Rofo 2006; 178(10): 1041-1045
DOI: 10.1055/s-2006-954788
Mitteilungen der DRG
Radiologie und Recht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Teilgemeinschaftspraxis in der Radiologie (Teil 1)

Inhalt und Grenzen der Ausgestaltung von Teilkooperationen
Further Information
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Rechtsanwälte Wigge & Kleinke

RA Dr. Peter Wigge

Fachanwalt für Medizinrecht

Email: kanzlei@ra-wigge.de

URL: http://www.ra-wigge.de

Publication History

Publication Date:
04 October 2006 (online)

 
Table of Contents #

Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG)

Durch das VÄndG wird voraussichtlich für Radiologen und andere überweisungsabhängige Fachgebiete ein Verbot der Bildung von Teilgemeinschaftspraxen mit Zuweisern eingeführt. Teil I des folgenden Beitrages beschäftigt sich daher mit den privatärztlich weiterhin zulässigen Teilgemeinschaftspraxisbildungen.

Teil II, der in der nächsten Ausgabe erscheinen wird, wird das geplante Verbot der Teilgemeinschaftspraxis für Radiologen in der GKV beleuchten.

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Einführung

Ziel der auf dem 107. Deutschen Ärztetag 2004 in Bremen beschlossenen Neufassung der (Muster-) Berufsordnung (MBO) ist die Weiterentwicklung der Strukturen ärztlicher Berufsausübung sowie die Stärkung der Kooperation von Ärzten untereinander und mit anderen Gesundheitsberufen. Die Bundesärztekammer betont in einem Positionspapier "Niederlassung und berufliche Kooperation" vom 17.02.2006 (vgl. DÄBl 2006, A 801 ff.), dass mit den Änderungen des ärztlichen Berufsrechts, "vor allem die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in die Lage versetzt werden sollen, bei zunehmend starkem Wettbewerb auch zukünftig konkurrenzfähig zu bleiben und tatsächliche oder vermeintliche Wettbewerbsvorteile medizinischer Versorgungszentren auszugleichen".

Deutlich geworden ist mittlerweile jedoch, dass die berufsrechtlich neu geregelten Formen der ärztlichen Berufsausübung und Kooperation in der vertragsärztlichen Versorgung überwiegend erst dann genutzt werden können, wenn zuvor das SGB V, die Ärzte-ZV und die Bundesmantelverträge geändert worden sind. Diese Änderungen sollen nun durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) erfolgen. Die Bundesregierung strebt an, den Gesetzentwurf vom 26.05.2006 (BR-Drucks. 353/06) im Bundestag im Herbst diesen Jahres zu verabschieden. Im Rahmen des Entwurfs zum VÄndG hatte der Gesetzgeber zu berücksichtigen, dass die geltende Bedarfsplanung und andere Besonderheiten des Vertragsarztrechtes vom Berufsrecht abweichende Modifikationen erfordern. Außerdem ist zu erwarten, dass es nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Umsetzung der MBO durch die einzelnen Ärztekammern zu einer Divergenz zwischen Vertragsarztrecht und Berufsrecht kommen kann. Deshalb sollen die landesrechtlichen Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung zwar - grundsätzlich - inhaltlich gleichlautend, aber eigenständig im SGB V und der Ärzte-ZV ausformuliert werden. Darüber hinaus will der Gesetzgeber in einigen Bereichen im Vertragsarztrecht über die im ärztlichen Berufsrecht erfolgte Liberalisierung hinausgehen oder diese Vorgaben einschränken. Diese Regelungskompetenz steht dem Bundesgesetzgeber jedoch nicht zu, da das Recht zur Regelung der heilberuflichen Berufsausübung ausschließlich den Ländern vorbehalten ist, die die Ausgestaltung im Detail den Kammern dieser Heilberufe durch autonome Satzung (Berufsordnungen) übertragen haben. Hierauf weist der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 07.07.2006 zum VÄndG zu Recht hin.

