Gesundheitswesen 2007; 69(4): 233-239
DOI: 10.1055/s-2007-973089
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Hygiene-Ranking der Frankfurter Altenpflegeheime - Konzept und erste Erfahrungen

Hygiene Ranking in Residential Homes for the Aged in Frankfurt - Conception and First ResultsW. Hentschel 1 , U. Heudorf 1
  • 1Stadtgesundheitsamt Frankfurt
Further Information

Publication History

Publication Date:
29 May 2007 (online)

Zusammenfassung

Die Überwachung der Hygiene in Altenpflegeheimen ist eine wichtige Aufgabe der Gesundheitsämter. In der vorliegenden Arbeit wird ein „Hygiene-Ranking” (APH-Ranking) vorgestellt, das auf der Basis der regelmäßig und standardisiert durchgeführten Begehungen der Heime aufbaut. Aus mehr als 60 Einzelfeststellungen werden sieben Hygienebereiche aggregiert bewertet: baulich-funktionelle Voraussetzungen, organisatorische Voraussetzungen, Fortbildung, aktuelle Hygiene, Redundanz von Mängeln, Küchenhygiene und Trinkwasserhygiene. Das Design des APH-Rankings ermöglicht zum einen den direkten Vergleich der in den einzelnen Frankfurter Altenpflegeheimen in den jeweiligen Hygienebereichen erzielten Leistungen, zum anderen kann durch die Gewichtung und die daraus ermittelte Gesamtbewertung ein schneller und umfassender Überblick über die gesamte hygienische „Leistung” gewonnen werden. Die Ergebnisse der flächendeckend durchgeführten Erhebungen 2004 bis 2006 zeigen die gute Akzeptanz dieses Verfahrens bei den Altenpflegeheimen.

Abstract

Public health departments are obliged by law to survey hygienic procedures and condition in residential homes for the aged. Based on the annual hygiene control visits, a standardised hygiene ranking was established with the aggregation of more than 60 detailed single observations in the following fields: building, organisation, training of the staff, actual hygiene situation, repeated deficits, food and kitchen hygiene, and drinking water. This hygiene ranking enables not only intra-institutional comparisons in different years but also the comparison between different homes. The data obtained in 2004 to 2006 demonstrated that this method was very well accepted by the institutions and was readily appreciated as a tool for external quality assessment.

