Pneumologie 2004; 58(5): 325-329
DOI: 10.1055/s-2004-818402
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Schlafapnoe-Syndrome: Alternative Therapieverfahren

The Sleep Apnoea Syndromes: Alternative TherapiesH.  Hein1
  • 1Krankenhaus Großhansdorf, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie
Herrn Prof. Dr. Detlef Kirsten zum 60. Geburtstag gewidmet.
Further Information

H. Hein

Krankenhaus Großhansdorf · Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie

Wöhrendamm 80

22927 Großhansdorf

Publication History

Eingang: 18. Januar 2004

Nach Revision akzeptiert: 13. Februar 2004

Publication Date:
26 May 2004 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Die Basis der Behandlung obstruktiver schlafbezogener Atmungsstörungen ist eine Gewichtsreduktion sowie das Vermeiden von Hypnotika und Alkohol. Das Verhindern der Rückenlage durch z.B. spezielle Westen ist nur bei leichtgradigen Erkrankungsstadien bei Patienten ohne Beschwerden und ohne cardiovaskuläre Risikofaktoren ausreichend. In diesem Krankheitsstadium können auch Unterkieferprotrusionsschienen oder operative Maßnahmen helfen. Eine medikamentöse Therapie ist bei obstruktiven schlafbezogenen Atmungsstörungen obsolet. Die weiteren aufgeführten Verfahren (interne und externe Nasendilatatoren, nasale und orale Öle, Diäten, Magnetkopfkissen bzw. -matrazen) sind ineffektiv und nicht zu empfehlen. Die Therapie der Wahl ist die nächtliche Atmung mit kontinuierlichem Überdruck.

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Abstract

Weight-loss recommendation, no alcohol and no sedatives are the first therapeutic approaches for patients with the obstructive sleep apne syndrome. However, further steps are often necessary. If there is a postural component in mild cases sleeping on the side can help. Recent developments are a range of operations that increase the size of the pharynx. There is a good relief in snoring but the reduction in apnea rate is less successful. Oral appliances are are indicated for primary snoring or mild obstructive sleep apnea. The are no data that support the use of drugs as a therapy for obstructive sleep apnea. Different nonprescription therapies are available (internal and external nasal dilators, nasal and oral lubricants, dietary supplements, magnetic pillows and matresses) but their usefulness for the treatment has not been demonstrated. The treatment of choice for sleep-related obstructive breathing disorders is nCPAP.

Das obstruktive Schlafapnoesyndrom tritt in der erwachsenen Bevölkerung mit einer Häufigkeit von ca. 3 % auf [1]. Die Ursache ist ein Kollaps der pharyngealen Weichteile während des in der Inspiration negativen Atemwegsdrucks. Das obstruktive Schlafapnoesyndrom ist ein wichtiger Risikofaktor für einen nicht-erholsamen Schlaf [2] [3] sowie Herz-Kreislauferkrankungen [4] [5] [6].

Die Therapie der Wahl ist die nächtliche Atmung mit kontinuierlichem Überdruck, mittels Nasenmaske appliziert (nCPAP) [7]. Bei leichtgradigen Krankheitsstadien können Unterkieferprotrusionsschienen [8] oder operative Maßnahmen helfen [9]. Es fehlen jedoch zuverlässige Prädiktoren, ferner gibt es nur wenige Langzeitbeobachtungen von Anwendungen von Unterkieferprotrusionsschienen. Der Einsatz verschiedener Medikamente wird seit langem diskutiert. Die Spanne der im Human- bzw. Tierversuch geprüften Substanzen ist lang, sie reicht von Acetylsalicylsäure bis zum Zopiclone [10] [11].

Die Basis jeder Therapie schlafbezogener obstruktiver Atmungsstörungen ist eine Gewichtsreduktion. Den Einfluss einer Gewichtsreduktionen auf den Schweregrad nächtlicher obstruktiver Atmungsstörungen zeigt die Zusammenstellung in Tab. [1] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24].