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Flexibilisierung der ärztlichen Berufsausübung

Größere Flexibilität in der Berufsausübung niedergelassener Ärzte verspricht die Berufsordnung insbesondere für den Bereich der Gemeinschaftspraxis, also der Organisationsform, die Ärzten anders als die Praxis- oder Apparategemeinschaft eine gemeinsame Abrechnung ihrer ärztlichen Leistungen ermöglicht. Während die Gemeinschaftspraxis (= Berufsausübungsgemeinschaften) von den ihr angehörenden Partnern bisher grundsätzlich an einem gemeinsamen Praxissitz ausgeübt werden musste und es nicht erlaubt war, mehreren Gemeinschaftspraxen anzugehören, werden diese Begrenzungen nun aufgehoben. Berufsrechtlich ist es daher seit der Umsetzung der MBO in den Berufsordnungen der Landesärztekammern mittlerweile möglich, überörtliche Gemeinschaftspraxen zu gründen und Mitglied von bis zu 2 weiteren Gemeinschaftspraxen zu werden.

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Teilgemeinschaftspraxis = Kooperation in Teilen des Leistungsspektrums

Neu eingeführt wurde daneben auch die Möglichkeit, dass Gemeinschaftspraxen nicht das gesamte Leistungsspektrum umfassen müssen. Nach § 18 Abs. 1 MBO ist es nun möglich, "Teil-Gemeinschaftspraxen" oder "Teil-Partnerschaften" oder sonstige "Teil-Kooperationsgemeinschaften" zu bilden. Dies bedeutet, dass beispielsweise Ärztinnen bzw. Ärzte, die an ihrer (Einzel-) Praxis festhalten wollen, für die Erbringung bestimmter Leistungen geregelte und auch ankündbare (Teil-) Kooperationen eingehen können. Wie beispielsweise bei sonstigen Gemeinschaftspraxen kommt der Behandlungsvertrag in diesem Fall mit der "Teilgemeinschaftspraxis" zustande.

Eine "Teil-Kooperation" kann danach auch von mehreren Berufsausübungsgemeinschaften gebildet werden. Diese Teil-Kooperationen können in den Praxisräumen eines Kooperationspartners stattfinden oder aber auch an einem anderen Ort im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 MBO.

Unklar bleibt nach der Regelung in § 18 Abs. 1 MBO sowie den entsprechenden Bestimmungen in den Berufsordnungen der Landesärztekammern, welchen zulässigen Gegenstand eine Teilgemeinschaftspraxis haben kann. Die Regelung besagt lediglich, dass "Ärzte dürfen sich zu Berufsausübungsgemeinschaften - auch beschränkt auf einzelne Leistungen" zusammenschließen dürfen. Was mit "einzelnen Leistungen" gemeint ist, wird jedoch, wie der Begriff der Berufsausübungsgemeinschaft selbst, nicht definiert. Daher drängt sich, auch aufgrund der notwendigen Abgrenzung dieser Kooperationsform zur fachidentischen und fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis die Frage auf, wie diese Leistungen zu definieren sind. Soweit man den Begriff weit fassen möchte, können Teilgemeinschaftspraxen mit allen ärztlichen Fachgruppen gebildet werden, die dem gemeinsam als Gesellschaftszweck definierten Behandlungs- und/oder Untersuchungsauftrag entsprechen.

