Aktuelle Urol 2003; 34(6): 380-384
DOI: 10.1055/s-2003-45473
Qualitätsmanagement

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Dienstplangestaltung im Krankenhaus

H. Rischar1
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Dr. H. Rischar

Schlüchtern

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Publication Date:
27 October 2003 (online)

 
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Zusammenfassung

Der Dienstplan ist ein Planungsinstrument zur Deckung des notwendigen Bedarfs einer Station im Krankenhaus. Der Einsatz des Personals muss möglichst wirtschaftlich sein und rechtliche, arbeitsorganisatorische und medizinische Faktoren berücksichtigen. Das gilt immer auch für Mitarbeiterwünsche.

Die Aufstellung eines Dienstplans ist aus vielen Gründen sehr wichtig. Die bedeutsamsten sind das effiziente Arbeiten, die Organisation der Arbeitsabläufe zwischen den verschiedenen Bereichen des Krankenhauses, die Erfüllung der Fürsorgepflicht der Krankenhausleitung gegenüber ihren Mitarbeitern durch Beachtung aller arbeitsrechtlichen Vorschriften, die Sicherstellung der Mitbestimmung der Arbeitnehmervertretung, der Ausschluss der Haftung und eine möglichst große Zufriedenheit der Mitarbeiter.

Der Dienstplan ist ein juristisches Dokument mit urkundenähnlichem Charakter. Deshalb muss eine einheitliche und vollständige Legende enthalten sein, die Dritte verstehen und daher jederzeit nachvollziehen können. Er darf keine Radierungen, Überschreibungen oder Überklebungen enthalten. Jede Veränderung ist allein der dazu ermächtigten Person vorbehalten, die sie selbst abzeichnen muss. Aus dem Dienstplan hat hervorzugehen, wer diese Person ist, welche Funktion sie hat, an welchem Tag sie den Dienstplan berichtigt hat und ab welchem Tag er deshalb gilt.

Der Arbeitgeber besitzt das Weisungsrecht bei der Festlegung der Arbeitszeit und der zu leistenden Arbeit. Deshalb darf die von der Krankenhausleitung dafür beauftragte Person (= Dienstplanersteller) Beginn und Ende der Arbeitszeit im Rahmen der gesetzlichen Höchstgrenze im Dienstplan festlegen. Die Grenzen des Direktionsrechts sind bestimmt durch die tägliche und die wöchentliche Höchstarbeitszeit, die Einhaltung der Ruhezeiten und Ruhepausen, die Arbeitsvertragsgestaltung des einzelnen Mitarbeiters, die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretung sowie Fürsorgepflicht zum Schutz vor Gefahren für Leben und Gesundheit.

Die übliche Geltungsdauer eines Dienstplanes ist ein Monat, wobei der Zuständige ihn bereits 2 Wochen vorher erstellt und für die betroffenen Mitarbeiter sichtbar aushängt. Ein noch früherer Zeitpunkt der Bekanntgabe verführt zu Änderungswünschen und damit dem Tausch unter Mitarbeitern, ein später ausgehängter erschwert den Mitarbeitern eine vorausschauende Planung.

Zu unterscheiden sind der Soll- und der Ist-Dienstplan. Der Soll-Dienstplan umfasst das jeweilige Tagesdatum, den genauen Beginn und das exakte Ende jedes Arbeitseinsatzes, die zu leistende Stundenzahl und die Angaben, warum der Mitarbeiter zu Ruf- oder Bereitschaftsdienst eingeteilt ist. Davon zu unterscheiden ist der Ist-Dienstplan mit seinen Abweichungen vom Soll. Es kann zu zusätzlichen Leistungen eines Arbeitnehmers gekommen sein, weil er z. B. Überstunden, Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft leisten musste, aber auch durch Fehlzeiten, z. B. wegen Arbeitsunfähigkeit. Solche Abwesenheitszeiten berühren ebensowenig die Sollstunden eines Mitarbeiters wie Urlaub oder eine Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Bezüge.

Zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmervertretung sollte ein Rahmendienstplan als Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung geschlossen werden. Es geht dabei um die Festlegung der einzelnen Schichtdauern mit Beginn und Ende, wie z. B. dem Arbeitsbeginn der Frühschicht, der Überlagerungszeit mit der Spätschicht, der Dauer der Nachtschicht, den Schichtzeiten von Teilzeitarbeitnehmern.