Literatur

  • 1 Rückert W.. Prävention, Rehabilitation und Tagespflege sollten ausgebaut werden - Sonst werden Jahr für Jahr über 10000 zusätzliche Heimplätze benötigt.  Pro Alter - Kuratorium Deutsche Altershilfe. 2001;  (Heft 1) 37-39
  • 2 Garibaldi RA. Residential care and the elderly: the burden of infection.  J Hosp Infect. 1999;  43 (Suppl.) S9-S18
  • 3 Golliot F, Astagneau P, Cassou B, Okra N, Rothan-Tondeur M, Brücker G. Nosocomial infections in geriatric long-term care and rehabilitation facilities: exploration in the development of a risk index for epidemiological surveillance.  Inf Control Hosp Epidemiol. 2001;  22 746-753
  • 4 Strausbaugh LJ, Joseph CL. Epidemiology and Prevention of Infections in Residents of Long- Term Care Facilities. In: Mayhall GC (ed) Hospital Epidemiology and Infection Control. 3rd ed Lippincott Williams Wilkins, Philadelphia 2004: 1855-1880
  • 5 Heimgesetz. BGBl I, 1974, S. 1873 zuletzt geändert durch Art. 12 G v. 21.3.2005, BGBl I, S. 818
  • 6 Nübling R, Schrempp C, Kress G, Löschmann C, Neubart R, Kuhlmey A. Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der stationären Altenpflege.  Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2004;  47 133-140
  • 7 IfSG Infektionsschutzgesetz. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen. BGBl I, 2000, S. 1045 ff
  • 8 KRINKO: Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention . Infektionsprävention in Heimen.  Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2005;  48 1061-1080
  • 9 TrinkwV (2001) Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung vom Mai 2001; Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung TrinkwV 2001); Bundesgesetzblatt Jahrgang 2001, Teil I Nr. 24, ausgegeben zu Bonn am 28. Mai 2001
  • 10 Heudorf U, Hentschel W.. Infektionshygienische Überwachung von Altenpflegeheimen durch das Gesundheitsamt - Erfahrungen aus dem Gesundheitsamt in Frankfurt/Main von 1989-1998.  Gesundheitswesen. 2000;  62 670-677
  • 11 Kalker U, Hentschel W.. Das Problem der Legionellenkontamination in den Warmwassersystemen einer deutschen Großstadt.  Gesundheits-Wesen. 1992;  54 597-604
  • 12 Hentschel W, Voigt K, Heudorf U. Umsetzung der neuen Trinkwasserverordnung § 18: Überwachung von Hausinstallationen - Wasser für die Öffentlichkeit.  Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz. 2006;  49 804-817
  • 13 GVG: Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens sowie 3. Durchführungsverordnung zum Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens. Durchführungsverordnung für die Gesundheitsämter vom 30. März 1935, zit. Das Grüne Gehirn; Starnberg Verlag RS Schulz.
  • 14 Heudorf U. Überwachung der Hygiene in medizinischen Einrichtungen durch das Gesundheitsamt. In: Eikmann/Christiansen/Exner/Herr/Kramer: Hygiene in Krankenhaus und Praxis. 1. Ergänzungslieferung Juni 2006; Kap. 8.5. 1-42.
  • 15 Geng V. Hygiene- und Qualitätsmanagement in der Altenpflege. Entwicklung eines überregionalen Hygienebegehungskonzepts.  Hygiene und Medizin. 2000;  25 ((Suppl. 1)) 17
  • 16 Geng V. Hygienebegehung in Alten- und Pflegeheimen - ein Beitrag zum Qualitätsmanagement.  Krh.-Hyg.+Inf.Verh. 2000;  22 156-163
  • 17 Geng V, Thieves M.. Hygienemaßnahmen in der Alten- und Langzeitpflege.  Gesundheitswesen. 2002;  64 534-539
  • 18 Länderarbeitskreis zur Erstellung von Hygieneplänen nach § 36 IfSG: Rahmen-Hygieneplan für Alten- und Pflegeheime. Stand: 12.05.06;www.uminfo.de
  • 19 Pleitner D.. Standard-Handschuhplan.  Krh.-Hyg.+Inf.Verh. 2003;  25 80
  • 20 Mielke A. Fort- und Weiterbildung zur/zum Hygienebeauftragten in der Altenpflege oder gute Weiterbildung - schlechte Weiterbildung.  Krh.-Hyg.+Inf.Verh. 2003;  25 52-54
  • 21 Mielke A. Hygieneplan Verhalten bei Kopfläusen.  Krh.-Hyg.+Inf.Verh. 2003;  25 71
  • 22 Stegemann KH. Die Erstellung von Hygieneplänen in Einrichtungen der Altenpflege - rechtliche Begründung.  Krh.-Hyg.+Inf.Verh. 2003;  25 70
  • 23 Stegemann KH. Hygieneplan: Umgang mit Salmonellen im Alten- und Pflegeheim.  Krh.-Hyg.+Inf.Verh. 2003;  25 76-77
  • 24 Huesmann C. Verhalten bei Skabies (Krätze).  Krh.-Hyg.+Inf.Verh. 2003;  25 73
  • 25 Martin U, Behler R, Bock-Hensley O, Boschek HJ, Fobbe E, Gardemann J, Groschopp C, Hingmann G, Istas H, Weber D, Wegerhof P.. Grundlagen der Hygiene in Pflegeheimen.  Gesundheitswesen. 2001;  63 640-642
  • 26 Martin U, Behler R. Duisburger Modell - intensivierte Heimaufsicht des Gesundheitsamtes in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt.  Gesundheitswesen. 1999;  61 337-339
  • 27 Martin U, Behler R. Wie effektiv ist die externe Qualitätssicherung in den Pflegeheimen durch die medizinisch-hygienische Heimaufsicht des Gesundheitsamtes.  Gesundheitswesen. 2001;  63 759-762
  • 28 Thieves M. Hygienevorgaben in Altenpflegeheimen.  Gesundheitswesen. 2000;  62 355-358
  • 29 Bock-Hensley O, Klett . Zur Bekämpfung eines Scabies-Ausbruchs in einem Altenheim.  Epidemiol. Bulletin. 1998;  , Nr. 35, 4.09.98 S 249-251
  • 30 Von Baum H, Schmidt C, Svoboda D, Bock-Hensley O, Wendt O. Risk factors for methicillin-resistent Staphylococcus aureus carriage in residents of German nursing homes.  Infect Control Hosp Epidemiol. 2002;  23 511-515
  • 31 Wendt C, Svoboda D, Schmidt C, Bock-Hensley O, von Baum H. Characteristics that promote transmission of Staphylococcus aureus in German nursing homes.  Infect Control Hosp Epidemiol.. 2005;  26 816-821
  • 32 Heudorf U, Bremer V, Heuck D.. MRSA-Besiedelung bei Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen sowie bei Patienten einer geriatrischen Rehabilitationsklinik in Frankfurt am Main, 1999.  Das Gesundheitswesen. 2001;  63 447-454
  • 33 Bock-Hensley O, Niekusch U, Klett M, Wendt C. Zahnhygiene in Altenheimen des Rhein-Neckar-Kreises und der Stadt Heidelberg - Ergebnisse einer Umfrage.  Hygiene und Medizin. 2006;  31 12-15
  • 34 Steingass S, Klein B, Hube G, Pavel K, Walter K, Weiss V. Neue Wege der Qualitätssicherung - Modellprojekt Dekubituserfassung im Ostalbkreis.  Gesundheitswesen. 2002;  64 585-592
  • 35 Martin U, Sonntag AK, Neuhaus B, Karch H. Flächendesinfektion in Pflegeheimen, was geschieht wirklich?.  Gesundheitswesen. 2004;  66 682-687
  • 36 Bock-Hensley O. Qualitätsmanagement in Alten- und Pflegeheimen: Hygienekontrollen - Welche Möglichkeiten hat der ÖGD.  Gesundheitswesen. 2005;  67 233-256
  • 37 DGKH Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene . Leitlinienentwurf Hygienebeauftragte(r) in Pflegeeinrichtungen.  Hygiene und Medizin. 2001;  26 110-111

