Pneumologie 2000; 54(12): 596-603
DOI: 10.1055/s-2000-9191
EMPFEHLUNGEN
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Empfehlungen neuer Lungenfunktionssollwerte aus der SAPALDIA-Studie

P. Degens1 , X. Baur4 , O. Brändli2 , Ch Schindler3
  • 1Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin, Bürkle-de-la-Camp-Platz, Bochum
  • 2Zürcher Höhenklinik Wald, Faltigberg-Wald, Schweiz
  • 3Institut f. Sozial- u. Präventivmedizin der Universität Basel, Basel, Schweiz
  • 4Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin, Hamburg
Further Information

Prof. Dr. med X Baur

Ordinariat für Arbeitsmedizin Zentralinstitut für Arbeitsmedizin

Adolph-Schönfelder-Str. 5 22083 Hamburg

Email: E-mail: baur@uke.uni-hamburg.de

Publication History

Publication Date:
31 December 2000 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Anhand einer differenzierten Darstellung wird auf die Unterschiede der Lungenfunktionssollwerte von Quanjer et al. (1983, 1993), die in Europa bisher vorwiegend verwendet werden, und jenen von Brändli et al. mit verbesserter Sollgrenzwertberechnung eingegangen und auch auf den altersabhängigen Abfall pro Lebensjahr. Letztere sind insgesamt plausibler und basieren auf einer repräsentativen zeitnah erhobenen Stichprobe der Schweizer Bevölkerung. Die wesentlichen Unterschiede sind die um durchschnittlich 9 bzw. 5 % höheren FVC- und FEV1-Werte nach Brändli et al. sowie die realitätsnäheren Kurvenformen mit Maxima um das 25. Lebensjahr (Ausnahmen: MEF50 und MEF25) der letzteren Autoren. Die MEF50- und MEF25-Sollmittelwerte von Quanjer et al. sind insbesondere für ältere Personen zu hoch, die Sollgrenzwerte für MEF25 zu niedrig.

Die Verbesserung der Sollwerte der Lungenfunktionsparameter, d. h. ihre bestmögliche Anpassung an die reelle Situation der gesunden Bevölkerung, ist einerseits für die pneumologische, umwelt- und arbeitsmedizinische Forschung mittels statistischer oder epidemiologischer Untersuchungen von Bedeutung. Andererseits erlaubt eine derartige verbesserte Beurteilung der Lungenfunktion im Einzelfall eine sensitivere Diagnostik sowie ein klareres und bewussteres ärztliches Vorgehen in der Prävention und Behandlung. „Evidence based medicine”, die wissenschaftliche Diskussion über Krankheiten, über ihre Pathophysiologie und Behandlung kann von richtigeren Vergleichswerten nur profitieren.

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Probleme der derzeit vorherrschend verwendeten Referenzwerte

Derzeit werden in Europa vorwiegend die Sollwert-Empfehlungen von Quanjer [1], identisch veröffentlicht von Quanjer et al. [2] zur Interpretation von spirometrischen Lungenfunktionsdaten verwendet. Diese Sollwerte basieren auf ca. 30 Jahre zurückliegenden Untersuchungen in verschiedenen europäischen Zentren. Über die Patienten-Rekrutierung, Selektionseffekte etc. liegen überwiegend keine näheren Angaben vor, so dass ein heutigen Anforderungen entsprechendes epidemiologisches Studiendesign nicht vorliegt. Ein solches Design ist auch nicht erkennbar, die Messungen waren wohl Bestandteil von Routineuntersuchungen.

