Aktuelle Urol 2004; 35(4): 280-281
DOI: 10.1055/s-2004-832282
Klassische Arbeiten

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Urinary Diversion via a Continent Ileal Reservoir: Clinical Results in 12 Patients

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Publication Date:
31 August 2004 (online)

 
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Autoren: Kock NG, Nilson AE, Nilsson LO, Norlen LJ, Philipson BM

Zitat: J. Urol. 1982; 128: 469- 475

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Abstract

Basierend auf der Technik der kontinenten Ileostomie wird ein kontinentes großkapazitäres, katheterisierbares, kutanes Urinreservoir beschrieben, wobei zwei intussuszeptierte Nippel als Refluxschutz beziehungsweise als Kontinenzmechanismus dienen. Funktionelle Ergebnisse sowie frühe und späte Komplikationen von 12 Patienten werden geschildert.

Thematisch ähnliche Publikationen

  • Henriet MP, Neyra P, Elman B. Kock pouch procedures: Continuing experience and evolution in 135 patients. J Urol 1991; 145: 16-21

  • Lieskowsky G, Boyd SD, Skinner DG. Management of late complications of the Kock pouch form of urinary diversion. J Urol 1987; 137: 1146-1150

  • Shaaban AA, Mosbah A, El-bahnasawy MS, Madbouly K, Ghoneim MA. The urethral Kock Pouch: long-term functional and orthotopic results in men. BJU Int 2003; 92: 429-435

  • Skinner DG, Lieskowsky G, Boyd SD. Continent urinary diversion. J Urol 1989; 141: 1323-1329

  • Stein JP, Freeman JA, Esrig D, Elmajian DA, Tarter TH, Skinner EC, Boyd SD, Huffman JL, Lieskowsky G, Skinner DG. Complications of the afferent antireflux valve mechanism in the Kock ileal reservoir. J Urol 1996; 155: 1579-1584

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Hauptaussage der Arbeit

Für das kontinente Reservoir werden 70 cm Ileum ausgeschaltet, wobei die proximalen und terminalen 12-15 cm für die Bildung des afferenten und efferenten Nippels benutzt werden. Nach Resektion von 8 cm Mesenterium werden die Darmsegmente invaginiert und die entstandenen ca. 5 cm langen Intussuszeptionsnippel mit jeweils vier Staplerreihen gesichert. Zusätzlich werden die Nippel mit einem Marlexnetz gesichert, das zylinderförmig um die Nippelbasis platziert wird. Der verbliebene mittlere Ileumanteil von ca. 40 cm wird U-förmig konfiguriert und detubularisiert. Die enstandene Pouchplatte wird gefaltet und zu einem Reservoir vernäht. Die Harnleiter werden in der Nesbittechnik implantiert. Es resultiert ein großkapazitäres, kontinentes Urinreservoir, wobei das katheterisierbare Stoma unterhalb der Gürtellinie platziert wird.

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Warum dieser Artikel wichtig ist

In einem Herausgeberkommentar zur Publikation bezeichnete Goodwin 1982 den Kock Pouch als die erste kontinente kutane Harnableitung "...that can be called a real success". Kock setzte erfolgreich die Idee um, den Darm zu detubularisieren, um den intraluminären Druck im Reservoir zu senken. Durch die Rekonfiguration zu einem sphärischen Gebilde mit zwei Intussuszeptionsnippeln entstand ein katheterisierbares, großkapazitäres, kontinentes Urinreservoir mit Refluxschutz.

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Relevanz

Die erfolgreiche Umsetzung des Konzeptes einer kontinenten Harnableitung - entweder als katheterisierbares kutanes Reservoir oder als orthotope Harnableitung mit Anschluß an die Harnröhre - hatte einen erheblichen Einfluß auf eine erhöhte Patientenakzeptanz der radikalen Zystektomie beim invasiven Blasenkarzinom, was in verbesserten Heilungsraten resultierte.

