Klin Padiatr 2005; 217: 110-119
DOI: 10.1055/s-2005-872505
Therapie von Infektionen in der Kinderonkologie

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kutane Infektionen in der pädiatrischen Onkologie

Dermatologic Manifestations of Infections in Pediatric Cancer PatientsH. Ott1 , P. H. Höger2
  • 1Kinderklinik, Funktionsbereich Pädiatrische Dermatologie, Universitätsklinikum Aachen
  • 2Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, Liliencronstr. 130, 22149 Hamburg
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Professor Dr. med. Peter Höger

Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
15. November 2005 (online)

Inhaltsübersicht #

Zusammenfassung

Kutane Infektionen sind bei Kindern und Jugendlichen mit neoplastischen Erkrankungen oft mit einer erheblichen Morbidität assoziiert. Betroffen sind vor allem granulozytopenische Patienten unter intensiver zytostatischer Therapie oder nach allogener Stammzelltransplantation. In diesen Patientengruppen sind häufig atypische Manifestationen infektiöser Hauterkrankungen zu beobachten, wodurch eine große Zahl relevanter Differenzialdiagnosen zu berücksichtigen ist. Vor dem Hintergrund dieser Besonderheiten ist es für klinisch tätige Kollegen essenziell, mit Symptomen, diagnostischen Möglichkeiten und Therapieformen kutaner Infektionen in der pädiatrischen Onkologie vertraut zu sein.

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Abstract

Cutaneous infections in children and adolescents with cancer are frequently associated with a marked morbidity and mortality. Particularly neutropenic patients undergoing intensive cytostatic therapy or after allogenic stem cell transplantation are affected. In this group of patients, atypical manifestations of infectious skin disease are frequently observed which represent a diagnostic challenge. It is therefore essential for clinicians to be familiar with the clinical presentation, diagnostic methods and management of skin infections encountered in pediatric oncology.

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Einleitung

Infektionserkrankungen sind bei Kindern und Jugendlichen mit hämatologisch-onkologischen Erkrankungen mit einer erheblichen Morbidität und Mortalität assoziiert, so dass ihrer Erkennung und adäquaten Therapie in der täglichen Praxis eine große Bedeutung zukommt [16] [64].

Die Haut und ihre Anhangsgebilde machen in dieser Patientengruppe einen klinisch relevanten Teil der von einer Infektion betroffenen Organsysteme aus. So identifizierten Fleischhack et al. in einer Untersuchung an 116 pädiatrischen Patienten mit malignen Erkrankungen in fast 6 % der Fälle eine Haut- bzw. Weichteilinfektion als Ursache anhaltenden Fiebers, während z. B. Harnwegsinfektionen (3 %) oder gastrointestinale Infektionen (0,8 %) deutlich seltener beobachtet wurden [15].

Diese Häufung kutaner Infektionen ist einerseits durch die jeweilige neoplastische Grunderkrankung bedingt, die besonders im Falle systemischer Malignome zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des zellulären und humoralen Immunsystems führen kann. Andererseits resultiert die immunsuppressive bzw. zytostatische Therapie in einer häufig lang anhaltenden Immundefizienz mit Granulozytopenie und Defiziten der zellulären Immunität, die ebenfalls zu Hautinfektionen prädisponieren [4]. Zusätzlich besitzen die eingesetzten Chemotherapeutika eine Haut- und Schleimhauttoxizität unterschiedlichen Ausmaßes, die eine Beeinträchtigung der Hautbarriere mit konsekutiv erhöhter Vulnerabilität gegenüber zahlreichen Krankheitserregern zur Folge hat [48].

Im Gegensatz zu Infektionen anderer Organsysteme bleiben infektiöse Hauterkrankungen der gründlichen körperlichen Untersuchung nicht verborgen. Es ist daher v. a. bei granulozytopenischen Patienten mit febrilen Körpertemperaturen in jedem Fall eine eingehende Inspektion der Haut und ihrer Anhangsgebilde sowie der anogenitalen und oralen Schleimhäute zu fordern. Eine Fotodokumentation ist für klinische Verlaufskontrollen sinnvoll. Unumstritten ist auch der frühzeitige Einsatz mikrobiologischer Untersuchungstechniken, während die routinemäßige Durchführung einer Hautbiopsie nicht von allen Autoren empfohlen wird. Chren et al. untersuchten in diesem Zusammenhang 123 immunsupprimierte Erwachsene mit Tumorerkrankungen, die aufgrund eines Exanthems einer Hautbiopsie unterzogen wurden. Es zeigte sich zwar, dass die histologischen Befunde in 44 % der untersuchten Fälle eine Korrektur der prä-bioptischen Diagnose erlaubten, aber in nur 14 % der untersuchten Fälle wurde eine systemische Therapie aufgrund der feingeweblichen Untersuchungen umgestellt [7]. Im Gegensatz hierzu unterstrichen zwei pädiatrische Untersuchungen zum gleichen Thema, dass mittels Hautbiopsie in 49 bzw. 38 % der Fälle eine therapierelevante Änderung der prä-interventionellen Diagnose erreicht werden konnte [2] [68]. Vor dem Hintergrund dieser widersprüchlichen Daten muss die Entscheidung für oder gegen eine Hautbiopsie weiterhin individuell in enger Kooperation pädiatrischer Onkologen und Dermatologen getroffen werden. Im Zweifelsfall sollte dieser minimalinvasive Eingriff jedoch erfolgen, da bei immunsupprimierten Patienten eine exakte morphologische Zuordnung kutaner Effloreszenzen und ihre Abgrenzung gegenüber nicht-infektiösen Hauterscheinungen häufig erschwert sind [4].

Ziel dieser Übersicht ist die kurze Darstellung klinisch relevanter kutaner Infektionen mit Viren, Bakterien und Pilzen bei Kindern und Jugendlichen mit hämatologisch-onkologischen Erkrankungen.