Tab. 1 Zusammenstellung verschiedener Studien zur Auswirkung einer Gewichtsreduktion auf den Apnoe-Hypopnoe-Index
AutorJahrnTherapieZeitr.Gewichtsparametervorunterp?Apnoe-Hypopnoe-Indexp?
vorunter
Aubert-Tulkens 1989 2Diät+CPAP6 MonBMI37/3429/29kA73/30normal/Std.kA
Charuzi 198513Magenbypass6 Monexcess-body-w.223 ± 12 %150 ± 6 %0,188,8 ± 11,88 ± 3,4/Std.0,1
Charuzi 198758Magenbypass6 Monexcess-body-w.116 ± 3646 ± 34059 ± 368 ± 12/Std.0
Charuzi 199247Magenbypass1 Jahrexcess-body-w.117 ± 3645 ± 35kA61 ± 368 ± 12/Std.0,1
Herrendorf 1995 5Optifast6 MonBMI42 ± 831 ± 40,146 ± 2614 ± 11/Std.0,1
Noseda 199639Diät+CPAP1 Jahrkg108 ± 29100 ± 18067 ± 2950 ± 38/Std.0,1
Pasquali 199023Diät 320 - 500 kcal6 Monkg105 ± 2787 ± 140,0167 ± 2333 ± 26/Std.0,01
Pedro-Botet 199289Diät?excess-body-wgt35 ± 2011 ± 140,0164 ± 2434 ± 28/Std.0,01
Peiser 198415Magenbypass3 Monkg142 ± 31106 ± 22kA82 ± 4215,3 ± 16,3/Std.kA
Peiser 198514Magenbypass?excess-body-wgt222 ± 38?85 ± 34?/Std.kA
Pillar 199414Magenbypass7 JahreBMI45 ± 735 ± 60,140 ± 2924 ± 23/Std.0,1
Suratt 1987 8Diät?kg153 ± 35133 ± 27kA90 ± 3062 ± 46/Std.0,1
Suratt 1992 8Diät 420 kcalMonatekg153 ± 37132 ± 29kA90 ± 3262 ± 49/Std.ns
BMI: Body-Mass-Index; EBW: Excess-Body-Weight; p? Signifikanzniveau; kA: keine Angaben

Die Daten zeigen allerdings auch, dass eine Gewichtsreduktion als alleinige Therapiemaßnahme oft nicht ausreichend ist.

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Medikamentöse Therapie

Daten zum Einfluss von 56 verschiedenen Substanzen auf schlafbezogene Atmungsstörungen wurden veröffentlicht. Die Ergebnisse werden in einem Cochrane-Review wie folgt zusammengefasst:

The data available do not support the use of drugs as a therapy for OSA. Although the studies examined had limitations there was little to justify further trials of these particular drugs [25].

Zwei kürzlich publizierte Untersuchten prüften die Wirkung eines Serotoninantagonisten sowie von Physostigmin. Unter Plazebokontrolle wurde Mirtazapin in einer Dosis von 4,5 und 15 mg eingesetzt. Die Daten zeigen eine geringe Besserung der Zahl nächtlicher Atempausen (23,7/h unter Plazebo, 16,8/h bei 4,5 mg und 13/h bei 15 mg) sowie eine Verringerung der Arousals unter 15 mg (37,5/h unter Plazebo vs. 26,1/h) [26]. Beim Nachrechnen zeigt sich aber, dass die Änderungen nicht signifikant sind. Der Cholinesteraseinhibitor Physostigmin wurde bei 10 Patienten mit einem obstruktivem Schlafapnoesyndrom in einer Dosis von 0,12 µg/Minute/kg für eine Nacht plazebokontrolliert infundiert, hierunter verminderte sich der Apnoe-Hypopnoe-Index von 54 (Range 12 - 91) signifikant (p < 0,05) auf 41 (0 - 79)/h. Die Reduktion der Apnoen war im REM-Schlaf ausgeprägter (Anzahl- 33,8 %) [27]. Der Stellenwert dieser Substanz bleibt zur Zeit noch offen.

Die medikamentöse Therapie hat zum jetzigen Zeitpunkt keinen Stellenwert zur Behandlung obstruktiver schlafbezogener Atmungsstörungen.

