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DOI: 10.1055/s-2002-32172
Die Ruhrlandklinik feiert Geburtstag
Birthday Anniversary of the „Ruhrland Clinic”Publication History
Publication Date:
12 June 2002 (online)
100 Jahre Ruhrlandklinik, 10 Dekaden im Dienste des Lungenkranken: Ein Jubiläum, das Anlass sein darf, in dankbarer Freude und Genugtuung über das in der Vergangenheit Erreichte zurückzuschauen. Nostalgische Rückblicke können allerdings auch trügerisch sein, leicht unterliegt man der Versuchung, Vergangenes zu verklären. Dies gilt insbesondere für den Mythos Tuberkulose, die mit der Gründung und Entwicklung unserer Klinik - wie die vieler vergleichbarer Lungenzentren - eng verknüpft war. Viele Geschichten und manche lustige Anekdote ranken sich darum. Für die erkrankten, meist jungen Menschen freilich war die Tuberkulose ein unausweichliches Schicksal, bedeutete sie doch soziale Isolierung, langes Siechtum und letztlich Tod.
Heute scheint die Tuberkulose, zumindest in unserem Lande, besiegt, im klinischen Alltag aber spielt sie immer noch eine nicht unbedeutende Rolle. Davon künden der Beitrag unserer thoraxchirurgischen Kollegen Hillejan et al. und die Originalarbeit von Herrn Loytved, einem ehemaligen „Ruhrlandkliniker”. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts haben andere Menschheitsgeißeln wie der Lungenkrebs, die asbestinduzierten Malignome und die „COPD” die Rolle der Tuberkulose in unserem Lande übernommen. Für unser Fach, die Pneumologie, hat der Wechsel bei den großen Volkskrankheiten eine Reihe neuer Herausforderungen gebracht. Davon legen die Arbeit von Steier und Petro, der sich 1984 von der Ruhrlandklinik aus habilitierte, und der Beitrag von Sohrab und Konietzko Zeugnis ab. Dass wir langfristig durch strikte Umsetzung präventiver Maßnahmen - beim Tabak wie bei beruflichen Schadstoffen - auch bei diesen Erkrankungen wie bei der Tuberkulose obsiegen werden, steht für mich außer Zweifel. Die Last der kommenden Jahre wiegt aber noch schwer.
Die ganze faszinierende Fülle des Faches Pneumologie und ihr breit gefächertes Repertoire spiegelt sich in den weiteren Artikeln wider, bei den angeborenen Störungen der Beitrag von Grasemann und Ratjen, der als Pädiater an der Ruhrlandklinik das Bronchoskopieren lernte, bei den angeborenen Erkrankungen der Beitrag von Montag et al., bei den schlafbedingten Störungen der Beitrag von Wessendorf et al. am Beispiel des Schlaganfalls und bei den allergologischen Erkrankungen der Artikel von Hagemann et al. Dass bei einem erfahrenen Kliniker oft Beobachtungsgabe und Erfahrung ausreichen, ohne dass das gesamte Armentarium der modernen Medizintechnologie eingesetzt werden muss, zeigt der Beitrag von Glattki et al. aus unserem Hause.
Noch eines wird bei der Durchsicht dieses bunten Straußes von Artikeln augenfällig: Die starke interdisziplinäre Verknüpfung unseres Faches, eng wie bei kaum einer zweiten Disziplin. Die Pneumologie lebt von der Öffnung zu anderen Fächern. Kooperation heißt das Zauberwort. Kooperation war und ist es auch, die den „Lungenkliniken auf der grünen Wiese” - vielfach als Fossil gescholten und von manchen schon tot gesagt - dabei geholfen hat, ihre Sonderstellung zu erhalten und weiter auszubauen. So bleibt der Ruhrlandklinik zu wünschen, dass sie im bunten Strauß der pneumologischen Versorgungseinrichtungen auch die nächsten hundert Jahre blühen möge - zum Wohle der Lungenkranken.
N. Konietzko, Essen