Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(40): 1105-1108
DOI: 10.1055/s-2001-17645
CME
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Harnwegsinfektionen - Teil 1: Diagnostik

Urinary tract infection - DiagnosisF. M. E. Wagenlehner, K. G. Naber
  • Urologische Klinik, Klinikum St. Elisabeth/ Straubing
Further Information
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Korrespondenz

Prof. Dr. med. K. G. Naber

Urologische Klinik, Klinikum St. Elisabeth

St. Elisabeth Straße 23

94315 Straubing

Publication History

Publication Date:
04 October 2001 (online)

Table of Contents

Eine Harnwegsinfektion (HWI) wird als unkompliziert klassifiziert, wenn sie bei einem Patienten mit strukturell und funktionell normalem Harntrakt auftritt. Sie wird als kompliziert klassifiziert, wenn anatomische oder funktionelle Anomalitäten im Harntrakt oder Grunderkrankungen vorliegen, die zu HWI prädisponieren.

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Diagnostik der akuten unkomplizierten Harnwegsinfektion

Akute unkomplizierte HWI werden hauptsächlich bei ansonsten gesunden Frauen diagnostiziert. Jedoch muss man unterscheiden, ob sie bei prämenopausalen, postmenopausalen oder schwangeren Frauen vorkommen.

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Epidemiologie

Die akute unkomplizierte Zystitis (AUZ) und die akute unkomplizierte Pyelonephritis (AUP) sind zwei häufige Infektionen. Geschätzte 7 Millionen Erkrankungen einer akuten unkomplizierten Harnwegsinfektion pro Jahr in den USA werden eher noch übertroffen, da die Inzidenz einer AUZ bei sexuell aktiven Studentinnen mit 0,5-0,7 pro Person und Jahr berechnet wurde [8]. Rezidivierende HWI treten bei drei Gruppen von Frauen gehäuft auf:

  1. Prämenopausale Frauen mit extrinsischen und intrinsischen prädisponierenden Faktoren. Extrinsische Faktoren sind Gebrauch von Spermiziden, häufiger als 4-mal pro Woche Geschlechtsverkehr und ein neuer Geschlechtspartner im letzten Jahr. Intrinsische Faktoren sind rezidivierende HWI der Mutter und HWI vor dem Alter von 15 Jahren [22]. Entgegen früheren Studien konnte gezeigt werden, dass der AB0-Blutgruppenantigen-Nonsekretor-Status bei jungen, sexuell aktiven Frauen keinen signifikanten Einfluss auf die Häufigkeit einer AUZ oder einer rezidivierenden HWI hat [7].

  2. Bei postmenopausalen Frauen sind anatomische Faktoren prädisponierend. Das Vorliegen einer Inkontinenz, einer Zystozele, Restharnbildung sowie der AB0-Nonsekretor- Phänotyp sind hier von Bedeutung [16].

  3. Bei schwangeren Frauen sind HWI häufig. In den meisten Fällen handelt es sich um AUZ, deren Pathologie wie bei nicht schwangeren Frauen zu sehen ist. Bei der AUP in der Schwangerschaft sind jedoch die Dilatation des Harntraktes und eine verminderte Uretermotorik, im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen, von Bedeutung.

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Erregerspektrum

Escherichia coli wird in 70-95 % der Fälle einer AUZ isoliert, Staphylococcus saprophyticus in 5-15 %. In Einzelfällen werden andere Enterobakterien wie Proteus mirabilis und Klebsiella-Spezies oder Enterokokken isoliert. Eine in etwa gleiche Verteilung ergibt sich auch bei der AUP. Bei 10-15 % der Patienten mit symptomatischer AUZ werden niedrige Keimzahlen im Urin gefunden (102- 103 koloniebildende Einheiten (KBE)/ ml), die bei den Routinekulturmethoden, welche 1 ml Urin pro Agarplatte benutzen, nicht entdeckt werden können [14].

Erreger einer Urethritis können Chlamydia trachomatis, Neisseria gonorrhoeae oder Herpes-simplex-Viren sein. Bei einer Vaginitis werden unter anderem Candida-Spezies oder Trichomonas vaginalis gefunden. Eine besondere Rolle in der Schwangerschaft stellen Infektionen mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe B dar.

kurzgefasst: Aufgrund der hohen Pathogenität der Bakterien bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen sind auch niedrige Keimzahlen (102-103 KBE/ml) relevant.

