Aktuelle Dermatologie 2003; 29(4): 137-139
DOI: 10.1055/s-2003-39194
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Shiitake-Dermatitis

Shiitake-DermatitisB.  Khan Durani1 , W.  Hartschuh1
  • 1Universitäts- Hautklinik Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. D. Petzoldt)
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B. Khan Durani

Universitäts-Hautklinik Heidelberg

Voßstr. 2 · 69115 Heidelberg ·

Email: benjamin_durani@med.uni-heidelberg.de

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Publication Date:
09 May 2003 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Eine 43-jährige Patientin stellt sich mit einem stark juckenden, erythematösen, makulopapulösen Exanthem vor. Auffällig sind weiterhin gleichartige, dicht stehende Papeln in Arealen, in denen die Patientin sich zuvor gekratzt hat (Köbner-Phänomen). Anamnestisch ergibt sich der Verzehr von 5 rohen Shiitake-Pilzen am Tag zuvor. Aufgrund dieser Angabe und der typischen Klinik kann die Diagnose Shiitake-Dermatitis gestellt werden. Da der Pilz mittlerweile auch in der europäischen Küche sehr weit verbreitet ist, wird diese Erkrankung wahrscheinlich auch bei uns zunehmen und kann durch gezielte Anamnese schnell erkannt werden.

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Abstract

A 43-year-old woman presented with a distinct itchy, erythematous, papular eruption. Conspicuous papules were also located in areas where the patient scratched her skin before (Koebner phenomenon). She ate 5 raw shiitake-mushrooms one day before. Because of this information and the characteristic clinical signs a shiitake-dermatitis was diagnosed. Due to increasing consumption of this mushroom the incidence of the disease will rise and can be identified by specific questions about eating of the past days.

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Einleitung

Der Shiitake- Pilz (Lentinus edodes) stammt aus Ostasien und wurde früher nur getrocknet oder in Dosen angeboten. Heute wird er auch in Deutschland gezüchtet und frisch verkauft. Mittlerweile ist er mit dem Champignon und dem Austernpilz der weltweit am meisten produzierte Speisepilz. Normalerweise wird er gebraten oder gekocht gegessen. Immunmodulierende Effekte und Blutdruck senkende Effekte werden ihm nachgesagt [1].

1977 beschrieb Nakamura erstmals bei 23 Patienten eine Shiitake-Dermatitis nach Verzehr dieses Speisepilzes [2]. Bei allen Patienten befanden sich stark juckende, erythematöse Papeln an Rumpf und Extremitäten, wobei typischerweise eine lineare Anordnung in den Kratzspuren im Sinne eines Köbner-Phänomens zu beobachten war. In Europa gibt es bisher nur wenige beschriebene Fälle dieses Erkrankungsbildes.

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Kasuistik

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Anamnese

Die 43-jährige Patientin gibt an, seit einem Tag stark juckende Hautveränderungen an den Extremitäten und am Stamm zu haben. Sie nimmt keine Medikamente ein und fühlt sich ansonsten körperlich wohl. Am Tag vor Auftreten der Hautveränderungen habe sie 5 rohe Shiitake-Pilze verzehrt.

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Erstbefund

Im Bereich beider Unterarmbeugeseiten befinden sich distal gruppierte, teils konfluierende, bis 1 mm große Papeln (Abb. [1]). Am Stamm und Hals zeigen sich zusätzlich striär angeordnete erythematöse Makulae und Papeln im Verlauf von zuvor gekratzten Arealen (Abb. [2] u. [3]).

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Abb. 1 Asymmetrische verteilte, dicht stehende, zum Teil auch konfluierende, erythematöse Papeln an den Unterarmbeugen.

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Abb.2 Übersicht des Körperstamms, im Bereich der gekratzten Areale Auftreten von rötlichen Striae.

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Abb. 3 Detailaufnahme: die rötlichen Striae bestehen aus zum Teil konfluierenden, rötlichen Papeln

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Therapie und Verlauf

Aufgrund der Anamnese mit Verzehr von Shiitake-Pilzen am Vortag und den typischen, stark juckenden, striär angeordneten Papeln wurde die Diagnose einer Shiitake-Dermatitis gestellt.

Auf eine histologische Untersuchung und weitere Laborparameter wurde verzichtet.

Unter lokaler Therapie mit einer kortisonhaltigen Zinkschüttelmixtur kam es nach 7 Tagen zu einer vollständigen Abheilung der Effloreszenzen.

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Diskussion

Die Shiitake-Dermatitis war bis vor kurzem eine nur in Japan/Ostasien beobachtete Erkrankung. In der europäischen Literatur scheint es den ersten Bericht hierüber aus Finnland zu geben [3]. Weitere 3 Fälle wurden in Deutschland beschrieben [4] [5].

