Pneumologie 2007; 61(2): 79
DOI: 10.1055/s-2007-970234
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Tuberkulose - Genetischer Fingerabdruck verbessert Tuberkulose-Screening

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Publication Date:
06 March 2007 (online)

 
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Amerikanische Gesundheitsbehörden haben begonnen, genetische Daten der Tuberkelerreger für ihre Suche nach Erkrankungs-Clustern in der Bevölkerung zu nutzen. Die Genotypisierung verbessert nach einer Studie von P.K. Moonan et al. nicht nur die Effizienz des Screenings. Auch die Wohlfahrtsorganisationen, auf deren Mitarbeit die Gesundheitsämter angewiesen sind, sind leichter von der Notwendigkeit des Tests in ihren Einrichtungen zu überzeugen. Am J Respir Crit Care Med 2006;174:491-492

Wie die meisten Erreger tritt Mycobacterium tuberculosis in verschiedenen genetischen Varianten ("Stämmen") auf, die mittels Genotypisierung voneinander unterschieden werden können. Eine gängige Methode ist der IS6110-basierte Restriktions-Fragment-Längen-Polymorphismus (RFLP), auch als genetischer Fingerabdruck bezeichnet. Wenn mehrere Personen mit einem RFPL-identischen Stamm infiziert sind, haben sie sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bei derselben Person oder gegenseitig angesteckt. Wenn die Meldungen darüber hinaus aus dem gleichen Stadtteil kommen und unter Umständen auch noch zur gleichen Zeit eintreffen, spricht dies für eine aktive Ausbreitung der Tuberkulose, die ein Einschreiten der Gesundheitsbehörden erforderlich macht.

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Durch RFLP verbessert sich die Effizienz des Tuberkulose-Screenings (Bild: Photodisk, nachgestellte Situation).

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Neue Daten erleichtern Zusammenarbeit mit karitativen Organisationen

Wenn Moonan und Mitarbeiter vom Bureau of Tuberculosis Elimination in Austin/Texas den Verdacht einer aktiven Ausbreitung haben, wenden sie sich direkt an häufige Anlaufstationen von Tuberkulose-Infizierten. Da die Erkrankung in der Regel in sozialen Randgruppen auftritt, sind Jobcenter, Obdachlosenheime, Betreuungsstellen für Drogenabhängige oder eine der vielen karitativen Einrichtungen die üblichen Ansprechpartner. In der Vergangenheit war es nicht immer einfach, diese Organisationen für eine Zusammenarbeit zu gewinnen, auch wenn es zunächst nur darum ging, bei den betreuten Personen einen Tuberkulin-Hauttest durchzuführen. Die Daten aus der Genotypisierung sollen helfen, die Betreiber karitativer Einrichtungen davon zu überzeugen, dass eine Ausbreitung der Tuberkulose diese Tests notwendig macht.

Von September 2002 bis Ende 2004 wurden 3645 Personen untersucht, von denen 44 eine aktive Tuberkulose hatten. Dies ergibt eine Number Needed to Screen (NNS) von 83, bei einer Tuberkulose-Inzidenz in der Fort Worth-Dallas-Agglomeration von lediglich 5,7 pro 100 000 Einwohner.

Das neue Programm stellt auch einen Fortschritt gegenüber der früheren rein geographischen Cluster-Suche dar. Mit dieser konventionellen Methode wurde eine NNS von 222 erzielt und in Gefängnissen, ein bekannter Ausbreitungsort der Tuberkulose, mussten 3274 Personen untersucht werden, um eine aktive Erkrankung zu finden. Das neue Screening findet nicht nur aktive Erkrankungen, es verhindert auch neue Infektionen. Die Rate der Konversionen im Tuberkulin-Hauttest sank von 14,3 pro 100 Personenjahre in den ersten 14 Monaten des Programms auf zum Schluss 2,2 pro 100 Personenjahre ab.

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Fazit

Nach Ansicht der Autoren ist das neue Screening eine sinnvolle Ergänzung zur üblichen Untersuchung von Kontaktpersonen, die bei aktiven Tuberkulose-Erkrankungen durchgeführt wird. Zwar werden dadurch weitere Erkrankungen erkannt, diese Methode ist jedoch, so die Experten, nicht mehr ausreichend, da die meisten Ansteckungen nicht mehr in der Wohnung oder im Kreis der Familie erfolgen. Die Genotypisierung verbessert das Tuberkulose-Screening und ist auch im schwierigen Umfeld sozialer Randgruppen möglich.

Rüdiger Meyer, Hannover

 
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Durch RFLP verbessert sich die Effizienz des Tuberkulose-Screenings (Bild: Photodisk, nachgestellte Situation).