Pneumologie 2004; 58(4): 285-286
DOI: 10.1055/s-2004-818445
Workshop
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Q-Fieber: Eine seltene Infektionskrankheit mit variabler Klinik

H.  Hamm1
  • 1Asklepios Nordseeklinik, Westerland/Sylt
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Professor Dr. med. Hinrich Hamm

Asklepios Nordseeklinik · Abteilung Innere Medizin · Akutkrankenhaus · Rehabilitationsklinik für Atemwegs- und Tumorerkrankungen

25980 Westerland/Sylt ·

Email: h.hamm@asklepios.com

Publication History

Publication Date:
20 July 2005 (online)

Table of Contents

Q-Fieber (Query fever) entsteht durch eine Infektion mit Coxiella burnetii, einem kleinen gram-negativen, Rickettsien-ähnlichen Mikroorganismus. Es handelt sich um eine nahezu weltweit vorkommende Zoonose, deren Quelle meist infizierte Schafe und Ziegen sind. Seltener sind auch Übertragungen von Katzen, Hunden und Hasen auf den Menschen beschrieben. Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind äußerst selten.

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Häufigkeit und Vorkommen

Q-Fieber-Infektionen sind in Deutschland relativ selten. Die meisten Fälle werden aus dem süddeutschen Raum gemeldet. In anderen Regionen Europas hingegen wie z. B. in Nordost-Spanien gehören Coxiellen-Infektionen zu den häufigsten Ursachen ambulant erworbener Pneumonien. Bei an Pneumonie erkrankten Urlaubsrückkehrern aus dem südeuropäischen Raum sollte deshalb neben der Möglichkeit anderer ungewöhnlicher Erreger (u. a. Legionellen!) differenzialdiagnostisch an Q-Fieber gedacht werden. Die Erkrankung ist nahezu weltweit verbreitet, mit Ausnahme von Neuseeland und der Antarktis.

Die Infektionen treten oft in lokal begrenzten Ausbrüchen („outbreaks”) auf. In Deutschland traten Ausbrüche in den letzten Jahre unter anderem im Jahre 2003 in Bad Sassendorf (bei Soest) in Westfalen (299 Erkrankungen) und im Jahr 1998 in Freiburg im Breisgau (über 100 Fälle) auf. Q-Fieber-Erkrankungen sind meldepflichtig. Im Jahr 2001 wurden in Deutschland 293 Fälle gemeldet, 2002: 191 Fälle.

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Infektionswege, Kontagiosität, Inkubationszeit

Das natürliche Reservoir für Coxiella burnetii findet sich in Säugetieren, Vögeln und Zecken. Die Hauptquelle für menschliche Infektionen sind Schafe und Ziegen, aber auch andere infizierte Tiere wie z. B. Katzen, Hunde und Kaninchen können humane Erkrankungen verursachen. Die höchsten Konzentrationen von C. burnetii finden sich in Placentagewebe, und in der Tat scheinen Geburten bei infizierten Tieren häufig lokale Ausbrüche menschlicher aerogener Infektionen zu verursachen [1] [2]. Eine weitere mögliche aerogene Infektionsquelle ist erregerhaltiger Zeckenkot in den Fellen der betreffenden Tiere. Verschiedene Zeckenspezies sowie Läuse, Milben und andere Insekten sind wichtige Reservoire und zugleich Vektoren der Erkrankung. Die aerogene Infektion kann über relativ weite Entfernungen erfolgen [2]. Direkter Kontakt oder physische Nähe zu erkrankten Tieren ist deshalb keine obligate Voraussetzung für den Verdacht auf Q-Fieber, aber die Wahrscheinlichkeit der Infektion nimmt nahe liegenderweise mit der Entfernung zur Infektionsquelle ab [1]. Deshalb sind insbesondere Berufsgruppen mit engem Tierkontakt wie Bauern, Schlachter, Veterinäre und Tierpfleger gefährdet. Eine weitere Infektionsroute betrifft den Gastrointestinaltrakt. Milch von infizierten Muttertieren kann Wochen bis Monate nach einer Geburt infektiös sein. Sehr selten kann Q-Fieber offensichtlich auch durch Blutprodukte, infizierte gebärende Frauen und möglicherweise auch durch Sexualkontakte übertragen werden [3].

Der Erreger ist hochinfektiös, sodass auf seine Anzüchtung in Zellkulturen wegen des hohen Risikos von Laborinfektionen in der Regel verzichtet wird.

