Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2007; 14(4): 205-206
DOI: 10.1055/s-2007-1022666
DFR-Mitteilungen

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Rückblick - 10. Jahrestagung des Deutschen Fachverbandes Reisemedizin e. V.

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Publication Date:
18 January 2008 (online)

 
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Am 14. und 15. September 2007 fand in Köln die 10. Jahrestagung des Deutschen Fachverbandes Reisemedizin im Rahmen des Kongresses Medizin und Mobilität statt. Der Deutsche Fachverband Reisemedizin, der im Rahmen des Kongresses für den thematischen Schwerpunkt Reisemedizin ab der zweiten Session verantwortlich zeichnete, konnte in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiern.

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Tag 1 Reisemedizinische Beratungsfälle und Fortbildung

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Afrikanisches Maser-Wildvirus, Wüstentour und Dengue-Fieber

Die zweite Session im Rahmen der Reisemedizin hatte die Praxis der reisemedizinischen Beratung und die Fortbildung Reisemedizin zum Thema: Dr. Rosemarie Mazzola, Freiburg, eröffnete die Diskussion reisemedizinischer Beratungsfälle mit der Kasuistik einer 52-jährigen Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation, die mit Fieber von einem Aufenthalt in Tansania zurückkehrte. Sie hatte einen umfangreichen Impfschutz, neben einer insuffizienten Expositionsprophylaxe keine Chemoprophylaxe der Malaria durchgeführt und vor Abreise keine reisemedizinische Beratung in Anspruch genommen. Die Malariadiagnostik war wiederholt auch in den folgenden Tagen negativ. Ein massiver Harnwegsinfekt mit E. coli wurde mit Ciprofloxacin therapiert.

Der übrige klinische Untersuchungsbefund war unauffällig. Im Laborbefund fand sich eine leichte Erhöhung der Leberwerte sowie eine Lymphopenie. Unter kontinuierlicher Verschlechterung des Allgemeinzustandes und Fieberanstieg auf 40 °C entwickelte sich am dritten Krankheitstag ein konfluierendes Exanthem in Gesicht und am Stamm, nicht juckend, keine palpablen Lymphknoten. Der Verdacht einer Masernerkrankung konnte durch den Nachweis der Masern-IgM-AK bestätigt werden. Die genetische Typisierung durch das nationale Referenzzentrum für Masern-Mumps-Röteln (RKI) ergab ein afrikanisches Masern-Wildvirus: B3 (Wildtyp). Die Frage eines generellen Masernschutzes bei allen Reisenden wurde von den Kollegen daraufhin kontrovers diskutiert.

Peter Zabel, Neubrandenburg, verdeutlichte mit einer Kasuistik aus seiner reisemedizinischen Praxis den Umfang der reisemedizinischen Beratung: Vier junge Männer brachen in einem präparierten Geländewagen zu einer Tour von Mai bis September 2007 über Südosteuropa, Zentralasien bis zum Baikal-See mit Abstecher über die Mongolei auf. Die Reise war detailliert ausgearbeitet und reisemedizinisch sorgsam vorbereitet; alle medizinischen Aspekte wurden in der Beratung angesprochen. Zwei Teilnehmer waren Automechaniker und für Pannen und Ersatzteile war gesorgt. Doch die Tücken der Wüste und vor allem die Notwendigkeit eines einheimischen Führers wurden unterschätzt, was den Abenteurern in der Wüste fast zum Verhängnis wurde.

Dr. Bernhard Wallacher, Mannheim, berichtete über eine 60-jährige Patientin mit bekannter primär chronischer Polyarthritis (pcP) und mittelschweren postentzündlichen Veränderungen beider Hände, die sich seit über 15 Jahren mehrere Monate des Jahres im ostasiatischen Raum aufhielt. Aufgrund der pcP stand sie unter einer immunsuppressiven Therapie mit 10 mg Prednisolon/ Tag. Im diesjährigen Urlaub erlitt sie ein Dengue-Fieber mit hämorrhagischem Verlauf. Zur Diskussion stand nun die Frage, ob der Patientin von einem künftigen Aufenthalt in tropischen und subtropischen Regionen mit relevantem Dengue-Infektionsrisiko abgeraten werden sollte. Dies wurde im Rahmen einer engagierten Diskussion von den Kollegen befürwortet.

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Qualifikationsmöglichkeiten in der Reisemedizin

Der zweite Teil der Session hatte die reisemedizinische Fortbildung zum Thema. Dr. Ulrich Klinsing, Frankfurt, erläuterte unter dem Stichwort "wie werde ich Reisemediziner?" die Qualifikationsmöglichkeiten in der Reisemedizin mit kritischer Betrachtung der diversen existierenden Zertifikate und ihrer Aussagekraft hinsichtlich tatsächlicher Qualifikation. Er betonte, wie wichtig es ist, dass die reisemedizinischen Fortbildungsangebote mit den Kriterien, die die Bundesärztekammer mit der Einführung der strukturierten curriculären Fortbildung "reisemedizinische Gesundheitsberatung" geschaffen hat, übereinstimmen. Zur Vertiefung des reisemedizinischen Wissens wies er auf das Fachzertifikat Reisemedizin (DFR) und den Erwerb praktischer reisemedizinischer Erfahrung durch Teilnahme an Exkursionen hin.