Anhang

Anlage 1: Detailprüfpunkte

  • 1. Baulich-funktionell Punkte (ungewichtet)

    Ausstattung mit Personalumkleide, Duschen und Toiletten 30
    Ist eine Schwarz-Weiß-Trennung in Personalumkleide vorhanden? 10
    Ausstattung mit Seifen, Handtuch- und Desinfektionsmittelspendern 30
    Raumprogramm 15
    baulicher Zustand 15

  • 2. Organisatorisch

    Ist ein Hygienebeauftragter bestellt? 15
    Gibt es eine Hygienekommission? 15
    Ist der Hygieneplan vorhanden? 5
    Wundverbandwechsel? 4
    Katheterpflege/Katheterwechsel? 4
    Stomapflege? 4
    Injektionen/Punktionen/invasive Eingriffe? 4
    Umgang mit PEG-Sonden? 4
    Umgang mit Atemwegsbefeuchtung und Absaugern? 4
    Umgang mit MRSA? 4
    Umgang mit infektiösen Erkrankungen z. B. Skabies? 4
    Harnweginfektionen/ Inkontinenzpflege? 4
    Pneumonien/Prophylaxe? 4
    Dekubitus/Prophylaxe? 4
    Mundpflege/Soor und Parotitisprophylaxe? 4
    Umgang mit Abfällen? 4
    Umgang mit Wäsche? 4
    Werden interne/externe Fortbildungen dokumentiert? 4
    Umgang mit der Reinigung und Desinfektion 5

