Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2008; 15(1): 37
DOI: 10.1055/s-2008-1064915
BexMed-Mitteilungen

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Anfrage aus dem Gebiet Höhenmedizin - Trotz Faktor-V-Mutation ins Hochgebirge?

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Publication Date:
15 April 2008 (online)

 
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    Frage: Eine Studentin möchte an einer Hochgebirgsexkursion bis auf 5 000 Meter teilnehmen. Bei ihr ist eine bislang asymptomatische Faktor-V-Mutation bekannt. Bestehen medizinische Bedenken gegen die Teilnahme?

    Die Mutation des Gerinnungsfaktors V führt zu einer zwei- bis fünffach (manche sprechen von achtfach) erhöhten Thromboseneigung. Eine Antikoagulation wird bei nicht symptomatischen Patienten nicht empfohlen. Antikoagulation mit Cumarinen ist erst bei weiteren Risiken oder Ereignissen (Herzrhythmusstörungen, absolute Arrhythmie, rezidivierende Thrombosen oder thromboembolische Ereignisse etc.) nötig.

    In welchem Maß das Thromboserisiko in der Höhe ansteigt, ist nicht bekannt. Wir wissen lediglich, dass es ansteigt (Auerbach PS. Wilderness Medicine. Mosby 2007). Die einzigen Zahlen stammen von Kumar Shishir, der in einer Publikation (High altitude induced deep venous thrombosis: A study of 28 cases. Indian J Surg 2006; 68 (2): 84-88), von einem 24,5-fach erhöhten Risiko für eine Thrombose berichtet.

    Daher sind wir von der BExMed übereingekommen, dass diese Studentin ein erhöhtes Thromboserisiko hat. Um dieses zu reduzieren gilt es zunächst generelle Empfehlungen, etwa die der AAFP ("American Academy of Family Physicians"), zu befolgen: "To avoid venous stasis and a thrombotic event, patients should be advised to keep active and well hydrated, and to descend immediately if serious complications arise."

    Um eine Dehydratation zu vermeiden, sollte sich die Studentin unbedingt vor Durchfallerkrankungen schützen, eventuell ist eine Choleraimpfung nötig. In jedem Fall gelten die üblichen Empfehlungen zur Nahrungsmittelhygiene.

    Eine Antikoagulation ist aus phlebologischer Sicht nicht nötig (persönliche Korrespondenz mit einem Phlebologen und Varizenchirurgen). Aus Sicht dieses Phlebologen gibt es höchstens eine relative Indikation für niedermolekulare Heparine für den gesamten Aufenthalt in der Höhe. Allerdings könnte eine Heparindosis für den Flug nach Asien nicht schaden. Aus phlebologischer Sicht genügen Kompressionstrümpfe für die Thromboseprophylaxe während des Fluges. Außerdem gilt für diese Reisende ein Alkoholverbot zumindest während des Fluges, um eine alkoholinduzierte Diurese zu vermeiden. Zu diskutieren wäre noch die Mitnahme einiger Heparinspritzen für den Fall einer Immobilisation (Trauma, Krankheit etc.).

    Generell können wir der Studentin nicht von der Reise abraten, allerdings muss sie sich eines erhöhten Erkrankungsrisikos bewusst sein. Über Kommentare und Anregungen dazu wie auch über andere Anfragen freuen wir uns sehr.

    Jörg Schneider, München

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