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Stärken der Arbeit

Kock gelang die Konstruktion eines katheterisierbaren großkapazitären kontinenten Urinreservoirs. Bei 12 nachuntersuchten Patienten (Zeitraum 9-78 Monate) lag die Reservoirkapazität bei über 500 ml; der Pouch musste 3-6mal täglich mittels Selbstkatheterismus entleert werden (nachts nie). Eine Dilatation des oberen Harntraktes beziehungsweise Nierenfunktionsverschlechterung wurde nicht beobachtet. 7 der 12 Patienten hatten konstant negative Urinkulturen; die übrigen 5 zeigten eine asymptomatische Bakterurie.

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Schwächen der Arbeit

Die aufgetretenen Spätkomplikationen waren alle durch Probleme im Bereich der afferenten und efferenten Nippel bedingt. 7 der 12 Patienten mussten wegen einer Fehlfunktion des Kontinenzmechanismus reoperiert werden, zwei dieser Patienten zweimal, bevor eine zufriedenstellende Kontinenz erreicht war. Bei 3 dieser 7 Patienten musste zusätzlich der afferente Nippel wegen Nippelgleiten oder Stenose korrigiert werden

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Kommentar

Die häufigsten Varianten des Kock Pouches sind der beschriebene heterotope, katheterisierbare, kutane Kock Pouch und der orthotope sogenannte HemiKock mit Anschluß an dien Urethra 8Shaban et al). Ursprünglich als kontinente Ileostomie in der Dickdarmchirurgie kreiert, wurde der Kock Pouch als Urinreservoir Anfang der achtziger Jahre durch Skinner populär, der durch verschiedene Veränderungen die in aller Regel nippelassoziierten Komplikationsraten minimierte. Die Achillesfersen des originalen Kock Pouches waren die in das Reservoir invaginierten afferenten und efferenten Ileumsegmente zur Prävention eines Reflux in den oberen Harntrakt beziehungsweise als Kontinenzmechanismus. Die Resektion des Mesenteriums und die Verwendung von Marlex-Netzen und Metallstaplern zur Sicherung der Invagination resultierten in späteren Problemen wie Nippelstenosen mit Harnstau und Katheterisierungsproblemen, Nippelgleiten, Erosion und Steinbildung. Technische Verbesserungen wie die Verkürzung des mesenterialen Fensters zur Vermeidung einer Nippelischämie, der Verzicht auf Marlex-Schlingen, die Anwendung von modifizierten Staplermagazinen, der Einsatz von drei statt vier Staperreihen beziehungsweise eine ungestapelte Nippelfixation in der Technik von King resultierten in einer Reduktion der Komplikationsraten (Lieskowsky et al; Skinner et al; Stein et al). Eine weitere Verbesserung des klassischen kutanen Kock Pouches wurde von Henriet beschrieben, der das afferente isoperistaltische Ileumsegment für den Kontinenzmechanismus benutzte (die Harnleiter wurden in der LeDuc Technik implantiert). Dies und die Anlage des Stomas im Nabelbereich führten zu einer Reduktion der Spätkomplikationen von 26 auf 7 Prozent (Henriet et al).

Seit der Veröffentlichung von Kock 1982 wurden viele Modifikationen des klassischen Kock Pouches und Innovationen publiziert. Die Harnleiterimplantation mittels submukösem Tunnel ist ein etabliertes alternatives Standardverfahren zur Vermeidung eines Reflux. Die Verwendung der Appendix oder von getapertem Ileum nach dem Mitrofanoff-Prinzip beziehungsweise die Nutzung der Ileozökalklappe sind bevorzugte Techniken zur Konstruktion des Kontinenzmechanismus bei der kutanen Harnableitung. Eine orthotope Harnablei- tung mit Anschluß an die Harnröhre erscheint schließlich für die Mehrheit der Patienten attraktiver als ein Stoma oder die Notwendigkeit zum Selbstkatheterismus. Nahezu jeder Darmabschnitt wurde seither zur Bildung einer kontinenten heterotopen oder orthotopen Harnableitung benutzt. Alle publizierten Techniken beruhen allerdings auf dem Kock` schen Prinzip der Detubularisierung und Rekonfiguration zu einem großkapazitären Reservoir.

Dr. Sebastian Melchior, Mainz

 
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