Pneumologie 2005; 59(6): 422-424
DOI: 10.1055/s-2004-830316
Workshop
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Pulmonale Infektionen im humanen Lungengewebsmodell

D.  Drömann1 , J.  Rupp2 , T.  Goldmann3 , M.  Maass2 , E.  Vollmer3 , P.  Zabel1, 4 , K.  Dalhoff4
  • 1Medizinische Klinik, Forschungszentrum Borstel
  • 2Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
  • 3Klinische und experimentelle Pathologie, Forschungszentrum Borstel
  • 4Medizinische Klinik III, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
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Publication Date:
01 July 2005 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

In-vitro-Infektionsmodelle humaner Lungenschnitte bieten eine sinnvolle Ergänzung zu Zellkultur- und Tiermodellen. Die Charakterisierung der durch C. pneumoniae induzierten Inflammation ist bei dem obligat intrazellulär und häufig vorkommenden respiratorischen Erreger von besonderem Interesse. Humane Lungenschnitte wurden über 48 h mit C. pneumoniae infiziert und in einem neuartigen Fixativ (HOPE) für immunhistochemische Analysen und In-situ-Hybridisierung fixiert. Der für die Detektion von C. pneumoniae wichtige Toll-like-Rezeptor 2 wird von Alveolarmakrophagen und Typ-II-Pneumozyten exprimiert. In der akuten In-vitro-Infektion zeigt sich hauptsächlich eine Infektion der Alveolarmakrophagen, bei C.-pneumoniae-DNA-positivem Lungengewebe von COPD-Patienten findet sich ein deutlich höherer Anteil infizierter Epithelzellen.

Das In-vitro-Infektionsmodell bietet neue Möglichkeiten zur Untersuchung der Interaktion von Erregern und pulmonalen Wirtszellen in der frühen Infektionsphase.

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Einleitung

Eine Vielzahl von Zelltypen des Lungengewebes bestimmt durch die Interaktion mit infektiösen Pathogenen sowie durch Kommunikation untereinander den Ablauf einer pulmonalen Infektion. Zur Erforschung von infektiösen Lungenerkrankungen werden häufig Zellkultur- und Tiermodelle eingesetzt, die zur Charakterisierung funktioneller Zusammenhänge geeignet sind. Da komplexe Vorgänge im menschlichen Lungengewebe auf diese Weise jedoch nur schwer zu simulieren sind, erscheinen Untersuchungen an humanen Gewebekulturen sinnvoll. Die Verwendung solcher Kulturen als funktionale Modellsysteme geht auf David Thomson aus dem Jahre 1914 zurück [1], dessen Technik seither entscheidend weiterentwickelt wurde [2]. Das kombinierte Verfahren der kurzzeitigen Kultur menschlichen Lungengewebes mit In-vitro-Infektion sowie die Nutzung der Möglichkeiten zur Gewebefixierung mittels der HOPE-Technik ermöglichen eine Differenzierung verschiedener Zelltypen und Erkenntnisse über deren Beteiligung an pathophysiologischen Vorgängen.

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Material und Methoden

Das Lungengewebe wurde aus tumorfreien Arealen aus OP-Präparaten gewonnen und nach Kultur mit HOPE-Fixativ fixiert. Die In-vitro-Infektion erfolgte mit C. pneumoniae CWL029 (ATCC VR-1310) [3]. Immunhistochemie sowie die In-situ-Hybridisierung wurden nach bereits publiziertem Protokoll durchgeführt [4] [5]. Verwendete Antikörper: TLR2 (clone TL2.1, eBiosciences, San Diego, Calif., USA), chlamydiales LPS (CF-2; Washington Research Foundation, WA, USA) und chlamydiales heat 109 shock protein-60 (cHSP60; Affinity BioReagents, CO, USA). In-situ-Hybridisierung (ISH) wurde nach dem random-primed-Verfahren mit Digoxigenin (DIG)-markierten Antikörpern (DIG HighPrime, Roche) durchgeführt.

