Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2007; 14(3): 114
DOI: 10.1055/s-2007-986602
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US-Bundesstaat Missouri - Anstieg der Fallzahlen von Ehrlichiose

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
17. September 2007 (online)

 
Inhaltsübersicht

Im US-Bundesstaat Missouri ist Ende Mai 2007 ein Kind an einer Ehrlichiose erkrankt und verstorben. Zu der Infektion kam es durch einen Zeckenstich im nordöstlichen Teil des Bundesstaates. Die Gesundheitsbehörden Missouris haben in diesem Zusammenhang eine generelle Warnung vor Zeckenstichen herausgegeben.

Grund hierfür ist neben dem erwähnten Todesfall auch ein allgemeiner Anstieg der Ehrlichiose und anderer durch Zecken übertragener Infektionen in Missouri in diesem Jahr. Treten in dieser Region im Durchschnitt nur neun Fälle der Ehrlichiose pro Jahr auf, so sind in diesem Jahr bereits 117 Fälle bekannt geworden. Zecken können in Nordamerika verschiedene Krankheiten wie etwa eine Ehrlichiose, das "Rocky Mountain Spotted Fever" (RMSF), eine Borreliose und gelegentlich auch eine Tularämie übertragen. Insgesamt sind in Missouri in diesem Jahr neben den Erkrankungen an Ehrlichiose 186 Fälle des RMSF, 18 Fälle der Tularämie und 35 Fälle der Borreliose aufgetreten.

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Verbreitung

Bei den Erregern der Ehrlichiose handelt es sich um gramnegative Bakterien der Familie Rickettsiaceae, von denen folgende als humanpathogen bekannt sind: Ehrlichia chaffeensis (humane monozytäre Ehrlichiose, HME), E. phagocytophila (humane granulozytäre Ehrlichiose, HGE), E. sennetsu (Sennetsu-Fieber) und eventuell E. ewingii. Die genaue Verbreitung der Ehrlichiose ist noch nicht vollständig geklärt. Die HME kommt im Süden und Südosten der USA vor und tritt in Europa eventuell sporadisch in Portugal und Spanien auf.

Die HGE wurde bisher sicher aus den USA und Slowenien nachgewiesen. Wahrscheinlich ist die HGE in den USA häufiger als die HME. Sichere Erregernachweise von E. phagocytophila gibt es aus Zecken in Mitteleuropa (Italien, Schweden, Frankreich und Deutschland, Infektionsraten zwischen 2 und 24 %). Antikörpernachweise der HGE beim Menschen stammen aus Großbritannien, Norwegen, Schweden, Dänemark, Italien, Frankreich, Deutschland und der Schweiz (Seroprävalenzraten von 0-15 %).

Untersuchungen im Land Brandenburg zeigen, dass bei 10 % der Patienten mit gesicherter Lyme-Borreliose auch Antikörper gegen Ehrlichia im nativen und rekombinanten Western-Blot nachweisbar sind. Das Sennetsu-Fieber ist bisher nur sicher aus Japan (meist Westjapan) und Malaysia bekannt. E. ewingii konnte bisher nur in Missouri, Oklahoma und Tennessee nachgewiesen werden.

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Pathogenese

Ehrlichien sind eine Gruppe klinisch ähnliche Erkrankungen hervorrufender, epidemiologisch und ätiologisch jedoch unterschiedlicher Bakterien. Der Erreger verhält sich opportunistisch. Die Pathogenese ist noch nicht im Einzelnen aufgeklärt. Ehrlichien sind obligat an ein intrazelluläres Wachstum (speziell in verschiedenen Leukozytenfraktionen) gebunden und bilden dort intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen, die nach Giemsafärbung in maulbeerartiger Lagerung (sogenannte Morulae) lichtmikroskopisch nachweisbar werden. E. phagocytophila parasitiert in Granulozyten. E. ewingii wurde bisher nur bei wenigen Patienten nachgewiesen und es ist nur sehr wenig bekannt zur Verbreitung und Übertragung sowie zu den Vektoren und humanen Erkrankungen. Dem Erreger der HGE (E. phagocytophila) werden immunsuppressive Effekte zugeschrieben.

Die Übertragung von Ehrlichien erfolgt generell durch Zecken. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt. Ehrlichia chaffeensis wird hauptsächlich durch Amblyomma americanum aber auch durch Dermacentor variabilis übertragen. E. phagocytophila wird in den USA durch Ixodes scapularis und in westlichen Landesteilen durch I. pacificus übertragen. I. ricinus ist vermutlich Überträger in den USA und eventuell in Europa.

Dr. med. Raymund Lösch und Dr. rer. nat. Mirko Dreßler, Bad Doberan

Quelle: promed