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Training der Inspirationsmuskulatur

Die Atmung durch eine 1 mm weite Stenose 3 × 10 min./Tag über 2 Monate führte bei n = 13 Patienten nicht zu einer signifikanten Besserung der nächtlichen Atmung (Apnoe-Hypopnoe-Index: 32 ± 18/h auf 21 ± 18/h, Schlafqualität/-verteilung idem) [28]. Diese Therapieoption ist nach diesen Daten unwirksam.

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Nächtliche Stimulation der Pharynxmuskulatur

Über submentale Elektroden wurde bei n = 6 Personen nachts eine Spannung von 15 - 40 V über 0,5 ms appliziert, sobald Schnarchen auftrat. Der Apnoe-Index reduzierte sich von 39 ± 19 auf 12 ± 5/h, der Tiefschlafanteil stieg von 14 ± 4 auf 22 ± 5 % [29]. Andere Untersuchungen konnten diese Ergebnisse nicht reproduzieren [30] [31]. Auch diese Therapie kann nicht empfohlen werden.

Eine einseitige Stimulation des N. hypoglossus über implantierte Elektroden führte bei 8 Patienten mit einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom zu einer signifikanten Reduktion des Apnoe-Hypopnoe-Index von 52 ± 20 auf 23 ± 12/h [32]. Das Verfahren ist aber noch als experimentell anzusehen.

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Stimulation der Zungenmuskulatur am Tage

Über eine orale Elektrode und Gegenelektroden außen am Kinn/Hals wurde die Zungenmuskulatur bei n = 67 Personen doppelblind plazebokontrolliert zweimal am Tag über je 20 Minuten über einen Zeitraum von 8 Wochen stimuliert. Es zeigten sich unter Verum und Plazebo keine signifikanten Unterschiede des Apnoe-Hypopnoe-Index vor und unter Therapie (Werte im Mittel zwischen 25 und 28/Std.). Das Schnarchgeräusch nahm in der Verumgruppe geringgradig signifikant ab (Verum 64 auf 48 Ereignisse/Std., Plazebo 62 auf 62 Ereignisse/Std.) [33]. Schläfrigkeit und Schlafstadienverlauf waren nicht wesentlich verschieden. Die Ergebnisse sprechen nicht für eine Therapie mit diesem Verfahren.

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Nasendilatatoren

Sie erhöhen den Nasenquerschnitt um ca. 14,2 - 25 %, die Toleranz wurde als gut beschrieben (bei 29 von 30 Personen) [34]. Schnarchgeräusche waren subjektiv geringer, [35] polysomnographisch sind die Ergebnisse aber uneinheitlich:

  • Schnarchen leiser, Schlaf schlechter [34]

  • alles idem [36] [37]

  • Apnoe-Hypopnoe-Index mit geringer nicht bedeutsamer Verminderung: 31,7 -> 26,3/h [38]

  • Schlafstadium 1 Abnahme von 8,6 auf 7,1 %, sonst Schlaf idem [39]

Die Daten zeigen keine ausreichende Wirksamkeit.

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Interne Nasendilatatoren

Durch interne Nasendilatatoren vermindert sich der nasale Widerstand um 31 - 65 %, sie werden aber leicht im Schlaf verloren [40]. Schnarchen wird subjektiv als leiser beschrieben [41] [42] [43], allerdings sind polysomnographisch keine Änderungen der Schlafstruktur, des Apnoe-Hypopnoe-Index oder der Sauerstoffsättigung nachweisbar [42] [44]. Auch diese Therapie kann nicht empfohlen werden.

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Lagetherapie, Verhindern der Rückenlage

Zum Verhindern der Rückenlage werden einfache Maßnahmen wie das Einnähen eines Tennisballes in das Rückenteil des Schlafanzuges bis hin zu kommerziellen aufblasbaren Rückenlageverhinderungswesten (ähnlich rückwärtigen Schwimmwesten) empfohlen. In einer Studie bei 12 Personen mit einem Body-Mass-Index von 26,5 ± 2,6 kg/m2 und einem Alter von 56 ± 12 Jahren verminderte sich der Apnoe-Hypopnoe-Index über Nacht von 26,7 ± 11,9 auf 7,6 ± 5,1/h, die Schlafstruktur und -qualität waren unverändert [45]. Andere Studien hatten weniger gute Ergebnisse [46] [47] [48]. Die Ergebnisse zeigen, dass die Lagetherapie nur für Krankheitsstadien mit streng lageabhängigen Befunden ohne Begleiterkrankungen und ohne Störungen der Schlafarchitektur ausreichend ist.

