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DOI: 10.1055/s-2006-951434
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Vogelgrippe - Konventionelle Herstellung von Impfstoffen möglich?
Publication History
Publication Date:
27 September 2006 (online)
Um eine möglichst problemlose Zulassung eines neuen Impfstoffs gegen die Vogelgrippe zu ermöglichen, wäre es sinnvoll, bei dessen Herstellung auf bewährte Produktions-verfahren zurückzugreifen. Etabliert ist zum Beispiel die An-züchtung von inaktivierten Viren auf Hühnereiern. In einer Studie wurde nun die Wirksamkeit eines neuen Impfstoffs untersucht. N Engl J Med 2006; 354: 1343-1351
J. J. Treanor et al. prüften in ihrer doppelblinden Multicenterstudie einen neuen Impfstoff gegen das H5N1-Virus. Es handelt sich um inaktivierte Segmente der in Vietnam aufgetretenen Variante. Der Impfstoff wurde bei 451 Teilnehmern im Alter von 18 bis 64 Jahren getestet. Dabei wurden verhältnismäßig hohe Impfstoffdosen von 7,5, 15, 45 oder 90 µg pro Einzeldosis eingesetzt. Da bei dieser Grippeform nicht mit einer Vorimmunisierung in der Bevölkerung zu rechnen ist, impften die Autoren 2-mal im Zeitabstand von 28 Tagen. Dabei wurden auch verschiedene Dosiskombinationen getestet. Der Impferfolg wurde über den induzierten Antikörperspiegel am 28. Tag nach Verabreichen der zweiten Impfdosis bestimmt. Hierbei wurde ein Grenzwert von 1:40 als protektiv definiert.
#Impfschutz erst bei hohen Dosen
Erst bei relativ hohen Dosen von 2-mal 45 bis 90 µg wurde ein brauchbarer Impfschutz erreicht. Mit der höchsten Dosis von 2-mal 90 µg überschritten 54% der Teilnehmer die Titerhürde von 1:40. 43% wurden mit 2-mal 45 µg und 22% mit 2-mal 15 µg immunisiert. Mit der geringsten Dosis (2-mal 7,5 µg) wurden nur 9% der Teilnehmer immunisiert. Ein wichtiger Befund, denn die normale Dosis bei der Grippeschutzimpfung liegt in diesem Bereich. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. In einigen Fällen trat allerdings Fieber auf und bei einem Patienten zeigte sich ein ausgeprägter, allergischer Hautausschlag.
#Fazit
Bei der Mehrzahl der Teilnehmer kam es durch einen konventionell hergestellten Impfstoff im hohen Dosisbereich zur Ausbildung eines Impfschutzes gegen die Vogelgrippe. Die Vakzine zeigte eine gute Verträglichkeit, so die Autoren.
#Kommentar zur Studie
In seinem Editorial bewertet G. A. Poland die Studie kritisch. Die Kapazitäten zur Impfstoffherstellung sind stark dosisabhängig. Die von den Studienautoren empfohlenen Dosierungen betragen das 10-fache der zur Zeit üblichen Dosen. Wenn weltweit auf dieses empfohlene Verfahren umgestellt wird, würde die Zahl der verfügbaren Einzeldosen auf weniger als ein Zehntel reduziert. Dies müsste zu einer Verknappung des Impfstoffs führen. Deshalb empfiehlt er, dringend den Nutzen von Impfadjuvantien zu klären. Ihr Boostereffekt könnte die notwendigen Impfdosen wieder normalisieren. Auch die Titerschwelle von 1:40, die als schützend definiert wurde, bleibt problematisch. Sie bezieht sich auf Erfahrungen mit der gewöhnlichen Saisongrippe. Ob dies auch bei der Vogelgrippe zutrifft, ist unklar. N Engl J Med 2006; 354: 1411-1413 |
Dr. Horst Gross, Berlin