Aktuelle Dermatologie 2006; 32(8/09): 379-381
DOI: 10.1055/s-2006-944555
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Maximalausprägung einer Psoriasis vulgaris cum pustulatione

Signifikante Besserung des Hautbildes durch Efalizumab (Raptiva®)Severe Plaque Psoriasis cum pustulatione Significant Improvement by Treatment with Efalizumab (Raptiva®)W.  Thiel1 , L.  Kowalzick2
  • 1Hautarzt-Praxis Plauen
  • 2Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, HUMAINE Vogtland-Klinikum Plauen GmbH (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. habil. L. Kowalzick)
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Prof. Dr. med. habil. Lutz Kowalzick

Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie

Vogtland-Klinikum Plauen GmbH · Postfach 100153 · 08505 Plauen

Email: lutz.kowalzick@web.de

Publication History

Publication Date:
13 September 2006 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Kürzlich wurde über das gute therapeutische Ansprechen von Patienten mit generalisierter pustulöser Psoriasis auf Infliximab berichtet. Wir berichten über eine 55-jährige Patientin mit langjährig bestehender, häufig schwer rezidivierender Psoriasis vulgaris cum pustulatione, die nach Versagen oder Unverträglichkeit anderer systemischer Psoriasis-Therapien nach einer initialen Infliximab-Infusion mittels regelmäßiger s.c. Efalizumab-Injektionen über einen längeren Zeitraum stabilisiert werden konnte.

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Abstract

Recently, the good clinical therapeutic effect of infliximab in patients with pustular psoriasis was demonstrated. We report on a 55 years old female patient with longstanding frequently relapsing plaque psoriasis cum pustulatione. Because of failure or intolerance of other systemic antipsoriatic therapies we initiated after one single infusion of infliximab a treatment with regular subcutaneous injections of efalizumab which resulted in persisting remission of the psoriasis.

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Einleitung

Untersuchungen haben gezeigt, dass besonders bei schweren Formen der Psoriasis die große Belastung für die Erkrankten vergleichbar mit der anderer schwerer Erkrankungen wie Diabetes, Rheuma, Depressionen oder Krebs ist [11]. Wie stark die Lebensqualität eingeschränkt sein kann, belegt die vorliegende Kasuistik. Bei der Patientin mit der Maximalausprägung einer Psoriasis vulgaris cum pustulatione reichte eine topische Behandlung nicht aus und bisher verfügbare systemische Psoriasis-Therapien erwiesen sich in ihrer Anwendung ineffektiv bzw. durch toxische Effekte limitiert. Kürzlich wurde über das gute therapeutische Ansprechen von Patienten mit pustulöser Psoriasis auf Infliximab berichtet [5] [9]. Auch im vorliegenden Fall konnte erst die Behandlung mit Biologics wie Efalizumab (Raptiva®) die Situation der Patientin wesentlich verbessern und führte innerhalb kurzer Zeit zur fast völligen Symptomfreiheit.

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Kasuistik

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Anamnese und Befund

Erstmals traten bei der 55-jährigen Patientin vor 11 Jahren schwerste Hauterscheinungen auf. Zudem kam es zu Schmerzen in den Kniegelenken. Die Psoriasis-Herde verschlimmerten sich in der Folgezeit unter Bildung schmerzhafter Pusteln. Auch auf Drängen der Angehörigen erfolgten wiederholt - ca. zwei- bis viermal jährlich - stationäre Aufnahmen, da die Patientin aufgrund panzerartiger Schuppenkrusten mit darunter liegenden Pusteln und Erosionen mit zum Teil schmerzhaften Rhagaden an den Füßen zunehmend in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt war [12]. Nicht nur die Beweglichkeit erwies sich als reduziert, sondern das gesamte Allgemeinbefinden der Patientin war extrem reduziert. Neben den Hauterscheinungen lagen Nageldystrophien zum Teil mit subungualen Pusteln bis zur Onycholyse vor (Abb. [1]). Verursacht oder begünstigt wurde diese Maximalausprägung einer Psoriasis vulgaris cum pustulationem durch fokale Infekte, hormonelle Störungen, Alkohol- und Nikotinabusus auf dem Boden einer unbehandelten Psoriasis. Seit mittlerweile 6 Jahren wurde regelmäßig versucht, das dramatische Krankheitsgeschehen durch systemische Therapien positiv zu beeinflussen. Allerdings konnte durch eine Retinoid-Therapie nur ein mäßiger Effekt erreicht werden. Nachdem die Dosis des Medikaments reduziert wurde, kam es erneut zu einer Exazerbation. Ein Therapieversuch mit Fumarsäureester rund ein Jahr später erwies sich als ebenso ungeeignet: Obwohl der Therapieeffekt nur mäßig ausgeprägt war, kam es zu schweren Nebenwirkungen. In erster Linie handelte es sich dabei um gastrointestinale Beschwerden sowie Fieber und Schüttelfrost. Eine darauf folgende Ciclosporin A-Therapie konnte zwar die Symptome gut eindämmen, erwies sich aufgrund der Nierenwerte als nicht weiter durchführbar. Daher wurde auf eine Methotrexat-Behandlung ausgewichen. Unter dieser Therapie trat ein progredienter Verlauf auf.

