wundgrund.

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Abb. 2 Verbrennung 2b: Im Gegensatz zu der oberflächlich zweitgradigen Verbrennung finden sich teils dunkelrote, teils thrombosierte Areale.

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Abb. 3 Drittgradige Verbrennung am distalen Unterarm mit weißem Wundgrund. Der Nadelstichtest und Rekapilarisierungstest sind in diesem Areal negativ. Am Handrücken findet sich eine tief zweitgradige Verbrennung; die Verbrennung reicht bis in tiefe Anteile der Dermis; es findet sich noch partiell ein roter Wundgrund; eine Rekapilarisierung ist aber bereits nicht mehr feststellbar.

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Abb. 4 Der charakteristische lederartige Wundgrund ohne Schmerzempfindung bei einer drittgradigen Verbrennung am Rücken vor der Wundreinigung.

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Abb. 5 Bei dieser Verbrennung am Knie zeigt sich nach Entfernung der Blasen in den mittleren Anteilen ein weißlicher Wundgrund mit reduzierter Schmerzhaftigkeit, entsprechend einer tief zweitgradigen Verbrennung. Die umgebenden Areale mit rötlichem Wundgrund und guter Rekapilarisierung sind als oberflächlich zweitgradig einzustufen.

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Abb. 6 Neunerregel nach Wallace.