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Ergebnisse

Positive Signale für Toll-like-Rezeptor-2 (TLR2) zeigten sich in Typ-II-Pneumozyten und Alveolarmakrophagen (AM) immunhistochemisch (Abb. [1]) und in der ISH. Die Resultate der ISH wurden durch RT-PCR weiter verifiziert. Vitale Lungenschnitte konnten mit C. pneumoniae bis zu 48 h infiziert werden. Nach 48 h zeigte sich hauptsächlich eine Infektion der Alveolarmakrophagen (AM) (Abb. [2]). Die Ergebnisse der Immunhistochemie wurden in der ISH bestätigt. In C.-pneumoniae-DNA positiv getestetem Lungengewebe von COPD-Patienten zeigte sich ein Infektionsmuster mit deutlich höherem Anteil infizierter Epithelzellen (Abb. [2]). Hierbei handelt es sich größtenteils um Typ-II-Pneumozyten.

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Abb. 1 Immunhistochemische Färbung von Toll-like-Rezeptor 2 mit TL2.1 AK in Typ- II-Pneumozyten (A) und Alveolarmakrophagen (B) nach HOPE-Fixierung (LSAB-AP-Neu-fuchsin; 600 ×).

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Abb. 2 In-situ-Hybridisierung auf Chlamydia-pneumoniae-DNA in vitro infizierter Lunge (A) und in Lungengewebe eines COPD-Patienten (B) (Anti-DIG-AP-Neu-fuchsin; 600 ×).

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Diskussion

Das Verfahren zur kurzzeitigen Kultur menschlicher Lungengewebe in Verbindung mit den Möglichkeiten der Gewebefixierung mittels HOPE-Technik ermöglicht die Charakterisierung der erregerinduzierten Entzündungsreaktion in einem In-vitro-Infektionsmodell. Die HOPE-Fixierung mit unmittelbar folgender Paraffineinbettung ergibt eine exzellente Erhaltung der Protein- und Antigenstrukturen sowie DNA und RNA für die Immunhistochemie und In-situ-Hybridisierung.

Entscheidend für die initiale Interaktion zwischen Erregerstrukturen und pulmonalen Abwehrzellen sowie Ausbildung einer adäquaten proinflammatorischen Immunantwort sind so genannte pattern recognition Rezeptoren (PRR), zu denen die Gruppe der Toll-like-Rezeptoren (TLR) gerechnet wird. Sie dienen als wichtige Schlüsselmoleküle in der Erkennung der so genannten pathogen associated molecular patterns (PAMP's) [6]. Ihre Expression wurde bislang in unterschiedlicher Ausprägung bei Monozyten, dendritischen Zellen und B-Zellen sowie von unserer Arbeitsgruppe auf Alveolarmakrophagen (AM) und Typ-II-Pneumozyten charakterisiert und lässt eine essenzielle Rolle für die Kontrolle der lokalisierten inflammatorischen Reaktion vermuten [4]. Typ-II-Pneumozyten spielen eine wichtige Rolle als integrativer Teil der Alveole, zumal sie für die Kontrolle der Rekrutierung und Aktivierung verschiedener Zellen als Antwort auf einen inflammatorischen Stimulus ideal positioniert sind [7]. Die intrazelluläre Signalverarbeitung nach TLR-Aktivierung wird vorwiegend über den Transkriptionsfaktor NFκB vermittelt und führt zur Anschaltung einer Reihe inflammatorischer Zytokine, Chemokine, Adhäsionsmoleküle und reaktiver Sauerstoff- und Stickstoffspezies [6]. Die Regulation der TLR-Antwort auf mikrobielle Stimulation hängt darüber hinaus davon ab, ob es sich um einen Erstkontakt mit dem entsprechenden Liganden oder um eine repetitive Stimulation handelt [8].