Anders als bei der fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis ist daher für die Teilgemeinschaftspraxis eine Fachidentität oder zumindest Fachverwandtheit der beteiligten Arztgruppen nicht erforderlich. Andererseits ist die Beteiligung jedweder Facharztgruppen nicht zulässig, sondern lediglich derjenigen, die zu einer Erfüllung des definierten Behandlungs- und/oder Untersuchungsauftrages auch tatsächlich beitragen können. Gemeint ist daher nicht ein lediglich ein irgendwie gearteter "fachübergreifender" Zusammenschluss von Ärzten, wie dies bei einem medizinischen Versorgungszentrum nach § 95 Abs. 1 SGB V gefordert wird, sondern eine "interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung", wie sie in § 140a Abs. 1 SGB V für die Integrierte Versorgung beschrieben wird; allerdings beschränkt auf die ärztliche Zusammenarbeit. Zu fragen ist darüber hinaus, welche Leistungen von den beteiligten Ärzten einer Teilgemeinschaftspraxis angeboten werden müssen. Handelt es sich um eigenständige, dem Berufs- und Weiterbildungsrecht und nach dem ärztlichen Gebührenrecht selbstständig erbring- und abrechenbare Leistungen, sodass die Leistungen der beteiligten Ärzte für sich gesehen eigenständig bleiben und zusammen mit den anderen Fachgruppen zeitgleich, zeitlich versetzt im Rahmen einer koordinierten und aufeinander abgestimmten Behandlungsplanung oder möglicherweise sogar völlig unabhängig voneinander erbracht werden. Andererseits kann es sich aber auch um Leistungen handeln, die nur einer Fachgruppe zugeordnet sind und nur von dieser abgerechnet werden können, an der sich jedoch ein anderer Facharzt, bezogen auf einzelne "Behandlungs- oder Untersuchungsschritte" beteiligt und die anschließend im Rahmen der Teilgemeinschaftspraxis gemeinsam abgerechnet werden. Die erstgenannte Form der Teilgemeinschaftspraxis dürfte in den dargestellten Varianten zulässig sein. Bei der letztgenannten Form sind dagegen gewisse Einschränkungen zu machen. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer derartig arbeitsteiligen Zusammenarbeit bezogen auf eine einzelne, in einer Gebührenziffer der GOÄ oder des EBM dargestellten "Leistung" ist stets, dass es sich zum Fachgebiet der beteiligten Ärzte gehörende Leistungen handelt. Eine fachgebietsfremde Tätigkeit wird im Rahmen der Teilgemeinschaftspraxis ebenso unzulässig sein wie ein Verstoß gegen die Qualitätsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V, soweit es sich um vertragsärztliche Leistungen handelt.

Die Bundesärztekammer (BÄK) betont in ihrer Stellungnahme vom 17.02.2006, dass es zulässig ist, innerhalb der Teilgemeinschaftspraxis auch einzelne Leistungen zwischen den Beteiligten aufzugliedern (z.B. die arbeitsteilige Trennung von Untersuchungsleistung und Befundung, insbesondere bei bildgebender Diagnostik). Dies gilt auch für überörtliche Teil-Gemeinschaftspraxen, bei denen eine Leistungsaufteilung z.B. auch unter Einsatz telemedizinischer Verfahren denkbar ist. Eine arbeitsteilige Trennung von Untersuchungsleistung und Befundung, z.B. im Bereich der Kernspintomographie zwischen Radiologe und Orthopäde, setzt daher voraus, dass der Orthopäde zur Befundung von MRT-Untersuchungen weiterbildungsrechtlich befugt ist. Anzumerken ist hier darüber hinaus, dass bezogen auf die Radiologie die Grenzen, die der Teleradiologie nach § 3 Abs. 4 RöV gesetzt werden, nach wie vor einzuhalten sind. Danach ist zum Betrieb einer Röntgeneinrichtung zur Teleradiologie insbesondere eine Genehmigung erforderlich, die sich grundsätzlich auf den Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienst beschränkt.

Die Ausführungen sprechen insbesondere die so genannten methodendefinierten Fachgebiete wie Radiologie, Nuklearmedizin, Labormedizin, Pathologie etc. an, die nun bezogen auf einzelne Leistungen mit Angehörigen ihres Fachgebietes neben der bereits bestehenden Einzel- oder Gemeinschaftspraxis zusätzliche Berufsausübungsgemeinschaften gründen und die dort erbrachten Leistungen standortübergreifend erbringen und abrechnen können. Nicht eindeutig geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welcher Grenzen diese Form der Teil-Kooperation zwischen Radiologen und anderen Fachärzten, also potenziellen Zuweisern, ausgeübt werden darf. Die BÄK weist in ihrer Stellungnahme zu Recht darauf hin, dass bei allen neuen Kooperationsformen geprüft werden muss, ob die Kooperation nicht gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt nach § 31 MBO verstößt.