Überlagerungszeiten sollen so kurz wie vertretbar sein, in der Regel 30 Minuten, damit der übergebende Arzt seine Kollegen ausreichend intensiv über besondere Vorkommnisse informieren kann. Weitere zu beachtende Aspekte sind: Eine möglichst gleiche Schichtdauer für alle Schichten, vor allem aus organisatorischen und vergütungsrechtlichen Gesichtspunkten, deshalb auch eine unverkürzte Nachtschicht, geteilte Dienste, d. h. Arbeitszeiten in 2 Zeitblöcken an einem einzigen Tag mit mehreren Stunden Unterbrechung, Schaukeldienst als ständiger Wechsel zwischen Früh- und Spätschicht.

Einigkeit muss auch mit der Arbeitnehmervertretung über die Zeitmodelle bestehen: Die 5,0-Tage-Woche, die 5,5- oder die 6-Tage-Woche. Der Dienstplanersteller sollte auch nationale und internationale medizinische Erkenntnisse der Arbeitssicherheit berücksichtigen, um seine Fürsorgepflicht als Arbeitgebervertreter zu erfüllen, ggf. auch zum Schutz eines Mitarbeiters vor sich selbst.

Einige wesentliche und einschlägige Erkenntnisse sind:

  • möglichst geringe Anzahl der unmittelbar aufeinanderfolgenden Nachtdienste, maximal 4 Schichten.

  • geblockte Wochenendfreizeiten statt einzelner freier Tage.

  • keine Arbeitsperiode von mehr als 9 Arbeitstagen am Stück

  • ein Vorwärtswechsel der Schichten: Früh-, Spät- Nachtschicht.

  • kein zu früher Beginn der Frühschicht, am günstigsten um 6.30 oder 7.00 Uhr.

  • regelmäßige Schichtfolgen.

Es ist sehr schwer, alle arbeitsrechtlichen Vorschriften bei der Erstellung des Dienstplans zu befolgen. Die wesentlichen Grundlagen stellen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes dar, auf die ich allein eingehe, weil die tariflichen Bestimmungen unterschiedlich sind. Das Gesetz geht in § 3 Abs. 1 ArbZG von einer werktäglichen Arbeitszeit von maximal 8 Stunden aus. Keine besondere Problematik stellt eine Verlängerung auf 10 Stunden dar, wenn der Arbeitgeber dafür sorgt, dass innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Dagegen ist es gesetzlich untersagt, dass ein Mitarbeiter an einem Stück mehr als 10 Stunden arbeitet. Dazu kann es aber schnell kommen, wenn ein Mitarbeiter laut Dienstplan 8 Stunden voll arbeitet und anschließend Bereitschaftsdienst leistet. Würde er dann 2 Stunden Vollarbeit leisten, muss er seinen Dienst beenden.

Wichtig ist, dass das Arbeitszeitgesetz bei der Lage des Werktages nicht vom Kalendertag ausgeht, sondern vom Beginn der üblichen Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers mit einem Ende 24 Stunden später.

Die über 8 Stunden hinaus gehende Arbeitszeit muss durch Freizeit ausgeglichen werden. Das können keine Tage der Arbeitsunfähigkeit oder des Urlaubs sein.

Im Dienstplan müssen die vorgeschriebenen Ruhepausen eingeplant werden. Während dieser Zeit ist der Mitarbeiter von jeder Dienstverpflichtung freigestellt, auch von jeder Verpflichtung, sich zum Dienst bereit zu halten. Diese Arbeitsunterbrechungen müssen im Voraus festliegen, dürfen also nicht spontan nach dem Arbeitsanfall gegeben werden. Zulässig ist aber ein Zeitfenster von beispielsweise 2 Stunden.

Die Einhaltung von Ruhepausen wird dadurch erleichtert, dass z. B. die 30-Minuten-Pause bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden auf 2 Pausen von jeweils minimal 15 Minuten aufgeteilt werden dürfen. Mitarbeiter, die nur 6 Stunden oder weniger arbeiten, können keine Ruhepause beanspruchen.

Während der Ruhepause darf ein Mitarbeiter die Arbeitsstelle verlassen. Muss er aber dennoch bei einem Arbeitsabruf umgehend zurückkommen, liegt keine Ruhepause vor.