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Virale Infektionen

Hautinfektionen mit verschiedenen DNA-Viren stellen gerade in der pädiatrischen Onkologie eine häufige Quelle kutaner Komplikationen dar. Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten bedeutende Fortschritte sowohl in der Diagnostik als auch der Therapie dieser Erkrankungen erzielt wurden, sind sie weiterhin als kritische Ereignisse anzusehen und stets einer umgehenden Abklärung und adäquaten Therapie zuzuführen [19].

Neben Viren der Herpes-Gruppe (Varizella-Zoster-Virus, Herpes-simplex-Virus) kommen bei immundefizienten Patienten auch das Molluscum-contagiosum-Virus und Humane Papillomaviren als Ursachen relevanter kutaner Symptome in Betracht.

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Humane Papillomaviren (HPV)

Bei den Humanen Papillomaviren handelt es sich um DNA-Viren der Papovaviridae-Familie, die nach molekularbiologischen Kriterien in über 100 Subtypen eingeteilt und mit spezifischen Haut- und Schleimhauterkrankungen (Tab. [1]) assoziiert sind [51]. Ihre Übertragung findet durch direkten Kontakt mit Indexpatienten aber auch durch Autoinokulation und Kontakt mit unbelebten Vektoren statt, die Inkubationszeit variiert stark und wird in der Literatur mit wenigen Wochen bis zu einigen Monaten angegeben [14].

Tab. 1 Papillomerkrankungen und assoziierte HPV-Typen
Papillom-Art am häufigsten assoziierte HPV-Typen
Verrucae vulgares 1, 2, 4, 7 (26, 27, 29, 57)
Plantarwarzen 1, 2, 4 (60, 63, 65)
Mosaikwarzen 2
Verrucae planae juveniles 3, 10, 28
anogenitale Warzen (Condylomata acuminata) 6, 11, 16, 30, 31, 37, 47
orale fokale epitheliale Hyperplasie (M. Heck) 13, 32
Epidermodysplasia verruciformis (M. Lewandowsky-Lutz) 3, 5, 8-10, 12, 14, 15, 17, 19-25, 30
Larynx-Papillome 6, 11, 16, 18, 30
modifiziert nach [14] [51]

Angaben zur Prävalenz kutaner Warzen im Kindesalter variieren in Abhängigkeit von der untersuchten Population erheblich (ca. 4 % bis zu ca. 50 %), wobei sich ein erster Inzidenz-Gipfel in der Altersgruppe der 12- bis 16-Jährigen zeigt, während Kinder vor dem 5. Lebensjahr seltener betroffen sind. Exakte Daten zur Häufigkeit des Auftretens HPV-assoziierter Erkrankungen bei Kindern mit onkologischen Erkrankungen sind bisher nicht publiziert worden. Bei immundefizienten Individuen anderer Patientengruppen (Nierentransplantation, Stammzelltransplantation bei SCID) treten HPV-bedingte Hautsymptome jedoch gehäuft auf und verlaufen schwerwiegender als bei immunologisch Gesunden [37], so dass auch bei Patienten der pädiatrischen Onkologie ein erhöhtes Risiko für komplizierte HPV-Infektionen angenommen werden kann.

Nach Schädigung der Hautbarriere durch Mikrotraumen oder iatrogene Faktoren (z. B. Chemotherapie) gelangen Papillomaviren in das Stratum basale der Epidermis und replizieren ihr Genom („multicopy nuclear episome”) in den Zellkernen basaler Keratinozyten, die unter dem Einfluss viraler Onkoproteine eine erhöhte Replikationsrate aufweisen. Bemerkenswert ist, dass einige HPV-Subtypen (HPV 16, 18), die mit Infektionen der anogenitalen Mukosa assoziiert sind, ein onkogenes Potenzial besitzen, das u. a. auf der Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen der Wirtszelle (p53, pRb) durch Virus-Onkoproteine (E6, E7) beruht [32]. Die kausale Bedeutung kutaner HPV-Subtypen in der Karzinogenese ist hingegen bisher nicht ausreichend belegt, obwohl Hinweise auf eine mögliche Beteiligung an der Entstehung von Hauttumoren existieren [23] [33].

Benigne kutane Neoplasien stellen die klassische Erscheinungsform der HPV-Infektion dar. In Abhängigkeit von der Lokalisation, den jeweiligen HPV-Subtypen sowie dem Immunstatus des Patienten werden charakteristische Hautmanifestationen beobachtet.

Die ausgesprochen häufig auftretenden Verrucae vulgares kommen bei Gesunden als einzelne oder gruppierte, hautfarbene Papeln mit irregulärer und schuppender Oberfläche vor (Abb. [1]). Sie zeigen innerhalb von 2 Jahren in 65-78 % [57] der betroffenen, immunkompetenten Kinder eine Spontanheilung, so dass in vielen Fällen zunächst eine abwartende Haltung unter klinischer Überwachung gerechtfertigt ist („active nonintervention”). Bei Patienten mit lang anhaltender Immundefizienz, wie z. B. Kindern mit Akuter Lymphatischer Leukämie (ALL) in der Erhaltungstherapie, treten Verrucae vulgares gehäuft auf und es kann sich ein großflächiger Hautbefall mit Plaque-artigen Wucherungen entwickeln, die in der Regel keine spontane Regression erwarten lassen [21]. Bei pädiatrischen Patienten mit hämatologisch-onkologischen Erkrankungen sollte daher nicht zuletzt aus prophylaktischen Gründen eine Therapie auch isolierter Verrucae vulgares erwogen werden.

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Abb. 1 Verruca vulgaris.

