Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2007; 14(4): 165
DOI: 10.1055/s-2007-1022648
Magazin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aus den USA nach Großbritannien importiert - Östliche equine Enzephalomyelitis

Further Information

Publication History

Publication Date:
18 January 2008 (online)

 
Table of Contents

Im britischen Livingston (West Lothian) ist ein 35-jähriger Mann an der sogenannten östlichen equinen Enzephalomyelitis ("eastern equine encephalomyelitis", EEE) erkrankt. Es handelt sich hierbei um die erste Infektion dieser Art in Europa überhaupt. Zu der importierten Infektion kam es durch Mückenstiche während eines Angelurlaubs in den USA. Der Betroffene hatte sich sechs Wochen (Juni und Juli 2007) im US-amerikanischen New Hampshire (Rhode Island, Saco River) aufgehalten und erkrankte am Tag seiner Rückkehr (31. August 2007) nach Großbritannien.

Zoom Image

Abb. 1 Verbreitung der östlichen equinen Enzephalomyelitis in den USA

Zoom Image

Abb. 2 Aufnahme der Speicheldrüse einer Mücke, die mit dem Erreger der östlichen equinen Enzephalomyelitis infiziert ist. Die Viren sind im Bild rot gefärbt (kolorierte Aufnahme am Transmissionselektronenmikroskop, Vergrößerung: 83 900-fach) Quelle: CDC-PHIL, Bildnummer 7057, F. Murphy, S. Whitfield

#

Sterblichkeitsrate bei symptomatischen Verläufen 35 %

Die östliche equine Enzephalomyelitis tritt zwar selten auf, ist aber eine der gefährlichsten von Moskitos übertragenen Virusinfektionen in den USA.

Die Sterblichkeitsrate bei symptomatischen Verläufen beträgt zirka 35 %. In den USA erkrankten zwischen 1964 und 2004 insgesamt 220 Menschen. Im Jahresdurchschnitt treten in den USA etwa fünf Fälle beim Menschen auf. In diesem Jahr hat es bisher einen Todesfall aufgrund der östlichen equinen Enzephalomyelitis in den USA gegeben (in Alabama).

Die östliche equine Enzephalomyelitis wurde erstmals im Jahr 1831 in Massachusetts entdeckt, aufgrund einer bis dahin unbekannten Enzephalitis starben 75 Pferde. Die ersten nachweislichen humanen Fälle traten im Jahr 1938 im Nordosten der USA auf. Damals verstarben 30 Kinder an den Folgen der Infektion. Die EEE ist in Nordamerika endemisch entlang des Atlantiks und an der Golfküste. In nördlichen Regionen treten humane Fälle meist im Spätsommer bis zum ersten Frost auf. In südlicheren Regionen kommen humane Fälle ganzjährig vor.

#

Kein Impfstoff für Menschen vorhanden

In Nordamerika kommen die Viren meist in Süßwassersümpfen vor, in denen auch der bedeutendste Vektor Culiseta melanura vorkommt. Diese Moskitos saugen meist an Vögeln (seltener an kleinen Säugetieren oder Reptilien) und sind der amplifizierende Wirt für die Viren im Frühjahr und Sommer. Neben diesem aus Süßwasser gebundenen Zyklus tritt ein weiterer, in Salz- oder Brackwasserregionen vorkommender Zyklus auf, an dem andere Vogelarten und Aedes-Moskitos beteiligt sind. Die Aedes-Mücken übertragen die Viren gelegentlich auch auf Pferde und seltener auf Menschen. Pferde können gegen die EEE geimpft werden wohingegen für Menschen kein Impfstoff zur Verfügung steht. Unklar ist bisher, wie die Viren in den Endemiegebieten die Winter überstehen, wahrscheinlich dienen Vogelarten als Virusreservoir.

Die Inkubationszeit beträgt meist drei bis zehn Tage. Symptomlose Infektionen sind bekannt, treten jedoch im Gegensatz zum West-Nil-Fieber nur sehr selten auf. Symptomatische Verläufe können von einer relativ milden, der Influenza ähnlichen Erkrankung bis hin zur Enzephalitis mit Koma und Tod reichen. Eine spezifische Therapie gibt es nicht. Die einzige Schutzmöglichkeit besteht in einer strikten Expositionsprophylaxe (Verhinderung von Mückenstichen).

#

Auf strikte Expositionsprophylaxe achten

Da die östliche equine Enzephalomyelitis beim Menschen sehr selten auftritt, erscheint eine generelle Warnung vor dieser Infektion für die USA übertrieben. Jedoch sollte bei USA-Reisen, besonders bei Outdoor-Aktivitäten, auf eine strikte Expositionsprophylaxe geachtet werden, da in den USA auch andere durch Moskitos übertragene Virusinfektionen vorkommen, wie beispielsweise das West-Nil-Fieber. Dieses tritt weit häufiger auf als die östliche equine Enzephalomyelitis und stellt dementsprechend ein höheres Infektionsrisiko für den Menschen dar.

Dr. med. Raymund Lösch und

Dr. rer. nat. Mirko Dreßler, Bad Doberan

Quellen: promed, CDC, DRTM

 
Zoom Image

Abb. 1 Verbreitung der östlichen equinen Enzephalomyelitis in den USA

Zoom Image

Abb. 2 Aufnahme der Speicheldrüse einer Mücke, die mit dem Erreger der östlichen equinen Enzephalomyelitis infiziert ist. Die Viren sind im Bild rot gefärbt (kolorierte Aufnahme am Transmissionselektronenmikroskop, Vergrößerung: 83 900-fach) Quelle: CDC-PHIL, Bildnummer 7057, F. Murphy, S. Whitfield