Die Inkubationszeit rangiert zwischen 3 - 30 Tagen. Bei der jüngst untersuchten Q-Fieber-Epidemie im Landkreis Soest konnte der Zeitpunkt der Exposition relativ genau eingegrenzt werden, sodass sich die Inkubationszeit sehr genau berechnen ließ. Sowohl der Median als auch der Mittelwert der Inkubationszeit lagen bei 21 Tagen [1].

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Klinik

Das akute Q-Fieber präsentiert sich als fieberhafte Systemerkrankung mit recht variabler Klinik. Das klinische Bild zeigt regionale Unterschiede und hängt wahrscheinlich unter anderem davon ab, ob der Infektionsweg aerogen-pulmonal oder oral-gastrointestinal war. Generell verlaufen viele Infektionen, möglicherweise bis zu 50 %, asymptomatisch bzw. subklinisch. Die Minderheit der Fälle nimmt einen so gravierenden Verlauf, dass eine Hospitalisation notwendig wird. Todesfälle durch akutes Q-Fieber sind Raritäten.

Patienten mit klinisch relevanter Erkrankung präsentieren sich am häufigsten mit Grippe-ähnlichen Symptomen wie hohem Fieber, Kopfschmerzen und ausgeprägter Müdigkeit. Oft gesellen sich Beschwerden wie Schüttelfrost und Schweißausbrüche, sowie gastrointestinale Symptome wie Diarrhoen, Übelkeit und Erbrechen hinzu.

In Deutschland scheint sich das Q-Fieber überwiegend als atypische Pneumonie mit entsprechenden Allgemeinsymptomen zu präsentieren. Nur etwa die Hälfte der Patienten klagt dabei über Husten, der üblicherweise nicht produktiv ist. Schwere, beatmungspflichtige Pneumonien sind selten. Die Pneumonien sind radiologisch nicht von Pneumonien anderer Ätiologie zu unterscheiden.

Neurologisch-psychiatrische Symptome gelten als selten. Allerdings gibt es Ausbrüche mit relativ häufigen neurologisch-psychiatrischen Symptomen, wie z. B. die Freiburger Q-Fieber-Epidemie 1998, in denen sich die Patienten desorientiert bis schwer delirant präsentieren und mit den begleitenden Infektsymptomen zunächst unter Verdachtsdiagnosen aus dem Formenkreis der Meningoencephalitiden behandelt werden. Tatsächlich kann das Q-Fieber durch eine Begleitmeningoencephalitis kompliziert werden.

In manchen Regionen wie z. B. in Südfrankreich präsentiert sich das Q-Fieber überwiegend mit gastrointestinalen Symptomen als granulomatöse Hepatitis. Diese Manifestationsform ist vermutlich mit dem oral-gastrointestinalen Infektionsweg assoziiert. Anderenorts wie z. B. in Spanien tritt das Q-Fieber oft gleichzeitig mit seinen pulmonalen und gastrointestinalen klinischen Varianten auf.

Patienten mit akutem Q-Fieber können eine Reihe von selteneren, weiteren Begleitsymptomen und Beschwerden entwickeln, wie z. B. eine Myokarditis bzw. Perimyokarditis, ein unspezifisches Exanthem, ein Erythema nodosum, eine mediastinale Lymphadenopathie, eine Pankreatitis, ein hämolytisch-urämisches Syndrom, das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion, oder eine Orchitis oder Epididymitis.

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Chronische Q-Fieber Infektionen

Man nimmt an, dass etwa 1 % aller Infektionen einen chronischen Verlauf nehmen [4]. Von der Infektion bis zur Krankheitsmanifestation vergehen in diesen Fällen Monate bis viele Jahre. Die weitaus häufigste Manifestationsform des chronischen Q-Fiebers ist die Endokarditis. Die chronische Q-Fieber-Endokarditis entwickelt sich am häufigsten bei Patienten mit vorbestehenden Klappenvitien oder unter Immunsuppression. Bei subakuten Präsentationsformen der Endokarditis sollte stets an die Differenzialdiagnose Q-Fieber gedacht werden.

Eine Besonderheit der chronischen Infektion mit Coxiella burnetii ist die Empfänglichkeit von Schwangeren. Primärinfektionen während der Schwangerschaft können zu chronischen Infektionen führen. Ferner kann eine Schwangerschaft zu einer Reaktivierung der Erkrankung führen, da C. burnetii unter Umständen längere Zeit in Makrophagen überleben kann.

