Pneumologie 2004; 58(4): 208-209
DOI: 10.1055/s-2004-818427
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aufbruch zu neuen Ufern - das Mesotheliom wird eine therapierbare Erkrankung!

“Crossing Jordan”-Pleural Mesothelioma Evolving as a Treatable DiseaseW.  Eberhardt1
  • 1Innere Klinik und Poliklinik (Tumorforschung), Westdeutsches Tumorzentrum Essen, Universitätsklinikum Essen
Further Information

Dr. med. Wilfried Eberhardt

Innere Klinik und Poliklinik (Tumorforschung) · Westdeutsches Tumorzentrum Essen · Universitätsklinikum Essen

Hufelandstraße 55

45122 Essen

Email: wilfried.eberhardt@uni-essen.de

Publication History

Publication Date:
20 April 2004 (online)

Table of Contents #

Definition des Problems

Bis vor einigen Jahren beschränkte sich die Diskussion über die Behandlung des Pleuramesothelioms auf die Beschreibung der Möglichkeiten supportiver, symptomorientierter Behandlung (im Sinne eines „best supportive care”). Allerdings ist spätestens nach der Einführung der Kombination aus Cisplatin und Gemcitabin in die Behandlung klar, dass systemische Therapie in der Lage ist, objektive Remissionen der Erkrankung zu bewirken und effektive Symptomkontrolle bei den Patienten zu gewährleisten [1] [2]. Schon nach den ersten Erfahrungen mit dieser neuen Kombination wurde deutlich, dass beim Mesotheliom, genau wie vor einigen Jahren beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom, die Chemotherapie ein integraler Bestandteil des therapeutischen Managements werden würde. Nicht zuletzt die detaillierte Analyse der Lebensqualität der Patienten ist ein wichtiger Gradmesser für die Effektivität der therapeutischen Bemühungen bei diesem prognostisch so ungünstigen Krankheitsbild.

#

Entwicklung von adäquaten aber einfachen Instrumenten der Lebensqualität

Die Entscheidung, ob eine Therapie im Sinne der Palliation einen Benefit für die Patienten bedeutet, muss anhand von geeigneten Messinstrumenten getroffen werden, von denen einzelne in den letzten Jahren für das nicht kleinzellige Bronchialkarzinom schon entwickelt und evaluiert worden sind [3] [4]. Die vorliegende Arbeit in dieser Ausgabe der Pneumologie hat ein schon früher bei anderen soliden Tumoren eingesetztes Instrument, den modifizierten Brunner-Score beim malignen Pleuralmesotheliom eingehend untersucht [5] [6]. Das wichtigste Charakteristikum dieses Parameters ist die Integration der objektiven Faktoren „progressionsfreie Zeit” und Behandlungstoxizität einerseits, mit subjektiven Faktoren wie Veränderung des Allgemeinzustandes (nach WHO) über den Behandlungszeitraum sowie der subjektive Bewertung der Lebensqualität durch den Patienten selber andererseits zu einer gemeinsamen Variablen [5]. Ein Vorteil dieser Methode liegt daher in einer relativ einfachen und reproduzierbaren Bestimmungsmöglichkeit dieses Parameters in der palliativen Therapiesituation bei soliden Tumoren. Die hier vorgestellte Arbeit von Bruns u. Mitarb. hat die palliative Behandlung von Patienten mit malignen Pleuramesotheliomen mittels einer komplexen Chemotherapie in Kombination mit einer Thermotherapie bezüglich dieser Evaluationsmethode untersucht [6]. Obwohl die eigentliche Behandlung in einem sehr komplexen multimodalen Therapieprotokoll bestand, konnte bei immerhin 16 von 22 auswertbaren Patienten ein deutlicher Benefit bezüglich der Lebensqualität unter dieser Intervention gezeigt werden. Dieser Befund bestätigt hiermit relativ klar den häufig in dieser Situation subjektiv vorhandenen Eindruck, dass Patienten mit Pleuramesotheliomen von einer aktiven Behandlung ihrer Krankheit signifikant profitieren. In der Tat müssen wir heutzutage solche differenzierten Bewertungen moderner Therapieinterventionen grundsätzlich begleitend durchführen. Auch wenn in der vorgelegten Untersuchung die mediane Überlebenszeit des behandelten Patientenkollektives mit über 18 Monaten extrem günstig beobachtet wurde - was durchaus mit Selektionsfaktoren für das komplexe Studienprotokoll im Phase-II-Design zusammenhängen dürfte - erscheint es wichtig, diesen Benefit für die Lebensqualität der Patienten begleitend kritisch zu bewerten. Die hier referierte Arbeit hat dies in überzeugendem Maße mit dem eingesetzten Messinstrument konstatieren können.