Auch die statistischen Auswertungen sind für heutige Bedürfnisse ungeeignet. Aus physiologischer Sicht ist anzumerken, dass die Modellvorstellungen so ungenau waren, dass der Altersgang der Lungenfunktion nicht adäquat berücksichtigt wurde [3] [4]. Eine bis zu einem Lebensalter von ungefähr 25 Jahren sich verbessernde Lungenfunktion, die sich eine Zeitlang auf einem hohen Plateau hält und sich erst danach mit dem Alter verschlechtert, wurde von Ulmer et al. [5] [6] und von Crapo et al. [7] mit einer konstant abfallenden Geraden modelliert. Quanjer et al. [1] [2] verbesserte einen solchen linearen Ansatz nur unzureichend durch die Festsetzung, dass ein Alter von 18 bis 25 Jahre als 25 Jahre gerechnet wird. Dieser Trick - ein „Hockeyschläger-Ansatz” - erlaubte es, die Rechenmethoden und Programme aus der Zeit der beginnenden Datenverarbeitung einfach weiter zu benutzen. Die älteren Sollwertformeln von Cara [8] - entwickelt für Bergleute im Auftrag der EGKS - wurden den physiologischen Gegebenheiten durch ihren parabolischen Verlauf weit besser gerecht. Diese Formeln berücksichtigten aber auch den „healthy worker” und Trainingseffekt der Bergleute und sind daher nur für die Beurteilung von Bergleuten geeignet, liegen aber im Mittel für die Normalbevölkerung um mehr als 5 % zu hoch.

Für epidemiologische und arbeitsmedizinische Studien sind Überlegungen, wie oben aufgeführt, notwendig. Es ist aber auch an der Zeit, dass die Diagnostik und Begutachtung im Einzelfall mit Hilfe fundierter Lungenfunktionsparameter durchgeführt wird und die pathophysiologischen Veränderungen sensitiver erfasst, genauer beschrieben und quantifiziert werden.

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Design und Ergebnisse der SAPALDIA-Studie

Die Lungenfunktionssollwerte der SAPALDIA-Studie [9] [10] sind die einzigen verfügbaren Empfehlungen, die nach einem guten epidemiologischen Studiendesign erhoben wurden (Zufallsstichprobe ausgewählter Orte aus der Schweiz, Erhebung des Raucherstatus und einer Krankheitsanamnese, Lungenfunktionsmessungen mit eigens geschultem Personal, Beachtung der Qualitätssicherungskriterien der ATS) und auf einem genügenden Stichprobenumfang beruhen. Sie sind für die oben angegeben Zwecke gut geeignet. Leider gehen die Messungen bisher nur bis zu einem Alter von 60 Jahren. Es muss daher häufig extrapoliert werden, da das Alter der lungenkranken Patienten und der z. B. zu begutachtenden Bergleute oft über 60 Jahre liegt. Es ist vorgesehen, die Lungenfunktionsmessungen der SAPALDIA-Studie nach 10 Jahren (2001) zu wiederholen. Man kann dann eine Bestätigung der Extrapolation, eine Erweiterung der Studie auf den Lebensaltersbereich bis 70 Jahre (und sinnvolle Extrapolation bis 80 Jahre) in Kürze erhoffen.

Die Lungenfunktionssollwerte aus der SAPALDIA-Studie [9] [10] wurden gemäß einem mathematischen Modell mit folgendem Ansatz bestimmt:

  • Frauen und Männer haben unterschiedliche Lungenfunktionssollwerte.

  • Die Lungenfunktionsparameter hängen von einer Funktion des Alters und einer Funktion der Körpergröße multiplikativ ab. Die Abhängigkeit vom Alter ist also für alle Männer bzw. Frauen bis auf einen von der Körpergröße abhängenden Faktor identisch.

  • Die Abhängigkeit von der Körpergröße wird mit einem Potenzansatz modelliert. Dies führt für die beiden wichtigen Parameter FVC und FEV1 zu einer nahezu quadratischen Abhängigkeit von der Körpergröße (und entspricht also nahezu einer Abhängigkeit von der Körperoberfläche).

