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DOI: 10.1055/s-2008-1077704
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Diagnostik der Allergien vom Soforttyp – „State of the Art”
Diagnosis of Type 1 Allergy – „State of the Art”
PD Dr. Monika Raulf-Heimsoth
BGFA – Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin der
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Institut der
Ruhr-Universität
Kompetenz-Zentrum
Allergologie/Immunologie
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Email: raulf@bgfa.de
Publication History
Publication Date:
28 November 2008 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Anamnese
- Hauttestung
- Testsysteme der in-vitro-Allergiediagnostik
- Zelluläre Tests
- Nachweis von Entzündungsmediatoren oder Zellbotenstoffen (Histamin und deren Metabolite, Tryptase, ECP)
- Eosinophiles Cationisches Protein
- Literatur
Zusammenfassung
Bei allergischen Erkrankungen kommt der Differenzialdiagnostik, die aus den Schritten Anamnese, Hauttest, in-vitro-Diagnostik und Provokationstest bestehen sollte, eine zentrale Bedeutung zu. Die zweifellos wichtigste und praxistauglichste in-vitro-Untersuchung ist die Bestimmung von allergenspezifischen IgE-Antikörpern (sIgE) im Serum. Der Nachweis von sIgE bedeutet, dass eine spezifische Sensibilisierung gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Die Aussagekraft der Allergiediagnostik ist massiv von der Qualität der verwendeten Allergenextrakte und der Methoden abhängig. Im Falle der Allergiediagnostik hat die alleinige Bestimmung des Gesamt-IgEs keinen diagnostischen Wert, da damit keine Aussage zur spezifischen Sensibilisierung getroffen werden kann. Sie kann allerdings als Interpretationshilfe zur Beurteilung der allergenspezifischen IgE-Konzentrationen im Patientenserum dienen und gibt ergänzende Hinweise auf das Vorliegen einer allergischen Disposition. Die Bildung von allergenspezifischen IgG-Antikörpern ist Teil der normalen Immunantwort auf eine Fremdstoffexposition. Da keine Korrelation zur klinischen Symptomatik mit der allergischen Soforttypreaktion besteht und ihre Rolle in der Pathogenese des Asthma bronchiale bzw. der Allergie unbekannt ist, gilt die Krankheitsrelevanz der IgG-Antikörper als völlig ungesichert. Für alle zellulären Testsysteme gilt bislang: Sie sind methodisch aufwendig, kostspielig, häufig ungeeignet für den Versand von Proben und anspruchsvoll in Durchführung und Interpretation. Obwohl sie für die Routinediagnostik zum größten Teil wenig geeignet sind, können sie allerdings bei gezielter Indikation, kontrollierter Durchführung und kritischer Interpretation einen potenziellen Baustein für die spezialisierte in-vitro-Allergiediagnostik darstellen. Für die einzelnen Teste sind allerdings Standardprotokolle inklusive Ringversuche und entsprechende Qualitätskontrollen zu fordern. Verwendete Antigene/Allergene müssen charakterisiert und standardisiert werden (Haupt- und Leitallergene). In unklaren Fällen sind alle Möglichkeiten einzubeziehen, sodass eine für den Patienten zielführende Diagnostik vorgenommen werden kann.
#Abstract
The specific allergy diagnosis is based on four steps: anamnesis, skin prick test, in vitro diagnostic and provocation test. There is no doubt that the measurement of specific IgE antibodies (sIgE) in sera is the most important and also practical available in vitro-test. The detection and quantification of IgE indicate a specific sensitization against the relevant allergen. The significance of the allergy diagnostic method depends on the quality of the allergen extract used and also on the different methods. The exclusive measurement of total IgE for the allergy diagnostic is not reasonable because no allergen specific conclusion is possible. Determination of total IgE is meaningful for the interpretation of the concentration of allergen-specific IgE in patient's sera and gives additional information concerning the atopic disposition.
The production of allergen specific IgG-antibodies is part of the normal immune response to a xenobiotic exposure; there is no correlation between clinical symptoms of allergic asthma or immediate type hypersensitivity reactions and specific IgG-antibodies. For cellular test systems it can be summarized: they are methodologically complex, expensive, normally poorly dedicated for the sample transport and sophisticated in performance and interpretation. Most of them are not applicable for the routine diagnosis, but if necessary, with a clinical indication and under controled procedures they are complementary modules for a specific in vitro-allergy diagnosis. To elucidate unclear and difficult cases it is necessary to implement these possibilities. Standard protocols including round robin tests and quality controls for each of these in vitro-tests are highly recommended and all the antigens and allergens used have to be characterized and standardized (major and minor allergens).
#Einleitung
Allergische Erkrankungen können grundsätzlich unterschiedliche Manifestationsorgane betreffen und sind daher entsprechend komplex in ihren klinischen Erscheinungsformen (z. B. Rhinitis, allergisches Asthma bronchiale, Urtikaria, gastrointestinale Erkrankungen, exogen allergische Alveolitis, anaphylaktischer Schock). Demzufolge kommt der Differenzialdiagnostik eine zentrale Bedeutung zu. Es gilt, im Einzelfall die Beschwerden einem klinischen Krankheitsbild zuzuordnen und den ursächlichen Allergieauslöser (Allergen) zu ermitteln. In der Ermittlung des Krankheitsauslösers unterscheidet sich die Allergologie von anderen Bereichen der Medizin, in denen mit der Erfassung der Symptome die Diagnostik abgeschlossen ist und eine wirksame Behandlung durch Karenz in vielen Fällen gar nicht möglich ist.