Aufgrund der Tatsache, dass es sich auch bei Teilgemeinschaftspraxen um Berufsausübungs- und nicht lediglich um Organisationsgemeinschaften, wie Praxis- und Apparatgemeinschaften handelt, ist zudem eine klare Abgrenzung zu diesen Kooperationsformen erforderlich. Dies dürfte jedoch, insbesondere für die Patienten, zunehmend schwieriger werden, zumal nunmehr auch Praxisgemeinschaften nach außen angekündigt werden können. Die Berufsordnungen selbst enthalten keine Definition der Berufsausübungsgemeinschaft. Insbesondere wegen der neuen Formen der Zusammenarbeit in (Teil-)Berufsausübungsgemeinschaften und überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften, aber auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen (Gemeinschaft als Vertragspartner, persönliche Leistungserbringung, Abrechnung und Haftung) stellt sich zunehmend die Frage, wann im berufsrechtlichen Sinn von einer gemeinsamen Berufsausübung gesprochen werden kann. Bei Kooperationsformen, die keine Berufsausübungsgemeinschaft darstellen, ist eine Grenzziehung zu dem berufsrechtlichen Verbot der Zuweisung gegen Entgelt nach § 31 MBO erforderlich. Die Bundesärztekammer hat deshalb für die Annahme einer "gemeinsamen Berufsausübung" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 2 MBO einen Kriterienkatalog aufgestellt, der bei solchen Kooperationen beachtet werden soll und auch für die Teilgemeinschaftspraxis gelte. Die BÄK ist jedoch als eingetragener Verein nicht in der Lage, bundesweit verbindliche rechtliche Vorgaben für die ärztliche Berufsausübung zu treffen. Mangels Verabschiedung der Stellungnahme durch die jeweiligen Landesärztekammern dürfte ihr daher die rechtliche Verbindlichkeit fehlen. Sie ist daher hinsichtlich ihres materiell-rechtlichen Inhaltes durchaus kritisch zu hinterfragen, auch wenn die überwiegenden Inhalte den tatsächlichen rechtlichen Gegebenheiten im Bereich der ärztlichen Berufsausübung entsprechen.

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Kriterien der gemeinsamen Berufsausübung

Die Stellungnahme der BÄK geht davon aus, dass im Wege einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen ist, ob im Sinne der Berufsordnung eine gemeinsame Berufsausübung vorliegt. Die berufsrechtliche Bewertung deckt sich mit der gesellschaftsrechtlichen Betrachtung, bei der ebenfalls im Wege einer Gesamtschau der Regelungen des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaftszweck ermittelt wird. Es ist jeweils eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, wobei nicht alle der nachstehenden Kriterien erfüllt sein müssen. Dabei muss nicht nur berücksichtigt werden, dass die MBO die gemeinsame und nicht die gemeinschaftliche Berufsausübung im Sinne einer gleichzeitigen Behandlung fordert. Berücksichtigt werden muss auch, dass der Deutsche Ärztetag mit der Novellierung der MBO Kooperationen erleichtern wollte.

Nach Auffassung der BÄK sind folgende Kriterien für eine gemeinsame Berufsausübung maßgeblich.

  1. Wille zur gemeinsamen Berufsausübung in einer auf Dauer angelegten systematischen Kooperation. Der bloße Wille, nur Ressourcen gemeinsam zu nutzen, ist nicht ausreichend. Von einer gemeinsamen Berufsausübung kann ebenfalls nicht gesprochen werden, wenn sich die Zusammenarbeit z.B. auf die Bildung von Qualitätszirkeln zu Fortbildungszwecken, einen gemeinsamen Vertretungs- oder Notdienstplan oder reine Managementtätigkeit beschränkt. Auch ein reines Gewinnpooling genügt nicht den Anforderungen, die an eine gemeinsame Tätigkeit zu stellen sind.

