Gesundheitswesen 2003; 65(3): 200-203
DOI: 10.1055/s-2003-38515
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Modellprojekt Neugeborenen-Hörscreening in Hannover (Zwischenergebnisse)

Model Project of Hearing Screening in New-Born in Hanover (Preliminary Results)K. Buser1 , A. Bietendüwel1 , C. Krauth1 , N. Jalilvand1 , S. Meyer1 , G. Reuter3 , S. Stolle3 , L. Altenhofen2 , T. Lenarz1, 3
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Abteilung Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung
  • 2Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Köln
  • 3Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
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Publication Date:
16 April 2003 (online)

Zusammenfassung

In Deutschland werden angeborene Hörstörungen im Durchschnitt zu spät erkannt und können deshalb nur suboptimal behandelt werden. Zur Untersuchung dieses Problems haben das Bundesministerium für Gesundheit und die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen ein Modellprojekt in Auftrag gegeben, in dem überprüft werden soll, ob durch die Einführung eines generellen Neugeborenen-Hörscreenings der Diagnosezeitpunkt von Schwerhörigkeiten bei Kindern vorverlegt und damit eine deutliche Verbesserung der Versorgung hörgeschädigter Kinder erreicht werden kann. Dabei sollen Machbarkeit, Effektivität und ökonomische Vertretbarkeit dieser Früherkennungsmaßnahme überprüft werden. Das Modellprojekt wird in der Region Hannover durchgeführt und soll alle Neugeborenen in den ersten Lebenstagen auf Hörfähigkeit überprüfen. Die Hörtests werden in allen 10 Kliniken mit geburtshilflichen Abteilungen, den beiden Kinderkliniken der Region und in 24 HNO-Praxen durchgeführt. Überprüft wird die Hörfähigkeit mit einem automatisierten Screeninggerät, das die otoakustischen Emissionen misst und über eine Testsensitivität und -spezifität von über 95% verfügt. Mit Hilfe von Kosten-Wirksamkeitsanalysen wird die ökonomische Vertretbarkeit überprüft. Im Zeitraum von sechs Monaten konnte das Neugeborenen-Hörscreening in allen Kliniken eingerichtet und routinisiert werden. Die durchschnittliche Erfassungsquote der Kinder in den Kliniken hat sich inzwischen bei 97% stabilisiert. Verdachtsdiagnosen auf einseitige Hörstörungen gab es bei 4,7% der getesteten Kinder. Der Verdacht auf eine beidseitige Schwerhörigkeit musste bei 2,3% der Kinder überprüft werden. Diagnostisch gesichert wurde eine behandlungsbedürftige Schwerhörigkeit bei 13 Kindern. Der Diagnosezeitpunkt lag bei diesen Kindern im Durchschnitt bei 3,7 Lebensmonaten. Die therapeutische Betreuung begann durchschnittlich im Alter von 4,4 Monaten.

Nach den bisherigen Erfahrungen erscheint die flächendeckende Einführung des Hörscreenings in den vorhandenen Versorgungsstrukturen machbar. Die angestrebte Vorverlegung des Diagnosezeitpunktes und des Therapiebeginns ist durch diese Maßnahme erreichbar. Auch die ökonomische Vertretbarkeit scheint bei Gesamtkosten pro Kind von 14,10 € vorhanden zu sein. Eine systematische Schulung, Einführung und qualitätssichernde Begleitung des Screenings haben sich als unabdingbar herausgestellt. Die Nachverfolgung der Verdachtsfälle ist erforderlich, bedarf aber noch bundesweit tolerierbarer datenschutzrechtlicher Klärungen.

Abstract

In Germany, congenital hearing disorders are usually detected too late resulting in insufficient therapy of the disorder. To investigate these problems, the Federal Ministry of Health and the principal associations of statutory health insurance commissioned a pre-operative study. The study’s aim is to verify whether introduction of a universal new-born hearing screening results in earlier diagnosis of hearing disorders and thus improves medical care for children with impaired hearing. Feasibility, effectiveness and economic tenability of this hearing screening programme will be investigated. The study is realised in the Hanover region and aims at carrying out a hearing test in all new-born during the first days of life. The tests will be performed in all 10 birth clinics and 2 paediatric clinics in the relevant region and in 24 otolaryngological practices. Hearing ability is controlled via an automated screening device measuring otoacoustic emissions. Sensitivity and specificity of the test is more than 95%. Economical feasibility is investigated by cost-effectiveness analyses. During a 6-month period the screening has been implemented in all clinics in every day routine. The mean coverage rate in the clinics has been stabilised to 97% of the total number. 4.7% of the children were presumed to suffer from unilateral hearing disorders and 2.3% from bilateral. In 13 cases the diagnosis of hearing disorder was confirmed. The mean age of diagnosis in these children was 3.7 months. The average age of therapy onset was 4.4 months.

According to the present experience, area-wide implementation of hearing screening seems feasible in existing health care structures. The intention to advance the time of diagnosis and the therapy onset can be achieved by this method. Systematic training, introduction and quality assurance measures of screening are mandatory. Tracking of suspicious cases is necessary, even if it challenges data privacy regulations.

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Dr. Kurt Buser

Medizinische Hochschule Hannover, Abteilung Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung

Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover