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DOI: 10.1055/s-2008-1064909
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Südamerika - Häufung von Gelbfieberfällen in verschiedenen Regionen
Publication History
Publication Date:
15 April 2008 (online)
- Zunahme in Brasilien trotz hoher Durchimpfungsrate
- Erste Fälle urbanen Gelbfiebers in Paraguay?
- Dschungelgelbfieber und urbanes Gelbfieber
- Impfung auch in bestimmten Regionen Argentiniens dringend empfohlen
- Impfstoffknappheit droht
In verschiedenen tropischen Regenwaldregionen Südamerikas treten seit einigen Monaten auffällig viele Gelbfiebererkrankungen bei Menschen und bei verschiedenen Affenarten auf.
#Zunahme in Brasilien trotz hoher Durchimpfungsrate
In Brasilien sind in diesem Zusammenhang in den letzten zwei Monaten 35 Menschen am Gelbfieber erkrankt, von denen mittlerweile 19 an den Folgen der Infektion verstorben sind. Diese 35 laborbestätigten humanen Fälle traten in den Regionen Goiás, Mato Grosso do Sul und im Federal Distrikt auf. Obwohl in diesen Regionen die Durchimpfungsrate in der Bevölkerung aufgrund routinemäßig durchgeführter Impfungen sehr hoch ist, werden die Impfaktivitäten der Gesundheitsbehörden bei Einheimischen und bei in die betroffenen Gebiete Reisenden zurzeit intensiviert.
Den humanen Erkrankungen gingen seit April 2007 vermehrte Todesfälle bei Affen voraus. Daher scheint es sich bei der aktuell hohen Zahl an Gelbfieberfällen nicht um ein zufälliges Ereignis zu handeln. Der Betrachtung der Todesfälle bei den Affen zufolge besteht auch in weiteren Gebieten eine erhöhte Gelbfiebergefahr. Epizooisches Auftreten des Gelbfiebers in Brasilien hat es in diesem Zusammenhang in den sechs Regionen Goiás, Federal Distrikt, Mato Grosso do Sul, Minas Gerais, Tocantins und São Paulo gegeben. Die Gelbfieberinfektionen, die in diesen Regionen bei Affen vorkamen, haben Laboruntersuchungen bestätigt.
#Erste Fälle urbanen Gelbfiebers in Paraguay?
Ähnlich wie in Brasilien trat nun auch in Paraguay nach längerer Zeit wieder das Gelbfieber auf. So wurden sieben Erkrankungen, die Anfang Februar noch als Gelbfieberverdachtsfälle klassifiziert worden waren, am 15. Februar 2008 von den regionalen Gesundheitsbehörden als Dschungelgelbfieber bestätigt. Diese sieben Gelbfieberfälle traten in der ländlichen und waldreichen, nördlich gelegenen Region San Pedro auf. Zusätzlich zu den sieben bestätigten Erkrankungen kam ein Farmer aus der gleichen Region Anfang Februar 2008 zu Tode. Dieser Verdachtsfall ist bis jetzt jedoch nicht bestätigt oder geklärt.
In Paraguay sind die letzten humanen Gelbfieberfälle mehr als 30 Jahre her. Hierbei traten im Jahr 1974 neun Erkrankungen auf, von denen drei tödlich endeten. Neben den sieben bestätigten Gelbfieberfällen aus der ländlichen Region San Pedro sorgen mittlerweile weitere, ebenfalls bestätigte Gelbfieberfälle in einer anderen Region in Paraguay für Aufregung. In Laurelty de San Lorenzo, 20 km von der Hauptstadt Asuncion entfernt, sind neun Menschen am Gelbfieber erkrankt, von denen drei an den Folgen verstorben sind. Sollten sich diese bereits bestätigten Erkrankungen tatsächlich als urbane Gelbfieberinfektionen herausstellen, so wären es wahrscheinlich die ersten urbanen Fälle des Gelbfiebers (oder besser des urbanen Zyklus) in Lateinamerika in diesem Jahr.
#Dschungelgelbfieber und urbanes Gelbfieber
Obwohl die Erkrankung bei beiden Formen bzw. Übertragungszyklen (Dschungel- und urbanes Gelbfieber) durch die gleichen Erreger hervorgerufen wird, kommt im Gegensatz zum sogenannten Dschungelgelbfieber das urbane Gelbfieber in städtischen Regionen vor und wird dort durch andere Vektoren als in den Regenwaldregionen übertragen.
Der bedeutendste Vektor hierbei ist die Mücke Aedes aegypti, die in urbanisierten Gebieten Südamerikas massenhaft vorkommt und hier ein besonders effektiver Vektor des Gelbfiebers sein kann. Während beim Dschungelgelbfieber meist Affen betroffen sind und Menschen nur gelegentlich erkranken, kann es beim urbanen Gelbfieber zu schwerwiegenden Epidemien kommen.
#Impfung auch in bestimmten Regionen Argentiniens dringend empfohlen
Neben den Fällen in Brasilien und Paraguay trat das Gelbfieber auch im Norden Argentiniens auf: In der Region Piñalito Park (San Pedro Department, Misiones Provinz) fand man 17 tote Affen (Alouatta caraya und A. guariba), deren Gelbfieberinfektionen Laboruntersuchungen bestätigten. Darüber hinaus starben acht weitere Affen in einem privaten Schutzgebiet in der Nähe der Iguazu-Fälle - die Untersuchungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen.
Der argentinische Gesundheitsminister warnt offiziell vor einem erhöhten Gelbfieberrisiko in der nördlichen Region Misiones. Als präventive Maßnahme wird von den Behörden daraufhin die Gelbfieberimpfung allen Einheimischen und auch allen Reisenden im Alter zwischen einem und 60 Jahren, die bestimmte Teile der Region Misiones besuchen, dringend empfohlen. Gebiete mit erhöhtem Risiko sind: Guarani, Monte Carlo, El Dorado, San Pedro, General Manuel Belgrano und Puerto Iguazu. Gelbfiebererkrankungen beim Menschen traten in Argentinien in diesem Zusammenhang in diesem Jahr bisher nicht auf.
#Impfstoffknappheit droht
Aufgrund der hier geschilderten aktuellen Entwicklung (Gelbfieber in Brasilien, Paraguay und Argentinien) ist die Situation bezüglich der Versorgung mit Gelbfieberimpfstoff zurzeit besonders kritisch. Normalerweise produziert Brasilien routinemäßig genug Impfstoff, den die PAHO ("Pan American Health Organization") zum Teil anderen südamerikanischen Länder zur Verfügung stellt.
Zurzeit benötigt jedoch Brasilien aufgrund der aktuellen Situation die Gelbfieberimpfstoffe selbst, sodass es bei weiterem Auftreten des Gelbfiebers in Südamerika, und somit bei weiterem Impfstoffbedarf, zu erheblicher Impfstoffknappheit kommen könnte. In Argentinien reichen die vorhanden Impfstoffe für Impfkampagnen in der Region Misiones noch aus. Kritisch könnte es hier bei Impfstoffbedarf in anderen argentinischen Regionen werden. Eine bedeutende Ursache für das aktuell gehäufte Auftreten des Gelbfiebers ist die zunehmende Waldzerstörung, die eine zunehmende Migration von Affen und eventuell auch Vektoren in dichter besiedelte Gebiete zur Folge hat.
Dr. Raymund Lösch und
Dr. rer. nat. Mirko Dreßler, Bad Doberan
Quellen: promed, PAHO, CDC