  • Die Altersabhängigkeit ist durch eine Exponenzialfunktion einer quadratischen Funktion des Alters gegeben. Es liegt für FVC, FEV1, PEF ein Optimum bei ungefähr 25 Jahren vor. Die Abhängigkeit vom Alter wurde quadratisch angesetzt. Bei den Parametern FVC, FEV1, PEF und MEF75 muss für Männer der untere Schenkel (bis Alter 25) und der obere Schenkel (ab Alter 25) getrennt ermittelt werden, um eine gute Anpassung zu erhalten. Die Schnittstelle im Alter von 25 Jahren wurde aufgrund von Angaben aus der Literatur gewählt. Auch die Sollwerte von Cara et al. [8] sind im Alter quadratisch modelliert. Eine lineare Regressionsfunktion [6] oder der Hockeyschlägeransatz von Quanjer [1] [2] geben den Zusammenhang zu ungenau wieder.

  • Die Sollgrenzwerte werden eigenständig geschätzt und unterscheiden sich um einen vom Alter exponentiell abhängigen Faktor von den Sollmittelwerten. Sollgrenzwerte sind damit altersabhängige Prozentsätze der Sollmittelwerte. Die Annahme einer konstanten Standardabweichung (wie häufig üblich, z. B. bei Quanjer [1], vgl. auch Miller und Pincock [11]) ließ sich v. a. bei den Flussparametern nicht halten.

Die sich aus der SAPALDIA-Studie ursprünglich ergebenden Sollgrenzwerte (5 %-Quantile) [9] scheinen jedoch teilweise erheblich unruhiger zu verlaufen als die Sollmittelwerte (siehe Konkavität insbesondere beim FEV1 der Männer). Da nur jeder zwanzigste Fall unterhalb dieser Grenze liegt, also für jedes Geschlecht nur ca. 75 (= 1500/20) Fälle, ist dies nicht verwunderlich.

Eine eingehende statistische Analyse zeigt nun, dass eine stabilere statistische Modellierung mit weniger freien Parametern Sollgrenzwerte für die Lungenfunktion liefert, die glatter und für eine Extrapolation besser geeignet sind; die Approximation der Daten bleibt dabei im Wesentlichen unverändert [10]. Die Kurven können unserer Einschätzung nach bis zu einem Alter von 70 Jahren extrapoliert werden.

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Vergleich mit den Sollwerten von Quanjer

Die Abb. [1a-g] stellen die Sollmittel- und Sollgrenzwerte nach Quanjer et al. [2] denjenigen nach Brändli et al. [9] [10] am Beispiel eines 180 cm großen Mannes gegenüber. Die Lungenfunktionswerte der Frauen verhalten sich im Prinzip genauso wie jene der Männer; bemerkbar macht sich hier die frühere Adoleszenz und die nur diskreten Änderungen bis zum 35. Lebensjahr. Die Parameter FVC, PEF und MEF75 verlaufen für Frauen bis 30 Jahre sogar viel flacher als bei Quanjer. Im Folgenden geben wir eine knappe Beschreibung der wesentlichen Unterschiede der einzelnen Lungenfunktionsparameter für 160 bis 200 cm große Männer und 150 cm bis 190 cm große Frauen.

Wegen der Hockeyschlägerkurven von Quanjer ergeben sich im Bereich z. B. für Männer von 18 bis 25 Jahren maximale Abweichungen zwischen den Lungenfunktionsparametern der beiden Studien bei fallender Brändlischer Kurve am Anfang bei 18 Jahren (MEF50, MEF25, MEF75 - 25), bei steigender Kurve bei 25 Jahren (FVC, FEV1, PEF). Im weiteren Verlauf haben einzelne Kurven ihre maximalen Differenzen im Bereich 40 bis 50 Jahre (FVC) oder am Rande bis 25 Jahren (FEV1, PEF) bzw. 60 bzw. 70 Jahre (FEV1/VC). Der Tiffeneau-Test liefert die Messgröße FEV1/FVC, der auch in der SAPALDIA-Studie gemessen wurde. Die entsprechende von Quanjer [1] basiert teilweise auf Untersuchungen, in denen IVC als Vitalkapazität erfasst wurde. Nach unseren Untersuchungen [3] unterscheiden sich IVC und FVC nicht systematisch voneinander, so dass dieses Vorgehen bei Quanjer gerechtfertigt ist. Wir bezeichnen daher die Messgröße in der vorliegenden Arbeit durchgehend mit FEV1/VC. Im Einzelnen:

