Pneumologie 2003; 57(7): 363-364
DOI: 10.1055/s-2003-40559
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Bronchoskopische Lungenvolumenreduktion (BLVR)

Bronchoscopic Lung Volume Reduction (BLVR)D.  Ukena1
  • 1Medizinische Universitätsklinik Homburg
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Prof. Dr. med. Dieter Ukena

Medizinische Universitätsklinik · Innere Medizin V

66421 Homburg

Email: pnduke@uniklinik-saarland.de

Publication History

Publication Date:
15 July 2003 (online)

Table of Contents #

Einleitung

Bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Lungenemphysem und nicht-tolerabler Kurzatmigkeit kann die chirurgische Lungenvolumenreduktion (LVR) die Lungenfunktion verbessern, die Gehstrecke verlängern und die Lebensqualität steigern [1]. Natürlich weist diese chirurgische Intervention eine signifikante Morbidität und Mortalität auf. Inbesondere für die weit fortgeschrittene Erkrankung wurde die Schädlichkeit der LVR dargestellt [3].

Als sichere Alternative zur chirurgischen LVR wurde in den letzten Jahren die Möglichkeiten der bronchoskopischen Lungenvolumenreduktion (BLVR) geprüft. Die BLVR basiert auf der Idee, durch den Verschluss eines Bronchus, welcher einen überblähten, emphysematösen Teil der Lunge versorgt, einen regionalen Lungenkollaps und damit eine Lungenvolumenreduktion zu bewirken und somit den gleichen Erfolg in der Symptombesserung zu bewirken wie die chirurgische LVR. In einem als Research Letter( bezeichneten Beitrag berichtet die Arbeitsgruppe um Duncan Geddes (Brompton Hospital, London) von ihren Erfahrungen mit der BLVR unter Einsatz eines unidirektionalen Ventils [4].

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Referat

Acht Patienten mit schwerem Lungenemphysem, welche unter schwerer Dyspnoe bei Anstrengung litten, wurden untersucht. Ausgeschlossen wurden: Patienten mit isolierten Bullae, Emphysem überwiegend in den Unterlappen, α1-Proteinase-Inhibitor-Mangel, Alter > 75 Jahre, gegenwärtige Raucher, paCO2 > 7,3 kPa, FEV1 < 10 % des Sollwertes, chronische Sputumproduktion und Sauerstofflangzeittherapie. Die Patienten wurden vor sowie 1 Woche und 4 Wochen nach dem Eingriff untersucht. Die Beobachtung lief auch zum Zeitpunkt der Publikation noch weiter. Als Untersuchungsmethoden wurden die Standarduntersuchungen bei einem Lungenemphysem eingesetzt. Die Zustimmung der Ethik-Kommision des Brompton Hospital war gegeben.

Der Eingriff wurde im Rahmen einer i. v. Anästhesie durchgeführt. Mit einem flexiblen Bronchoskop wurden endobronchiale Ventile (Stent-gestützte Einwegventile aus Silikon und Nitinol; Hersteller Emphasys, Redwood City, CA, USA; Abb. [1] s. http://image.thelancet.com/extras/03 let2101webfigure.pdf) in die Segmentbronchien eines Oberlappens implantiert. Die Ventile verhindern den inspiratorischen Lufteintritt und erlauben den Austritt von Luft und Mukus.

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Abb. 1 Endobronchiales Ventil

Bei den acht Patienten wurden insgesamt 25 Ventile im Rahmen eines einstündigen Eingriffes ohne irgendeine technische Schwierigkeit implantiert. Nach Ventil-Implantation stieg der mediane FEV1-Wert von 0,79 (0,61 - 1,07) l auf 1,06 (0,75 - 1,22) l (Differenz 34 %, p = 0,028) und die mediane Diffusionskapazität um 29% (p = 0,017). Die Patienten wurden 10 Tage im Krankenhaus nachbeobachtet. Eine postobstruktive Pneumonie trat bei keinem Patienten auf. Zwei Patienten entwickelten einen ipsilateralen Pneumothorax (zwei Tage sowie 4 Wochen nach dem Eingriff). Der intendierte Lappenkollaps wurde bei 4 Patienten mittels Bildgebung nachgewiesen (Auftreten nach 2 Stunden und persistierend während des Beobachtungzeitraumes). Bei den Patienten mit Lappenkollaps war eine größere Besserung der Lungenfunktionswerte nachweisbar.

