Pneumologie 2008; 62(1): 3
DOI: 10.1055/s-2007-1012577
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Bronchialkarzinom - CT-Screening senkt die Sterblichkeit nicht

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Publication Date:
25 January 2008 (online)

 
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Ob die Früherkennung von Lungenkarzinomen mittels Computertomographie (CT), die eine hohe Sensitivität für die Detektion sehr kleiner Herde besitzt, dazu führt, dass mehr Karzinome festgestellt und operiert werden, die Zahl der weit fortgeschrittenen Karzinome abnimmt und die Sterblichkeit sinkt, wurde nun in einer Longitudinalstudie überprüft.  JAMA 2007; 297: 953-961

P. B. Bach et al. werteten die Daten von 3246 asymptomatischen ehemaligen und aktiven Rauchern aus, die seit 1998 in 2 US-amerikanischen und einem italienischen Zentrum am CT-Screening teilgenommen haben. Während die italienische Studie noch andauert, wurden in den amerikanischen Studienarmen nach einem Basisscan 3 bzw. 4 CT-Kontrollen im Abstand von je einem Jahr angeboten. Die Nachbeobachtungszeit betrug im Schnitt 3,9 Jahre. Mittels eines validierten Prognosemodells ermittelten die Autoren die Zahl der zu erwartenden Ereignisse (neu aufgetretenes Lungenkarzinom, Tumorresektionen, fortgeschrittene Karzinome, tumorspezifische Todesfälle) und verglichen diese mit der Zahl der tatsächlich eingetretenen Ereignisse. Im Vergleich zu den erwarteten Zahlen beobachteten die Autoren aufgrund der Früherkennung einen mehr als 3-fachen Anstieg bei den neu diagnostizierten Karzinomen (144 vs. 44,5) und einen 10-fachen Anstieg bei den Tumorresektionen (109 vs. 10,9), sahen aber keinen Rückgang in der Zahl der im fortgeschrittenen Stadium diagnostizierten Karzinome (42 vs. 33,4). Auf die Rate der tumorbedingten Todesfälle (38 vs. 38,8) hatte das Screening keinen Einfluss.

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Bronchialkarzinom im rechten Lungenoberlappen (Bild: MR-Angiographie und Elektronenstrahl-CT-Angiographie, Thieme 2000).

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Fazit

Das CT-Screening erhöht die Zahl der diagnostizierten und operierten Karzinome, ohne die Sterblichkeit zu senken. Bis schlüssige Daten aus laufenden randomisierten Kontrollstudien zu potenziellen Vorteilen und Risiken des Screenings vorliegen, sollten asymptomatische Personen außerhalb von klinischen Studien nicht am CT-Screening teilnehmen, so die Autoren.

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Kommentar

Die Ergebnisse der Studie stehen in starkem Kontrast zu den vor 6 Monaten publizierten Daten der International-Early-Action-Lung Cancer-Program-Studie (I-ELCAP), wonach 80% der lungenkarzinombedingten Todesfälle durch das CT-Screening von Hochrisikopersonen verhindert werden können. Die beste Erklärung liefern nach Ansicht der Kommentatoren W. C. Black und J. A. Baron die unterschiedlichen primären Zielkriterien, das heißt Sterblichkeit in der Studie von Bach vs. Überleben in der I-ELCAP-Studie. Verlängertes Überleben sei nicht gleichzusetzen mit herabgesetzter Sterblichkeit. Bis die Ergebnisse randomisierter Kontrollstudien ("National-Lung-Screening-Trial", "NELSON-Trial") vorliegen, könne daher keine generelle Screeningempfehlung ausgesprochen werden, so die Kommentatoren.

JAMA 2007; 297: 995-997

Renate Ronge, Münster

 
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Bronchialkarzinom im rechten Lungenoberlappen (Bild: MR-Angiographie und Elektronenstrahl-CT-Angiographie, Thieme 2000).