Der Dienstplanverantwortliche darf die Festlegung der Pausen nicht auf seine Mitarbeiter delegieren, denn er muss auf jeden Fall dafür sorgen, dass die Mitarbeiter die gesetzlich vorgesehene Ruhepause auch tatsächlich einhalten.

Unzulässig ist die Verlagerung der Pause in die Zeit des Bereitschaftsdienstes. Während des Bereitschaftsdienstes oder der Rufbereitschaft besteht kein Anspruch des Mitarbeiters auf eine Ruhepause, auch wenn diese über 6 Stunden hinausgehen.

Zwischen dem Ende der täglichen Arbeitszeit und dem Beginn der nächsten täglichen Arbeitszeit, also zwischen 2 Arbeitsschichten eines Arbeitnehmers, muss ein ununterbrochener arbeitsfreier Zeitraum liegen (= Ruhezeit). Die Dauer beträgt mindestens 11 Stunden, im Krankenhaus dagegen nur 10 Stunden. Während dieser Zeit darf der Arbeitnehmer bis zu 50 % durch Arbeit während eines Bereitschaftsdienstes oder einer Rufbereitschaft beansprucht werden (§ 5 Abs. 3 ArbZG). Der Ausgleich kann zu einem späteren Zeitpunkt durch andere Ruhezeiten von 12 Stunden geschehen (= innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von 4 Wochen; § 5 Abs. 2 ArbZG).

Diese Bestimmung ist nach dem neuesten Urteil des Europäischen Gerichtshofs unzulässig. Die EU-Richtlinie über Arbeitszeit erlaubt es nicht, Zeiten der Untätigkeit eines Arztes, der seinen Bereitschaftsdienst im Krankenhaus ableisten muss, auf die Ruhezeit anzurechnen, obwohl solche Zeiten in vollem Umfang als Arbeitszeit anzusehen sind. Darüber ist es unzulässig, dass ein Ausgleich nur für solche Zeiten vorgesehen ist, in denen der Arbeitnehmer während seines Bereitschaftsdienstes tatsächlich in Anspruch genommen wurde.

Schließlich muss nach europäischem Recht der Ausgleich für eine verkürzte Ruhezeit unmittelbar im Anschluss an die verlängerte Arbeitsperiode gewährt werden. Der Ausgleichszeitraum von 4 Wochen ist zu lang.

Ebenso wie die übrige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist dieses Urteil nur für öffentliche Arbeitgeber verbindlich. Private Arbeitgeber können sich dagegen auf die deutsche Rechtslage verlassen (s.u.).

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist nur für öffentliche Arbeitgeber verbindlich.

Im Dienstplan müssen der Tag der verkürzten Ruhezeit und der Tag des jeweiligen Ausgleichs gekennzeichnet werden.

Da der Arbeitgeber aufgrund des ihm zustehenden Direktionsrechts die zeitliche Lage der Arbeitszeit des Arbeitnehmers bestimmen kann, darf er auch bei diesem eine Schichtänderung anordnen. Dadurch sind familiäre Probleme für einen Arbeitnehmer möglich.

Beispiel: Der Arbeitnehmer besitzt kein Auto, ist folglich auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen. Wegen der Schichtänderung kommt es zu langen Aufenthaltszeiten an den Bahnhöfen. Deshalb widerspricht er der Anordnung. Der Arbeitgeber darf auf der Schichtänderung bestehen. In diesem Fall muss er aber für den Arbeitnehmer eine Übergangslösung in Kauf nehmen.

Nachtarbeit i. S. v. § 2 Abs. 3 ArbZG ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, wobei sie bereits gegeben ist, wenn die Arbeitszeit mehr als 2 Stunden während des gesetzlichen Zeitraums beträgt (§ 3 Abs. 4 ArbZG). Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer hat besonderes Gewicht bei der Gestaltung der Nachtarbeit (§ 6 ArbZG). So hat ein Arbeitsgericht entschieden, dass eine Krankenschwester von ihrem Arbeitgeber nicht verlangen kann, zu 7 Nachtwachen hintereinander eingeteilt zu werden, weil diese Forderung den gesicherten medizinischen Erkenntnissen der Arbeitssicherheit widerspricht.

Der Ausgleichszeitraum für Nachtarbeit über 8 Stunden täglich ist auf einen Kalendermonat oder 4 Wochen begrenzt (§ 6 Abs. 2 ArbZG).