Alle Patienten zeigten bis auf die typischen, stark juckenden Hautveränderungen keine weiteren Symptome oder pathologischen Laborwerte [6]. Das histologische Bild wird als unspezifisch beschrieben. Hier zeigt sich eine spongiotische Auflockerung der Epidermis, subkorneale Vesiculae, ein ödematös aufgequollenes Stratum papillare und ein dichtes interstitielles und perivaskuläres, lymphomonozytäres Infiltrat mit Eosinophilen bis in die mittlere Dermis [4]. Im Hauttest (Prick-, Scratch-, Epi-) zeigte sich in einigen Fällen eine toxische Reaktion [4], eine allergische Genese wird jedoch nicht für wahrscheinlich gehalten [6]. Aus diesem Grund verzichteten wir auch auf eine weitere allergologische Abklärung.

Als auslösendes Agens der Shiitake-Dermatitis kommt Lentinan, ein Polysaccarid des Lentinus edodes, infrage. Diesem wird eine immunmodulatorische und antitumoröse Wirkung nachgesagt [7]. Als Nebenwirkung der Therapie mit Lentinan wurden ähnliche Hautveränderungen wie bei der Shiitake-Dermatitis beschrieben [6]. Dieses Toxin ist hitzelabil, was erklären könnte, das trotz des häufigen Konsums des Pilzes die Erkrankung selten auftritt. Bisher ist diese nur bei Patienten beschrieben worden, die den Pilz ungekocht oder halbgar verspeist haben. Vielleicht spielen aber auch bisher nicht bekannte Kofaktoren eine Rolle.

Differenzialdiagnostisch muss an die Flagellatendermatitis nach Bleomycingabe gedacht werden [8]. Auch bei dieser Erkrankung kommt es zu streifigen, in Richtung des Kratzens angeordneten Hautveränderungen.

Die Frage nach Verzehr von Shiitake-Pilzen kann jedoch bei Kenntnis des klinischen Bildes und leerer Medikamentenanamnese schnell zur richtigen Diagnose führen.

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Literatur

  • 1 Chang R. Functional properties of edible mushrooms.  Nutr Rev. 1996;  54 91-93
  • 2 Nakamura T. Toxocdermia caused by shiitake (lentinus edodes).  Jap J Clin Dermatol. 1977;  36 65-68
  • 3 Tarvainen K, Salonen J P, Kanerva L, Esterlander T, Keskinen H, Rantanen T. Allergy and toxicodermia from shiitake mushrooms.  J Am Acad Dermatol. 1991;  24 64-66
  • 4 Haas N, Vogt R, Sterry W. Shiitake-Dermatitis.  Hautarzt. 2001;  52 132-135
  • 5 Lippert U, Martin V, Schwertfeger C, Junghans V, Ellinghaus B, Fuchs T. Shiitake dermatitis.  Br J Dermatol. 2003;  148 178- 179
  • 6 Nakamura T. Shiitake (Lentinus edodes) dermatitis.  Contact Dermatitis. 1992;  27 65-70
  • 7 Ooi V E, Liu F. Immunomodulation and anti-cancer activity of polysaccharide-protein complexes.  Curr Med Chem. 2000;  7 715-729
  • 8 Hass N, Wittmann G, Bock A, Czarnetzki B M. Flagellatendermatitis nach einmaliger, niedrigdosierter Bleomycingabe.  Z Dermatol. 1994;  180 26-28

B. Khan Durani

Universitäts-Hautklinik Heidelberg

Voßstr. 2 · 69115 Heidelberg ·

Email: benjamin_durani@med.uni-heidelberg.de

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Literatur

  • 1 Chang R. Functional properties of edible mushrooms.  Nutr Rev. 1996;  54 91-93
  • 2 Nakamura T. Toxocdermia caused by shiitake (lentinus edodes).  Jap J Clin Dermatol. 1977;  36 65-68
  • 3 Tarvainen K, Salonen J P, Kanerva L, Esterlander T, Keskinen H, Rantanen T. Allergy and toxicodermia from shiitake mushrooms.  J Am Acad Dermatol. 1991;  24 64-66
  • 4 Haas N, Vogt R, Sterry W. Shiitake-Dermatitis.  Hautarzt. 2001;  52 132-135
  • 5 Lippert U, Martin V, Schwertfeger C, Junghans V, Ellinghaus B, Fuchs T. Shiitake dermatitis.  Br J Dermatol. 2003;  148 178- 179
  • 6 Nakamura T. Shiitake (Lentinus edodes) dermatitis.  Contact Dermatitis. 1992;  27 65-70
  • 7 Ooi V E, Liu F. Immunomodulation and anti-cancer activity of polysaccharide-protein complexes.  Curr Med Chem. 2000;  7 715-729
  • 8 Hass N, Wittmann G, Bock A, Czarnetzki B M. Flagellatendermatitis nach einmaliger, niedrigdosierter Bleomycingabe.  Z Dermatol. 1994;  180 26-28

B. Khan Durani

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Abb. 1 Asymmetrische verteilte, dicht stehende, zum Teil auch konfluierende, erythematöse Papeln an den Unterarmbeugen.

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Abb.2 Übersicht des Körperstamms, im Bereich der gekratzten Areale Auftreten von rötlichen Striae.

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Abb. 3 Detailaufnahme: die rötlichen Striae bestehen aus zum Teil konfluierenden, rötlichen Papeln