Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(13): 384
DOI: 10.1055/s-2001-12392
Leserbriefe
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hypertonie 2000

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Publication Date:
28 April 2004 (online)

Das Editorial von Unger [4] war für mich sehr enttäuschend. Zum einen wurden Details falsch wiedergegeben: dass durch die HOT-Studie eine Senkung der hypertoniebedingten Mortalität auch unter praxisnahen Bedingungen zu erreichen ist (richtig ist, dass bei den diastolischen Target-Blutdruckwerten ≤ 90 mm Hg, ≤ 85 mm Hg und ≤ 80 mm Hg die Mortalitätsraten innerhalb von 3,8 Jahren 3,0 %, 3,1 % bzw. 3,3 % betrugen [1], von einer Senkung also nicht die Rede sein kann), zum anderen fehlten die wirklichen Highlights des Jahres 2000.

Port und Mitarbeiter [2] haben uns im Januar 2000 wieder ins Gedächtnis gerufen, dass der Blutdruck geschlechts- und altersabhängig ist und die unphysiologischen/unbiologischen Grenzwerte der US-Amerikaner und Deutschen ziemlich sinnlos sind. Die Schwellenwerte des systolischen Blutdrucks betragen für Männer demnach 120 + 2/3 des Alters und für Frauen 114 + 5/6 des Alters. Erst jenseits dieser Werte nimmt das Risiko zu. Staessen und Mitarbeiter [3] haben uns im März 2000 gezeigt, dass z. B. das Risiko 70-jähriger Frauen zu sterben, deutlich erhöht wird, wenn der diastolische Blutdruck unter 92 mm Hg gesenkt wird, und zwar unabhängig von der Höhe des systolischen Blutdrucks.

Wer die HOT-Studie [1] aufmerksam gelesen hat, wird schon 1998 bemerkt haben, dass es bei 50- bis 80-jährigen Patienten nicht mehr sinnvoll ist, den systolischen Blutdruck unter 160 mm Hg und den diastolischen Blutdruck unter 90 mm Hg zu senken. Die Häufigkeit großer kardiovaskulärer Ereignisse, der Herzinfarkte und Schlaganfälle und die kardiovaskuläre Mortalität werden nicht mehr reduziert - im Gegenteil!

Während ein 60-jähriger Mann (160/92 mm Hg) nach den bisherigen starren Regeln einen Hochdruck Stadium 2 aufweist und - koste es, was es wolle - massiv antihypertensiv behandelt werden muss, lautet die frohe Botschaft 2000: »Lasst diesen Mann in Ruhe, wenn er denn keine Risikofaktoren, z. B. Diabetes, hat«!

Schade, das Editorial bezog sich aus meiner Sicht leider nur auf »Hypertonie 1997«.

Literatur

  • 1 Hansson L, Zanchetti A, Carruthers S G. et al. for the HOT Study Group . Effects of intensive blood-pressure lowering and low-dose aspirin in patients with hypertension: principal results of the Hypertension Optimal Treatment (HOT) randomised trial.  Lancet. 1998;  351 1755-1762
  • 2 Port S, Demer L, Jennrich R, Walter D, Garfinkel A. Systolic blood pressure and mortality.  Lancet. 2000;  355 175-180
  • 3 Staessen J A, Gasowski J, Wang J G. et al . Risks of untreated and treated isolated systolic hypertension in the elderly: Meta-analysis of outcome trials.  Lancet. 2000;  355 865-872
  • 4 Unger T. Hypertonie 2000.  Dtsch Med Wschr. 2000;  125 1383

MR Prof. Dr. Frank P. Meyer

Institut für Klinische Pharmakologie
Otto-von Guericke-Universität

Leipziger Straße 44

39120 Magdeburg

Fax: 0391/6713066