Ein schrittweises diagnostisches Vorgehen ist sinnvoll und daher beinhaltet die Allergiediagnostik vier aufeinander aufbauende und sich ergänzende Schritte: Anamnese/Vorgeschichte/körperlicher Befund – Hauttest – Labortests/in-vitro-Diagnostik – Provokationstests ([Abb. 1]). Schwerpunktmäßig wird dieser Artikel einen Überblick über die große Vielfalt der in-vitro-Teste geben, die in unterschiedlichen Teilschritten der allergischen Reaktion vom Soforttyp (Typ I) zelluläre und humorale Parameter erfassen.
#Anamnese
Die Basis der Allergiediagnostik ist die sorgfältige und qualifizierte ärztliche Anamnese. Sie dient zur Ermittlung der Verdachtsdiagnose und der Sichtung und Eingrenzung der in Betracht kommenden Allergieauslöser, woraus sich die Wahl der weiteren Testungen ergibt. Auch für die krankheitsrelevante Interpretation der durch Hautteste und in-vitro-Diagnostik erhobenen Befunde sind die anamnestischen Daten von enormer Bedeutung, da „falsch positive” Testbefunde bei fehlerhafter Einschätzung erhebliche, ungerechtfertigte Konsequenzen inklusive Kosten verursachen können. Darüber hinaus ist es nicht sinnvoll, ein „blindes Allergiescreening” von nicht erkrankten Personen durchzuführen.
#Hauttestung
Besteht aufgrund der Anamnese oder des klinischen Bildes der Verdacht auf eine allergische Erkrankung vom Soforttyp, so ist zur Identifizierung des Auslösers ein Hauttest angezeigt. Am häufigsten werden Pricktests durchgeführt, da sie einfach und schnell durchführbar sind, aufgrund der breiten Erfahrung relativ sicher zu interpretieren sind und ein preisgünstiges Nachweisverfahren für Sensibilisierungen darstellen. Voraussetzung allerdings ist, dass sie korrekt und mit Allergenextrakten ausreichender Allergenkonzentration durchgeführt werden [1] [2] [3] [4]. Dabei wird in der Regel ein Tropfen des Allergenextraktes möglichst auf die Innenseite des Unterarms aufgebracht. Mithilfe einer Lanzette, die durch den Allergenextrakttropfen geführt wird, erfolgt dann ein oberflächliches Anritzen der Haut (d. h. es darf kein Blut austreten), welches ein Einwirken der Testallergene ermöglicht. Aussagekräftig ist der Test nur, wenn Positiv- (Histaminhydrochlorid) und Negativkontrollen (physiologische Kochsalzlösung) stets mitgeführt werden. Nach 15 bis 20 Minuten wird das Testresultat abgelesen: Liegt eine Sensibilisierung gegen das Allergen vor, kommt es lokal im Bereich des entsprechenden Tropfens bereits nach wenigen Minuten zu einer mehr oder weniger starken Rötung und Quaddelbildung.
#Testsysteme der in-vitro-Allergiediagnostik
#Allergenspezifisches IgE
Die zweifellos wichtigste und derzeit praxistauglichste in-vitro-Untersuchung ist die Bestimmung von allergenspezifischen IgE-Antikörpern (sIgE) im Serum. Der Nachweis von sIgE bedeutet, dass eine spezifische Sensibilisierung gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Es muss anschließend überprüft werden, ob die gefundene Sensibilisierung von klinischer Relevanz ist. So korreliert die Höhe der allergenspezifischen IgE-Antwort nicht unbedingt mit der Schwere der allergischen Erkrankung. Allerdings geben Untersuchungen im Rahmen der Diagnostik von Nahrungsmittelallergien und des Bäckerasthma Hinweise darauf, dass in bestimmten Patientengruppen und für bestimmte Allergene die Höhe der spezifischen IgE-Antwort einen prädiktiven Wert für den Ausgang einer Nahrungsmittel- bzw. Mehlstaubprovokation haben kann [5] [6].
Die Bestimmung von sIgE im Serum und die Hauttestung sind in der Allergie-Diagnostik grundsätzlich als gleichwertig zu betrachten, wobei zu beachten ist, dass der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper nicht unbedingt mit einer positiven Hauttestreaktion (bzw. vice versa) korreliert. Üblicherweise wird mit den gängigen Labortests freies, im Blut zirkulierendes IgE bestimmt, an Zellen gebundenes IgE wird nicht erfasst. In der Regel erfolgt die Bestimmung von spezifischem IgE durch die Inkubation des Patientenserums mit dem an eine geeignete feste Matrix gebundenen Allergen und dem Nachweis des allergengebundenen IgEs mithilfe eines markierten Anti-IgE-Antikörpers. Dieses Testprinzip (siehe [Abb. 2 a]) existiert seit 1974, wobei ursprünglich der Anti-IgE-Antikörper radioaktiv markiert eingesetzt wurden, daher auch der Name RAST (Radio-Allergen-Sorbent-Test), der sich noch vielfach im Sprachgebrauch für die spezifische IgE-Bestimmung erhalten hat. Im Falle der Verwendung von Festphasen sollten deren Oberfläche eine ausreichende Aufnahme und Qualität der Allergene sicherstellen, sodass im Idealfall die Gesamtheit des sIgE gebunden werden kann.