Die bronchoskopische Kontrolluntersuchung ergab eine korrekte Positionierung der Stents, welche bei 7/8 der Patienten in- und exspiratorisch schlossen. Bei einem Patienten wurde bei jeder Exspiration ein Ventilschluss beobachtet. Dies ist möglicherweise Ausdruck einer erheblichen kollateralen Ventilation zwischen den Lungenlappen.

Die Autoren folgerten, dass eine Lungenvolumenreduktion durch eine bronchoskopische einseitige Ventilimplantation bei Patienten mit schwerem Emphysem mit akzeptabler Sicherheit und bemerkenswertem funktionellen Benefit durchgeführt werden kann.

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Kommentar

Unbestritten ist die BLVR eine überaus attraktive Interventionsmöglichkeit - für den Endoskopiker auf der einen Seite, aber insbesondere auch für den Patienten, der sich möglicherweise nicht einer relativ aufwändigen Operation unterziehen muss. Interessant ist in dem Bericht aus dem Brompton Hospital, dass offensichtlich die Funktionalität der Ventile entscheidend verbessert wurde. Mit den jetzt verfügbaen Ventilen scheint ein vernünftiges Arbeiten möglich zu sein.

Es handelt sich bei der vorliegenden Publikation um einen Erfahrungsbericht. Die Limitationen, z. B. hinsichtlich der wissenschaftlichen Aussagekraft, sind offensichtlich. Zudem ist festzuhalten, dass der gewünschte Lappenkollaps nur bei der Hälfte der Patienten eingetreten ist. Mit einer 50%-Erfolgsquote für den eigentlichen Eingriff (ohne Berücksichtigung der klinischen Wirksamkeitsparameter) kann man sicherlich nicht auf Augenhöhe( mit Chirurgen diskutieren. Schließlich blieben weitere relevante Endpunkte, wie z. B. der Symptomscore, das Residualvolumen und die TLC sowie die Gehstrecke unverändert. Keine Frage, eine kontrollierte klinische Studie ist notwendig. Eine europäische Multizenterstudie wird in Kürze aktiviert.

Ein anderes Prinzip der BLVR beinhaltet das sog. Tissue Engineering. Hierbei wird ein Verschluss von Segmentbronchien durch lokale Induktion der Fibroblasten-Proliferation, der Kollagen-Synthese mit konsekutiver Narbenbildung erreicht. Die vielversprechenden Tierversuche scheinen eine Untersuchung bei Menschen zu rechtfertigen [2].

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Literatur

  • 1 Geddes D, Davies M, Koyama H. et al . Effect of lung-volume-reduction surgery in patients with severe emphysema.  N Engl J Med. 2000;  343 239-245
  • 2 Ingenito E P, Berger R L, Henderson A C. et al . Bronchoscopic lung volume reduction using tissue engineering principles.  Am J Respir Crit Care Med. 2003;  167 771-778
  • 3 National Emphysema Treatment Trial Research Group . Patients at high risk of death after lung-volume-reduction surgery.  N Engl J Med. 2001;  345 1075-1083
  • 4 Toma T P, Hopkinson N S, Hillier J. et al . Bronchoscopic volume reduction with valve implants in patients with severe emphysema.  Lancet. 2003;  361 931-933

Prof. Dr. med. Dieter Ukena

Medizinische Universitätsklinik · Innere Medizin V

66421 Homburg

Email: pnduke@uniklinik-saarland.de

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Literatur

  • 1 Geddes D, Davies M, Koyama H. et al . Effect of lung-volume-reduction surgery in patients with severe emphysema.  N Engl J Med. 2000;  343 239-245
  • 2 Ingenito E P, Berger R L, Henderson A C. et al . Bronchoscopic lung volume reduction using tissue engineering principles.  Am J Respir Crit Care Med. 2003;  167 771-778
  • 3 National Emphysema Treatment Trial Research Group . Patients at high risk of death after lung-volume-reduction surgery.  N Engl J Med. 2001;  345 1075-1083
  • 4 Toma T P, Hopkinson N S, Hillier J. et al . Bronchoscopic volume reduction with valve implants in patients with severe emphysema.  Lancet. 2003;  361 931-933

Prof. Dr. med. Dieter Ukena

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Abb. 1 Endobronchiales Ventil