  • 3. Fortbildung

    Bestehen für den Hygienebeauftragten Fortbildungsmöglichkeiten? 30
    Werden jährliche Hygieneschulungen für Pflege-, Reinigungs- und Betreuungspersonal angeboten? 30
    % der Fortgebildeten im letzten zurückliegenden Kalenderjahr 40

  • 4. Aktuelle Hygiene

    Hängen aktuelle Reinigungs- und Desinfek-tionspläne in den Funktionsräumen aus? 3
    Befinden sich die Steckbeckenspülen in einem hygienisch einwandfreien Zustand? 3
    Werden Zwangsentlüftungen regelmäßig gewartet und gereinigt? 3
    Allgemeiner Eindruck/Sauberkeit 10
    Lagerung geschlossen und trocken? 3
    First in First out-Prinzip verwirklicht? 3
    Werden die Verfalldaten kontrolliert? Wurde Verfallenes vorgefunden? 3
    Werden personengebundene Rasierer oder Einmalrasierer eingesetzt? 3
    Werden personengebundene Waschschüsseln eingesetzt? 3
    Ist ein Pflegewagen vorhanden? 3
    Sind nur personen-ungebundene Pflege-utensilien auf den Pflegewagen vorhanden? 3
    Ist eine Abfallhalterung am Pflegewagen vorhanden? 3
    Sind Halterungen für Schmutzwäschesäcke am Pflegewagen oder ein extra Wäschewagen vorhanden? 3
    Ist ein Händedesinfektionsmittelspender am Pflegewagen installiert? 3
    Werden die Pflegehilfsmittel geschlossen im Pflegewagen vorgehalten? 3
    Werden medizinische Geräte trocken und staubgeschützt gelagert? 3
    Wird die Schmutzwäsche getrennt (fäkal/nicht fäkal verschmutzt ect.) gesammelt? 3
    Fachgerechter Umgang mit angebrochenen Medikamentenflaschen (Kanülenstecker, Anbruchsdatum) 3
    Gibt es Medikamentenkühlschränke? 3
    Gibt es Thermometer in den Kühlschränken zur Medikamentenlagerung? 3
    Werden die Medikamente im Stationszimmer verschlossen gelagert? 3
    Stehen abdeckbare Instrumentenwannen zur Verfügung? 3
    Gibt es Dosierhilfen und -tabellen an den entsprechenden Arbeitsplätzen? 3
    Wurden nur die im Hygieneplan aufgeführten Desinfektionsmittel vorgefunden? 3
    Wurden nur die im Hygieneplan aufgeführten Prozeduren praktiziert? 3
    Gibt es Dosiergeräte für Flächendesinfektionsmittel? 3
    Ergebnis der Befragung/Demonstration einer richtigen hygienischen Händedesinfektion 3
    Ergebnis der Befragung/Demonstration: Ansetzen einer korrekten Flächendes-infektionsmittellösung 3
    Durchstichsichere Behälter zur Entsorgung von spitzen Gegenständen (Nadelboxen) 3
    Umgang mit medizinischen Stationsabfällen 3
    Aktuelle Hygiene: Umgang mit sonstigen Abfällen 3

  • Redundanz:

    Stationen+Pflege (Keine Redundanz=50 Punkte) 50
    Redundanz: Küche (Keine Redundanz=50 Punkte) 50

  • Küchenhygiene

    Baulich 30
    Organisatorisch 30
    Aktuelle Hygiene 40

  • Trinkwasserhygiene

    Legionellenstatus 60
    Mikrobiologische Parameterüberschreitungen 20
    Chemische Parameterüberschreitungen 20

Korrespondenzadresse

Dipl. Ing. W. Hentschel

Abt. Medizinische Dienste und Hygiene

Stadtgesundheitsamt Frankfurt/M

Braubachstr. 18-22

60311 Frankfurt

Email: wolfgang.hentschel@stadt-frankfurt.de

    >