Nach § 6 Abs. 3 ArbZG können Nacht-Arbeitnehmer beanspruchen, vor Beginn dieser Beschäftigung und danach regelmäßig mindestens alle 3 Jahre, arbeitsmedizinisch untersucht zu werden; über 50-jährige sogar jährlich. Die Kosten dieser Untersuchung muss der Arbeitgeber tragen.

Bei gesundheitlicher Gefährdung durch weitere Nachtarbeit sowie bei Betreuung von Kindern unter 12 Jahren oder von schwer pflegebedürftigen Angehörigen kann der Nacht-Arbeitnehmer verlangen, im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umgesetzt zu werden (§ 6 Abs. 4 ArbZG). Die gesundheitliche Gefährdung muss der Arbeitnehmer durch ein arbeitsmedizinisches Attest beweisen. Die Umsetzungsverpflichtung des Arbeitgebers besteht nur im Rahmen objektiv feststellbarer Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten.

Der Nachtdienst ist über zwei zulässige Organisationsformen möglich:

  • Als Wechselschicht, üblicherweise mit 10 Stunden. Also darf der Arbeitnehmer innerhalb des Ausgleichszeitraums von 4 Wochen maximal 4 x 48 Stunden (= 192 Stunden) in der Nachtschicht beschäftigt werden.

  • Als Dauernachtwache: In diesem Fall darf der Arbeitnehmer in 4 Wochen höchstens 19 x 10 Stunden Nachtdienst leisten.

  • Für die Beschäftigung an einem Sonn- oder Feiertag ist dem Arbeitnehmer je ein Ersatzruhetag zu gewähren (§ 11 Abs. 3 ArbZG). Ein Sonntag pro Monat muss beschäftigungsfrei bleiben (§ 11 Abs. 1 ArbZG). Die Sonn- und Feiertagsruhe (§ 9 ArbZG) oder der Ersatzruhetag ist dem Arbeitnehmer unmittelbar in Verbindung mit einer Ruhezeit (§ 5 ArbZG) zu gewähren.

Bei der Dienstplangestaltung sollte der Verantwortliche darauf achten, welcher dienstplanmäßig freie Tag als Ausgleich für Sonntagsarbeit gewährt wird, z. B. regelmäßig der erste dienstplanmäßig freie Tag nach der Sonntagsarbeit. Dieser Ausgleichstag muss im Dienstplan entsprechend gekennzeichnet werden.

Nur wenn der Arbeitnehmer an einem Wochenfeiertag dienstplanmäßig arbeiten musste, ist ihm im Dienstplan als Ausgleich eine zusammenhängende Freizeit zu gewähren. Hatte er dagegen an dem Wochenfeiertag ohnehin dienstfrei, verringert sich seine Soll-Arbeitszeit für den Monat nicht.

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Feiertagsbezahlung besteht nur, wenn der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist. War ein Arbeitnehmer dagegen nach dem Dienstplan an einem bestimmten Wochentag von der Arbeit freigestellt, so ist seine Arbeitszeit nicht infolge des Feiertags ausgefallen. Das ist kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers ist unregelmäßig auf die einzelnen Wochentage verteilt: Durchschnittlich arbeitet der Arbeitnehmer zwar an 5 Arbeitstagen in der Woche 7,5 Stunden, aber an einzelnen Wochentagen 8 Stunden, an anderen regelmäßig nur 7 Stunden. In diesem Fall ist für die Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto entscheidend, wie lange der Arbeitnehmer konkret an dem Wochentag hätte arbeiten müssen, an dem wegen des Feiertags die Arbeitszeit ausfiel.

Die Regelung der Ersatzruhetage in § 11 Abs. 3 ArbZG für geleistete Feiertagsarbeit dient allein dem Arbeitsschutz und dem Ausgleich der geleisteten Arbeit durch Freizeit. Das ArbZG bewertet also Sonn- und Feiertagsarbeit gegenüber der Arbeit an Werktagen nicht generell als „wertvoller”. Beschäftigt das Krankenhaus Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag, muss es gem. § 11 Abs. 3 ArbZG einen Ersatzruhetag gewähren, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von 8 Wochen liegt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt als Ersatzruhetag jeder Werktag in Frage, also auch ein ohnehin dienstplanmäßig arbeitsfreier sonstiger Werktag, denn der Arbeitnehmer, der sonntags arbeitet, soll nach der Gesetzesbegründung wenigstens einen arbeitsfreien Tag in der Woche haben.