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Diagnose

Bei einer jungen, sexuell aktiven Patientin mit Dysurie können drei Differentialdiagnosen unterschieden werden: AUZ, akute Urethritis und akute Vaginitis. Die Zeichen und Befunde bei Anamnese und körperlicher Untersuchung erlauben normalerweise eine ausreichende Unterscheidung. Die AUZ ist eine akut verlaufende Infektion der Harnblase. Die AUZ beginnt abrupt innerhalb weniger Stunden mit ausgeprägten Symptomen wie Dysurie, Pollakisurie, Hämaturie (ca. 40 % der Patientinnen mit einer AUZ haben eine Hämaturie) sowie Schmerzen über der Symphyse oder im unteren Wirbelsäulenbereich. Der Beginn einer Urethritis ist subakut, und die Patientinnen klagen über eher geringe Beschwerden wie

Tab. 1 Kriterien für die Diagnose von Harnwegsinfektionen, modifiziert entsprechend den IDSA/ESCMID-Leitlinien [17] [18].

Kategorie

Klinik

Labor

1. Akute unkomplizierte HWI bei Frauen; akute unkomplizierte Zystitis bei Frauen

Dysurie, Drangsymptomatik, Pollakisurie, suprapubischer Schmerz, keine Harnwegssymptome in 4 Wochen vor dieser Episode

≥ 10 Leukozyten/ mm³

≥ 103 KBE/ml*

2. Akute unkomplizierte Pyelo-
nephritis

Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerzen; andere Diagnosen ausgeschlossen; keine Hin- weise auf komplizierende Faktoren: Sonographie; Röntgen

≥ 10 Leukozyten/ mm³

≥ 104 KBE/ml*

3. Komplizierte HWI

Jegliche Kombination von Symptomen aus den Kategorien 1 und 2; einer oder mehr Faktoren assoziiert mit komplizierten HWI

≥ 10 Leukozyten/ mm³

≥ 104 KBE/ml*

≥ 104 KBE/ml* (bei Männern, oder in reinem Katheterurin)

4. Asymptomatische Bakteriurie

Keine Harnwegssymptome

≥ 10 Leukozyten/ mm3

≥ 104 KBE/ml* in 2 aufeinanderfolgenden Urinkulturen, Mittelstrahlurin

≥ 24 h Zwischenraum

5. Rezidivierende HWI

Mindestens drei, durch Urinkulturen dokumentierte Episoden einer akuten unkomplizierten Infektion im vergangenen Jahr: nur Frauen; keine strukturellen/funktionellen Abnormalitäten

< 103KBE/ml*

Alle Leukozytenangaben beziehen sich auf unzentrifugierten Urin

*Uropathogene in der Mittelstrahlurin-Kultur

HWI = Harnwegsinfektion, IDSA = Infectious Diseases Society of America

ESCMID = European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases

Dysurie oder vaginalen Ausfluss. Eine begleitende Infektion des Genitaltraktes (Zervizitis, Salpingitis etc.) sollte ausgeschlossen weden. Bei der Vaginitis sind die Beschwerden mild und chronisch, die Patientinnen klagen über vaginalen Ausfluss oder Pruritus, Dyspareunie, gelegentlich Dysurie, aber nicht über Pollakisurie oder Drangsymptome.

Die AUP ist eine akute Infektion des Nierenbeckens und Nierenparenchyms. Die AUP wird klinisch durch Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerzen, Dysurie, Pyurie und Bakteriurie diagnostiziert. In der Regel besteht auch eine Leukozytose und Erhöhung des C-reaktiven Proteins. Sonographisch ist in Einzelfällen eine vergrößerte Niere zu finden, die Sonographie ist jedoch wenig spezifisch. Eine gute Spezifität besitzt die statische Nierenszintigraphie mit 99mTechnetium-DMSA. In fast allen Fällen verläuft die akute Pyelonephritis einseitig. Symptome einer unteren Harnwegsinfektion wie bei AUZ können dabei gleichzeitig vorhanden sein, da die akute Pyelonephritis in der Regel eine aufsteigende Infektion ist.

kurzgefasst: Die akute unkomplizierte Zystitis (AUZ) und die akute unkomplizierte Pyelonephritis (AUP) sind ausreichend durch Anamnese und klinische Untersuchung zu diagnostizieren.

