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DOI: 10.1055/s-2004-813269
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Eine einfache Methode, die Tränenproduktion beim trockenen Auge anzuregen
Publication History
Publication Date:
21 September 2005 (online)
Das trockene Auge ist bekanntlich keine Befindlichkeitsstörung, denn nicht selten hat sie einen hohen Krankheitswert, wenn die übliche Therapie versagt. Lange schon besteht der Wunsch nach einer Methode, die Tränendrüse direkt zu stimulieren. Bislang waren Versuche, die Tränenproduktion medikamentös anzuregen, nicht sehr erfolgreich. Nur bei ausgesucht schweren Fällen von M. Sjögren half Eledoisin. Die von Tiburtius und Merker empfohlene Therapie mit Bromhexinhydrochlorid hat sich wenig bewährt. Dahan versucht durch Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln dieses Ziel zu erreichen. Neuerdings werden Cyclosporin A-Augentropfen zur Reduktion der Entzündung der Tränendrüsen empfohlen. Leider ist die Therapie mit den bislang zur Verfügung stehenden Mitteln nicht befriedigend.
Im Folgenden wird eine Methode vorgestellt, durch welche eine Reizung der Gl. parotis die Tränen- und Nasenschleimhautsekretion angeregt wird. Physiologisch wird die Speichelproduktion durch Kaubewegungen erzeugt. Die Bewegung der Kiefergelenke übt eine direkte Reizung auf die Speicheldrüsen aus. Um noch intensiver auf diese einzuwirken, wird dem Patienten empfohlen, mit der Zunge, wie mit einer Zahnbürste, in kreisenden Bewegungen die Zähne rundherum zu putzen, wobei die Zungenspitze das Zahnfleisch außen berühren soll. Nach einigen Umrundungen der Zunge sezernieren die Speicheldrüsen Speichel, wodurch eine Mundtrockenheit beseitigt wird. Nach fortgesetzter Prozedur wird die Erregung auf nervalem Weg an Tränen- und Nasenschleimhautdrüsen weitergeleitet, welche auch Sekrete produzieren. Ein Schluck Wasser im Mund erleichtert die Übung. Nach ca. 5 - 10 Kreisbewegungen der Zunge soll mit einem frischen Schluck die Übung wiederholt werden. Um einen Erfolg zu erzielen, sollte die Übung zu Anfang 2 - 3 Minuten lang durchgeführt werden. Nach einigen Tagen der vollzogenen Bahnung der Erregung genügen schon wenige Zungenbewegungen, um die Tränensekretion anzuregen. Die Gl. parotis wird vorwiegend von Trigeminusfasern sensibel versorgt. Der afferente Schenkel des Tränenreflexes verläuft vom N. trigeminus aus über den N. ophthalmicus zum N. lacrimalis und schließlich zum Erfolgsorgan. Bei der Erstvorstellung des Patienten und nach einer Woche wurde die Tränenaufreißzeit (BUT) gemessen und der Schirmer-Test durchgeführt. Von 64 Patienten, deren Ergebnisse ausgewertet wurden, haben 61 (95 %) subjektiv positiv auf die Übung reagiert und brauchten keine Tränenersatztropfen mehr. Gleichzeitig nahm die Nasensekretion zu und trockene, verstopfte Nasen wurden frei. Die signifikant besseren Ergebnisse des Schirmer-Tests und der BUT nach einer Woche lieferten den letzten Beweis.
Die eigenen Tränen sind viel wertvoller als alle künstlichen Tränen. Sie dienen nicht nur dem mechanischen Schutz, sie schützen auch vor Infektionen und Entzündungen durch spezifische und unspezifische Abwehrmechanismen und wirken regenerierend. Langwierige Oberflächenkeratitiden bei trockenem Auge heilen nach Anregen der Tränenproduktion prompt ab.
Für diese Methode sind am besten Patienten geeignet, die so schwer unter Augentrockenheit leiden, dass sie schon morgens unmittelbar nach dem Aufwachen Beschwerden haben sowie Patienten, bei denen die bisherige Therapie wenig half. Diese Patienten sind bereit, aktiv vorzugehen. Die Übung soll gleich morgens vor dem Waschen des Gesichts und ohne Verabreichung von Augentropfen durchgeführt werden. Der Patient kann vor und nach der Übung durch Aufdrücken eines Papiertaschentuchs auf die geschlossenen Lider selbst den Erfolg kontrollieren. Bei Beschwerden im Kiefergelenk, Reizungen der Gl. parotis oder einer Epiphora ist die Übung zu reduzieren oder einzustellen.
Die Wirksamkeit dieser Methode lässt vermuten, dass bei einer erheblichen Anzahl der Siccapatienten keine organische, sondern eine funktionelle Störung vorliegt.