Dr. med Rosemarie Mazzola, Freiburg

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Industrieausstellung

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Plenum im reisemedizinischen Sitzungsblock des Fachverbands

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Stefan Eßer, Bernd Zieger, Ursula Mikulicz und Rupert Gerzer

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Ursula Mikulicz dankt Ingrid Bergmann für 10 Jahre Arbeit in der Geschäftsstelle

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Tag 2 Eine breite Palette an reisemedizinischen Themen

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Von der Geburtshilfe in Afrika...

Prof. Jürgen Wacker, Bruchsal, verglich die Qualität der Geburtshilfe "am Neckar" und "am Niger". Die deutlich unterschiedlichen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten veranlassen ihn zu der Einschätzung, dass schwangeren Reisenden eine Entbindung unter den Rahmenbedingungen eines tropisch-afrikanischen Landes beispielsweise nicht zugemutet werden darf. Die Repatriierung rechtzeitig vor der Entbindung, in jedem Falle aber bei jeder erkennbaren Komplikation, wurde anschließend debattiert.

SIMPID und TropNetEurop, die Netzwerke reise- und tropenmedizinischer Institutionen, die das Krankheitsgeschehen bei Reisenden für einzelne charakteristische reisebedingte Infektionen beobachten, stellte Dr. Tomas Jelinek, Berlin, vor. Es ist dabei möglich, Änderungen des Krankheitsrisikos in einem Land durch Änderungen bei der Diagnosehäufigkeit unter Reisenden zu erfassen. Oft geht dies Erkenntnissen des Ziellandes über das eigene Krankheitsgeschehen noch voraus.

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... über die Bedeutung der Hühnereiweißallergie...

Dr. Norbert Krappitz, Köln, berichtete über Ergebnisse einer Umfrage unter Gelbfieberimpfstellen zur Häufigkeit der Hühnereiweißallergie. Trotz nennenswerter Eiweißmengen in Lebendimpfstoffen, vor allem dem gegen Gelbfieber, scheint eine Gefährdung nur selten von solchen Allergien auszugehen, zumal es sich dabei oft um Angaben handelt, die das Verhalten der Impflinge im täglichen Leben nicht prägen. Hier scheint eine Neubewertung erforderlich.

Den aktuellen Stand der Tuberkulosediagnostik in Deutschland erläuterte Dr. Albert Esselmann, Hemer. Bei steigenden Zahlen von Zuwanderern einerseits und immunsupprimierten älteren Patienten andererseits ist vermehrte Wachsamkeit erforderlich. Tuberkulin-Hauttests bleiben bei Umgebungs- und Screeninguntersuchungen eine bedeutsame Methode, während sich bei Verdacht der In-vitro-Nachweis spezifischer Zytokinproduktion in den Vordergrund schiebt.

Die Produktion von Medikamenten in Afrika am Beispiel der Artemether-Derivate in der Malariatherapie waren Thema von Dr. Christoph Bonsmann, Tönisvorst. Die "action medeor" als pharmazeutisches Hilfswerk verhilft in Kenia Bauern zu einem erheblichen Zusatzverdienst durch Anbau der Pflanze und Tansania zu einer qualitativ hochwertigen Produktionsstätte für ein drückendes lokales Gesundheitsproblem.

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... bis hin zur Behandlung der Flugangst

"Flugangst - Fliegen statt Fliehen" hieß es dann in einem Referat von Dipl.-Psych. Katharina Thünnihsen, Eppstein, Entstehungsmechanismen der persönlichen Flugangst-"Geschichte" und Methoden des Umganges damit wurden erläutert, von der technischen Information bis zu Entspannungstechniken nach Jacobson. Kurzfristige Erfolgsraten von über 90 % sind erreichbar, zumal bei Abschluss von Wochenendseminaren mit einem gemeinsamen Flug.

Dr. Clara Schlaich als Leiterin des Hamburger Hafengesundheitsdienstes berichtete abschließend in einem reich bebilderten Vortrag über den Umgang mit Krankheitsausbrüchen an Bord von Schiffen, insbesondere Kreuzfahrtschiffen. Beengte Verhältnisse, internationale Crews mit zum Teil schlechter medizinischer Versorgung, Verständigungsprobleme und die ungeklärte Verifikation von Auflagen sind tägliche Facetten ihrer Arbeit.

Dr. med. Burkhard Rieke, Düsseldorf

 
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Plenum im reisemedizinischen Sitzungsblock des Fachverbands

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Stefan Eßer, Bernd Zieger, Ursula Mikulicz und Rupert Gerzer

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Ursula Mikulicz dankt Ingrid Bergmann für 10 Jahre Arbeit in der Geschäftsstelle