Die Indikationen, eine Urinkultur durchzuführen, sind: Säuglinge und Kinder, da dort die Krankheitszeichen unspezifisch sind; erwachsene Männer; Pyelonephritis; rezidivierende und persistierende HWI. Die Infectious Diseases Society of America (IDSA) gibt als Definition für das Vorliegen von unkomplizierten und komplizierten HWI die in der [Tab. 1] aufgeführten Kriterien an [18].

In der Gynäkologie stellen HWI während der Schwangerschaft, im Puerperium, postoperativ sowie im Rahmen gynäkologisch-onkologischer Erkrankungen ein Risiko dar. Während der Schwangerschaft sind HWI der Mutter mit Amnionitis, Präeklampsie, maternaler Anämie und einer erhöhten Rate an Frühgeburten (< 37 Wochen Gestationsdauer) und Totgeburten vergesellschaftet [20]. Für das Neugeborene können hieraus ein erniedrigtes Geburtsgewicht (< 2500 g) und Frühreife resultieren [13]. Nur etwa 7 % der Frauen ante- und postpartum mit einer Bakteriurie haben typische Symptome einer HWI. Eine routinemäßige Urinuntersuchung sollte deswegen antepartum und gerade auch in der Frühschwangerschaft durchgeführt werden, um durch frühzeitige Behandlung HWI im letzten Trimenon zu verhindern. Im Puerperium ist der Mittelstrahl- oder Katheterurin häufig durch die Lochialsekretion kontaminiert, so dass bei diesen Frauen eine suprapubische Blasenpunktion empfohlen wird [5]. Ein erhöhtes Risiko, eine HWI zu erwerben, haben Patientinnen, die vaginal-operativ oder durch Sektio entbunden haben oder sub partu katheterisiert wurden. β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe B kommen bei ca. 20 % der Schwangeren in der Vagina vor, sind für die Mutter relativ harmlos, können aber für das Kind gefährlich werden, wobei es auf Erregermenge und Ausbreitung im Urogenitaltrakt ankommt. Eine Bakteriurie mit Streptokokken der Gruppe B, die in ca. 25 % während und nach der Schwangerschaft vorkommt, ist mit einem erhöhten Risiko für die Infektion des Kindes assoziiert [25]. Wenn nach dem Blasensprung das Kind große Bakterienmengen aufnimmt, können ernste Infektionen des Kindes entstehen (Bakteriämie, Pneumonie, Meningitis, septischer Schock) bei der Frühinfektion (erste fünf Tage post partum) und Bakteriämie mit begleitender Meningitis bei der Spätinfektion (7 Tage bis 3 Monate post partum).

kurzgefasst: In der Schwangerschaft kann auch eine unkomplizierte HWI schwerwiegende Folgen für Mutter und Kind haben.

Bei rezidivierenden und persistierenden HWI sollte eine weiterführende urologische Diagnostik erfolgen, um komplizierende Faktoren zu erfassen und gegebenenfalls entsprechend zu behandeln.

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Diagnostik der komplizierten Harnwegsinfektion

Komplizierte Harnwegsinfektionen (HWI) sind solche, bei denen komplizierende Faktoren vorliegen. Diese können rein urologischer Natur sein (z. B. Harnstauungsniere, transurethrale Operationen, Katheter, Schienen etc.) oder auch internistische Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Leberzirrhose, Niereninsuffizienz, HIV-Infektion, Immunsuppression etc.) betreffen. Viele Patienten mit komplizierten HWI weisen eine Kombination aus urologischen und internistischen Faktoren auf. Bildgebende Verfahren (Sonographie, Infusionsurogramm, ggf. CT) weisen einen hohen Stellenwert bei der Diagnostik auf. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Diagnose und Therapie ist notwendig. Dies wird im Besonderen deutlich z. B. bei Patienten mit komplizierten HWI nach Nierentransplantation.

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Epidemiologie

Komplizierte HWI kommen sowohl im Kleinkind- und Kindesalter als auch im späteren Erwachsenenalter vor. Seltener sind sie in der Altersgruppe 16-35 Jahre [15]. Bei Erwachsenen erreichen sie einen Anteil von etwa 5 % [11], bei Kindern und Neugeborenen von 4-25 % [3] aller Infektionen. Nosokomiale HWI sind fast ausnahmslos komplizierte HWI und sind für 30- 40 % aller nosokomialen Infektionen verantwortlich [4]. 80 % der nosokomialen HWI sind mit dem Gebrauch von Harnwegskathetern vergesellschaftet [10]. Bestimmte Begleiterkrankungen und Faktoren erhöhen das Risko für eine HWI.