#

Welche Konseqenzen ergeben sich aktuell für die Behandlung des Pleuralen Mesothelioms?

Die Behandlung des malignen Pleuramesothelioms ist aktuell stark in Bewegung geraten. Die auf der ASCO 2002 vorgetragenen Ergebnisse einer großen internationalen prospektiv-randomisierten Phase-III-Studie mit Cisplatin und Pemetrexed sind mittlerweile publiziert worden und haben vor einigen Wochen in Nordamerika zur Zulassung dieser Kombination für das Pleuramesotheliom durch die FDA geführt [7]. Hier war es besonders auch der signifikante Survival-Benefit, der eine klare Positivbewertung dieser Therapie einfach gemacht hat. Allerdings hat auch hier eine eingehende Analyse der Lebensqualität, wie sie im letzten Jahr auf der ASCO dann nachgeliefert worden ist, dann die abschließende kritische und differenzierte Beurteilung erst möglich gemacht [8]. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis sich diese Kombination auch bei uns in der Behandlung des malignen Pleuramesothelioms als neue Standardtherapie durchsetzen wird. Allerdings dürfte dies nichts an der grundlegenden Problematik ändern, dass für die meisten Patienten mit dieser Erkrankung dennoch eine rein palliative Behandlungssitation vorliegt. Gerade für die adäquate, differenzierte Bewertung solcher palliativer Therapieinterventionen werden wir in Zukunft einfache, geeignete Messinstrumente wie den „Brunner-Score” benötigen können. Während man den Einsatz der Thermo-Chemotherapie angesichts der aktuellen therapeutischen Entwicklung beim pleuralen Mesotheliom eher sehr kritisch einschätzen muss, dürfte der hier von den Autoren gewählte Einsatz dieses altbekannten Messinstrumentes (des „modifizierten Brunner-Scores”) in Zukunft sicher häufiger indiziert sein und damit weiter interessant bleiben.

#

Literatur

  • 1 Byrne M J, Davidson J A, Musk A W. et al . Cisplatin and gemcitabine treatment for malignant mesothelioma: a phase II study.  J Clin Oncol. 1999;  17 25-30
  • 2 Nowak A K, Byrne M J, Williamson R, Ryan G. et al . A multicentre phase II study of cisplatin and gemcitabine for malignant mesothelioma.  Br J Cancer. 2002;  87 491-496
  • 3 Hollen P J, Gralla R J, Kris M G, Potanovich L M. Quality of life assessment in individuals with lung cancer: testing the Lung Cancer Symptom Scale (LCSS).  Eur J Cancer. 1993;  29A Suppl 1 S51-S58
  • 4 Aaronson N K, Ahmedzai S, Bergman B, Bullinger M. et al . The European Organization for Research and Treatment of Cancer QLQ-C30: a quality-of-life instrument for use in international clinical trials in oncology.  J Natl Cancer Inst. 1993;  85 365-376
  • 5 Bruns I, Kohlmann Th, Wiedemann G J, Bakhshandeh A. Bewertung des therapeutischen Gewinns von Patienten mit Pleuramesotheliom unter Therapie mit 41,8°C Ganzkörperhyperthermie plus Ifosfamid, Carboplatin und Etoposid (ICE) anhand des Modifizierten Brunner-Score (MBS).  Pneumologie. 2004;  58 210-216
  • 6 Hurny C, Bernhard J, Joss R. et al . Feasibility of quality of life assessment in a randomized phase III trial of small cell lung cancer - a lesson from the real world - the Swiss Group for Clinical Cancer Research SAKK.  Ann Oncol. 1992;  3 825-831
  • 7 Vogelzang N J, Rusthoven J J, Symanowski J, Denham C. et al . Phase III study of pemetrexed in combination with cisplatin versus cisplatin alone in patients with malignant pleural mesothelioma.  J Clin Oncol.. 2003;  21 2636-2644
  • 8 Gralla R J, Hollen P J, Liepa A M, Symanowski J T. et al . Improving quality of life in patients with malignant pleural mesothelioma: Results of the randomized pemetrexed + cisplatin vs. cisplatin trial using the LCSS-meso instrument.  Proc Am Soc Clin Oncol. 2003;  22 p 621 (abstr 2496)

