Zentralbl Gynakol 2004; 126(1): 7-13
DOI: 10.1055/s-2004-820533
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Außerklinische Geburtshilfe in der DDR? Medizinhistorische Anmerkungen

Extraclinical Obstetrics in the GDR? Medicohistorical NotesS. Major2 , M. David1 , K. Vetter3
  • 1Humboldt-Universität zu Berlin, Universitätsklinikum Charité, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Campus Virchow-Klinikum
  • 2Paritätisches Krankenhaus Lichtenberg, Oskar-Ziethen-Krankenhaus, Frauenklinik
  • 3Vivantes-Kliniken Berlin, Klinikum Berlin-Neukölln, Abteilung für Geburtsmedizin
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Publication Date:
24 February 2004 (online)

Zusammenfassung

1946 betrug der Anteil der Klinikgeburten in der sowjetischen Besatzungszone 27 %, für die DDR wurde der Anteil der klinischen Entbindungen 1970 mit 99 % angegeben. Hausgeburten wurden ab Anfang der 70er-Jahre in den offiziellen Statistiken nicht mehr aufgeführt. Weder die Hausgeburtshilfe noch die familienorientierte klinische Geburtshilfe haben danach in den wissenschaftlichen Diskussionen in der DDR-Fachöffentlichkeit breiteren Raum eingenommen. Nachfolgend soll die Entwicklung der außerklinischen Geburtshilfe auf dem Gebiet der DDR aufgezeigt und in ihrem medizinischen und gesellschaftlichen Kontext vom Ende der 40er-Jahre bis 1989 dargestellt und diskutiert werden. Bei den (kritischen) Betrachtungen der Renaissance der Haus- bzw. außerklinischen Geburtshilfe in den 80er- und 90er-Jahren werden für gewöhnlich nur die Abläufe in der „alten” Bundesrepublik berücksichtigt. Zur Vervollständigung der gesamtdeutschen Betrachtungsweise dieses Phänomens stand bisher eine Darstellung der medizingeschichtlichen Entwicklung in der damaligen DDR noch aus.

Abstract

In 1946 the share of clinic deliveries in the Soviet occupation zone amounted to 27 %, 1970 the given share of clinic deliveries in the GDR come to 99 %. From the beginning of the seventies home deliveries were not listed any more in the official statistics. After that neither the home obstetrics nor the family orientated clinical obstetrics took a larger space in the scientific discussions in the specialist public of the GDR. The following will show the development of the extraclinical obstetrics on the territory of the GDR as well as describe and discuss its medical and social context from the end of the forties until 1989. Usually in the (critical) reflections of the revival of home resp. extraclinical obstetrics in the eighties and nineties only the development in the “old” Federal Republic is taken into consideration. A description of the medicohistorical development in the former GDR in order to complete the all-German way of looking at this phenomenon was still due until now.

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Priv.-Doz. Dr. med. Matthias David

Humboldt-Universität zu Berlin

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