Gesundheitswesen 2004; 66: 13-20
DOI: 10.1055/s-2004-812759
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Surveillance meldepflichtiger Infektionskrankheiten in Bayern - Ergebnisse 2002

Surveillance of Notifiable Infectious Diseases in Bavaria - Results for 2002M.-S. Ludwig1 , W. Hautmann1 , M. Wildner1
  • 1Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
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Publication Date:
21 September 2005 (online)

Zusammenfassung

Im Jahr 2002 wurden in Bayern mit knapp 36 000 Fällen ca. 10 % mehr meldepflichtige Infektionskrankheiten als im Vorjahr (rund 33 000) übermittelt. Etwa drei Viertel aller übermittelten Infektionen stellen - wie im Jahr zuvor - Darminfektionen dar. Jede dritte gemeldete Infektion ist eine Salmonellose. Die Anzahl der übermittelten Norwalk-like-Viruserkrankungen ist im Vergleich zum Vorjahr auf das Fünffache angestiegen. Meist handelt es sich um Ausbrüche in Altenheimen, Kliniken oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen mit bis zu 200 Erkrankten.

Weitere häufig übermittelte Infektionen sind in Bayern Tuberkulose und Hepatitis. Die relativ hohe Inzidenz an Masern ist praktisch ausschließlich durch den Ausbruch in Coburg bedingt. Bei der Tuberkulose ist der seit Jahren zu verzeichnende Rückgang der Inzidenz jetzt nahezu zum Stillstand gekommen. Von den Hepatitismeldungen entfallen ca. 70 % auf die Hepatitis C. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich dabei nicht in allen Fällen um akute Neuinfektionen, sondern auch um erstmalig diagnostizierte zurückliegende Infektionen handelt.

Von besonderer epidemiologischer Bedeutung sind auch Erkrankungen durch Meningitiserreger. Die Inzidenz der Meningokokkenerkrankungen hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht wesentlich verändert. Etwa die Hälfte aller Erkrankungen ist durch den nicht impfpräventablen Serotyp B verursacht. Meningitiden durch HiB sind dank der hohen Durchimpfungsraten weiterhin rückläufig und sehr selten geworden. Es wurden mehrere FSME-Fälle übermittelt, die nach den Ermittlungen der Gesundheitsämter in bisher noch nicht als Risikogebiet ausgewiesenen Landkreisen erworben wurden. Die Darstellung der Endemiekarten muss daher aktualisiert werden.

Nach 2-jähriger Umsetzung des Meldewesens nach dem IfSG kann eine sehr positive Bilanz mit zeitnaher Verfügbarkeit und Flexibilität, flächendeckender Erfassung, einheitlichem Standard und hoher Datenqualität gezogen werden. Dank gilt hier besonders den meldenden Ärzten und Labors sowie den überwiegend sehr engagierten Mitarbeitern an den bayerischen Gesundheitsämtern.

Abstract

In 2002 nearly 36 000 cases of notifiable infectious diseases were reported in Bavaria representing a 10 % increase compared to 2001 (33 000 cases). As in 2001, around 75 % of reported cases were gastrointestinal infections. Every third infection was due to salmonella. As compared to last year, the incidence of Norwalk-like virus infections increased fivefold. These infections occurred mostly as outbreaks in nursing homes, hospitals or other institutions, affecting as many as 200 persons.

Other frequently reported infections in Bavaria are tuberculosis and hepatitis. The relatively high incidence of measles is mainly due to an outbreak in Coburg. The decline in the incidence of tuberculosis observed over the last years has ceased. Around 70 % of reported hepatitis cases were due to hepatitis C. It should be noted that these cases were a mixture of new infections and ongoing infections diagnosed for the first time.

Of great epidemiological importance are diseases caused by meningitis pathogens. The incidence of meningococcal infections was practically unchanged as compared to last year. Around half of them were caused by serotype B, which is currently not preventable by vaccination. Meningitis caused by Haemophilus influenzae B is continually declining due to the high vaccination rate and is very rarely reported. Several cases of FSME were described. According to investigations carried out by health departments these infections were acquired in countries not yet classified as FSME risk areas. Hence, the endemics maps of FSME have to be revised.

Two years of reporting according to IfSG (infectious disease control law) yielded very encouraging results, i. e. rapid accessibility of data, flexibility, complete and standardised reporting with high quality of data. We thank all the reporting physicians and laboratories and the staff of the Bavarian health departments for their continuous support.

Literatur

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Dr. med. Maria-Sabine Ludwig, MPH

Sachgebiet GE4, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Veterinärstr. 2

85762 Oberschleißheim

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