Der Klinikarzt 2007; 36(11): 612
DOI: 10.1055/s-2007-992900
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Neues DGK-Positionspapier - Endokarditisprophylaxe nur noch bei Hochrisikopatienten

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Publication Date:
20 December 2007 (online)

 
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Bereits im April hatten die neuen Leitlinien der American Heart Association (AHA) für Aufsehen gesorgt: Denn damals wurde der bisherige medizinische Goldstandard der Endokarditisprophylaxe auf den Kopf gestellt. Statt einer Antibiotikaprophylaxe 30-60 Minuten vor zahnärztlichen, aber auch urologischen, gynäkologischen, internistischen, dermatologischen, orthopädischen oder herzchirugischen Eingriffen für viele Patienten empfehlen die Leitlinien dieses Vorgehen jetzt nur noch bei Hochrisikopatienten - also bei Patienten mit künstlichen Herzklappen, einer Endokarditisanamnese, bei Patienten mit bestimmten angeborenen Herzfehlern oder bei Patienten, die nach einer Herztransplantation einen Klappenfehler entwickelten.

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Dramatischer Paradigmenwechsel

Dieser Empfehlung trägt jetzt auch ein neues Positionspapier Rechnung, das der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) vor Kurzem gemeinsam mit der Paul-Ehrlich-Gesellschaft und in Kooperation mit 16 weiteren medizinischen Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie der Deutschen Herzstiftung erarbeitet hat (s. www.dgk.org unter "Leitlinien"). "Unser Positionspapier stellt einen dramatischen Paradigmenwechsel im Vergleich zu den Leitlinien der letzten 50 Jahre dar", erläuterte Dr. Christa Gohlke-Bärwolf, Bad Krozingen.

"Die Indikation für eine Endokarditisprophylaxe wird auf einen wesentlich engeren Patientenkreis eingegrenzt. Das mag bei Patienten und Ärzten zunächst für Verwirrung sorgen, vor allem weil diese Änderungen nicht auf neuen Studien beruhen, sondern auf einer Neubewertung bisheriger Studien nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin."

Eine besondere Bedeutung zur Vorbeugung einer infektiösen Endokarditis hat laut dem neuen Positionspapier die Mundhygiene. "Aus unseren Registern wissen wir, dass 80 % der Patienten mit einer Endokarditis keinen Eingriff vor dem Auftreten der Erkrankung haben. Die Bakterien müssen also auf andere Weise ins Blut gelangt sein", erläuterte PD Dr. Christoph Naber, Essen. "Eine Möglichkeit ist, dass sie aufgrund eines schlechten Zahnstatus bereits bei alltäglichen Aktivitäten wie dem Kauen ins Blut gelangen. Es macht also Sinn, kranke Zähne rechtzeitig solide zu sanieren und Karies und Parodontose effektiv zu behandeln."

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Evidenzbasierte Studien gefordert

Die Autoren des Positionspapiers fordern zudem prospektive randomisierte und placebokontrollierte Studien zur Effektivität der medikamentösen Endokarditisprophylaxe und fordern hierzu die Unterstützung der beteiligten Fachgesellschaften, um ein entsprechendes Studienprojekt auf den Weg zu bringen - ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer evidenzbasierten Endokarditisprophylaxe, meinte Gohlke-Bärwolf.

Quelle: Pressemitteilung "'Revolution' in der Endokarditis-Prophylaxe", herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK), Düsseldorf