Mittlerweile existiert eine Vielzahl von Tests unterschiedlicher Hersteller, die unterschiedliche Festphasen zur Kopplung der Allergene (chemisch aktivierte Papierscheibe, Mikrotiterplatte, ImmunoCAP, Chip-Technik oder Flüssigallergene) verwenden. Darüber hinaus werden auch unterschiedliche Nachweismöglichkeiten wie Enzym- bzw. Fluoreszenz-markierte Antikörper (EIA, FEIA) eingesetzt. Weitere Unterscheidungsmerkmale liegen in der Verwendung unterschiedlicher Allergenrohstoffe, in der Allergenextraktherstellung und in ihrer Standardisierung. Auch semi-quantitative Nachweismethoden (z. B. Streifentests oder Dot-Verfahren) sind möglich. Die quantitativen Ergebnisse des sIgE werden üblicherweise von den verschiedenen Herstellern in Graduierungen (z. B. IU/ml, kU/L von < 0,35 bis > 100 kU/L; z. T. auch mit Herabsetzung der Nachweisgrenze auf 0,1 kU/L) oder Klassen (CAP/RAST-Klassen von 0 – 6) eingeteilt. Eine Quantifizierung gelingt durch den Bezug auf eine Eichkurve mit bekannten sIgE-Mengen. Methoden, bei denen ein WHO-kalibrierter Standard für IgE Werte eingesetzt wird, erlauben eine gute Quantifizierung. Da aber unterschiedliche Systeme von einzelnen Herstellern eingesetzt werden (z. B. neben der Kalibrierung am WHO-IgE-Standard findet man auch u. a. Referenzkurven mit konjugiertem Rinderserumalbumin), ist ein quantitativer Vergleich der Ergebnisse aus unterschiedlichen Testsystemen nur schwer möglich. Daher können bei einem Patienten die Messergebnisse z. B. im Rahmen einer Verlaufskontrolle aus unterschiedlichen Laboratorien nur verglichen werden, wenn das gleiche Bestimmungssystem verwendet wurde. Erst bei Verfügbarkeit von nationalen und internationalen Standards und entsprechenden Reagenzien zur Erstellung einheitlicher Standardkurven ist eine Vergleichbarkeit der Methoden möglich. Weitere Untersuchungen sind allerdings erforderlich, um auch die Wertigkeit der Nachweisgrenze (0,1 kU/L oder 0,35 kU/L) als klinische Entscheidungsgrenze zu überprüfen.
Da die Qualität (z. B. Epitopmuster, Reinheitsgrad) der verwendeten Allergene für die Bestimmung der spezifischen IgE-Konzentration eine zentrale Rolle spielt, ist eine Verbesserung der Reagenzienqualität entsprechend dem aktuellen Stand des Wissens und der Technik durch Standardisierung der Allergene und durch Definition von Mindestanforderungen u. a. an das Allergenträgermaterial (Ermittlung der diagnostischen Effizienz) zu fordern.
Der Begriff „Allergen” kann mehrdeutig verwendet werden: Während man bei der in-vitro-/in-vivo-Diagnostik die Allergenquelle als „Allergen” bezeichnet, versteht man in der molekular-orientierten Forschung unter „Allergen” die Allergeneinzelkomponenten (das Allergenmolekül) der Allergenquellen, z. B. Der p 1 als ein Allergen aus dem Hausstaubmilbenextrakt Dermatophagoides pterronyssinus. Neben Extrakten aus einer einzelnen Allergenquelle, z. B. dem Lieschgras, die als allergene Testsubstanzen verwendet werden, gibt es eine Vielzahl von IgE-Multiallergen-Screening-Tests für den Nachweis von sIgE gegen Mischungen aus Nahrungsmittel- und Inhalationsallergenen (verschiedene Pollen-, Schimmelpilz-, Tierhaar- Milbenallergen-Kombinationen). Im positiven Fall hat der Patient IgE-Antikörper gegen eines oder mehrere Allergene. Grundsätzlich ist das Screening zu begrüßen, wenn damit die Rationalisierung der Diagnostik erreicht wird, jedoch sollte der Screening-Charakter dieser Untersuchungen deutlich sein.
Neben den natürlichen Allergenquellen und den daraus hergestellten Extrakten können auch rekombinant, d. h. mittels biotechnologischer Verfahren, hergestellte Allergene für die in-vitro-Diagnostik eingesetzt werden. Mit der molekularen Charakterisierung und rekombinanten Darstellung von allergenen Einzelkomponenten ist es möglich, in vitro über Komponenten-aufgelöste Allergiediagnostik für den Patienten ein individuelles Allergenerkennungsprofil, ein sogenanntes Allergogramm zu erstellen und damit der Individualität der allergischen Erkrankung Rechnung zu tragen [7]. Eine auf diese Weise verfeinerte Diagnostik ist nur dann sinnvoll, wenn sie eine therapeutische Konsequenz haben kann.