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Abb. 1 Das Hautbild wies insbesondere im Bereich der unteren Extremitäten und Füße schwersten psoriatrischen Befall mit Pusteln auf.

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Therapie und Verlauf

In Anbetracht der ausgeschöpften und erfolglosen Möglichkeiten der systemischen Therapien wurde beim nächsten stationären Aufenthalt mit einer Infliximab (Remicade®)-Behandlung begonnen. Die intravenöse Infusion von 200 mg (entsprechend etwa 5mg/kg Körpergewicht) des TNF-alpha-Antikörpers bewirkte eine deutliche und rasche Besserung des Hautbildes. Allerdings traten im Verlauf des stationären Aufenthaltes im Bereich der Beine wieder kleine erythematosquamöse Herde an den Ober- und Unterschenkeln auf. Damit eine nachhaltig wirksame Theiapie auch unter ambulanten Bedingungen weitergeführt werden konnte, erfolgte anschließend nach 2 Wochen eine Fortsetzung der Therapie mit Efalizumab (Raptiva®) mit wöchentlichen Injektionen von initial 30 mg, später 40 mg. Dieser selektiv und reversibel wirkende T-Zell-Modulator erlaubt die subkutane Verabreichung und ermöglicht damit eine gute ambulante Therapie. Nach drei Monaten Behandlung unter Efalizumab ließ sich ein sehr guter Behandlungserfolg verzeichnen, nur an beiden Oberschenkeln kamen lateral vereinzelte punkt- bzw. fleckförmige erythematosquamöse Herde vor (Abb. [2]). Das Hautbild war ansonsten nahezu erscheinungsfrei. Die Pusteln sind ganz verschwunden. Die Gelenkbeschwerden hatten ebenfalls vollständig abgenommen.

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Abb. 2 Starke Besserung des Hautbildes nach Behandlung mit Efalizumab.

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Diskussion

Am Beispiel dieser Patientin wird deutlich, dass die neuen Biologics selbst bei Betroffenen mit schwerer Psoriasis und fehlender Compliance nicht nur eine Besserung des Hautbildes sondern auch der Lebensqualität erbringen können. Besonders erweist sich Efalizumab von Vorteil: Dieser speziell für die Psoriasis entwickelte Wirkstoff, ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen CD 11a, einer Untereinheit des Leukozyten-funktionsassoziierten Antigens 1 (LFA-1), kann zielgerichtet die T-Zell-Aktivität modulieren, indem er die Adhäsion von T-Zellen an Endothelzellen in den Blutgefäßen der Haut blockiert. Zudem hemmt Efalizumab auch die sekundäre Aktivierung der T-Zellen in der Haut [1]. Auf diese Weise werden die inflammatorischen Prozesse gestoppt und es kommt zu einer Normalisierung der gestörten Differenzierung und Proliferation der Keratinozyten. Aufgrund dieses Wirkmechanismus zeichnet sich Efalizumab durch ein sehr gutes Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil aus. Der Wirkstoff wird einmal wöchentlich subkutan verabreicht, dadurch erübrigen sich häufige Arztbesuche und komplizierte Behandlungsschemata. Bei moderater bis schwerer Plaquepsoriasis erreichten 22 - 28 % der behandelten Patienten nach 3-monatiger Behandlung eine Reduktion ihres PASI-Ausgangswertes von mindestens 75 % [3] [6]. Die Therapie bedeutet für die meisten Patienten einen oft dramatischen Gewinn an Lebensqualität, weil viele von ihnen erstmals seit langer Zeit beinahe oder vollständig frei von Hauterscheinungen sind [10]. Bei Patienten, die in den ersten drei Monaten auf Efalizumab ansprachen, erreichten bei Fortsetzung der Therapie nach 6 Monaten 44 - 53 % [7] [8] und nach 26 Monaten 56 % [4] der Patienten eine PASI-Abnahme von mindestens 75 % des Ausgangswertes. Nach Absetzen einer Biologics-Therapie wurden aber in Einzelfällen auch nach Efalizumab pustulöse Psoriasis-Rezidive beobachtet [2].