Therapie: Zunächst erfolgt über 2 Tage eine Keratolyse mit topischer Applikation von Salicylsäure (z. B. Guttaplast®-Pflaster), die streng auf den Bereich kutaner Warzen beschränkt ist. Die mazerierte Hornschicht wird anschließend mechanisch entfernt. Anschließend sollte über 16 Wochen eine Lokalbehandlung mit Salizylsäure in Kombination mit dem Pyrimidinantagonisten 5-Fluorouracil (z. B. Verrumal®) (2 ×/d) durchgeführt werden. Ein Therapieerfolg ist frühestens nach 6 Wochen zu erwarten [21] [30] [57]. In den Händen Erfahrener hat auch die Kryotherapie mit flüssigem Stickstoff in Einzelfällen noch eine Bedeutung. Ein weiteres, alternatives Therapieprinzip besteht in der Anwendung des Immunmodulators Imiquimod (Aldara®-5 %-Creme), der nach topischer Applikation (3-5-mal pro Woche über insgesamt 2 bis 3 Monate) in Keratinozyten die Synthese antiviraler Zytokine (Interferon α, Interleukin-6, Interleukin-8 u. a.) induziert. Allerdings ist diese vergleichsweise kostenintensive Therapieform aktuell nur zur Behandlung adulter Patienten mit anogenitalen Warzen zugelassen, so dass sie erst nach entsprechender Aufklärung des Patienten bzw. seiner Eltern durchgeführt werden sollte. Ein „off-label”-Einsatz von Imiquimod zur Therapie kutaner Warzen ist jedoch auch im Kindes- und Jugendalter möglich, wenn mit den o. g. etablierten Behandlungsmethoden kein ausreichender therapeutischer Effekt erzielt werden kann. Entsprechende klinische Untersuchungen an pädiatrischen Patienten liegen in Form von Fallserien (n ≤ 20 Patienten) sowie Kasuistiken vor [1] [5] [66] Doppelblind-randomisierte Studien zur Anwendung von Imiquimod bei pädiatrischen Patienten wurden bislang jedoch nicht publiziert [22].

Verrucae planae juveniles imponieren klinisch als flache, rundlich-ovale, hautfarbene oder gelblich-gerötete Papeln und kommen häufig im Gesichtsbereich, aber auch an den Handgelenken und Unterarmen vor (Abb. [2]). Sie zeigen ebenfalls eine häufige Spontanregredienz, bei Persistenz ist der Einsatz von Isotretionin (z. B. Isotrex®-Creme 0,05 %) indiziert.

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Abb. 2 Verrucae planae juveniles.

Condylomata acuminata (Feigwarzen) treten im Bereich der anogenitalen Schleimhäute auf und können bei immunsupprimierten Patienten groteske Ausmaße erreichen, während bei gesunden Individuen wiederum eine hohe Rate an Spontanheilungen beobachtet wird [1]. Seit kurzem wird zur Behandlung der Feigwarzen vorwiegend adulter Patienten in erster Linie Imiquimod (s. o.) eingesetzt. Die früher übliche Therapie mit Podophyllotoxin (z. B. Wartec-Creme 0,15 %), einem topischen Inhibitor der Mitose infizierter Zellen, gilt heute aufgrund potenziell gravierender Nebenwirkungen (lokale Reizung, systemische Toxizität, potenziell karzinogene Metaboliten) als obsolet.

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Herpes-simplex-Virus (HSV)

Die Gruppe humanpathogener Herpes-simplex-Viren umfasst die Subtypen HSV 1 und HSV 2, die mit einem breiten Spektrum kutaner und extrakutaner Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter assoziiert sind [66]. Obwohl beide Subtypen prinzipiell in nahezu jeder Lokalisation Beschwerden hervorrufen können, führen Infektionen mit dem überwiegend sexuell übertragenen HSV 2 postpubertär deutlich häufiger zu urogenitalen Symptomen, während sich HSV-1-Infektionen in der Regel oberhalb der Gürtellinie manifestieren und somit im Kindesalter überwiegen [5].

Die Erstinfektion mit HSV 1 findet zu einem hohen Prozentsatz im frühen Kindesalter statt und verläuft zumeist klinisch inapparent. Dennoch zeigen ansonsten gesunde Kleinkinder nicht selten das charakteristische Bild einer Gingivostomatitis herpetica mit Fieber, Nahrungsverweigerung, Hypersalivation und aphthoiden Läsionen [53]. Bei pädiatrisch-onkologischen Patienten stellt diese Form der HSV-1-Primärinfektion eine wichtige Differenzialdiagnose der chemotherapie-assoziierten, zytotoxischen Mukositis dar, die nach Behandlung mit stark mukosa-toxischen Chemotherapeutika wie z. B. Methotrexat oder Doxorubicin beobachtet wird. Beide Krankheitsbilder können in dieser Patientengruppe mit tiefen Schleimhautulzerationen und stärksten Schmerzen einhergehen (Abb. [3]), so dass eine Unterscheidung nur mittels entsprechender mikrobiologischer Untersuchungen (Virusisolierung, Polymerase-Kettenreaktion) gelingen kann. Bei Nachweis einer HSV-Infektion muss neben einer adäquaten Lokaltherapie und Analgesie unverzüglich die intravenöse Behandlung mit dem Nukleosidanalogon Aciclovir eingeleitet werden (3 × 10 mg/kg Körpergewicht täglich) [25].

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Abb. 3 Gingivostomatitis herpetica.

