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DOI: 10.1055/s-2003-814722
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Gadolinum-verstärkte MRI - Akute Polynephritis bei Kindern eindeutig nachzuweisen
Publication History
Publication Date:
04 December 2003 (online)
- Zusammenfassung
- Kommentar zur Studie
- Kommentar zur Studie
- Kommentar zur Studie aus nuklearmedizinischer Sicht
Zusammenfassung
Wenn Laborwerte und die körperliche Untersuchung keine eindeutige Diagnose zulassen, müssen bildgebende Verfahren Klarheit schaffen, ob eine akute Polynephritis vorliegt. Der Goldstandard ist derzeit die nukleare renale kortikale Szintigraphie mit 99mTechnetium (Tc) Dimercapto-succinische Säure (DMSA).
Ionisierende Strahlung, limitierte räumliche Auflösung und Schwierigkeiten in der Unterscheidung zwischen akuter Pyelonephritis und Narben sind die negativen Seiten dieses Verfahrens. Ist die Gadolinium verstärkte Magnetresonanz- Imaginierung (MRI) das Verfahren der Zukunft? A. C. Weiser und Kollegen berichten in ihrer Studie von ihren Erfahrungen mit dieser neuen Methode anhand von 9 pädiatrischen Patienten im Alter zwischen 7 Monaten und 18 Jahren zur radiographischen Abklärung einer akuten Polynephrtitis (The Journal of Urology 2003; 169: 2308 - 2311).
Bei 4 Patienten wurde eine akute Polynephritis mittels MRI nachgewiesen, 2 zeigten Narben, die auf eine frühere Polynephritis zurückzuführen waren, ein Patient zeigte Anzeichen für eine chronische Polynephritis mit chronischen Veränderungen und 2 hatten völlig normale Untersuchungen mit verminderter Signalintensität nach Gadolinium. Der Kostenvergleich zwischen 99m-Technetium DMSA und Gadolinium-MRI fiel zugunsten letzterem aus. Für das MRI wurden alle Patienten unter 6 Jahren intravenös sediert, für das DMSA-Scanning 70 % der Kinder. Demgegenüber steht jedoch die detaillierte anatomische Darstellung der renalen Architektur ohne Strahlenexposition mittels MRI, die eine eindeutige Unterscheidung zwischen akuter Polynephritis und chronischen polynephritischen Narben in einer Sitzung erlaubt.
Gerade bei Kindern bietet sich die Gadolinium-verstärkte MRI an, wenn auf ionisierende Strahlung weitgehend verzichtet werden sollte. Sie ist schnell, reproduzierbar, kosteneffektiv und sicher. Sie wird wohl als Methode der Wahl in der Diagnose einer akuten Polynephritis aufsteigen.
#Kommentar zur Studie
Der Artikel von Dr. Weiser und Kollegen ist ein weiterer interessanter Beitrag zur diagnostischen Bildgebung der akuten Pyelonephritis. Die Autoren untersuchten in einer kleinen Gruppe von Kindern (n = 9) den Einsatz der kontrastverstärkten MRT. Dieser Beitrag ist für die urologische Fachliteratur sicherlich sehr zu begrüßen. Man muss aber auch feststellen, dass es schon Ende der 90er-Jahre in der radiologischen Fachliteratur ausführlichere und mit einer größeren Patientenzahl publizierte Studien bezüglich der diagnostischen Potenziale der MRT gab. Nach dem heutigen Wissensstand scheint es so, dass die MRT bezüglich parenchymatöser Läsionen bei akuter oder chronischer Pyelonephritis Antworten mit hoher diagnostischer Sicherheit liefern kann. Wesentlich ist jedoch die Frage, welche therapeutischen Konsequenzen sich daraus ergeben. In der Institution der Autoren scheint das Ergebnis der MRT einen wichtigen Beitrag für das klinische Management zu leisten. Man muss aber im Auge behalten, dass in vielen Zentren diese zusätzliche Information keine wesentliche therapeutische Änderung hervorruft. Eine DMSA-Szintigraphie durch eine MRT zu ersetzen trotz dieser Bedenken, ist von großem Vorteil, da eine Strahlenexposition vermieden wird. Von dem Einsatz der MRT ist es für die Routineanwendung wichtig, das Potenzial der modernen Sonographie auszuschöpfen. Bei der Frage pyelonephritischer Läsionen stehen hochauflösende Ultraschallköpfe, das Farb- und die Power-Doppler-Verfahren und in letzter Zeit die Harmonic imaging-Modalität zur Verfügung. Diese ermöglichen in der B-Bild- bzw. in der Doppler-Untersuchung eine deutlich bessere Abgrenzung von pathologischen Befunden. Eine weitere potenzielle Anwendung ist der Einsatz von intravenösem Ultraschallkontrastmittel. Die Sonographie ist im Vergleich ubiquitär verfügar, benötigt keine Sedierung und ist auch kostengünstiger. Zusammenfassend kann man sagen, dass die MRT bei der diagnostischen Bildgebung der Pyelonephritis eingesetzt werden kann, insbesondere als Alternative zur DMSA-Szintigraphie. Wesentlich ist aber, ob sich aus einer derartigen Diagnostik Auswirkungen auf die Behandlung des Patienten ergeben.