  2. In der Regel ist ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag erforderlich, der diesen Willen zum Ausdruck bringt und die Rechte und Pflichten der Gesellschafter (z.B. Einlage, Regelungen zu gemeinschaftlichen Entscheidungen, Gewinnerzielung auf der Ebene der Gesellschaft) festlegt. Wesentlich ist allerdings nicht nur die schriftliche Fixierung des Willens zur gemeinsamen Berufsausübung, sondern entscheidend ist stets "wie die Gesellschaft gelebt wird". Unklarheiten oder Regelungslücken im Gesellschaftsvertrag können durch tatsächliches Verhalten kompensiert werden. Hingegen reicht ein Vertrag, der zwar eine gemeinsame Berufsausübung beschreibt, die aber nicht tatsächlich praktiziert wird, nicht aus, um letztlich von einer gemeinsamen Berufsausübung zu sprechen.

  3. Außenankündigung der Gesellschaft nach Maßgabe des § 18a Abs.1 MBO. Anders als bei einer reinen Organisationsgemeinschaft, die angekündigt werden darf, ist in dem Fall der Berufsausübungsgemeinschaft die Ankündigung obligat.

  4. Der Behandlungsvertrag wird von der Gemeinschaft geschlossen, weshalb die Abrechnung durch die Gemeinschaft erfolgt. Die Gemeinschaft haftet im Außenverhältnis. Davon unberührt bleibt allerdings das Recht, eine abweichende Regelung im Innenverhältnis zu vereinbaren.

  5. Die Gemeinschaft muss über einen gemeinsamen Patientenstamm verfügen, d.h. jeder Partner muss Zugriff auf die Patientenkartei haben.

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Gestaltungsmissbrauch

Diese Kriterien machen deutlich, dass eine Teilgemeinschaftspraxis nicht vorliegt, wenn die gesellschaftsrechtliche Konstruktion und/oder die tatsächliche Handhabung auf eine Organisationsgemeinschaft hinauslaufen; d.h. tatsächlich werden lediglich angeschaffte medizinische Geräte, die Praxiseinrichtung und Praxispersonal gemeinsam genutzt, ohne dass es zu einer gemeinsamen, ggf. zeitlich versetzten Behandlung/Diagnostik am Patienten kommt. Die "gemeinsame Berufsausübung" setzt eine gemeinsame Tätigkeit im medizinischen Sinne voraus. Aus diesem Grunde sind andere Formen der ärztlichen Kooperation, z.B. ein gemeinsamer Vertretungs- und Notdienstplan, nicht ausreichend, um dieses Kriterium zu erfüllen. Die häufig anzutreffenden "Poolverträge" zwischen Radiologen und Zuweisern führen daher, soweit keine gemeinsamen und zulässigen medizinischen Beiträge der Gesellschafter zu der abgerechneten Leistung hinzutreten, zu einer unzulässigen Honorarbeteiligung eines Dritten an den Einnahmen eines Arztes und sind daher unter dem Gesichtspunkt der Zuweisung gegen Entgelt als unzulässig anzusehen.

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Gesellschafterrechte

Daneben meint die BÄK, dass von einer gemeinsamen Berufsausübung nur dann gesprochen werden könne, wenn die beteiligten Ärzte mehr oder minder gleiche Rechte und Pflichten in der Gesellschaft haben. Eine Berufsausübungsgemeinschaft mache es aus, wenn jeder Gesellschafter an unternehmerischen Chancen und Risiken beteiligt sei. Dieses drücke sich typischerweise in einer prozentualen Gewinn- und Verlustbeteiligung, in einer Mitwirkung an Investitions- und Personalenscheidungen, aber auch dadurch aus, dass strategische Unternehmensentscheidungen (z.B. Abschluss von Verträgen nach §§ 73b, 73 c oder 140 b SGB V, Neuaufnahme von Mitgliedern) gemeinschaftlich getroffen werden. Zu beachten sei aber, dass gerade bei der Gründung von Gemeinschaften, aber auch bei Aufnahme eines Gesellschafters eine so genannte vermögensrechtliche Nullbeteiligung jedenfalls dann zu akzeptieren sei, wenn sie nicht auf Dauer angelegt, sondern z.B. nach einer "Kennenlernphase" ein Anwachsen der Kapitalbeteiligung vorgesehen werde. Maßgeblich sei vor allem eine Beteiligung am immateriellen Wert und weniger am materiellen Wert.