Patienten mit Diabetes mellitus haben ein fünf- bis achtmal höheres Risiko, an einer HWI zu erkranken, als Nichtdiabetiker. Faktoren, die die Infektion begünstigen, sind intermittierende Hyper- oder Hypoglykämien, neurogene Harnblasenentleerungsstörungen und urologisch-chirurgische Interventionen.

Nach einer Nierentransplantation treten HWI in bis zu 80 % der Fälle auf. Eine bakterielle Besiedelung des Harntraktes wird durch den Blasenkatheterismus, Störungen der lokalen Abwehrmechanismen infolge immunsuppressiver Therapie, durch einen vesiko-ureteralen Reflux, vorbestehende Infektionen der eigenen Nieren, infizierte Spenderorgane und durch urologische Komplikationen begünstigt [23] [24].

kurzgefasst: Komplizierte HWI sind durch komplizierende Faktoren gekennzeichnet, welche anatomischer, funktioneller oder internistischer Natur sein können.

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Erregerspektrum

Die Gruppe der komplizierten HWI umfasst ein sehr heterogenes Patientenklientel mit dem gemeinsamen Merkmal eines oder mehrerer komplizierender Faktoren, die sich von Patient zu Patient stark unterscheiden können (z. B. Nierentransplantation, Querschnittslähmung, Stoffwechselerkrankung etc.). Dabei findet man ein wesentlich breiteres Erregerspektrum als bei den unkomplizierten HWI [Tab. 2]. Infektionen mit Erregern, die die Fähigkeit haben, Urease zu produzieren (z. B. Proteus, Providencia und Morganella Spezies) und damit den Urin zu alkalisieren, begünstigen die Bildung von Magnesiumammonium- und Calciumphosphatsteinen. Klebsiella pneumoniae, ein Erreger, der in bis zu 50 % auch Urease produzieren kann, kommt häufig bei Patienten mit Komplikationen im Bereich der Harnwege und bei Diabetes mellitus vor. In zunehmendem Maße sind diese Stämme multiresistent. Pseudomonas aeruginosa ist ein wichtiger Erreger nosokomialer Infektionen, der häufig Multiresistenz zeigt. Enterococcus faecalis kann häufig bei Transplantatempfängern isoliert werden. Bis zu 8 % der Infektionen mit Enterococcus faecalis entwickeln sich zur Sepsis. Staphylococcus epidermidis ist der wichtigste Katheter-assoziierte uropathogene Organismus [6]. Die Zusammensetzung des Erregerspektrums kann von Klinik zu Klinik und im Verlauf der Zeit unterschiedlich sein [Tab. 2].

Die Zahl der durch Pilze bedingten HWI hat sich in den letzten 10 Jahren verdreifacht. Häufigster uropathogener Keim ist Candida albicans [6]. Chronische Erkrankungen und Immunsuppression sind dabei prädisponierende Faktoren. Bei Transplantatempfängern ist der Harntrakt die häufigste Eintrittspforte. Systemische Infektionen und Invasion der Operationsnahtstellen können zu katastrophalen Komplikationen führen [1].

Weiterhin von Bedeutung bei Transplantatpatienten sind Viren. Diese können sowohl durch die Immunsuppression reaktiviert werden als auch durch das Spenderorgan neu in den Organismus gelangt sein.

Tab. 2 Änderung des Erregerspektrums komplizierter Harnwegsinfektionen von 1983-1998. Urologische Klinik, Klinikum St. Elisabeth Straubing.

1 983

1 990

1 996

1 998

Spezies

n

%

n

%

n

%

n

%

Escherichia coli

138

35,2

96

21,8

113

32,0

104

27,2

Proteus spp.

50

12,7

27

6,1

28

7,8

22

5,8

Klebsiella spp.

27

6,8

24

5,4

28

7,8

25

6,5

Pseudomonas spp.

20

5,1

53

12,0

28

7,8

46

12,0

Andere Gram-neg.

30

7,6

21

4,8

33

9,3

35

9,2

Enterococcus spp.

