Gesundheitswesen 2005; 67(4): 312-314
DOI: 10.1055/s-2005-858143
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Die Bedeutung des Faches „Medizinische Soziologie” für Lehre und Forschung an Medizinischen Fakultäten in Deutschland

The Importance of the Specialty “Medical Sociology” for Teaching and Research at University Medical Faculties in GermanyJ. Siegrist1 , O. Knesebeck2 , H. Pfaff3
  • 1Institut für Medizinische Soziologie, Heinrich-Heine Universität Düsseldorf
  • 2Institut für Medizin-Soziologie, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
  • 3Abteilung Medizinische Soziologie, Universität zu Köln
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Publication History

Publication Date:
26 April 2005 (online)

Definition und Aufgaben des Faches

Medizinische Soziologie ist neben der Medizinischen Psychologie ein eigenständiges sozialwissenschaftliches Grundlagenfach im Medizinstudium. Wie jede wissenschaftliche Disziplin verfügt die Medizinische Soziologie - als Teilgebiet der Allgemeinen Soziologie - über ein eigenständiges Fachwissen, d. h. eine spezifische Terminologie, deskriptives Wissen, theoretische Modelle zur Erklärung von Sachverhalten sowie spezifische Methoden (v. a. Methoden der empirischen Sozialforschung: quantitative und qualitative Befragungsmethoden, systematische und teilnehmende Beobachtung, sozialwissenschaftliches Experiment, Soziometrie). Aufgabe der Medizinischen Soziologie ist es, durch Gewinnung und Verbreitung von Erkenntnissen zu zwei wichtigen Problembereichen der Medizin Beiträge zu leisten: 1. zum Problembereich gesellschaftlicher Einflüsse auf Entstehung und Verlauf von Krankheiten sowie die Förderung von Gesundheit (Soziogenese-Forschung; sog. Soziologie in der Medizin); 2. zum Problembereich gesellschaftlicher Einflüsse auf die Struktur und Funktion des medizinischen Versorgungssystems, deren Inanspruchnahme durch Patienten sowie die Leistungserbringung durch seine Berufsgruppen (v. a. Ärzte) (sozialwissenschaftliche Versorgungsforschung; sog. Soziologie der Medizin) [1] [2].

Beide Problembereiche sind in den Gesundheitssystemen moderner Gesellschaften von hoher - und voraussichtlich weiter wachsender - Bedeutung. Zu ihrer erfolgreichen Bearbeitung sind belastbare Daten erforderlich. Diese Daten sind in vielen Fällen nicht aus der alltäglichen klinischen oder administrativen Arbeit verfügbar (sog. Sekundärdaten), sondern müssen durch Forschungsarbeit erzeugt werden (sog. Primärdaten). Die wichtigste Aufgabe der Medizinischen Soziologie besteht daher darin, durch Beiträge zur Grundlagenforschung und zur angewandten Forschung neue, relevante Informationen den in den verschiedenen Bereichen der Medizin Handelnden zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren kommt dem Fach die Aufgabe zu, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Lehre zu integrieren (s. u.) und, wo möglich, durch Beratungsleistungen zu deren Umsetzung beizutragen. Medizinische Soziologie ist daher eine universitäre Disziplin, die Forschungs-, Lehr- und Beratungsleistungen erbringt, ohne unmittelbar an der Patientenversorgung beteiligt zu sein.

Literatur

  • 1 Cockerham W C. Medical Sociology. 7th ed. Englewood Cliffs; Prentice Hall 1998
  • 2 Siegrist J. Medizinische Soziologie. Elsevier München; Urban & Fischer 2005 (in Druck)
  • 3 Berkman L F, Kawachi I  (Hrsg). Social Epidemiology. Oxford; Oxford University Press 2000
  • 4 Mackenbach J P, Bakker M  (Hrsg). Reducing Inequalities in Health. London; Routledge 2002
  • 5 Marmot M, Wilkinson R G (Hrsg). Social Determinants of Health. Oxford; Oxford University Press 1999
  • 6 Albrecht G, Fitzpatrick R, Scrimshaw S  (Hrsg). The Handbook of Social Studies in Health and Medicine. London; Sage Publications 2000
  • 7 Field D, Taylor S  (Hrsg). Sociological Perspectives on Health, Illness, and Health Care. 
  • 8 Scheibler F, Pfaff H  (Hrsg). Shared Decision-Making. Weinheim; Juventa 2003
  • 9 McKinlay J B, Ling L, Freund K. et al . The unexpected influence of physician attributes on clinical decisions: Results of an experiment.  J Health Soc Behav. 2002;  43 92-106
  • 10 Badura B, Siegrist J  (Hrsg). Evaluation im Gesundheitswesen. Weinheim; Juventa 1999

Dr. Univ.-Prof. Johannes Siegrist

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Medizinische Soziologie

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40001 Düsseldorf

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