FVC (Abb. [1a]): Brändlis Sollwertkurven sind nach oben verschoben. Bei kleinen Personen (160 cm) klaffen die Empfehlungen von Brändli et al. und Quanjer besonders für den Sollgrenzwert mit wachsendem Alter immer stärker auseinander. Die maximalen Abweichungen betragen für Frauen mit 150 cm bis 59 %, für Männer mit 160 cm bis 39 %.

FEV1 (Abb. [1b]): Die Kurven von Brändli et al. sind außer bei großen Probandinnen nach oben verschoben. Für kleine Männer wird der Unterschied mit steigendem Alter immer größer. Die maximale Divergenz umfasst für Männer mit 160 cm 43 %.

FEV1/VC (Abb. [1c]): Die Kurven überschneiden sich, wobei jene von Brändli et al. steiler abfallen. Für große Menschen (200 cm) liegen die Werte der letzteren bis zu 7 % unter den Sollwerten von Quanjer.

PEF (Abb. [1d]): Die Sollmittelwerte berühren sich fast oder überkreuzen sich, liegen insgesamt relativ nahe beieinander. Allerdings steigen jene von Brändli et al. für Männer im jugendlichen Alter (unter 25 Jahren) steil an. Der Sollgrenzwert von Brändli et al. liegt jedoch weit unter dem von Quanjer. Die Differenz zwischen Sollmittel- und Sollgrenzwert (Normbereich) ist bei Brändli et al. insbesondere bei Frauen nahezu doppelt so groß wie bei Quanjer. Die Sollgrenzwerte der Frauen mit 190 cm weichen maximal um 30 %, jene der Männer mit 200 cm maximal um 16 % nach unten ab.

MEF75 (Abb. [1e]): Die Sollmittelwerte überlagern sich weitgehend; allerdings liegt ein steilerer Anstieg bei Brändli et al. in jungen Jahren unter 25 Jahren vor. Die Grenzwerte liegen nach Brändli et al. mit steigendem Alter stärker unterhalb derjenigen von Quanjer. Die maximalen Unterschiede betragen für Frauen mit 190 cm 33 %, für Männer mit 200 cm 39 %.

MEF50 (Abb. [1f]): Auch hier ist der Altersabfall nach Brändli et al. für Sollmittel- und Sollgrenzwert steiler als nach Quanjer. Die größten Abweichungen machen bei Frauen mit 190 cm 34 % aus, bei Männern mit 200 cm 32 %.

MEF25 (Abb. [1g]): Die Sollmittelwerte von Brändli et al. liegen besonders für große Menschen weit unterhalb jenen von Quanjer; sie nähern sich mit den absoluten Werten den Sollgrenzwerten. Die konstante Standardabweichung von Quanjer führt zu sinnlosen Sollgrenzwerten, die für kleine Männer und Frauen im Alter von 70 Jahren sogar negativ werden. Die Abweichungen betragen beim Sollmittelwert für 40 Jahre alte Männer bis 62 %, bei Frauen 5 % bis 62 %.