Die Reaktivierung latenter Herpes-simplex-Viren stellt die häufigste durch Viren bedingte Komplikation bei Patienten mit profunder Immunsuppression dar und führt neben systemischen Symptomen sowie chronisch-erosiven Hautläsionen zusätzlich zu einer Aggravation der Zytostatika-bedingten Mukositis [69]. So konnten Walter et al. in einer Untersuchung an Erwachsenen nach Stammzelltransplantation (SZT) zeigen, dass schwerwiegende Mukositiden in nahezu 50 % der Fälle mit einer Ausscheidung von HSV im Speichel der Patienten („virus shedding”) assoziiert waren und sich unter virostatischer Therapie mit Aciclovir signifikant besserten [67]. Auch in einer pädiatrische Studie, die 19 Patienten unter Chemo- bzw. Radiotherapie einschloss, wurde in 1/3 der untersuchten Mundschleimhaut-Abstriche HSV nachgewiesen [59]. Allerdings liegen kontrollierte Studien zu diesem zentralen Thema der pädiatrischen Onkologie überraschenderweise nicht vor [19].

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Varizella-zoster-Virus (VZV)

Varizella-zoster-Viren sind ubiquitäre und hoch kontagiöse humane Herpesviren, die bis zum 14. Lebensjahr ca. 90-95 % aller Kinder infiziert haben. Bei immunkompetenten Individuen manifestiert sich die VZV-Erstinfektion nach einer Inkubationszeit von ca. 14 Tagen mit einem vesikulären, pruriginösen Exanthem unter Beteiligung des Capillitiums und der oralen Mukosa. Die Varizellen werden häufig hinsichtlich ihrer Komplikationsträchtigkeit (bakterielle Superinfektionen, neurologische Komplikationen, Pneumonien) unterschätzt. Bei Kindern mit hämatologisch-onkologischen Erkrankungen besteht insbesondere nach Stammzelltransplantation eine stark erhöhte Varizellen-assoziierte Morbidität, die mit potenziell lebensbedrohenden Komplikationen (u. a. Varizellen-Pneumonie, Enzephalitis) einhergeht. Immundefiziente Patienten zeigen hierbei protrahierte kutane Krankheitsverläufe, die sich durch rezidivierende Schübe neuer Effloreszenzen und anhaltend hohes Fieber auszeichnen. Zusätzlich ist das primäre Auftreten großflächiger hämorrhagischer Läsionen sowie ausgedehnter Schleimhauterosionen möglich (Abb. [4]), so dass analog zu den HSV-Infektionen stets die intravenöse antivirale Therapie mit Aciclovir indiziert ist [13] [40]. Differenzialdiagnostisch muss bei Fieberpersistenz und Auftreten indurierter, druckdolenter Hautläsionen ebenfalls an eine bakterielle Superinfektion gedacht werden, die bei kutanen Varizellen typischerweise durch beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A sowie durch Staphylococcus aureus hervorgerufen wird und mit dem Risiko einer nekrotisierenden Fasziitis (s. u.) verbunden ist [71].

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Abb. 4 Schleimhautläsionen bei Varizellen.

Die VZV-Reaktivierung in Form des Herpes zoster geht klinisch mit meist einseitigen, gruppierten und stark pruriginösen Vesikeln auf erythematösem Grund einher, welche bandförmig dem Verlauf eines Dermatoms (z. B. Zoster ophthalmicus, Zoster oticus) folgen und im Kindesalter in seltenen Fällen mit Neuralgien assoziiert sein können. Im Gegensatz zu immunologisch gesunden Patienten kommt es bei immunsupprimierten Individuen gehäuft zu einer sekundären Generalisierung varizelliformer Effloreszenzen, die bei fehlenden anamnestischen Hinweisen klinisch nicht von primären Varizellen zu unterscheiden sind. Die virustatische Behandlung erfolgt wiederum systemisch mit Aciclovir in hoher Dosierung und sollte möglichst frühzeitig nach dem Auftreten erster Effloreszenzen begonnen werden [52].

Eine ausführliche Darstellung zur differenzierten Diagnostik und systemischen Therapie von Herpesvirus-Erkrankungen bei pädiatrisch-onkologischen Patienten findet sich in einem weiteren Beitrag dieses Sonderheftes.

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Mollusca-contagiosa-Virus (MCV)

Mollusca contagiosa (Synonym: Dellwarzen) werden durch das Mollusca-contagiosa-Virus hervorgerufen, das als epidermotropes DNA-Virus der Pockenvirus-Gruppe in vier Subtypen (MCV I bis IV) vorkommt. Dellwarzen treten bevorzugt im Kindesalter auf und imponieren bei immunologisch unbeeinträchtigten Patienten dieser Altersgruppe als meist isoliert stehende, aber auch gruppiert vorkommende, zentral genabelte Papeln mit einem Durchmesser von bis zu 10 mm [33]. Aus Untersuchungen an HIV-Erkrankten ist bekannt, dass Patienten mit zellulärer Immunschwäche atypische Hautmanifestationen in Form eines disseminierten Befalles sowie chronisch-rezidivierender Mollusca contagiosa zeigen können [34]. Ähnliche Untersuchungen unter Einschluss pädiatrisch-onkologischer Patienten wurden bisher nicht publiziert, auch wenn Einzelfallberichte auf potenzielle Komplikationen der MCV-Infektion bei hämatologisch-onkologischen Patienten hinweisen [8] [49].

Neben der mechanischen Dellwarzen-Entfernung mittels Kurettage in Lokalanästhesie stehen verschiedene konservative Lokaltherapien zur Verfügung, denen eine irritative Wirkung mit konsekutiver Stimulation des wirtseigenen Immunsystems gemeinsam ist [30]. Außer etablierten Externa wie z. B. Tretionin (Isotrex-Gel 0,05 %) oder 10 %iger KOH-Lösung stellt Imiquimod auch hier einen neuartigen Therapieansatz dar [3]. Zusätzlich wird von immunsupprimierten Kindern mit nicht-onkologischen Grunderkrankungen (HIV-Infektion, Wiskott-Aldrich-Syndrom) berichtet, bei denen das azyklische Zytosinanalogon Cidofovir erfolgreich in der topischen Behandlung der Mollusca contagiosa eingesetzt wurde [10] [60].