Gegen diese gesellschaftsrechtlichen Anforderungen, die seitens der BÄK für die Annahme einer gemeinsamen Berufsausübung gefordert werden, ist einzuwenden, dass es hierfür weder im ärztlichen Berufsrecht, noch im Gesellschaftsrecht eine Rechtsgrundlage gibt. Diese ist jedoch nach der Rechtsprechung des BGH erforderlich, um die mit einer solchen Restriktion verbundenen Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen (BGH MedR 1994, S. 152). Eine entsprechende Rechtsgrundlage müsste in den Heilberufs- und Kammergesetzen der Bundesländer vorhanden sein, damit dies in den Berufsordnungen der Landesärztekammern positiv geregelt werden könnte, was bisher jedoch in keinem Bundesland der Fall ist. Auch gesellschaftsrechtlich sind die von der BÄK aufgestellten Anforderungen an die Vermögensbeteiligung in einer Berufsausübungsgemeinschaft und die sonstigen Gesellschafterrechte nicht zwingend. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 15.04.1987 festgestellt, daß es mit der Gesellschafterstellung "ohne weiteres" vereinbar ist, daß ein Gesellschafter weder an Gewinn und Verlust, noch am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist (BGH NJW 1987, 3124, 3125). Darüber hinaus hat der BGH in einem weiteren Urteil die Auffassung vertreten, dass die Beteiligung am Verlust einer Gesellschaft auch vollständig ausgeschlossen werden darf (BGH, WM 1989, 1850, 1851). Das Bundesarbeitsgericht hat sich dieser Auffassung im Zusammenhang mit der Bewertung von Gesellschaftsverträgen von Rechtsanwälten mit Beschluss vom 15.04.1993 angeschlossen (BAG, NJW 1993, 2458, 2560).

Die Kriterien entstammen ausschließlich dem Vertragsarztrecht, welches aus sozialversicherungsrechtlichen Erwägungen zusätzliche Anforderungen an die Formen ärztlicher Berufsausübung stellt und das hierfür auch gesonderte Rechtsgrundlagen im SGB V und der Ärzte-ZV geschaffen hat (vgl. Wigge NZS 2001, S. 293). In dem Bereich privatärztlicher Tätigkeiten können diese Anforderungen der BÄK dagegen keine Gültigkeit beanspruchen. Für den Bereich der Teilgemeinschaftspraxis ist darüber hinaus anzumerken, dass es aufgrund der Tatsache, dass lediglich ein Leistungsausschnitt bedient wird, in den meisten Fällen nicht zur Schaffung gemeinsamer Vermögenswerte kommen wird; z.B. wird im Fall einer MRT-Kooperation der Kernspintomograph bereits in einer der beteiligten Praxen bereits vorhanden sein, sodass es nicht zu einer Veränderung der Vermögensverhältnisse durch die Gründung der Teilgemeinschaftspraxis kommen wird. Die gegenseitige Beteiligung am immateriellen Vermögen würde voraussetzen, dass in einer Teilgemeinschaftspraxis überhaupt ein "Good-will" zu erwarten ist. Auch dies erscheint fraglich, da sich die Zuweisungsverhältnisse nicht verändern dürften und eine Positionierung seitens der Teilgemeinschaftspraxis am Markt des angebotenen Leistungsspektrums in den meisten Fällen eher nicht zu erwarten ist. Insofern sind die Kriterien der BÄK, abgesehen von den grundsätzlichen rechtlichen Bedenken, insbesondere für die Teilgemeinschaftspraxis, unbrauchbar. Anzumerken bleibt, dass die Forderung der BÄK nach einer vermögensmäßigen Beteiligung der Gesellschafter einer Berufsausübungsgemeinschaft in Zeiten der Etablierung der Ärztegesellschaft und von Medizinischen Versorgungszentren, die als Kapitalgesellschaften mit angestellten Ärzten geführt werden können, einen nicht nachvollziehbaren Anachronismus darstellt.

Wie in § 18 Abs. 4 MBO geregelt, ist auch in Teil-Kooperationen die freie Arztwahl zu gewährleisten. Teilkooperationen sind gemäß § 18a MBO anzukündigen und zwar am Ort der Leistungserbringung.

