Rofo 2001; 173(8): 768-769
DOI: 10.1055/s-2001-16407
DER INTERESSANTE FALL
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Dünndarminvagination bei intestinal
metastasierendem malignen Melanom

K. Strobel
  • Luzern, Schweiz
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Publication Date:
15 August 2001 (online)

 
Table of Contents

Bei intestinaler Metastasierung ist das maligne Melanom der häufigste Primärtumor. Es ist bekannt und in einigen wenigen Fallberichten beschrieben, dass das maligne Melanom zu einer akuten Dünndarmobstruktion durch Invagination führen kann. Wir berichten über eine Patientin, bei der mit CT eine akute jejuno jejunale Invagination durch ein intestinal metastasierendes malignes Melanom diagnostiziert werden konnte.

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Fallbericht

Der 61-jährigen Patientin wurde sieben Jahre zuvor ein malignes Melanom interscapulär exzidiert (Clark Level III). Sie stellte sich mit seit drei Tagen bestehenden kolikartigen Mittelbauchbeschwerden vor. Seit 24 Stunden hatte sie keinen Stuhlgang mehr. Bei der körperlichen Untersuchung wurde eine schmerzhafte „walzenartige” Resistenz in rechten Mittelbauch palpiert. Die CT des Abdomens mit oraler und intravenöser KM-Applikation zeigte eine tumoröse Wandverdickung mehrerer Dünndarmschlingen und pathologisch vergrößerte mesenteriale Lymphknoten. Im rechten Mittelbauch war eine pathologische Kokarde vorhanden. Im Längsschnitt erkannte man, dass sich dieser Dünndarmanteil mit verdickter Wand über eine längere Strecke teleskopartig eingestülpt hatte. Die oral davon gelegenen Dünndarmschlingen waren dilatiert. Es wurde die Diagnose einer akuten Dünndarminvagination gestellt. Die operative Exploration bestätigte die Diagnose einer jejuno jejunalen Invagination durch eine polypös nach endoluminal reichende Melanommetastase der Jejunalwand. Es wurden ca. 36 cm Dünndarm reseziert und ein jejuno jejunaler Bypass angelegt.

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Diskussion

Die Darminvagination ist eine typische Erkrankung des Kleinkindes und beim Erwachsenen selten. In der Literatur finden sich lediglich Berichte mit kleinen Fallzahlen von Invaginationen bei Erwachsenen (Desai et al., Mt Sinai J Med 1999; 66: 336). Beim Kleinkind wird die Diagnose zumeist sonographisch gestellt. In 90 % der Fälle besteht eine ileocolische Invagination, die mit rektaler Luft- oder Flüssigkeitsgabe erfolgreich reponiert werden kann. Selten ist eine Operation nötig. Auch das Phänomen von passageren kurzstreckigen Dünndarminvaginationen, die ohne klinische Symptome einhergehen und sich von selbst lösen, ist als sonographischer Zufallsbefund bekannt. Ca. 90 % der kindlichen Invaginationen sind idiopathisch, d. h. es wird kein so genannter „leading point” gefunden. Nur in 10 % handelt es sich um sekundäre Invaginationen, bei denen eine auslösende Ursache nachgewiesen werden kann z. B. in Form von vergrößerten Lymphknoten bei Lymphadenitis mesenterialis, einem Meckel-Divertikel oder Dünndarmtumoren (Benz-Bohm G, Kinderradiologie; Stuttgart: Thieme, 1997:167).

Im Gegensatz dazu findet sich bei der Invagination im Erwachsenenalter zumeist ein leading point. Häufig handelt es sich um Neoplasien wie Lipome, Lymphome, Leiomyome oder Karzinoide. Andere Ursachen können Meckel-Divertikel oder Darmpolypen sein (Strake, Diagn Imaging 1980; 49:15). Wenn es sich um eine Tumorinvagination beim Erwachsenen handelt, ist ein radiologischer Repositionsversuch nicht erfolgversprechend. Die operative Resektion ist die Therapie der Wahl, insbesondere wenn die Invagination zu einem mechanischem Dünndarmileus geführt hat.

Das maligne Melanom ist der am häufigsten intestinal metastasierende Tumor. Branum fand unter 6000 Melanompatienten 102 Fälle mit Dünndarm- oder Colonmetastasen. Bei 27 % der Patienten mit intestinalem Befall kam es zu einer Obstruktion und/oder Invagination, Die Lebenserwartung nach operativer Metastasenresektion war signifikant höher als unter alleiniger palliativer Chemotherapie (Branum et al., Am J Surg 1991; 162:428).

Sowohl Sonographie als auch CT sind geeignete bildgebende Methoden, um eine Invagination nachzuweisen. Es wurden verschiedene für das Ercheinungsbild einer Invagination typische Zeichen beschrieben wie „multiple concentric ring sign” oder „crescent in doughnut sign” bei orthograder Darstellung und „sandwich sign” bei Darstellung der Invagination im Längsschnitt (Parienty et al., AJR 1981; 136:608).

Das maligne Melanom neigt zu einer intestinalen Metastasierung. Bei Melanom-Patienten mit intestinaler Symptomatik kann mit der CT das Ausmaß der intestinalen Metastasierung erkannt werden. Eine sekundäre Dünndarminvagination mit Obstruktion kann als Komplikation auftreten und stellt eine Operationsindikation dar. Die Invagination kann aufgrund der typischen CT-Morphologie erkannt werden.

K. Strobel, Luzern, Schweiz

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Abb. 1Tumoröse Wandverdickungen von Dünndarmschlingen im Mittelbauch bei intestinaler Metastasierung eines malignen Melanoms (kurze Pfeile). Die ventral gelegene Dünndarmschlinge zeigt eine teleskopartige Einstülpung eines polypoiden Tumors (lange Pfeile) über eine längere Strecke entsprechend einem „sandwich sign” bei jejuno jejunaler Invagination.

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Abb. 2Ca. 2 cm kaudal von Abb. [1] ist die Dünndarmschlinge orthograd getroffen. Eine pathologische Kokarde im Sinne eines „concentric ring sign” ist erkennbar (Pfeile).

 
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Abb. 1Tumoröse Wandverdickungen von Dünndarmschlingen im Mittelbauch bei intestinaler Metastasierung eines malignen Melanoms (kurze Pfeile). Die ventral gelegene Dünndarmschlinge zeigt eine teleskopartige Einstülpung eines polypoiden Tumors (lange Pfeile) über eine längere Strecke entsprechend einem „sandwich sign” bei jejuno jejunaler Invagination.

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Abb. 2Ca. 2 cm kaudal von Abb. [1] ist die Dünndarmschlinge orthograd getroffen. Eine pathologische Kokarde im Sinne eines „concentric ring sign” ist erkennbar (Pfeile).