Prof. K. Darge, Würzburg
#Kommentar zur Studie
Der Artikel von Adam C. Weiser et al. befasst sich mit einer interessanten Methode zur Bereicherung des diagnostischen Spektrums bei Harnwegsinfektionen im Kindesalter. Die hier beschriebene und an 9 Kindern mit klinischem Verdacht auf Pyelonephritis angewandte MRT-Technik wurde schon mehrfach zuvor am Tierexperiment und in klinischen Studien intensiv getestet und hat sich im Vergleich mit verschiedenen anderen bildgebenden Methoden - insbesondere der Standardmethode renale kortikale Szintigraphie - als vorteilhaft erwiesen.
Geradezu brillant ist der spezielle technische Ansatz dieser Methode: Neben primär anatomisch orientierten Sequenzen wird eine schnelle Inversion-Recovery-Spinecho Sequenz nach intravenöser Applikation des MR-Kontrastmittels Gadolinium-DTPA akquiriert. Bei diesem Sequenztyp stellt sich das normal Kontrastmittel anreichernde und konzen- trierende Nierengewebe signalarm (= schwarz) dar. Demgegenüber bleibt die Signalintensität von Gewebe, das schlecht durchblutet ist, oder das Kontrastmittel nicht konzentrieren kann, hoch.
Darüber hinaus zeigen sich mit dieser Sequenz vermehrt wasserhaltige Strukturen, also auch ödematöses Gewebe, ebenfalls signalintensiv. Bei der akuten Pyelonephritis spielen pathophysiologisch als entzündliche Reaktion der Niere auf die bakterielle Invasion sowohl als fokale Ischämie als auch ein interstitielles Ödem eine Rolle. So zeichnen sich akute pyelonephritische Läsionen mit dieser MRT-Technik durch eine im Vergleich zum gesunden Gewebe deutlich angehobene Signalintensität aus, die aus der Kombination einer mangelnden KM-Anreicherung mit ödematös verändertem Gewebe resultiert. Die Herde leuchten also hell auf, die zusätzlichen Sequenzen erleichtern die anatomische Orientierung. Mit dieser Technik erreicht die MRT in histologischen Vergleichstudien eine hohe Sensitivität zur Detektion pyelonephritischer Herde. Die Unterscheidung der akuten Pyelonephritis von der maturen Narbe erscheint mit der MRT leichter als mit der kortikalen Szintigraphie.
Neben der hohen Sensitivität und Spezifität besteht ein weiterer wesentlicher Vorteil dieser Methode in der fehlenden Strahlenbelastung, was besonders bei Kindern Bedeutung hat. Dem stehen als Nachteile die mancherorts noch limitierte Verfügbarkeit und die Notwendigkeit einer guten Sedierung bei kleinen Kindern gegenüber. Wie Weiser et al. detailliert herleiten, sind die Kosten der MRT-Methode mit denen der kortikalen Szintigraphie vergleichbar.
Eine kritische Frage muss sich diese Methode allerdings gefallen lassen: Wird zur Diagnostik der Pyelonephritis überhaupt eine bildgebende Methode benötigt, oder ist die Pyelonephritis nicht per se eine klinische Diagnose? Muss hier nicht das rasche therapeutische Eingreifen mit dem Ziel der Verhinderung späterer postpyelonephritischer Narben ganz im Vordergrund stehen und ist nicht jegliche Verzögerung durch eine Bildgebung zu vermeiden? Spielt nicht das detaillierte Erkennen sämtlicher einzelner Herde demgegenüber eine deutlich untergeordnete Rolle? Die Antwort wird durch die Autoren selbst gegeben, die bei der Diagnostik der Pyelonephritis zum wohl überlegten Gebrauch bildgebender Untersuchungen raten und deren routinemäßigen Einsatz ablehnen. Einzelfälle, in denen eine Bildgebung sinnvoll zur Klärung beitragen kann, sind Fieber unbekannter Ursache bei fraglichem Harnwegsinfekt, chronische Bakteriurie mit unsicheren klinischen Zeichen des akuten Harnwegsinfektes, fieberhafter Harnwegsinfekt trotz antibiotischer Prophylaxe bei bekanntem vesikoureteralen Reflux und multiple fieberhafte Harnwegsinfekte.
Sinnvoll und zurückhaltend angewandt, kann also die kontrastmittelverstärkte MRT als komplementäres diagnostisches Mittel einen wertvollen Beitrag im diagnostischen Spektrum des kindlichen Harnwegsinfektes leisten.
PD Wiltrud K. Rohrschneider, Heidelberg
#Kommentar zur Studie aus nuklearmedizinischer Sicht
Die szintigraphische Untersuchung der Nieren mit 99m-Tc-DMSA in SPECT- Technik ist eine etablierte und validierte Methode bei V.a. akute Pyelonephritis im Kindesalter. Im Einzelfall kann tatsächlich die Unterscheidung zwischen einer akuten Pyelonephritis und älteren narbigen Veränderungen schwierig sein, sofern keine szintigraphischen Voraufnahmen vorliegen. Hieraus kann jedoch unseres Erachtens keine generelle Empfehlung zur Abkehr von der szintigraphischen Untersuchung mit 99m-Tc-DMSA abgeleitet werden. Die in der Publikation angegebenen Kosten der DMSA-Szintigraphie fallen in Deutschland deutlich niedriger aus, eine intravenöse Sedierung der Patienten ist nach unserer Erfahrung nur sehr selten erforderlich.
Prof. P. Bartenstein, Mainz
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