Dialyse aktuell 2007; 11(8): 58
DOI: 10.1055/s-2007-1010952
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Hyperparathyreoidismus - Früh und effektiv therapieren

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Publication Date:
12 December 2007 (online)

 
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Fast 80% der Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz entwickeln schon früh einen sekundären Hyperparathyreoidismus (sHPT). Unbehandelt kann die Störung des Mineralstoffwechsels zu schwerwiegenden skelettalen Komplikationen und Verkalkungen von Weichteilen, Gefäßen und Herzklappen führen, in deren Folge sich kardiovaskuläre Ereignisse häufen.

Bei der Langzeitbetreuung chronisch Nierenkranker gehört das Management des sHPT zu den komplexesten Aufgaben des behandelnden Arztes. Denn die Stoffwechselerkrankung, die in der Regel zunächst über Jahre klinisch asymptomatisch verläuft, ist gekennzeichnet durch Parameter, die eng mit der Morbidität und Mortalität von Dialysepatienten korrelieren - ein erhöhter Parathormonspiegel, erhöhte Serumkalzium- und Serumphosphatspiegel sowie ein erhöhtes Kalzium-Phosphat-Produkt.

Die international am besten akzeptierte Grundlage für die Therapie des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels bei niereninsuffizienten Patienten sind im Jahr 2003 veröffentlichten KDOQI-Richtlinien ("Kidney Disease Outcomes Quality Initiative") für den Knochenstoffwechsel. "Klinische Daten zeigen, dass bei Patienten, die mit ihren sHTP-Parametern außerhalb der dort festgelegten Zielwerte liegen, allein aufgrund dieser Tatsache eine stark erhöhte Mortalität zu erwarten ist," gab PD Peter M. Jehle, Lutherstadt Wittenberg, zu bedenken. Würde keiner der dort empfohlenen Zielbereiche erreicht, steige das Risiko im Vergleich zur Erreichung aller Zielparameter um 50%.

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Mit konventioneller Therapie lassen sich selten alle Zielwerte erreichen

Mit der konventionellen Therapie erreichten jedoch nur wenige Patienten alle vier in den Richtlinien der KDOQI festgelegten Zielwerte. Denn werden aktives Vitamin D oder kalziumhaltige Phosphatbinder zur Senkung des Parathormonspiegels gegeben, steigt oftmals gleichzeitig das Kalzium-Phosphat-Produkt an - und damit auch das Risiko von Gefäßverkalkungen. In der DOPPS-Studie hat sich jedoch gezeigt, dass nur 27 % der über 4 000 erfassten Patienten im Zielbereich des PTH von 150-300 mg2/dl2 und nur 8 % innerhalb aller vier empfohlenen KDOQI-Zielbereiche lagen [2].

Das Calcimimetikum Cinacalcet (Mimpara®) hingegen ist das einzige verfügbare Medikament, das bei dialysepflichtigen Patienten mit sekundärem Hyperparathyreoidismus eine klinisch wirksame Reduktion des Parathormons (PTH) bei gleichzeitiger Senkung der Kalzium- und Phosphatspiegel sowie des Kalzium-Phosphat-Produkts ermöglicht [3]. "Durch gleichzeitige Kontrolle dieser vier wichtigen sHPT-Parameter können signifikant mehr Dialysepatienten als unter konventioneller Therapie in die definierten KDOQI-Bereiche gebracht werden, wodurch sich das Mortalitätsrisiko deutlich reduzieren lässt," stellte Jehle fest.

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Stärkste Reduktion bei frühem Therapiebeginn

Ein Beleg hierfür sind drei sechsmonatige, randomisierte Phase-III-Studien mit 1136 Patienten, die trotz konventioneller Therapie mit ihrem intakten Parathormonwerten (iPTH) über 300 pg/ml lagen. Diese erhielten in einer 26-wöchigen Studie entweder zusätzlich zur konvetionellen Therapie Cinacalcet oder Placebo [3].