Dr. med. Wilfried Eberhardt

Innere Klinik und Poliklinik (Tumorforschung) · Westdeutsches Tumorzentrum Essen · Universitätsklinikum Essen

Hufelandstraße 55

45122 Essen

Email: wilfried.eberhardt@uni-essen.de

#

Literatur

  • 1 Byrne M J, Davidson J A, Musk A W. et al . Cisplatin and gemcitabine treatment for malignant mesothelioma: a phase II study.  J Clin Oncol. 1999;  17 25-30
  • 2 Nowak A K, Byrne M J, Williamson R, Ryan G. et al . A multicentre phase II study of cisplatin and gemcitabine for malignant mesothelioma.  Br J Cancer. 2002;  87 491-496
  • 3 Hollen P J, Gralla R J, Kris M G, Potanovich L M. Quality of life assessment in individuals with lung cancer: testing the Lung Cancer Symptom Scale (LCSS).  Eur J Cancer. 1993;  29A Suppl 1 S51-S58
  • 4 Aaronson N K, Ahmedzai S, Bergman B, Bullinger M. et al . The European Organization for Research and Treatment of Cancer QLQ-C30: a quality-of-life instrument for use in international clinical trials in oncology.  J Natl Cancer Inst. 1993;  85 365-376
  • 5 Bruns I, Kohlmann Th, Wiedemann G J, Bakhshandeh A. Bewertung des therapeutischen Gewinns von Patienten mit Pleuramesotheliom unter Therapie mit 41,8°C Ganzkörperhyperthermie plus Ifosfamid, Carboplatin und Etoposid (ICE) anhand des Modifizierten Brunner-Score (MBS).  Pneumologie. 2004;  58 210-216
  • 6 Hurny C, Bernhard J, Joss R. et al . Feasibility of quality of life assessment in a randomized phase III trial of small cell lung cancer - a lesson from the real world - the Swiss Group for Clinical Cancer Research SAKK.  Ann Oncol. 1992;  3 825-831
  • 7 Vogelzang N J, Rusthoven J J, Symanowski J, Denham C. et al . Phase III study of pemetrexed in combination with cisplatin versus cisplatin alone in patients with malignant pleural mesothelioma.  J Clin Oncol.. 2003;  21 2636-2644
  • 8 Gralla R J, Hollen P J, Liepa A M, Symanowski J T. et al . Improving quality of life in patients with malignant pleural mesothelioma: Results of the randomized pemetrexed + cisplatin vs. cisplatin trial using the LCSS-meso instrument.  Proc Am Soc Clin Oncol. 2003;  22 p 621 (abstr 2496)

Dr. med. Wilfried Eberhardt

Innere Klinik und Poliklinik (Tumorforschung) · Westdeutsches Tumorzentrum Essen · Universitätsklinikum Essen

Hufelandstraße 55

45122 Essen

Email: wilfried.eberhardt@uni-essen.de