Die über 8 Stunden hinaus gehende Arbeitszeit muss durch Freizeit ausgeglichen werden.

Arbeitsbereitschaft lt. § 2 ArbZG stellt Arbeitszeit dar, denn der Arbeitnehmer leistet zwar keine Vollarbeit, aber er muss anders als beim Bereitschaftsdienst sofort die Arbeit aufnehmen können, z. B. mit einem Fahrzeug innerhalb von nur 2 Minuten das Krankenhaus zu einem Einsatz verlassen. Nach der Definition ist auf Arbeit warten als Arbeit anzusehen, auch wenn die Beanspruchung geringer ist als bei Vollarbeit. Der Arbeitnehmer bekommt deshalb die gleiche Vergütung für mehr Stunden als bei Vollarbeit, weil es nicht unerhebliche Zeiten des Leerlaufs gibt.

Den meisten Streit in Krankenhäusern gibt es seit Monaten über das Thema „Bereitschaftsdienst”, weil sich der deutsche Arbeitszeitbegriff vom europäischen deutlich unterscheidet. In § 2 ArbZG heißt es zum Begriff „Arbeitszeit” nur: „Die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen.”

Seit 1920 versteht das deutsche Arbeitszeitrecht unter Arbeit diejenige Zeit, in welcher der Arbeitgeber tatsächlich die Arbeitskraft seines Mitarbeiters nutzt. Das europäischen Recht sieht in seiner entsprechenden Richtlinie dagegen „Arbeit” weiter: „Der Arbeitnehmer arbeitet oder steht dem Arbeitgeber zur Verfügung und übt seine Tätigkeit aus oder nimmt Aufgaben wahr.” Nach dieser Definition ist nicht nur Arbeitsbereitschaft Vollarbeit, sondern auch der Bereitschaftsdienst der Deutschen. Unter Bereitschaftsdienst wird bei uns der Aufenthalt eines Arbeitnehmers an einer vom Arbeitgeber angeordneten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes verstanden, um im Bedarfsfall unverzüglich (= ohne schuldhaftes Zögern) die volle Arbeitsleistung zu erbringen. Bereitschaftsdienst liegt auch vor, wenn die Krankenhausleitung ihn nicht anordnet, aber kennt und duldet. Er liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an die dienstliche Arbeitszeit zur Arbeit herangezogen wird, auch wenn für die Zeit eigentlich Bereitschaftsdienst vorgesehen war. Es handelt sich in Wirklichkeit um Überstunden!

Vom Bereitschaftsdienst ist im Rahmen des deutschen Arbeitsrechts die Rufbereitschaft zu trennen. Sie liegt vor, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, sich an einem von ihm selbst bestimmten, aber dem Arbeitgeber anzuzeigenden Ort auf Abruf zur Arbeit bereit zu halten. Die Rufbereitschaft fällt auch nach europäischem Recht nicht unter den Rechtsbegriff der Arbeitszeit, sondern nur die tatsächliche Arbeitsleistung während dieser Zeit.

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wirkt sich unmittelbar nur auf die Arbeitsverhältnisse mit öffentlichen Arbeitgebern aus, da es sich hierbei um eine Sanktion gegen einen Staat handelt, der die europäischen Vorgaben nicht oder nur unzureichend umgesetzt hat. Ein Arbeitnehmer kann sich deshalb nur in diesem Fall unmittelbar auf die europäische Richtlinie in einem Prozess stützen.

Bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen darf die Krankenhausleitung auch weiterhin das europarechtswidrige Arbeitszeitgesetz anwenden, wonach Bereitschaftsdienst nicht zur Arbeitszeit gerechnet wird. Solange der deutsche Gesetzgeber diese Norm nicht korrigiert hat, müssen die Arbeitsgerichte sie anwenden. Zu den privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen gehören auch die bei der Caritas, der Diakonie und dem Deutschen Roten Kreuz. Ordnen öffentliche Arbeitgeber also noch heute Bereitschaftsdienste an, so werden diese Zeiten insgesamt auf die Arbeitszeit angerechnet.

Die Einstufung des gesamten Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit hat erhebliche Auswirkungen auf die Dienstplangestaltung, denn folgende Lösungen sind z. B. unzulässig:

  • Bereitschaftsdienst von 12 Stunden nach einer Arbeitsschicht von 8 Stunden.

  • Verlängerung der Wochenarbeitszeit durch die Anordnung von Bereitschaftsdienst auf durchschnittlich 48 Stunden.