Für die rekombinante Herstellung von Einzelallergenen wird das Gen, das für das bestimmte Allergenprotein kodiert, aus seiner natürlichen Allergenquelle isoliert und nach Einsatz in ein Expressionsplasmid – meist in ein Bakterium – übertragen, sodass das Allergen gezielt produziert werden kann. Ein Überblick über die rekombinanten Allergene, die verfügbar sind, findet man im Internet unter www.allergome.org und www.allergen.org und über die relevanten Allergenfamilien unter der „AllFam”_Datenbank (http://www.meduniwien.ac.at/allergens/allfam/) [8] [9]. Ein großer Vorteil der rekombinanten Allergene ist ihre gleichbleibende Qualität sowie ihre gute Quantifizierbarkeit und Standardisierbarkeit. Allergenextrakte hingegen können in ihrer Zusammensetzung von Hersteller zu Hersteller und von Batch zu Batch erheblich schwanken [10]. Gegenüber den natürlichen Allergenen erlauben die rekombinanten Allergene eine einfachere Isolierung und sind strukturgleiche Moleküle, während bei den aus natürlichen Quellen isolierten Allergenen eine strukturelle Variabilität (Isoformen) vorkommt. Für den Einsatz rekombinanter Allergene muss gewährleistet werden, dass sie die gleichen Eigenschaften besitzen, wie die natürlich isolierten. Erfolgreich ließen sich bereits einzelne rekombinante Allergene in der Immundiagnostik bzw. -therapie als Marker einsetzen. So können durch bestimmte rekombinant hergestellte Einzelallergene bei der allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) bzw. beim allergischen Asthma unterschiedliche Sensibilisierungsmuster auf Aspergillen entdeckt werden [11]. Auch für die Diagnostik der Naturlatexallergie können mit Einzelallergenen individuelle Sensibilisierungsmuster erkannt werden [12]. Zusätzlich erweist sich ein Verfahren als sehr erfolgreich, bei dem die natürlichen Allergenextrakte mit labilen, aber dennoch wichtigen Einzelallergenkomponenten angereichert werden. So konnte die in-vitro-Diagnostik der Naturlatexallergie eindeutig durch die Zugabe des rekombinant hergestellten rHev b 5 zum natürlichen Latexallergenextrakt verbessert werden [12] [13].
Aufgrund des komplexen Aufbaus vieler Allergene (Disulfidbrücken, Kohlenhydratseitenketten), können diese nicht immer rekombinant in gleicher 3D-Struktur wie die natürlichen Allergene hergestellt werden. Deshalb muss immer noch auf die aus den natürlichen Extrakten isolierten Allergene zurückgegriffen werden, die darüber hinaus zur Überprüfung gebraucht werden, ob mit den rekombinanten Molekülen auch alle Allergene des Extraktes erfasst werden.
Durch die Verfügbarkeit der mittlerweile großen Anzahl von Allergenkomponenten, gereinigt aus natürlichen Quellen oder als rekombinante Proteine biotechnisch hergestellt, können Komponenten-basierte Diagnostik-Plattformen auf Grundlage der Biochip-Technologie (Microarray) angeboten werden. Mit dieser Technologie wird eine Multiplexmessung von mehr als 100 Allergenkomponenten mit nur einer sehr geringen Menge des Patientenserums möglich, die zu semi-quantitativen Testergebnissen führt. Grundsätzlich wird es aber für den Arzt schwierig sein, anhand der komplexen Daten aus diesen Microarray-Befunden Meidungs- bzw. Therapievorschläge abzuleiten. Ein Interpretationsalgorithmus basierend auf wissenschaftlichen Befunden unter Berücksichtigung auch lokaler Unterschiede im Sensibilisierungsmuster (z. B. Relevanz von Lipid-Transfer-Protein als Nahrungsmittelallergen überwiegend im mediterranen Bereich) sollte aufgebaut und verfügbar werden [14].
Für die allergologische Diagnostik sind Erkenntnisse über Kreuzreaktionen, die zwischen verschiedensten Allergenen auftreten können, von besonderer Bedeutung. So lassen sich z. B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten gegen Kern- und Steinobst bei einem Patienten mit Birkenpollenallergie erklären. Vielfach beruhen diese Kreuzrekationen auf gleichen oder ähnlichen Epitopen von Proteinen sehr unterschiedlicher Herkunft. Zusätzlich zu den gemeinsamen Proteinepitopen in Allergenen unterschiedlicher Herkunft besitzen viele Allergene eine oder mehrere an den Proteinteil kovalent gebundene Kohlenhydratseitenkette. Diese Glykoproteine sind in der Natur weit verbreitet und vermutlich häufiger als Proteine ohne Zuckerreste, weil die Kohlenhydratketten zur Proteinstabilität und -faltung beitragen. Da sich auch IgE-Antikörper gegen diese Glykostrukturen bilden können, tragen sie dazu bei, dass Allergene, die aufgrund ihrer Proteinfamilien keine Gemeinsamkeiten aufweisen, von diesen IgE-Antikörpern erkannt werden. Auf diese Weise verursachen Glykoepitope ausgeprägte Kreuzreaktionen und werden deshalb als kreuzreaktive Kohlenhydratdeterminanten (Cross-reactive Carbohydrate Determinants, abgekürzt CCD) bezeichnet. Spezifisches anti-CCD-IgE in Seren von Pollenallergikern z. B. ist für die Kreuzreaktivität mit vielen Inhalations- und Nahrungsmittelallergenen sowie den Insektengiften und Latex verantwortlich. Zumeist fehlt aber die klinische Relevanz dieser Sensibilisierung [15] [16] [17] [18] [19].
CCD sollten bei der in vitro-Diagnostik berücksichtigt werden, weil sie u. a. die Spezifität der IgE-Detektion nachteilig beeinflussen können (positive Reaktionen ohne klinische Relevanz) und bei einigen Patienten mit Nahrungsmittel- bzw. Insektengiftallergie Hinweise für eine klinische Relevanz von anti-CCD-IgE gefunden wurden.