Nach sechs Monaten erreichten 41% der Verumgruppe einen iPTH-Spiegel unter 300 pg/ml und ein Kalzium-Phosphat-Produkt unter 55 mg2/dl2, verglichen mit 6% unter Placebo. Ungefähr 60% der mit Cinacalcet behandelten Patienten erreichten eine mindestens 30-prozentige Reduktion der iPTH-Spiegel. Die Kalzium- und Phosphatwerte gingen ebenfalls leicht zurück. Cinacalcet hatte den iPTH-Wert zwar unabhängig von der Schwere der Erkrankung reduziert, der größte Effekt zeigte sich jedoch bei jenen Patienten, die zu Studienbeginn iPTH-Werte zwischen 300 und 500 pg/ml aufwiesen. Es sei deshalb wichtig, frühzeitig mit der Therapie zu beginnen, mahnte Jehle.

Inzwischen liegen Daten über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren vor [1]. Sie alle zeigen nach Aussage des Experten, dass sich das Parathormon mit Cinacalcet auch langfristig effektiv und sicher kontrollieren lässt ohne das Kalzium-Phosphat-Produkt im Serum zu erhöhen.

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Weniger Knochenfrakturen, Parathyreoidektomien und Hospitalisierungen

Hinweise auf den klinischen Nutzen einer Therapie mit Cinacalcet gab die retrospektive Analyse von vier randomisierten Studien, in denen die insgesamt 1 184 eingeschlossenen Patienten mit schlecht eingestelltem sHPT zusätzlich zur Standardtherapie mit Phospatbinder und Vitamin D entweder mit Cinacalcet oder Placebo behandelt wurden. Dabei kam es in der Cinacalcetgruppe zu einer um 54% reduzierten Rate an Knochenfrakturen. Die Parathyreoidektomien lagen um 93% und die Hospitalisierungen aufgrund kardiovaskulärer Ursachen um 39% niedriger, als bei den Patienten, die lediglich die konventionelle Therapie erhalten hatten.

Auch hinsichtlich der Mortalitätsrate ließ sich mit einer Reduktion um 19%, ein positiver Trend zugunsten von Cinacalcet beobachten. Überprüft wird die Mortalität unter Cinacalcet, wie Jehle berichtete, seit Anfang 2007 im Rahmen von EVOLVE[1]. Mit weltweit rund 3 800 eingeschlossenen Patienten aus 500 Zentren ist dies die bislang umfangreichste Studie zum sHPT.

Für die offene prospektive ADVANCE[2]-Studie, in die weltweit 330 Patienten eingeschlossen werden, ist im Juli 2007 der Startschuss gefallen. Sie soll untersuchen, ob das Kalzimimetikum in Kombination mit niedrig dosiertem Vitamin D bei Dialysepatienten die Progression der vaskulären Kalzifizierung reduzieren kann.

Birgit Matejka, München

Quelle: Symposium "sHPT - Wie leistungsfähig ist unsere Therapie?" im Rahmen des 38. Kongresses der Gesellschaft für Nephrologie (GfN), veranstaltet von der Amgen GmbH, München

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Amgen GmbH, München

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Literatur

  • 01 Cunningham J . et al . EDTA 2005, Abstract und Poster SP-210. 
  • 02 Kim J . et al . J Am Soc Nephrol 2003; 14: 269A-270A, Abstract F-PO942 und Poster. 
  • 03 Mose SM . et al . Kidney Int. 2005;  67 760-771

01 Evaluation Of Cinacalcet HCl Therapy to Lower CardioVascular Events

02 A randomizeD VAscular calcificatioN study to evaluate the effects of CinacalcEt

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Literatur

  • 01 Cunningham J . et al . EDTA 2005, Abstract und Poster SP-210. 
  • 02 Kim J . et al . J Am Soc Nephrol 2003; 14: 269A-270A, Abstract F-PO942 und Poster. 
  • 03 Mose SM . et al . Kidney Int. 2005;  67 760-771

01 Evaluation Of Cinacalcet HCl Therapy to Lower CardioVascular Events

02 A randomizeD VAscular calcificatioN study to evaluate the effects of CinacalcEt