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Literatur

  • 1 Dedrick RL, Walicke P, Garovoy M. Anti-adhesion antibodies efalizumab, a human anti-CD11a monoclonal antibody.  Transpl Immunol. 2002;  9 181-186
  • 2 Gaylor M L, Duvic M. Generalized pustular psoriasis following withdrawal of efalizumab.  J Drugs Dermatol. 2004;  3 77-79
  • 3 Gordon K B, Papp K A, Hamilton T K, Walicke P A, Dummer W, Li N, Bersanahan B W, Menter A. Efalizumab for Patients with moderate to severe plaque psoriasis: a randomized controlled trial.  JAMA. 2004;  291 3133-3135
  • 4 Gottlieb A B, Hamilton T, Caro I, Kwon P, Compton P G, Leonardi C L. Long-term continous efalizumab therapy in patients with moderate to severe plaque psoriasis: updated results from an ongoing trial.  J Am Acad Dermatol. 2006;  54 S154-S163
  • 5 Kowalzick L, Mischke D, Blum R, Iliev D. Erfolgreiche Therapie einer Psoriasis pustulosa generalisata von Zumbusch mit Anti-Tumornekrosefaktor-Alpha-Antikörper (Infliximab).  Aktuelle Dermatologie. 2003;  29 289-292
  • 6 Lebwohl M, Tyring S K, Hamilton T K, Toth D, Glazer S, Tawfik N H, Walicke P, Dummer W, Wang X, Garovoy M R, Pariser D. A novel targeted T-cell modulator, efalizumab, for plaque psoriasis.  N Engl J Med. 2003;  349 2004-2213
  • 7 Leonardi C L, Papp K A, Gordon K B, Menter A, Feldman S R, Caro I, Walicke P A, Compton PG, Gottlieb A B. Extended efalizumab therapy improves chronic plaque psoriasis: results from a randomized phase III trial.  J Am Acad Dermatol. 2005;  52 425-433
  • 8 Menter A, Gordon A, Carey W, Hamilton T, Glazer S, Caro I, Li N, Gulliver W. Efficacy and safety observed during 24 weeks of efalizumab therapy in patients with moderate to severe plaque psoriasis.  Arch Dermatol. 2005;  141 31-38
  • 9 Newland M R, Weinstein A, Kerdel F. Rapid response to infliximab in severe pustular psoriasis, von Zumbusch type.  Int J Dermatol. 2002;  41 449-452
  • 10 Ortonne J P, Shear N, Shumack S, Henniger E. Impact of efalizumab on patient-reported outcomes in high-need psoriasis patients: results of the international,randomized, placebo-controlled phase III clinical experience acquired with Raptiva (CLAR) trial.  BMC Dermatol. 2005;  16 13
  • 11 Rapp S R, Feldmann S R, Exum M L, Fleischer A B, Reboussin D M. Psoriasis causes as much disability as other major medical diseases.  J Am Acad Dermatol. 1999;  41 401- 407
  • 12 Suckow M, Schlehaider U K, Kowalzick L. Außergewöhnliche Maximalausprägung einer Psoriasis vulgaris cum pustulatione.  Derm - Praktische Dermatologie. 1997;  3 392-396

Prof. Dr. med. habil. Lutz Kowalzick

Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie

Vogtland-Klinikum Plauen GmbH · Postfach 100153 · 08505 Plauen

Email: lutz.kowalzick@web.de

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Literatur

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Prof. Dr. med. habil. Lutz Kowalzick

Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie

Vogtland-Klinikum Plauen GmbH · Postfach 100153 · 08505 Plauen

Email: lutz.kowalzick@web.de

Zoom Image

Abb. 1 Das Hautbild wies insbesondere im Bereich der unteren Extremitäten und Füße schwersten psoriatrischen Befall mit Pusteln auf.

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Abb. 2 Starke Besserung des Hautbildes nach Behandlung mit Efalizumab.