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Bakterielle Infektionen

Die grampositiven Keime Staphylococcus aureus und Streptococcus pyogenes rufen als hauptsächliche Erreger bakterieller Hautinfektionen im Kindes- und Jugendalter charakteristische mukokutane Krankheitsbilder hervor [24]. Exakte Angaben zu ihrer Inzidenz bei pädiatrisch-onkologischen Patienten fehlen, obwohl systemische Infektionen mit diesen Krankheitserregern (Bakteriämie, Sepsis) bei Kindern mit Immundefizienz Gegenstand kontrollierter Untersuchungen sind [39]. Gerade bei Granulozytopenie bilden bakterielle Hautinfektionen jedoch den Ausgangspunkt septischer Krankheitsverläufe oder weisen im Sinne „infektiöser Metastasen” auf das Vorliegen einer Sepsis hin, so dass ihre frühzeitigen Erkennung und antibiotische Therapie eine entscheidende Rolle spielen. In den folgenden Abschnitten soll daher kurz eine Auswahl häufiger kutaner und subkutaner Infektionen mit Staph. aureus und Strep. pyogenes, assoziierter toxin-vermittelter Erkrankungen sowie wichtiger Differenzialdiagnosen besprochen werden.

Die Impetigo contagiosa wird als die häufigste infektiöse Hauterkrankung des Kindesalters betrachtet und in ca. 80 % der Fälle allein durch Staph. aureus, in ca. 5 % durch Strep. pyogenes sowie in ca. 15 % durch Mischinfektionen beider Erreger verursacht [62]. Die überwiegende klinische Variante der nicht-bullösen Impetigo (70 %) zeigt sich initial in Form kleiner gruppierter Vesikel oder Pusteln, die sich im weiteren Verlauf zu charakteristischen honiggelben Krusten auf erythematösem Grund entwickeln (Abb. [5]). Systemische Entzündungszeichen fehlen zumeist, allerdings zeigen bis zu 90 % betroffener Kinder eine regionale Lymphadenopathie [28]. Die bullöse Impetigo contagiosa wird ausschließlich durch Staphylokokken-Stämme verursacht, die das epidermolytische Exfoliatin, eine Serin-Protease, synthetisieren. Dieses bakterielle Enzym führt zu epidermalen Spaltbildungen, indem es interzelluläre Adhäsionsmoleküle (Desmoglein I) beeinträchtigt. Klinisch kommt es zum Auftreten einzelner schlaffer Bullae mit mildem Begleiterythem, die leicht rupturieren und ohne Narbenbildung abheilen. Als Maximalvariante dieser durch Exfoliatin induzierten Epidermolyse können v. a. Säuglinge und Kleinkinder das sog. Staphylococcal Scalded Skin Syndrome (Synonyme: SSSS, Dermatitis exfoliativa) entwickeln, das mit ausgeprägten Desquamationen auf erythrodermer Haut einhergeht und klinisch großflächigen Verbrühungen ähnelt (engl.: scald = Verbrühung) [50].

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Abb. 5 Impetigo contagiosa: typische honiggelbe Krusten.

Die antimikrobielle Therapie der Impetigo contagiosa sollte bei Patienten mit Immundefizienz vorzugsweise systemisch mit einem Staphylokokken- und Streptokokken-wirksamen Präparat (z. B. Cefuroxim, Cefotiam) durchgeführt werden. Zur topischen Behandlung kleinerer impetiginisierter Areale können zusätzlich Antiseptika (z. B. Methylrosanilin 0,1-0,3 %, Chlorhexidin 0,5-2 %) eingesetzt werden, während die Dermatitis exfoliativa in Analogie zu großflächigen Verbrühungen einer intensivmedizinischen Überwachung und Therapie bedarf [25].

Differenzialdiagnostisch muss das nicht-infektiöse Stevens-Johnson-Syndrom (SJS, Synonym: nicht-staphylogenes Lyell-Syndrom) abgegrenzt werden, das in seiner schwersten Ausprägung mit einer Beteiligung > 30 % Körperoberfläche auch als Toxische Epidermale Nekrolyse (TEN) bezeichnet wird (Abb. [6]). SJS und TEN können in Form einer gravierenden mukokutanen Intoleranzreaktion nach Applikation unterschiedlicher Medikamente auftreten. Als potenzielle pharmakologische Auslöser wurden auch Chemotherapeutika beschrieben, die in der pädiatrischen Onkologie regelmäßig eingesetzt werden. Allopurinol ist ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten eines SJS bzw. einer TEN assoziiert [29] [47] [70].

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Abb. 6 Toxische epidermale Nekrolyse.

Das auch im Kindesalter hauptsächlich bei abwehrgeschwächten Patienten sowie unter schlechten hygienischen Bedingungen auftretende Ecthyma simplex wird im Gegensatz zur Impetigo contagiosa vorwiegend durch Strep. pyogenes hervorgerufen und imponiert klinisch als umschriebene rundliche Ulzeration mit erythematösem Randsaum. Die Behandlung erfolgt systemisch antibiotisch und schließt eine adäquate dermatochirurgische Wundversorgung ein, die allerdings eine narbige Abheilung der erosiven Läsionen häufig nicht verhindern kann [27] [28].