Weitere, weitaus seltenere klinische Manifestationsformen des chronischen Q-Fiebers sind Knochen-, Leber- und Lungeninfektionen.

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Diagnosestellung

Bei sporadischen Fällen mit eher unspezifischer Klinik wird die Diagnose sicherlich nicht immer gestellt, sodass mit einer gewissen Dunkelziffer an Q-Fieberfällen zu rechnen ist. Q-Fieber gehört grundsätzlich in die Differenzialdiagnose des unklaren Fiebers. Insbesondere bei lokalen Ausbrüchen hochfieberhafter Infekte mit grippeähnlichen Symptomen sollte immer auch an diese Erkrankung gedacht werden. Der Nachweis von Antikörpern erhärtet die Diagnose. Ein gängiges serologisches Verfahren ist immer noch die Komplementbindungsreaktion (KBR), die jedoch keine Differenzierung zwischen sog. Phase I und Phase II Antikörpern erlaubt. Dies erfordert einen Immunfloureszenz-Test (IFT) oder einen ELISA-Test. Die akute Infektion ist durch den Nachweis von IgM-Antikörpern gegen Phase II-Antigen charakterisiert, die etwa zwei Wochen nach Infektion nachweisbar werden. Bei chronischem Q-Fieber treten etwa 6 Wochen bis 4 Monate nach Infektion IgG- und IgA-Antikörper gegen das Phase I-Antigen auf [4]. Erregernachweise mittels Zellkultur (hohe Gefahr von Laborinfektionen!) oder per PCR sind Speziallaboratorien vorbehalten.

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Therapie

Das akute Q-Fieber wird mit 2 × 100 mg Doxycyclin für mindestens 2 Wochen behandelt. Obwohl prinzipiell kaum Zweifel an der Richtigkeit dieser Therapie bestehen, ist letztlich unklar, ob sie den Verlauf des akuten Q-Fiebers wirklich positiv beeinflusst. Eigene Erfahrungen aus der Freiburger Q-Fieber-Epidemie im Jahre 1998 [2], bei der sehr viele Patienten eine empirische Antibiose gegen gängige Erreger der ambulant erworbenen Pneumonie, aber nicht gegen Coxiellen erhielten, sprechen dafür, dass der Spontanverlauf des akuten Q-Fiebers auch ohne Antibiose sehr günstig ist. Darüber hinaus ist z. Z. noch unklar, ob eine primär wirksame antibiotische Therapie die spätere Entwicklung einer chronischen Q-Fieber-Infektion verhindert.

Die chronische Q-Fieber Infektion wird mit einer extrem langen Antibiotikatherapie behandelt. Aktuell wird eine mindestens einjährige Behandlung mit Doxycyclin in Kombination mit einem Chinolon der 3. oder 4. Generation empfohlen [4]. Alternativ kann das Doxycyclin mit Rifampicin oder mit Chloroquin kombiniert werden.

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Literatur

  • 1 Anonymus . Zu einem Q-Fieber-Ausbruch im Landkreis Soest.  Epidemiol Bull (Robert Koch-Institut). 2003;  44 353-355
  • 2 Julius P, Kutschka A, Ullmer E. et al . A case of atypical pneumonia presenting with severe headache and disorientation.  Respiration. 1999;  66 283-286
  • 3 Kruszewska D, Lembowicz K, Tylewska S. Possible sexual transmission of Q-fever among humans.  Clin Infect Dis. 1996;  22 1087-1088
  • 4 RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten-Merkblätter für Ärzte: QFieber. http://www.rki.de/INFEKT/INF_A-Z/RAT_MBL/Q-FIEBER.PDF. 

Professor Dr. med. Hinrich Hamm

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Email: h.hamm@asklepios.com

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Literatur

  • 1 Anonymus . Zu einem Q-Fieber-Ausbruch im Landkreis Soest.  Epidemiol Bull (Robert Koch-Institut). 2003;  44 353-355
  • 2 Julius P, Kutschka A, Ullmer E. et al . A case of atypical pneumonia presenting with severe headache and disorientation.  Respiration. 1999;  66 283-286
  • 3 Kruszewska D, Lembowicz K, Tylewska S. Possible sexual transmission of Q-fever among humans.  Clin Infect Dis. 1996;  22 1087-1088
  • 4 RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten-Merkblätter für Ärzte: QFieber. http://www.rki.de/INFEKT/INF_A-Z/RAT_MBL/Q-FIEBER.PDF. 

Professor Dr. med. Hinrich Hamm

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