63

16,0

129

29,3

70

19,9

84

22,0

Staphylococcus spp.

65

16,5

91

20,6

54

15,4

66

17,3

Gesamt

393

100

441

100

354

100

382

100

Cytomegalieviren können mit einer akuten und chronischen Transplantatabstoßung assoziiert sein. Patienten, die vor der Nierentransplantation hämodialysiert wurden und eine Kombinationsinfektion mit Hepatitis C- und G-Virus aufwiesen, hatten mehr Episoden einer Transplantatabstoßung. Die Polyoma-Viren BKV und JCV zeigen einen Organotropismus für den Urogenitaltrakt, können durch die Immunsuppression aktiviert werden und so eine hämorrhagische Zystitis, Ureteritis und Nephritis auslösen [1]. Die Ureteritis kann Ursache für Ureterstenosen und Harntransportstörung sein. Sehr selten sind Infektionen des Harntraktes verursacht durch Herpes simplex, Herpes genitalis oder Herpes zoster [12].

kurzgefasst: Komplizierte HWI treten bei einem heterogenen Patientenklientel auf. Das Erregerspektrum umfasst Gram-negative und Gram-positive Bakterien, sowie Pilze und Viren. Antibiotikaresistenzen sind häufig.

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Diagnose

Während bei unkomplizierten HWI die klinische Diagnose wenig Probleme bereitet, kann bei komplizierten HWI die Klinik verschleiert sein und die Diagnose verspätet erfolgen. Die Diagnostik sollte die Punkte Anamnese, Symptomatik, körperliche Untersuchung, mikrobiologische Untersuchung von Urin, Abstrichmaterial und Blutkulturen, Blutchemie, sonographische Untersuchung, gegebenenfalls radiologische und endoskopische Untersuchungen, sowie eine Einschätzung bzw. Messung der Organfunktionen umfassen.

Nach den Empfehlungen der Centers for Disease Control (CDC) werden HWI in symptomatische und asymptomatische HWI eingeteilt. Symptomatische Patienten müssen zusätzlich zu einem Bakteriennachweis ein oder mehrere Symptome oder Befunde einer HWI aufweisen. Asymptomatische Patienten haben keine Symptome einer HWI, aber müssen mindestens zwei positive Urinkulturen aufweisen [3].

Eine Urinkultur mit Antibiogramm sollte immer erfolgen, da das bakterielle Erregerspektrum breit ist. Zum Ausschluss einer Kontamination muss eine quantitative Mikrobiologie erfolgen, die Keimzahl muss in Relation zum Dilutionsgrad (spezifisches Gewicht etc.) stehen. Bei Mischinfektionen sollte eine Kontrolle erfolgen. Antibakterielle Substanzen im Urin können z. B. durch Wachstumshemmung von Bacillus subtilis-Kulturen nachgewiesen werden. Ebenso sollte bei HWI mit Candida spp. eine Speziesdifferenzierung erfolgen, da vor allem bei nierentransplantierten Patienten Candida non albicans-Arten in bis zu 1/3 der Fälle vorkommen können und diese zum Teil gegen bestimmte Antimykotika resistent sind [9]. Die Diagnose einer Cytomegalievirusinfektion kann z. B. durch den Nachweis der Virusreplikation (pp65-Bestimmung) erfasst werden.

Komplizierte HWI haben immer auch das Risiko, in eine Urosepsis zu münden. Vor allem bei bettlägerigen Patienten kann eine Urosepsis anfänglich übersehen werden, da unspezifische Symptome (z. B. paralytischer Ileus) im Vordergrund stehen können. Die Möglichkeit einer komplizierten HWI sollte deswegen bei unklaren Befunden, wie z. B. Fieber, immer in Betracht gezogen werden.

kurzgefasst: Bei V.a. eine komplizierte HWI soll immer eine Urinkultur mit Erregerindentifizierung und Empfindlichkeitstestung durchgeführt werden.

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Korrespondenz

Prof. Dr. med. K. G. Naber

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  • 25 Wood E G, Dillon H C. A prospective study of group B streptococcal bacteriuria in pregnancy.  Am J Obstet Gynecol. 1981;  140 515-520
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Korrespondenz

Prof. Dr. med. K. G. Naber

Urologische Klinik, Klinikum St. Elisabeth

St. Elisabeth Straße 23

94315 Straubing