Als obligat intrazelluläre Erreger für die Induktion einer Inflammation ist C. pneumoniae von besonderem Interesse und in unserem Infektionsmodell etabliert. Über die Wirtszellen einer akuten C.-pneumoniae-Infektion ist bisher wenig bekannt. Die In-vitro-Infektion humaner Lungenschnitte zeigt in erster Linie die Infektion von Makrophagen und in geringerem Ausmaß von Alveolarepithelzellen. Dabei finden sich vergleichbare Ergebnisse für IHC und ISH. Die akute In-vitro-Infektion geht einher mit einer verstärkten Expression des chlamydialen HSP60, welches die Pathogenvirulenz anzeigt. Vergleicht man die akute In-vitro-Infektion mit in der PCR Chlamydien-positiv getesteten Lungenschnitten von COPD-Patienten, finden sich vermehrt infizierte Epithelzellen, größtenteils Typ-II-Pneumozyten. Hieraus ergeben sich unterschiedliche Infektionsmuster der akuten und persistierenden Infektion.

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Schlussfolgerung

Das In-vitro-Infektionsmodell bietet neue Möglichkeiten zur Untersuchung der Interaktion von Erregern und pulmonalen Wirtszellen in der frühen Infektionsphase. Die Gewebekonservierung mit dem HOPE-Fixativ verbessert dabei die Analyse von Genom- und Proteinstrukturen. Hierdurch können Voraussetzungen zur Entwicklung innovativer Therapiekonzepte geschaffen werden.

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Literatur

  • 1 Thomson D. Controlled growth en masse (somatic growth) of embryonic chick tissue in vitro.  Proc Roy Soc Med. 1914;  7 21-46
  • 2 Fell H B. The development of organ culture. In: Balls M, Monnickendam MA (eds.), Organ culture in biomedical research. Cambridge: University Press Cambridge 1976: UK, pp 1-13
  • 3 Rupp J, Droemann D, Goldmann T. et al . Alveolar epithelial cells type II are major target cells for C. pneumoniae in chronic but not in acute respiratory infection.  FEMS Immunol Med Microbiol. 2004;  41 (3) 197-203
  • 4 Droemann D, Goldmann T, Branscheid D. et al . Toll-like Receptor 2 (TLR2) is expressed by alveolar type 2 cells and macrophages in the human lung.  Histochem Cell Biol. 2003;  119 103-108
  • 5 Goldmann T, Wiedorn K H, Kühl H. et al . Assessment of transcriptional gene activity in situ by application of HOPE-fixed, paraffin-embedded tissues.  Pathol Res Pract. 2002;  198 91-95
  • 6 Imler J L, Hoffmann J A. Toll receptors in innate immunity.  Trends Cell Biol. 2001;  11 304-311
  • 7 Fehrenbach H. Alveolar epithelial type II cell: defender of the alveolus revisited.  Respir Res. 2001;  2 33-46
  • 8 Nomura F, Akashi S, Sakao Y. et al . Endotoxin Tolerance in mouse peritoneal macrophages correlates with downregulation of surface toll-like receptor 4 expression.  J Immunol. 2000;  164 3476-3479
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Literatur

  • 1 Thomson D. Controlled growth en masse (somatic growth) of embryonic chick tissue in vitro.  Proc Roy Soc Med. 1914;  7 21-46
  • 2 Fell H B. The development of organ culture. In: Balls M, Monnickendam MA (eds.), Organ culture in biomedical research. Cambridge: University Press Cambridge 1976: UK, pp 1-13
  • 3 Rupp J, Droemann D, Goldmann T. et al . Alveolar epithelial cells type II are major target cells for C. pneumoniae in chronic but not in acute respiratory infection.  FEMS Immunol Med Microbiol. 2004;  41 (3) 197-203
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  • 8 Nomura F, Akashi S, Sakao Y. et al . Endotoxin Tolerance in mouse peritoneal macrophages correlates with downregulation of surface toll-like receptor 4 expression.  J Immunol. 2000;  164 3476-3479
Zoom Image

Abb. 1 Immunhistochemische Färbung von Toll-like-Rezeptor 2 mit TL2.1 AK in Typ- II-Pneumozyten (A) und Alveolarmakrophagen (B) nach HOPE-Fixierung (LSAB-AP-Neu-fuchsin; 600 ×).

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Abb. 2 In-situ-Hybridisierung auf Chlamydia-pneumoniae-DNA in vitro infizierter Lunge (A) und in Lungengewebe eines COPD-Patienten (B) (Anti-DIG-AP-Neu-fuchsin; 600 ×).