An das Vorliegen von anti-CCD-IgE sollte gedacht werden bei: a) Diskrepanz zwischen Hauttest- und serologischen Befunden und b) bei IgE-Positivität gegenüber vielen verschiedenen pflanzlichen Allergenen [17], bei den Hymenopterengiften von Biene und Wespe [16] [18] und im Falle des serologischen Nachweises Latex-spezifischer IgE-Antikörper ohne klinische Relevanz [19].
Die Untersuchung auf das Vorliegen von anti-CCD-IgE kann mithilfe eines CCD-haltigen Screening-Allergens (z. B. Meerrettichperoxidase, Bromelain, Ascorbatoxidase) in den verschiedenen automatisierten IgE-Nachweisverfahren erfolgen. Darüber hinaus kann eine Inhibitionstestung mit dem verwendeten CCD-Screening-Allergen die Testspezifität deutlich verbessern [16]. Auch können hier – falls verfügbar – rekombinante Einzelallergene, die in der Regel nicht glykosyliert sind und nur die proteinogene Epitoperkennung erfassen, in unklaren Fällen herangezogen werden.
#Gesamt-IgE
Die Bestimmung des Gesamt-IgE im Serum ist nicht nur bei allergischen Erkrankungen klinisch bedeutsam, sondern auch bei der Diagnostik und Therapiekontrolle von Parasitosen, zur Abklärung und Verlaufskontrolle einer ungeklärten Eosinophilie (z. B. hier Verdacht einer allergischen bronchopulmonalen Aspergillose), allergischer Alveolitis (z. B. bei Farmerlunge oder Taubenzüchterkrankheit) oder Vaskulitiden wie der Wegenerschen Granulomatose, dem Churg-Strauss-Syndrom und bei Diagnostik angeborener und erworbener Immundefekte (T-Zell-Defekte oder Hyper-IgE Syndrom). Im Rahmen der HIV-Infektion z. B. entwickelt sich insbesondere im Spätstadium ein atopieähnliches Syndrom, welches z. T. mit einer deutlichen IgE-Erhöhung einhergeht. Bei all diesen Erkrankungen lassen sich sehr hohe Gesamt-IgE Werte finden, wobei die höchsten (von mehr als 10 000 kU/L) bei der atopischen Dermatitis zu finden sind. Im Falle der Allergiediagnostik hat die alleinige Bestimmung des Gesamt-IgEs keinen diagnostischen Wert, da damit keine Aussage zu spezifischen Allergenen gemacht werden kann. Sie kann allerdings als Interpretationshilfe bei der Beurteilung der Konzentrationen an allergenspezifischem IgE im Patientenserum dienen und gibt ergänzende Hinweise auf das Vorliegen einer allergischen Disposition. Höhere Gesamt-IgE-Werte finden sich darüber hinaus während der Zeit der Allergen-Exposition. Für die Erstellung der Standardkurve zur Bestimmung des Gesamt-IgE ist ein internationaler WHO-Standard verfügbar und ermöglicht eine absolute Konzentrationsbestimmung. Die Verfahren zur Gesamt-IgE-Bestimmung sind vergleichbar mit denen für die spezifische IgE-Bestimmung, d. h. Immunoassays unter Anwendung eines Enzym-, Fluoreszenz-, Lumineszenz- oder radioaktiv markierten Anti-IgE-Reaktionspartners ([Abb. 2] b).
Die Angaben zu Referenzbereichen für das Gesamt-IgE variieren je nach verwendeter Methode, sind altersabhängig (siehe [Tab. 1]) und werden auch durch Nikotin- oder Alkoholgenuss beeinflusst.
Falls Patienten mit Anti-IgE (Omalizumab) behandelt werden, können die üblichen Gesamt-IgE-Messungen abweichende Werte zeigen, sodass ein Assay notwendig ist, der ausschließlich das freie totale IgE bestimmt [20].
Nabelschnurblut | < 0,9 kU/L |
Neugeborene | < 2,0 kU/L |
< 1 Jahr | 0 – 10 kU/L |
1 – 4 Jahre | 0 – 47,5 kU/L |
4 – 6 Jahre | 0 – 150 kU/L |
> 16 Jahre | 0 – 120 kU/L |
Antigen-spezifisches IgG
Allergenspezifische Antikörper vom Isotyp M, G, A können sowohl in Seren von gesunden als auch atopischen Individuen nachgewiesen werden. Die Bildung von allergenspezifischen IgG-Antikörpern ist Teil der normalen Immunantwort auf eine Fremdstoffexposition; es besteht keine Korrelation zur klinischen Symptomatik mit der allergischen Soforttypreaktion. Ihre Rolle in der Pathogenese des Asthma bronchiale bzw. der Allergie ist unbekannt, und bezüglich ihrer Krankheitsrelevanz ist die Bedeutung der Antikörper völlig ungesichert [21]. Unsinnigerweise werden z. B. Bestimmungen spezifischer IgG-Antikörper bei Inhalations- und Nahrungsmittelallergie dennoch kommerziell angeboten (z. B. als Food Allergy Profile gegen mehr als 100 Nahrungsmittel).