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Zungenretraktoren

In einer Studie mit 23 Patienten mit einem Apnoe-Hypopnoe-Index von 32,5 ± 18,4/h brachen 17 die Therapie wegen Unverträglichkeit ab, von den verbleibenden Patienten hatten n = 3 einen Apnoe-Hypopnoe-Index < 10/h und n = 3 einen Apnoe-Hypopnoe-Index > 10/h [49]. Die Akzeptanz und Wirksamkeit dieses Verfahrens ist nicht hinreichend.

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Nasen- und Rachenöl

Zum Einsatz dieser Stoffe liegen laut der FDA nur unvollständige Daten der Hersteller vor, die über eine Reduktion der Schnarchgeräusche berichten. Theoretisch ist das Risiko einer Lipid-Aspiration gegeben.

Die Substanz Phosphocholamin wurde nasal in zwei Studien geprüft. Eine Untersuchung beschrieb ein ca. 13 % leiseres und zu 25 % seltener auftretendes Schnarchen [50]. In einer weiteren Untersuchung wurde ein Plazebovergleich durchgeführt, der Apnoe-Hypopnoe-Index lag bei 17/Stunde unter Phosphocholamin, unter Plazebo bei 14/Stunde: Der Schlaf war vergleichbar [51]. Eine ausreichende Wirkung liegt somit nicht vor.

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Nahrungsergänzungsstoffe

Geprüft wurden im Plazebo-Vergleich Nux vomica, Belladonna, Ephedra vulgaris, Hydrastis canadensis, Kali bichromicum, Teucrium marum, Histamin: Schnarchen nahm subjektiv unter Verum um 79,5 % ab, unter Plazebo um 45,6 %. Die Daten sind aufgrund des hohen Plazeboeffektes diskussionsbedürftig, die Wirksamkeit fraglich [52]. Außerdem erfolgten keine objektiven Quantifizierungen der beschriebenen Parameter.

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Schnarchbrille

Durch das nächtliche Tragen einer Brille, die beim Schnarchen rote Leuchtdioden aufleuchten lässt, ändert sich das Ausmaß einer nächtlichen Atmungsstörung nicht [53]. Es ist zu vermuten, dass durch die Lichtimpulse Arousals und damit Schlafstörungen hervorgerufen werden. Auch diese Therapie kann nicht empfohlen werden.

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Magnetkopfkissen/-matrazen

Schnarchen und schlafbezogene Atmungsstörungen sind unter Verwendung dieser Therapieoption unverändert [54]. Die Daten zeigen keinerlei Wirksamkeit des Verfahrens.

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Schlussfolgerung

Die Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen orientiert sich am Schweregrad der Erkrankung, wie bei anderen Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus). Vor jeder Therapie steht eine exakte Diagnostik und Schweregradeinteilung.

Die Basis der Therapie schlafbezogener obstruktiver Atmungsstörungen ist eine Gewichtsreduktion. Der Erfolg dieser Maßnahme darf aber nicht überschätzt werden. Eine Lagetherapie, also ein Verhindern der Rückenlage, ist nur bei leichtgradigen Erkrankungsstadien bei Patienten ohne Beschwerden und ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren ausreichend. Bei leichtgradigen Krankheitsstadien können Unterkieferprotrusionsschienen oder operative Maßnahmen helfen. Hier fehlen jedoch zuverlässige Prädiktoren. Eine medikamentöse Therapie ist bei schlafbezogenen obstruktiven Atmungsstörungen obsolet. Die weiteren aufgeführten Verfahren sind ineffektiv und nicht zu empfehlen. Die Therapie der Wahl ist die nächtliche Atmung mit kontinuierlichem Überdruck.

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H. Hein

Krankenhaus Großhansdorf · Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie

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