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Teilbarkeit der ärztlichen Leistung

Gerade im Bereich überweisungsabhängiger Fachgebiete, wie der Radiologie, wirft die Ausgestaltung der Teilgemeinschaft erhebliche Fragestellungen auf, da sie nicht dazu missbraucht werden darf, berufsrechtlich unzulässige Zuweisermodelle mit dem Rechtsschein zulässiger Berufsausübung zu versehen. Der Schmiergeldcharakter von Zahlungen an Fachärzte, die ihre Patientenzuweisungen an den Radiologen von Rückvergütungen abhängig machen, wird nicht dadurch geheilt, dass diese Zuweiser diese Zahlungen nun als Gesellschafter über die Gewinnausschüttung einer formalrechtlich zulässigen Teilgemeinschaft erhalten. Mit anderen Worten ist die Vergesellschaftung von finanziellen Zuwendungen auch im Rahmen einer Teilgemeinschaftspraxis nicht möglich. Bei der Gründung einer Teilgemeinschaftspraxis sind daher insbesondere folgende von der BÄK geforderten Kriterien zu erfüllen:

  • Unabhängig von der gewählten Form der Berufsausübung oder Kooperation muss das Schutzniveau im Patienten-Arzt-Verhältnis gleichartig sein und der Besonderheit dieses Verhältnisses Rechnung getragen werden.

  • Auch bei kooperativer Leistungserbringung ist der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung zu beachten.

  • Es ist Transparenz über die Form der Berufsausübung und Kooperation sowie über die daran Beteiligten sicherzustellen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt sich die Frage, welche bekannten Formen der Zusammenarbeit zwischen Radiologen und anderen Fachärzten im Rahmen einer Teilgemeinschaftspraxis zulässig sein können. Die Frage soll anhand gängiger Beispiele erläutert werden:

  1. Computertomographisch gesteuerte Infiltration der Zwischenwirbelgelenke zwischen Radiologe und Orthopäde: Zulässiger Gesellschaftszweck kann eine gemeinsame Diagnostik und Therapie in diesem Bereich sein, wobei klar sein muss, dass der Orthopäde aufgrund der fehlenden Strahlenschutzfachkunde im Bereich CT nach der RöV und der Fachgebietsfremdheit dieser radiologischen Leistung nach der Weiterbildungsordnung lediglich zu vorbereitenden und begleitenden Maßnahmen gegenüber dem Patienten berechtigt ist. Gebührenrechtlich ist zu beachten, dass § 4 Abs. 2 GOÄ die persönliche Leistungserbringung für den gesamten nicht delegierbaren Teil der Leistung erfordert, sodass zur Abrechnung der CT-Leistungen ausschließlich der Radiologe berechtigt ist. Dies wirft die Frage auf, ob die gemeinsame Abrechenbarkeit der Leistungen in einer Teilgemeinschaftspraxis nach der GOÄ zugleich Voraussetzung und Grenze der Vergesellschaftung medizinischer Leistungen in diesem Bereich ist.

  2. Kardio-MRT-Leistungen zwischen Radiologe und Kardiologe: Da nach der neuen Weiterbildungsordnung Kardiologen und andere Facharztgruppen berechtigt sind, im Rahmen der so genannten Zusatzweiterbildung fachgebundene Kernspintomographie die Voraussetzungen zur Erbringung und Abrechnung von MRT-Leistungen zu erwerben, wäre dieser Bereich für die Gründung einer Teilgemeinschaftspraxis geeignet. Auch hier gilt jedoch, dass die Erbringung von MRT-Leistungen für den Kardiologen, wie auch für andere Facharztgruppen, nur im Rahmen seines Weiterbildungsinhaltes als fachgebietskonform angesehen wird. Weitergehende MRT-Untersuchungen als die des Herzens sind daher auch im Rahmen einer Teilgemeinschaftspraxis durch den Kardiologen nicht mit dem Radiologen erbring- und abrechenbar. In vertragsarztrechtlicher Hinsicht ist für den Bereich der Kernspintomographie zu beachten, dass andere Facharztgruppen außer Radiologen und teilweise Nuklearmediziner nach den Vorgaben der Kernspintomographie-Vereinbarung nach § 135 Abs. 2 SGB V nicht berechtigt sind, diese Leistungen in der GKV zu erbringen und abzurechnen, auch wenn sie hierzu aufgrund des geänderten Weiterbildungsrechts privatärztlich berechtigt sind.