  • Bereitschaftsdienst in der Zeit der nach § 5 Abs. 1 ArbZG vorgeschriebenen Ruhezeit.

Wie beim Bereitschaftsdienst findet auch die Rufbereitschaft außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit statt. Nur bestimmt der Arbeitnehmer, wo er sich aufhält, um zur Arbeit gerufen zu werden. Erfahrungsgemäß darf während der Rufbereitschaft nur im Ausnahmefall Arbeit anfallen. Damit der Einsatz des Arbeitnehmers nicht gefährdet ist, muss er rechtzeitig die Arbeit aufnehmen können. Deshalb sollten nur solche Arbeitnehmer zur Rufbereitschaft herangezogen werden, die in angemessen kurzer Zeit die Arbeit aufnehmen können. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nicht vorschreiben, dass er sich nur dort aufhalten darf, von woher er in 20 Minuten das Krankenhaus erreicht.

Rufbereitschaft liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an die dienstplanmäßige Arbeitszeit zur Arbeit herangezogen wird, obwohl für diese Zeit Rufbereitschaft vorgesehen war. Diese Zeiten sind ebenso wie beim Bereitschaftsdienst Überstunden.

Arbeitsleistungen während der Rufbereitschaft, die nach dem Dienstplan in die Ruhezeit fallen dürfen, werden als Arbeitszeit bewertet. Deshalb gilt wieder die 10-Stunden-Zeit als Höchstarbeitszeit.

Der Facharzthintergrunddienst stellt keinen Bereitschaftsdienst dar, sondern nur Rufbereitschaft, denn nicht das Krankenhaus bestimmt den Aufenthaltsort der dienstleistenden Ärzte, sondern diese selbst. Wenn die Ärzte aus Verantwortungsbewusstsein als Aufenthaltsort ihre eigene Wohnung gewählt haben, kommt das keiner Ortsvorgabe durch den Arbeitgeber gleich. Es lässt sich auch aus dem Umstand, dass in der entsprechenden Abteilung des Krankenhauses die Reaktionszeiten besonders kurz sein müssen, nicht die Einordnung des Facharzthintergrunddienstes als Bereitschaftsdienst herleiten.

Bei der Dienstplangestaltung ist es besonders wichtig, die Überstunden im Ist-Dienstplan klar zu kennzeichnen und darauf zu achten, dass der Freizeitausgleich dafür entsprechend im Dienstplan verdeutlicht wird. Wird der Arbeitnehmer an dem Tag arbeitsunfähig, an dem der Freizeitausgleich für ihn vorgesehen ist, so gilt der Freizeitausgleich als gewährt.

Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, kurzfristig einseitig zu bestimmen, wann der Arbeitnehmer Freizeitausgleich zu nehmen hat oder ihn nach Hause zu schicken, obwohl er im Dienstplan zum Dienst eingetragen war. Dazu bedarf es der eindeutigen Zustimmung des Arbeitnehmers.

Jede über 8 Stunden täglich hinaus gehende Arbeitszeit an Werktagen und jede Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen ist nach Vorgabe des Arbeitszeitgesetzes aufzuzeichnen. Da diese Überprüfungen in Krankenhäusern durch die zuständigen Stellen, insbesondere im ärztlichen Dienst, erhebliche Defizite ergeben haben, muss in diesen Bereichen mit besonders gründlichen Kontrollen gerechnet werden.

Wenn beim Dienstplan zulässige Überschreitungen der täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden oder an Sonn- und Feiertagen vorgesehen sind, muss der Verantwortliche in geeigneter Form auf die damit verbundene Aufzeichnungspflicht nachdrücklich hinweisen. Auch wenn er diese Aufgaben delegiert, kann er sich nicht der Verantwortung entziehen.

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Abb. 1 Konsequenz aus der europäischen Rechtsprechung: Überstunden von Ärzten werden zukünftig im Dienstplan klar gekennzeichnet. Dafür erhält der Mitarbeiter seinen Freizeitausgleich (Bild: Archiv).

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Dr. H. Rischar

Schlüchtern

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Abb. 1 Konsequenz aus der europäischen Rechtsprechung: Überstunden von Ärzten werden zukünftig im Dienstplan klar gekennzeichnet. Dafür erhält der Mitarbeiter seinen Freizeitausgleich (Bild: Archiv).