Im Gegensatz zum allergenspezifischen IgE sind die Serumkonzentrationen z. B. der allergenspezifischen IgG-Antikörper 100- bis 1000-mal höher, sodass ein Nachweis mit weniger sensitiven Methoden erfolgen kann. Aufgrund pathophysiologischer Überlegungen hat die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper in dafür spezialisierten Labors nur bei Überempfindlichkeitsreaktionen vom Typ II (zytotoxische Reaktionen) und Typ III (Immunkomplexreaktion), z. B. bei der Heparin-induzierten Thrombozytopenie oder früher bei einer Serumkrankheit, eine Indikation. Der Nachweis von antigenspezifischen IgG-Antikörpern ist für die Diagnostik einer exogen-allergischen Alveolitis (EAA) von Bedeutung, allerdings ist der Nachweis von IgG-vermittelter antigenspezifischer Sensibilisierung nur eines von sechs Kriterien, die von der Arbeitsgruppe „Exogen-allergische Alveolitis” der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie im Kriterienkatalog zur Diagnose einer EAA gefordert wird [22]. Damit stellt die Bestimmung von allergenspezifischen IgG-Antikörpern einen Baustein in der Diagnostik der exogen-allergischen Alveolitis dar.
#Zelluläre Tests
Für alle zellulären Testsysteme gilt bislang: Sie sind methodisch aufwendig, kostspielig, in der Regel schlecht geeignet für den Versand von Proben und anspruchsvoll in Durchführung und Interpretation. Für die Routinediagnostik sind sie zum größten Teil wenig geeignet. Sie können allerdings bei gezielter Indikation, kontrollierter Durchführung und kritischer Interpretation einen potenziellen Baustein für die spezialisierte in-vitro-Allergiediagnostik darstellen [23].
Aufgrund der technischen Anforderungen und der komplexen Interpretation sollten sie nur von Labors durchgeführt werden, die umfangreiche Erfahrung mit spezialisierten zellulären Allergietests erworben haben.
#1. Zelluläre Testsysteme mit basophilen Granulozyten
Mastzellen und basophile Granulozyten, ausgestattet mit hochaffinen IgE-Rezeptoren und der Fähigkeit zur raschen Freisetzung entzündlicher Mediatoren (sowohl präformierte wie z. B. Histamin als auch neu generierte wie z. B. Sulfidoleukotriene) spielen eine zentrale Rolle für die allergische Soforttypreaktion. Zelluläre in-vitro-Tests dienen vorwiegend dem indirekten Sensibilisierungsnachweis via basophiler Granulozyten (aufgrund ihrer leichteren Vergügbarkeit gegenüber Mastzellen favorisiert). Dabei kann die Ausschüttung von Mediatoren oder die Expression von Oberflächenmolekülen erfasst werden. Für diese immunologische Reaktion in vitro werden z. T. angereicherte Blutleukozyten oder Vollblut mit Allergenen oder anderen Stimulanzien inkubiert. Die nach Allergenstimulation exprimierten Oberflächenmarker (CD63 bzw. CD203c) bzw. die freigesetzten Mediatoren der basophilen Granulozyten (z. B. Histamin, Sulfidoleukotriene) dienen als indirektes Maß für zellulär gebundenes spezifisches IgE. Da allergenspezifische Dosiswirkungskurven intra- und interindividuell höchst variabel sind, ist ein Freisetzungs- oder Aktivierungstest mit nur einer Allergenkonzentration zum indirekten Sensibilisierungsnachweis häufig nicht ausreichend [24]. Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass die Basophilen von ungefähr 5 – 15 % der Zellspender trotz vorhandenem zellulären IgE nicht in der Lage sind, nach IgE-vermittelter Stimulation aktiv zu werden und Mediatoren freizusetzen (sogenannte Non-Responder). Da zelluläre Tests gegenüber einer direkten IgE-Bestimmung in ihrer Aussagekraft aus gesagten Gründen geschmälert sind, ist ihr Stellenwert für die allergologische Routinediagnostik gering. Allerdings stellen Proben mit niedrigem Gesamt-IgE und erfolglosem spezifischen IgE-Nachweis trotz vermuteter Sensibilisierung oder seltener Allergene eine geeignete Indikation dar.
Neben der Histaminfreisetzung (Basophilen-Aktivierungstest bzw. Histaminfreisetzungstest), die als indirektes Maß für das zellulär-gebundene spezifische IgE dient, gibt es zwei Testsysteme, die auch wissenschaftlich auf ihre diagnostische Aussage überprüft werden:
#a) Cellular-Antigen-Stimulation-Test (CAST)
Bei diesem Test werden die aus der Arachidonsäure abstammenden synthetisierten und freigesetzten Sulfidoleukotriene gemessen, die nach Präaktivierung mit Interleukin-3 (IL-3) und Allergenkontakt beim Sensibilisierten gebildet werden. Nach Allergeninkubation werden die Leukotriene in den zellfreien Überständen mithilfe eines ELISA bestimmt und in pg/ml angegeben.
Als Positivkontrolle für die Allergen-induzierte Freisetzung wird ein monoklonaler Anti-Fc-IgE-Rezeptor Antikörper verwendet ([Abb. 3]).
