Aktuelle Urol 2004; 35(4): 273-274
DOI: 10.1055/s-2004-832279
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prostatakarzinome - Entdeckungsrate auch bei niedrigem PSA relevant

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Publication Date:
31 August 2004 (online)

 
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Bei niedrigen PSA-Werten unter 3 ng/ml Serum wird selten ein Prostatakarzinom entdeckt. Die Entdeckung potenziell aggressiver Karzinome auch bei niedrigem PSA ist dennoch weiterhin Besorgnis erregend.

In der urologischen Praxis wird gegenwärtig die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) als bester Screening-Marker für das Prostatakarzinom angesehen. Wegen der begrenzten Entdeckungsrate, die dieser Marker angeblich bei niedrigen PSA-Werten bietet, wird gewöhnlich bei Spiegeln über einem "Cut-off Point" von 3 - 4 ng/ml Serum eine Biopsie der Prostata empfohlen. Leider gibt es nach Ansicht von Marcos Lujan und Kollegen vom Universitätshospital Getafe in Madrid nur wenige Hinweise darauf, dass die Feststellung eines Karzinoms auch in PSA-Bereichen unterhalb der "Cutoff Points" signifikant ist. (Eur Urol 2004; 45:155-159). Daher kalkulierten sie die Entdeckungsraten und bewerteten die klinischen Charakteristika von Karzinomen, die bei niedrigen PSA-Spiegeln festgestellt wurden. Im Rahmen eines Screening-Programms wurden Daten von 1097 Männern erfasst, die dann einem erneuten Screening unterzogen wurden. Lag der PSA-Wert über 3 ng/ml, wurde eine Prostata-Sextant-Biopsie empfohlen. Eine Biopsie sollte möglichst auch dann durchgeführt werden, wenn bei Werten im Bereich von 1,0 - 2,99 ng/ml das Verhältnis von freiem PSA zu Gesamt-PSA (f/t-PSA) unter 20% lag.

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Niedrige Entdeckungsrate bei niedrigem PSA

Die Patienten waren durchschnittlich 61,1 Jahre alt. 497 (45,3%) der Patienten wiesen ein Gesamt-PSA von unter 1,0 ng/ml auf, 439 (40%) hatten Werte zwischen 1,0 und 2,99 ng/ml, 161 (14,7%) von über 3 ng/ml. In der Gruppe mit PSA-Werten zwischen 1,0 und 2,99 ng/ml und einem f/t-PSA unter 20% waren insgesamt 249 Biopsien indiziert, die in 159 Fällen (63,9%) akzeptiert und durchgeführt wurden. Dabei wurden 15 Karzinome entdeckt (Entdeckungsrate: 9,4%). Bei 56 (77,8%) von 72 Patienten mit PSA-Werten zwischen 3,0 und 3,99 ng/ml wurde ebenfalls eine Biopsie durchgeführt. In diesen Fällen wurden 12 Karzinome entdeckt, was einer Entdeckungsrate von 21,4% entsprach.

Alle Karzinome konnten klinisch lokalisiert werden. Nur vier (26,7%) von 15 Karzinomen bei den Patienten mit PSA-Werten im Bereich von 1,0 -2,99 ng/ml erfüllten die klinischen Kriterien unbedeutender Karzinome. Zwei waren schlecht zu differenzieren und wurden pathologisch als extrakapsuläre Erkrankungen angesehen. Keines der Prostatakarzinome bei den zwölf Patienten mit einem PSA zwischen 3,0 und 3,99 ng/ml wies schlecht differenzierte Charakteristika auf, und nur eines entsprach den Kriterien eines unbedeutenden Karzinoms. Bei einem von sieben Patienten, die sich einer retropubischen radikalen Prostatektomie unterzogen, wurde eine extrakapsuläre Erkrankung entdeckt.

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PSA-Sensititvität und -spezifität in Abhängigkeit vom PSA-Cut- off-Wert (nach Brawe, 1995) (Bild: Praxis der Uroloigie, Thieme, 2003).

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"Rücken-an-Rücken-Stellung" bei Prostatakarzinomen, Grad I: oft liegen die Tumordrüsen eng und ohne nennenswerte Stromapositionen zusammen (Bild: Taschenatlas der allgemeinen Pathologie, Thieme, 1998).

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Fazit

Die Entdeckungsraten im Bereich von PSA-Werten unterhalb der traditionellen "Cut-off Points" von 3 - 4 ng/ml Serum liegen also niedriger als die bei höheren PSA-Werten. Dennoch sind sie von Bedeutung, zumal auch in diesen niedrigen PSA-Bereichen weiterhin potenziell aggressive Karzinome entdeckt werden. Mögliche günstige Auswirkungen des Screenings bei niedrigen PSA-Werten auf das karzinomspezifische Überleben sollten aber noch im Rahmen randomisierter Langzeitstudien ermittelt werden, fordern die Autoren.

Dr. Volker Kriegeskorte, Martinsried

 
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PSA-Sensititvität und -spezifität in Abhängigkeit vom PSA-Cut- off-Wert (nach Brawe, 1995) (Bild: Praxis der Uroloigie, Thieme, 2003).

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"Rücken-an-Rücken-Stellung" bei Prostatakarzinomen, Grad I: oft liegen die Tumordrüsen eng und ohne nennenswerte Stromapositionen zusammen (Bild: Taschenatlas der allgemeinen Pathologie, Thieme, 1998).