  3. Mammographieleistungen zwischen Radiologen und Gynäkologen: Auch hier besteht eine Möglichkeit der gemeinsamen Leistungserbringung, da beide Fachgruppen zur Durchführung der Mammographie weiterbildungsrechtlich befugt sind. Gerade im Hinblick auf die Notwendigkeit verstärkter Kooperationen im Bereich des so genannten Mammographie-Screenings sind derartige Teil-Gemeinschaftspraxen sinnvoll, wobei jedoch hier die Anforderungen an den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung an den pragrammverantwortlichen Arzt (PvA) nach der Anlage 9.2 BMV-Ä/EKV zu beachten sind.

Die vorgenannten Beispiele machen deutlich, dass dem im Weiterbildungsrecht verankerten Verbot der fachgebietsfremden Tätigkeit in diesem Zusammenhang eine wesentliche Bedeutung zukommt und eine Verletzung dieses Verbotes zugleich ein wichtiges Indiz für einen Gestaltungsmissbrauch bei der Beurteilung einer Teilgemeinschaftspraxis zwischen Radiologen und anderen Fachgruppen zukommt. Im Bereich der bildgebenden Diagnostik sind therapeutisch tätige Facharztgruppen weiterbildungsrechtlich häufig zur Mitbefundung und/oder Befundauswertung berechtigt, sodass in diesem Teil der Leistung eine Möglichkeit der Zusammenarbeit mit dem Radiologen besteht. Die gebührenrechtliche Zulässigkeit einer gemeinsamen Leistungserbringung nach der GOÄ stellt einen weiteren Gesichtspunkt dar. Entscheidend für die berufsrechtliche Zulässigkeit der Teilgemeinschaftspraxis ist jedoch, dass die beteiligten Ärzte auch ärztliche Leistungen erbringen, die im Rahmen der Gesamtbehandlung bzw. der Diagnostik als Teilbeitrag angesehen werden können.

Einige Ärztekammern haben deshalb abweichend von den Vorgaben der MBO die Anforderungen an die zulässige Form der Zusammenarbeit in einer Teilgemeinschaftspraxis in ihrer Berufsordnung definiert. Dies erscheint insbesondere im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht im Facharztbeschluss vom 09.05.1972 (BVerfG NJW 1972, 1504, 1508) geforderte Ermächtigungsgrundlage für Einschränkungen der ärztlichen Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG empfehlenswert:

§ 18 Abs. 1a der Berufsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen vom 7.03.2000 i.d.F. vom 20.02.2006 (In Kraft getreten am 11.06.2006) hat folgenden Wortlaut: "Teil-Berufsausübungsgemeinschaften sind nur zulässig, wenn die ihr zugehörigen Ärzte am Gewinn dieser Gesellschaft jeweils entsprechend ihres persönlich erbrachten Anteils an der gemeinschaftlichen Leistung beteiligt werden. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren stellt keinen Leistungsanteil im Sinne im Sinne des Satzes 1 dar. Verträge über die Gründung von Teil-Berufsausübungsgemeinschaften sind der Ärztekammer vorzulegen."

Die Regelungen über die Teilgemeinschaftspraxis in der Berufsordnung der Ärztekammer Hamburg konkretisieren den Begriff der Berufsausübung insbesondere in fachübergreifenden Konstellationen und machen deutlich, dass die Überweisung von Patienten an die methodendefinierten Fächer wie Radiologie oder Labormedizin zur Erbringung medizinisch-technischer Leistungen kein zulässiger Gesellschaftszweck einer Teilgemeinschaftspraxis sein kann.

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Rechtsanwälte Wigge & Kleinke

RA Dr. Peter Wigge

Fachanwalt für Medizinrecht

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