#b) Basophilen-Aktivierungstest (FlowCAST)
Der FlowCAST beruht auf dem durchflusszytometrischen Nachweis von Aktivierungsmarkern auf basophilen Granulozyten. Für IgE-vermittelte Reaktionen wurden bisher vor allem die Marker CD63 und CD203c eingesetzt. Beide Oberflächenmoleküle werden nach IgE-Rezeptoraggregation hochreguliert, sie haben aber teilweise verschiedene Stoffwechselwege und folgen unterschiedlichen Kinetiken. Auch beim FlowCAST enthält der Zellstimulationspuffer IL-3, das die Allergen-induzierte CD63 Expression potenziert, ohne selbst CD63 hochzuregulieren, während es die CD203c-Expression auch ohne Allergen steigert (sogenannter „Priming”-Marker). Die Resultate der allergenspezifischen Basophilen-Aktivierung werden in Prozent aktivierte Basophile angegeben. Untersuchungen mit Pollen-, Insektengift- und Nahrungsmittelallergenen sowie Medikamenten demonstrieren die Tauglichkeit der Bestimmung mit CD63 oder CD203c für spezielle diagnostische Fragestellungen [24] [25] [26].
Ob der Basophilen-Aktivierungstest einen höheren Stellenwert für die in-vitro-Allergiediagnostik im Vergleich zum Histamin- oder Leukotrien-Freisetzungstest besitzt, muss in weiteren kontrollierten Studien ermittelt werden.
#2. Lymphozytentransformationstest (LTT)
Das Prinzip des Lymphozytentransformations (LTT)- bzw. Lymphozytenstimulationstests (LST) beruht darauf, dass Lymphozyten, die durch ein bestimmtes Antigen sensibilisiert wurden, zur Formation von Blasten angeregt werden, wenn sie erneut mit diesem Antigen in Kontakt kommen. Durch die „International Union of Immunological Societies (IUIS) wurde ein LTT empfohlen, der die Inkorporation von 3H-markiertem Thymidin misst [27]. Das Ergebnis des Testes wird als Stimulationsindex (SI) angegeben, d. h. es wird ein Quotient aus der Thymidineinbaurate der Zellen mit und ohne Antigenzusatz errechnet. Es ist zwischen einem „spezifischen LTT” und einem „unspezifischen LTT” zu unterscheiden. Bei ersterem ist das Ziel, eine spezifische Antwort auf eine relevante Testsubstanz zu überprüfen, während beim unspezifischen LTT die Stimulation der Zellen mit einem Mitogen, wie z. B. Phytohämagglutinin (PHA) oder poke weed mitogen (PWM) erfolgt, um damit die Lymphozytenfunktion zu überprüfen. Der Test wird in einem Parallelansatz mit Lymphozyten einer gesunden Kontrollperson durchgeführt, die mit der entsprechenden Substanz noch nie in Kontakt kam. Eine klinische Indikation für eine LTT ist bei Arzneimitteln mit Typ IV-Reaktionen, Vaskulitis allergica, aplastischer Anämien oder Hepatitis beschrieben worden.
Auch kann bei einem positiven spezifischen LTT mit Beryllium eine Unterscheidung zwischen Berylliose und Sarkoidose getroffen werden.
Als zusätzlicher Test bei epikutanen Kontaktallergien (klassische Kontaktallergene wie Nickelsulfat, Chromsalze usw.) liefern erhöhte Stimulationsindices im LTT Zusatzinformationen. In der Regel hat die Indikation wissenschaftlichen Charakter. Auch die spezifische Proliferation ist lediglich ein Ausdruck einer normalen Auseinandersetzung des Organismus mit einem (bereits bekannten) Antigen und kein Indikator für eine klinisch relevante Sensibilisierung. Um einen spezifischen LTT bewerten zu können, muss für jedes Antigen ein individueller Schwellenwert ermittelt werden. In der Praxis wird man ein positives LTT-Ergebnis zur Weichenstellung für weitere diagnostische Schritte heranziehen. Für den Bereich der Umweltmedizin hat das Robert-Koch-Institut Empfehlungen zur diagnostischen Relevanz des LTTs publiziert ([Tab. 2]).
Nach dem Bewertungsraster der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin” am Robert-Koch-Institut (RKI) kann man den LTT folgendermaßen einordnen (Mitteilung der Kommission 2001): |
Unspezifischer LTT zur Bestimmung der Lymphozytenfunktion: Kategorie II (Zitat: „Eine Maßnahme kann bei gegebener umweltmedizinischer Indikation unter Vorbehalt empfohlen werden.”) |
Spezifischer LTT zum Nachweis einer medikamentös-allergischen Reaktion: Kategorie IA (Zitat: „Eine Maßnahme kann bei gegebener umweltmedizinischer Indikation uneingeschränkt empfohlen werden.”) |
Spezifischer LTT zum Nachweis allergischer Reaktionen gegenüber „Umweltstoffen”: Kategorie III (Zitat: „Zu einer Maßnahme kann keine Empfehlung ausgesprochen werden, weil kein ausreichendes Untersuchungsmaterial vorliegt.”) |
Nachweis von Entzündungsmediatoren oder Zellbotenstoffen (Histamin und deren Metabolite, Tryptase, ECP)
Botenstoffe aller an der allergischen Reaktion beteiligten Zellen (u. a. Mastzellen, Eosinophile) können im Blut oder z. T. in anderen Körperflüssigkeiten und Ausscheidungsprodukten (z. B. Nasensekret, Sputum, Urin) erfasst werden. Histamin aus Mastzellen und basophilen Granulozyten ist der Prototyp unter den Mediatoren der Soforttypreaktionen. Der Nachweis von Histamin und seinen Metaboliten im Plasma oder Urin bei anaphylaktischen Reaktionen ist grundsätzlich möglich und eine Erhöhung korreliert mit dem Ereignis einer Anaphylaxie, allerdings kann nicht bei allen Patienten mit Anaphylaxie eine Erhöhung detektiert werden [28]. Durch eine rasche Metabolisierung (Halbwertszeit von Histamin beträgt nur wenige Minuten) und zahlreiche Störgrößen besitzt die Bestimmung im Plasma oder Urin bei allergischen Ereignissen keinen diagnostischen Stellenwert. Wichtig ist, dass die präanalytischen Schritte optimal ablaufen, d. h. die Blutabnahme sollte möglichst innerhalb der ersten Stunde nach dem Ereignis erfolgen und zusätzlich muss das Blut bis zur Gewinnung des Plasmas durch Zentrifugation kühl gelagert und transportiert werden.