Aus therapeutischer Sicht ist die differenzialdiagnostische Unterscheidung dieser streptogenen Dermatose von einer für immunsupprimierte Patienten charakteristischen Hauterkrankung, dem Ecthyma gangraenosum, entscheidend. Das Ecthyma gangraenosum tritt als kutane Manifestation einer Pseudomonas-aeruginosa-Sepsis bei schwer kranken, granulozytopenischen Kindern auf und imponiert initial als bläulich-livider Knoten mit hämorrhagischem Zentrum, der im Verlauf zentrale, scharf begrenzte Ulzerationen zeigt und von einem erhabenen Randwall umgeben ist. Nach Gewinnung einer Blutkultur und mikrobiologischer Abstriche muss umgehend eine Pseudomonas-wirksame Antibiotikatherapie der septikämischen Grunderkrankung eingeleitet werden (z. B. Ceftazidim plus Tobramycin); der Allgemeinzustand der Patienten macht häufig eine intensivmedizinische Betreuung erforderlich [56].

Neben den o. g. oberflächlichen Hautinfektionen müssen tiefe Weichteilinfektionen durch Staph. aureus und Strep. pneumoniae insbesondere bei Auftreten von Fieber und anderen Allgemeinsymptomen in Betracht gezogen werden.

Das Erysipel wird in über 80 % der Fälle durch eine Strep.-pyogenes-Infektion der oberen Dermis hervorgerufen. Nach einem fieberhaften Prodromalstadium bildet sich bei betroffenen Kindern innerhalb von 24 bis 48 Stunden ein scharf begrenztes, induriertes und druckdolentes Erythem (Abb. [7]), das mit einer Vergrößerung regionärer Lymphknoten und allgemeiner Abgeschlagenheit einhergeht. Im Verlauf kann das Erythem zentrale Einblutungen in Form von Petechien, hämorrhagischen Bullae oder Ekkchymosen aufweisen, postinflammatorisch bleibt nicht selten eine Hyperpigmentierung vormals erythematöser Areale zurück. Penicillin G oder ein beta-Lactamase resistentes Alternativpräparat (z. B. Amoxicillin plus Clavulansäure; Sultamicillin) werden zur parenteralen Behandlung des Erysipels empfohlen [28].

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Abb. 7 Erysipel.

Bei der Phlegmone kommt es zu einer Infektion der basalen Dermis oder subkutaner Strukturen, so dass das resultierende Erythem in der klinischen Untersuchung unscharf begrenzt erscheint und mit einem Ödem sowie Überwärmung und Druckschmerz assoziiert ist. Die Komplikationsrate dieser tieferreichenden Entzündungsreaktion ist im Vergleich zu der des Erysipels erhöht und es werden nicht selten sekundäre subkutane Abszesse, Bakteriämien oder hämatogene Osteomyelitiden beobachtet. Die intravenöse Antibiotikatherapie muss das Spektrum der häufigsten auslösenden Erreger (Strep. pyogenes, Staph. aureus, Haemophilus influenzae) erfassen, aktuell wird daher der Einsatz von Amoxicillin in Kombination mit Clavulansäure (bzw. Sultamicillin) oder alternativ Clindamycin empfohlen [27].

Die nekrotisierende Fasziitis ist als Maximalvariante einer destruierenden Weichteilinfektion gefürchtet, da sie rasch progredient verläuft und mit einer Letalität von bis zu 60 % assoziiert ist. Sie wird häufig durch Mischinfektionen hervorgerufen (im Durchschnitt werden 4 Erreger isoliert) und vorwiegend bei immundefizienten Individuen sowie Patienten mit beeinträchtigter Hautbarrierefunktion (z. B. bei Varizellen, Diabetes mellitus, Verbrennungen) beobachtet. Auch hämatologisch-onkologisch betreute Kinder sind von dieser Erkrankung betroffen [12] [35], jedoch liegen Ergebnisse prospektiver und multizentrischer Untersuchungen zu Inzidenz, Krankheitsverlauf und Prognose in dieser spezifischen Patientengruppe nicht vor. Klinisch ähneln die kutanen Initialsymptome einer Weichteilphlegmone, obwohl bereits zu Beginn die charakteristische Diskrepanz zwischen relativ geringgradig ausgeprägten Hauterscheinungen einerseits und stärkstem Berührungsschmerz andererseits auffällt. Innerhalb von 12 bis 24 Stunden entwickeln sich dann hämorrhagische, bullöse und bläulich-livide bis schwarze Hautnekrosen, die mit einer gangränösen Fasziitis und Myositis einhergehen (Abb. [8]). Betroffene Patienten befinden sich stets in einem stark reduzierten Allgemeinzustand mit hohem Fieber, körperlicher Erschöpfung und arterieller Hypotension, der rasch in ein Multiorganversagen übergehen kann. Bei geringstem Verdacht auf das Vorliegen einer nekrotisierenden Fasziitis muss daher unverzüglich eine spezifische Diagnostik eingeleitet werden: Zur Bildgebung ist eine MRT indiziert. Wenn sich dadurch der Verdacht auf eine Nekrotisierende Fasziitis erhärtet, ist eine umgehende Faszienspaltung indiziert; während des Eingriffes sollten unbedingt bakteriologische Abstriche (einschließlich Anaerobier-Diagnostik) entnommen und zusätzlich vor Beginn der antibiotischen Behandlung Blutkulturen gewonnen werden [27] [55].

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Abb. 8 Nekrotisierende Fasziitis.

Das hohe Risiko fataler Komplikationen erfordert in allen Altersstufen eine effiziente, interdisziplinäre Behandlung. Schnellstmöglich muss mit der antibiotischen Therapie begonnen werden, die gemäß aktueller Empfehlungen [27] aus einem Benzyl-Penicillin in Kombination mit Clindamycin bestehen sollte. Zusätzlich können intravenös polyklonale Immunglobulin-Präparate eingesetzt werden, deren immunmodulatorische Wirkung auf einer weitgehenden Neutralisierung bakterieller Superantigene mit konsekutiv erniedrigten Plasmaspiegeln von Interleukin-6 und Tumornekrosefaktor α beruhen soll; kontrollierte Studien liegen zu dieser Fragestellung nicht vor. Bei stark verschmutzten fistulierenden Wunden kommt auch der Einsatz der hyperbaren Oxygenierung infrage [27] [46].

Nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM, Synonyme: atypische Mykobakterien, mycobacteria other than tuberculosis [MOTT]) werden im Gegensatz zu M. tuberculosis nicht durch Mensch-zu-Mensch-Kontakt übertragen, sondern sind ubiquitär in Erde, Wasser, gelegentlich in unpasteurisierter Milch und anderen avitalen Vektoren nachzuweisen. Kutane Infektionen mit NTM treten bei Kindern und Jugendlichen gehäuft im Rahmen von primären und sekundären Immundefekten auf und haben analog zur Inzidenz dieser Immundefekte in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich an Häufigkeit zugenommen [9]. Auch bei pädiatrischen Patienten unter antineoplastischer Chemotherapie und Erwachsenen nach Stammzelltransplantation wurde ein z. T. stark erhöhtes Risiko für systemische NTM-Infektionen berichtet, aber präzise epidemiologische Daten unter Berücksichtigung hämatologisch-onkologischer Erkrankungen in der Pädiatrie finden sich nicht [11] [41] [58].

Im Kindesalter ist M. marinum der häufigste Erreger kutaner NTM-Infektionen, die klinisch in Form solitärer, livider Knoten mit zentralen Ulzera auftreten und ohne spezifische Therapie nach Jahren narbig abheilen (Abb. [9]). Diese Läsionen werden auch als „Swimmingpool-Granulome” bezeichnet, da M. marinum vorwiegend in warmen Gewässern und Schwimmbädern akquiriert wird; sie kommen allerdings auch bei Aquariumhaltern (im Bereich der Immersionsflächen der Arme) vor. Im Gegensatz hierzu führen M. avium und M. intracellulare als Vertreter des sog. Mykobakterium-avium-Complex (MAC) in erster Linie bei AIDS-Erkrankten zu makulopapulösen und ulzerierenden Hauteffloreszenzen, die in der Regel gemeinsam mit Symptomen einer bronchopulmonalen Infektion auftreten [43].

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Abb. 9 Schwimmbadgranulom.

Evidenzbasierte Therapierichtlinien zur antimikrobiellen Therapie kutaner NTM-Infektionen bei granulozytopenischen Patienten oder Patienten nach Stammzelltransplantation existieren nicht, so dass die medikamentöse Behandlung im Individualfall gemäß isoliertem Erreger, Antibiogramm und zugrunde liegender Systemerkrankung ausgewählt werden muss. Generell wird eine Kombinationstherapie mit Antibiotika unterschiedlicher Wirkstoffgruppen empfohlen, zu denen Makrolide (z. B. Klarithromycin, Azithromycin), Gyrasehemmer (z. B. Ciprofloxacin), Rifampicin (oder Ribabutin/Clofazimin) und Ethambutol gehören. Die Dauer der antibiotischen Therapie richtet sich nach dem Therapieerfolg und dem Ergebnis mikrobiologischer Kontrolluntersuchungen, sie sollte jedoch initial über 4 bis 6 Monate fortgeführt werden [43].

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Pilzinfektionen

Die humanpathogenen Pilzen werden in drei Hauptgruppen - Dermatophyten, Hefepilze und Schimmelpilze - unterteilt. Sie kommen ubiquitär vor und können eine Vielzahl charakteristischer Krankheitsbilder hervorrufen, die mit kutanen sowie extrakutanen Symptomen einhergehen können [31] [54]. Kinder und Jugendliche mit neoplastischer Grunderkrankung und Immundefizienz sind in besonderem Maße durch kutane Pilzinfektionen gefährdet, so dass deren Prävention in der täglichen Praxis eine vitale Bedeutung zukommt. Dementsprechend sind aktuelle Leitlinien zur antimykotischen Chemoprophylaxe im Kindesalter publiziert worden, die das typische Erregerspektrum, altersspezifische pharmakologische Besonderheiten sowie den kompromittierten Immunstatus betroffener Patienten berücksichtigen [20]. Im Folgenden sollen klinisch relevante, nicht-invasive Dermatomykosen mit Aspergillus spp. und Candida spp. dargestellt werden, die bei Patienten der pädiatrischen Hämato-Onkologie gehäuft zu beobachten sind.

Schimmelpilze der Gattung Aspergillus sind in der Natur weit verbreitet. Sie infizieren als ausschließlich opportunistische Krankheitserreger bevorzugt granulozytopenische Patienten oder Patienten mit gestörter Granulozytenfunktion (z. B. Septische Granulomatose). Primär kutane Aspergillosen entstehen zu über 85 % durch Inokulation an vorgeschädigter Haut (z. B. Kathetertunnel) oder unter Okklusionsverbänden (z. B. Pflastermaterial zur Katheterfixierung), während sekundäre Aspergillosen im Rahmen einer Fungämie als kutane Streuherde auftreten können. Das Spektrum der am häufigsten isolierten Subspezies umfasst in erster Linie Aspergillus (A.) flavus, A. niger und A. fumigatus, obwohl über 20 Aspergillus-Arten als Auslöser menschlicher Erkrankungen bekannt sind [17].

Klinisch zeigen initiale Hautläsionen ein ausgesprochen polymorphes Bild, das aus erythematösen Maculae, Papulopusteln oder indurierten Knoten bestehen kann (Abb. [10]). Im Verlauf formieren sich Plaque-artige Veränderungen mit zentralen hämorrhagischen Bullae, die terminal in nekrotische Ulzera übergehen. Diese sind bei granulozytopenischen Patienten von den o. g. ulzerierenden Hautinfektionen mit Pseudomonas aeruginosa (Ekthyma gangraenosum), Streptococcus pyogenes (Ekthyma simplex), atypischen Mykobakterien oder Herpes-simplex-Virus klinisch nur schwer zu unterscheiden. Neben der obligaten Entnahme mykologischer Abstriche ist bei unklaren Hautveränderungen eine Hautbiopsie zur Diagnosesicherung und Gewinnung mykologischen (PAS-Färbung, Pilzkultur) und virologischen (HSV-PCR) Untersuchungsmaterials sinnvoll [42] [65].

