Pneumologie 2006; 60(9): 524
DOI: 10.1055/s-2006-951429
Pneumo-Fokus

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Pneumokoniose - Pleura-Veränderungen bei Steinkohlenbergleuten ohne Silikose

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Publication Date:
27 September 2006 (online)

 
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In der retrospektiven Follow-up-Studie von R. Orriols et al. wurden die Röntgen-Verlaufsserien (Abstand jeweils mindestens ein Jahr) von 765 Bergleuten mit initial unauffälligem Lungenbefund (Streuung < 1/0 (ILO 1980)) ausgewertet. Scand J Work Environ Health 2005; 31: 115-121

Die Studiengruppe stellte etwa 50% der Beschäftigten eines Anthrazit-Kohlenbergwerks in Asturias, Spanien, dar. Die mittlere Quarzstaub-Konzentration (gravimetrisch und mittels Infrarot-Absorptionsspektrometrie bestimmt) lag bei 5,2 bzw. 3,1 mg/m3. Das Kollektiv wurde entsprechend der Höhe der Exposition unter Berücksichtigung der Dauer und der Konzentration an kristalliner Kieselsäure in der alveolengängigen Staubfraktion in 3 Gruppen unterteilt. Fasern wurden nicht nachgewiesen (Licht-mikroskopie und Faserkontrastverfahren). Zwei erfahrene Pneumologen (Reader) mit eingehenden arbeitsmedizinischen und radiologischen Kenntnissen beurteilten separat ohne Kenntnis der Exposition die Röntgenbilder. 119-mal fand sich eine Diskrepanz der Pleura-Befunde zwischen den beiden Readern (kappa 0,61); in diesen Fällen wurde ein dritter, dann entscheidender Reader hinzugezogen.

720 (94%) der Bergleute hatten keine radiologischen Auffälligkeiten. 45 (5,9%) zeigten pleurale Veränderungen in der ersten Röntgenaufnahme. 43 (6%) der 720 initial unauffälligen Probanden wiesen entsprechende Befunde in der letzten Röntgenaufnahme auf (19-mal kostophrenischer Sinus, je 13-mal apikal bzw. an der lateralen Thoraxwand, 6-mal am Diaphragma, eimal diffus). Ihre Häufigkeit unterschied sich signifikant (p=0,022) zwischen den 3 Expositionsgruppen: niedrige Exposition 5 (2,4%), mittlere 8 (6%), hohe 30 (8%). Das relative Risiko für eine pleurale Veränderung war signifikant in Abhängigkeit von der Expositionsgruppe erhöht [mittlere Exposition (OR) 5,72, 95% Confidenz-Intervall (95% CI) 1,4-23,5; p = 0,016; hohe (OR) 7,62, 95% CI 2,1-27,2, p = 0,002]. Es war ebenfalls erhöht in Abhängigkeit von Veränderung (Frakturen?) der Rippen: (OR 3,74, 95% CI 1,4-9,7, P=0,007).

Bei 19 Bergleuten (2,6%) ohne initiale Veränderung war in den späteren Untersuchungen eine Adhäsion des kostophrenischen Sinus festzustellen. Auch ihre Häufigkeit zeigte eine Abhängigkeit von der Expositionshöhe (niedrige: 1 (0,5%); mittlere: 3 (2,2%); hohe: 15 (4,2%)) (p = 0,033). Das relative Risiko einer Adhäsion des kostophrenischen Sinus war aber nur mit der Expositionshöhe signifikant positiv korreliert (mittlere: OR 8,59, 95% CI 0,7-113, p = 0,102; hohe: OR 16,44, 95% CI 1,5-177, p = 0,021). Eine Verklebung von 2 kostophrenischen Sinus mit fehlender Darstellung aller 4 Sinus fand sich in der letzten Untersuchung in 45 Fällen der initial bereits pleurale Veränderungen aufweisenden Gruppe.

Die Autoren schlussfolgern, dass sich Verklebungen der kostophrenischen Sinus überhäufig bei quarzstaubexponierten Bergleuten ohne Pneumokoniose nachweisen lassen und von einer kausalen Beziehung auszugehen ist.

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Bei Steinkohlebergleuten ist das relative Risiko für eine pleurale Veränderung signifikant abhängig von der Expositionshöhe, wobei die Einteilung der Gruppen in der Studie kontrovers diskutiert wird (Bild: Archiv, nachgestellte Situation).

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Bewertung

Kritisch ist anzumerken, dass trotz der über 4 Jahre durchgeführten, über 1000 personenbezogenen Staubmessungen die Einteilung in Expositionsgruppen offensichtlich nur sehr grob erfolgte (low dust exposure occupations, medium silica-exposed group, high silica-exposed group) und die konkreten Kriterien der Gruppenzuordnung in der Veröffentlichung nicht angegeben wurden.

Referiert und bewertet von X. Baur, Hamburg

 
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Bei Steinkohlebergleuten ist das relative Risiko für eine pleurale Veränderung signifikant abhängig von der Expositionshöhe, wobei die Einteilung der Gruppen in der Studie kontrovers diskutiert wird (Bild: Archiv, nachgestellte Situation).