Tryptasen gehören auch zu den Mastzell- und Basophilen-spezifischen Mediatoren. Wie die Bestimmung von Histamin und seinen Metaboliten kann auch der Nachweis einer erhöhten Tryptase Hinweise für eine aktuelle oder gerade abgelaufene Aktivierung dieser Entzündungszellen geben. Im Gegensatz zum Histamin wird die Tryptase aber langsamer abgebaut (Serum-Halbwertszeit ca. 2 Stunden) und kann sowohl retrospektiv Ereignisse mit Mastzellbeteiligung aufdecken helfen [29] als auch bei klinisch unklaren Symptomen die Diagnose unterstützen. Erhöhte Tryptase-Konzentrationen im Blut sind ein Hinweis auf eine Reaktion mit Mastzellbeteiligung; normal-niedrige Werte schließen diese nicht aus.
Tryptase kann auch in anderen Körperflüssigkeiten bestimmt werden, z. B. in Nasensekret bei Polyposis nasi und perennialer Rhinitis allergica [30]. Dabei handelt es sich allerdings bis dato noch nicht um eine Routineuntersuchung.
Eine Indikation für die Tryptase-Bestimmung liegt bei fraglichen Reaktionen mit Mastzellbeteiligung innerhalb der letzten 24 Stunden, z. B. IgE-vermittelte Reaktionen durch Soforttypallergene wie Insektengift, bei einer Schockreaktion unklarer Genese (< 24 Stunden). Zu berücksichtigen ist allerdings, dass verschiedene Parameter, wie z. B. Schweregrad der Reaktion, Zeitverlauf des Ereignisses und Zeitpunkt der Blutentnahme interindividuelle Abweichungen der Mastzellaktivierung und Tryptase-Werte, das Ergebnis beeinflussen und die Interpretation erschweren. Für das Monitoring moderater allergischer Ereignisse (z. B. beginnende, IgE-vermittelte Nahrungsmittelreaktionen nach oraler Provokation) bringt die Tryptase-Bestimmung aufgrund unzureichender Sensitivität offenbar keine Vorteile gegenüber einer klinischen Beurteilung [31].
#Eosinophiles Cationisches Protein
Eosinophile Granulozyten sind ebenfalls „Keyplayer” in der Immunpathogenese allergischer Erkrankungen und können in der Schleimhaut der oberen und unteren Atemwege von Allergikern sowie in der Haut von Patienten mit atopischer Dermatitis vermehrt nachgewiesen werden. Die im Serum messbaren Mediatoren spiegeln nicht nur die Zahl der Eosinophilen, sondern auch deren Aktivierungszustand wider und damit den Grad und aktuellen Zustand der entzündlichen Reaktion.
Zahlreiche Untersuchungen beruhen auf der Bestimmung des „Eosinophil Cationic Protein” (ECP), die stark von der Präanalytik abhängt: Bei der Gewinnung von Serum wird während der Gerinnung von Vollblut (1 h bei 18 – 22 °C) die Freisetzung von ECP aus den eosinophilen Granulozyten je nach ihrem Aktivierungsgrad induziert. Die Bestimmung erfolgt mithilfe eines Immunoassays. ECP kann darüber hinaus auch aus anderen biologischen Flüssigkeiten (z. B. Sekrete, Lavageflüssigkeiten) bestimmt werden. Für Serum-ECP gelten Werte, ermittelt mit dem CAP-FEIA System, laut Herstellerangaben von > 15 µg/l als pathologisch (Phadia, Schweden). Bei perennialer und saisonaler Rhinitis lassen sich erhöhte ECP-Werte in Nasensekreten nachweisen. Bis auf weiteres kann die Untersuchung von Nasensekret auf ihren ECP-Gehalt daher nur bei individueller Indikation als ein Baustein umfassenderer Diagnostik eingesetzt werden. Generell gilt, dass die ECP-Bestimmung aus dem Serum eine erhebliche interindividuelle Streuung aufweist. Insofern ist mithilfe von erhöhten ECP-Spiegeln weder eine diagnostische Abklärung noch eine klare Zuordnung zu einem spezifischen Krankheitsbild möglich [32]. Weitere wissenschaftliche Untersuchungen bleiben abzuwarten.
#Literatur
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PD Dr. Monika Raulf-Heimsoth
BGFA – Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin der
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Institut der
Ruhr-Universität
Kompetenz-Zentrum
Allergologie/Immunologie
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Email: raulf@bgfa.de
Literatur
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BGFA – Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin der
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Institut der
Ruhr-Universität
Kompetenz-Zentrum
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Email: raulf@bgfa.de