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Abb. 10 Kutane Aspergillusinfektion.

Im Falle einer Aspergillus-Infektion muss bei zugrunde liegender Immundefizienz systemisch mit z. B. Amphotericin B (AmBisome®), therapiert werden. Als Therapiealternative kann das gegen Aspergillus spp. gut wirksame Itraconazol (Sempera®) eingesetzt werden, das allerdings aktuell nicht zur Behandlung von Kindern zugelassen ist [65]. Voriconazol (VFEND®), ein Azol-Antimykotikum der 2. Generation, und Caspofungin (CANCIDAS®), ein Wirkstoff der Echinocandin-Gruppe, haben sich in ersten Studien ebenfalls als effiziente Antimykotika erwiesen [38] [67].

Hefepilze der Gattung Candida (C.) besiedeln als transiente Kommensalen in geringer Zahl den Gastrointestinaltrakt sowie die Haut und die Schleimhäute gesunder Individuen. Gleichzeitig gehören sie zu den häufigsten Erregern nosokomialer Infektionen und sind bei immunsupprimierten Patienten als Auslöser fungämischer Krankheitsverläufe mit hoher Mortalität gefürchtet [17]. In über 50 % dieser systemischen Candidosen wird C. albicans nachgewiesen, obwohl gerade bei onkologischen Patienten auch andere Candida spp. (z. B. C. glabatra, C. tropicalis, C. parapsilosis, C. krusei) als humanpathogene Organismen auftreten und aufgrund ihrer möglichen Resistenz gegenüber konventionellen Antimykotika (insbesondere Fluconazol) klinische Relevanz erlangt haben [61]. Das klinische Spektrum der Candidosen ist vielfältig und reicht von der akuten Candida-Sepsis über invasive Infektionen einzelner Organe bis hin zur isolierten oropharyngealen Mukositis, die im Rahmen dieser Übersicht kurz dargestellt werden soll.

Bei bis zu 70 % der Kinder, die von Leukämien oder malignen Lymphomen betroffen sind, findet sich eine oropharyngeale Kolonisation mit C. albicans [18]. Unter lang anhaltender Antibiotika-Prophylaxe mit Störung der physiologischen Bakterienflora, immunsuppressiver Therapie mit Kortikosteroiden oder stomatotoxischer Chemotherapie kann es bei diesen Patienten zu einer vorwiegend endogenen Infektion durch C. albicans kommen. Sie manifestiert sich klinisch als akute Mukositis, die mit „pseudomembranösen” weißlichen Belägen im gesamten Oropharynx, schmerzhaften mukokutanen Ulzera, Schleimhautblutungen und Nahrungsverweigerung einhergeht. Diese oropharyngeale Candidiasis stellt eine weitere wichtige Differenzialdiagnose akuter Mukositiden bei granulozytopenischen Kindern dar und muss mittels adäquater mykologischer Untersuchungen von anderen Erkrankungen differenziert werden. Hierzu sollten Abstriche aus unterschiedlichen Regionen der Mundhöhle gewonnen und nativmikroskopisch sowie kulturell untersucht werden, um im Falle eines Candida-Nachweises die Differenzierung der jeweiligen Subspezies zu ermöglichen.

Die topische Therapie der Candida-Mukositis kann mit dem Polyen Nystatin (z. B. Moronal®, MYKUNDEX®) oder alternativ mit Azolderivaten wie Clotrimazol (Canesten®) oder Miconazol (z. B. Daktar®) begonnen werden. Zusätzlich ist eine Lokalbehandlung erosiver Schleimhautareale mit Methylrosanilin (= Kristallviolett, 0,1 %) sinnvoll [26]. In der Regel sollten granulozytopenische Patienten jedoch zusätzlich systemisch behandelt werden, um der Gefahr einer Candidämie vorzubeugen. Hierzu können Amphotericin B in Kombination mit 5-Flucytosin (ANCOTIL®), liposomales Amphotericin B (AmBisome®) oder Fluconazol (Diflucan®) eingesetzt werden [63]. Voriconazol und Caspofungin (s. o.) sind auch zur Behandlung systemischer Candidosen erfolgreich eingesetzt worden [26].

Differenzierte Therapieprotokolle zur Behandlung der hier angesprochenen Pilzinfektionen finden sich in den entsprechenden Empfehlungen des Arbeitskreises „Infektionen bei Granulozytopenie”, die an anderer Stelle in diesem Sonderheft veröffentlicht sind.

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Professor Dr. med. Peter Höger

Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift

Liliencronstr. 130

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Telefon: 0 40/6 73 77/2 00

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Professor Dr. med. Peter Höger

Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift

Liliencronstr. 130

22149 Hamburg

Telefon: 0 40/6 73 77/2 00

Fax: 0 40/6 73 77/3 80

eMail: hoeger@kkh-wilhelmstift.de

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Abb. 1 Verruca vulgaris.

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Abb. 2 Verrucae planae juveniles.

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Abb. 3 Gingivostomatitis herpetica.

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Abb. 4 Schleimhautläsionen bei Varizellen.

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Abb. 5 Impetigo contagiosa: typische honiggelbe Krusten.

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Abb. 6 Toxische epidermale Nekrolyse.

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Abb. 7 Erysipel.

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Abb. 8 Nekrotisierende Fasziitis.

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Abb. 9 Schwimmbadgranulom.

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Abb. 10 Kutane Aspergillusinfektion.