Die Einflüsse des Alters und der Körpergröße sind sowohl bei Quanjer [1] [2] als auch bei Brändli et al. [9] [10] in einem gewissen Sinn unabhängig von einander. Als beispielhaften Bezugspunkt wählen wir einen 180 cm großen Mann, da dies anschaulicher ist, als einen absoluten Wert zu modifizieren, der sich auf einen „0 cm großen” und „0 Jahre alten” Menschen bezieht. Beim additiven Ansatz von Quanjer addiert sich zu einem durch das Alter bestimmten Wert ein nur durch die Körpergröße bestimmter Wert (additiver Körpergrößenzuschlag; Tab. [1a] u. [1b]. Zum Beispiel vergrößert sich für Männer die FVC pro 10 cm Körpergröße um 576 cm3 unabhängig vom Alter). Beim multiplikativen Anstieg von Brändli et al. muss man dagegen mit einem modifizierenden Faktor multiplizieren (wiederum zum besseren Vergleich auf einen 1,80 m großen Mann normiert, für den somit der Faktor 1 gilt; Tab. [1]), oder - dies ist äquivalent - einen prozentualen Zuschlag addieren. Zum Beispiel vergrößert sich die FVC für einen 1,90 m großen Mann um den Faktor 1,124 oder äquivalent um 12,4 %. Die Abhängigkeit von der Körpergröße ist bei Quanjer linear, dagegen bei Brändli et al. für die verschiedenen Lungenfunktionswerte verschieden, für FEV1 und FVC nahezu quadratisch.

Die Unabhängigkeit von Alter und Körpergröße macht es in beiden Ansätzen möglich, dass man Kollektive von Männern mit verschiedenen Körpergrößen auf eine feste Körpergröße normiert: Man kann den Verlauf der Lungenfunktion dann rein altersabhängig darstellen, bei Quanjer durch Subtraktion des Körpergrößenzuschlags, bei Brändli et al. durch Division durch den Körpergrößen-Faktor. Man erhält den Altersverlauf der Lungenfunktionsparameter mit zunehmendem Alter, normiert auf einen 180 cm großen Mann. Die Lungenfunktionswerte haben für jede feste Körpergröße bis auf eine von der Körpergröße abhängige Skalierung den gleichen Verlauf über das Lebensalter.

Aus der Tab. [1] kann man somit unten die festen additiven Zuschläge nach Quanjer, oben neben der Körpergröße die prozentualen Zuschläge nach Brändli et al. für die Körpergröße ablesen.

Die Formeln von Quanjer lauten für die Lungenfunktionsparameter FVC, FEV1, PEF, MEF75, MEF50, MEF25:

a0 + b * KG - c * Alter.

Hierbei ist Alter das modifizierte Alter in Jahren, also 25 Jahre für Personen zwischen 18 und 25 Jahren (dies entspricht dem waagerechten Verlauf des Hockeyschlägers), die Körpergröße (KG) ist in cm angegeben.

b ist die Zunahme der Lungenfunktionsparameter pro cm Körpergröße, c ist die Abnahme der Lungenfunktionsparameter pro Jahr (ab einem Alter von 25 Jahren).

a0 ist eine Konstante. Diese wäre, wenn die Formel nicht bez. des Alters modifiziert wäre und wenn man über den Geltungsbereich herausginge, der Lungenfunktionsparameter für einen „idealisierten” Mann mit 0 Jahren und 0 cm Größe.

Für die Interpretation der Formel ist es günstiger, sie umzuschreiben:

a1 + b * (KG - 180) - c * (Alter - 25)

b ist die Zunahme der Lungenfunktionsparameter pro cm Körpergröße, c ist die Abnahme der Lungenfunktionsparameter pro Jahr (ab einem Alter von 25 Jahren).

a1 ist der Lungenfunktionsparameter für einen Mann mit 25 Jahren und 180 cm Größe („Herr Mustermann”).

Anhand der Formel erkennt man, dass Alter und Körpergröße den Wert des Mustermanns einfach modifizieren: pro Jahr nimmt der Wert um konstant c Einheiten ab und zusätzlich pro cm Körpergröße um konstant b Einheiten zu.

Die Formeln von Brändli et al. lassen sich von einem Computer zwar genau so schnell auswerten, sind aber etwas komplizierter. Für einen Vergleich gehen wir von demselben Mustermann (KG = 1,80 m, Alter 25 Jahre, aber auch 20, 30, 40, 50, 60 und extrapolierend 70 Jahre jeweils als Alter0 bezeichnet) aus, und geben die Werte für die Abänderungen pro cm Größenzuwachs und Jahr Alterszunahme an. Der mathematische Ansatz ist hier aber anders, die Körpergröße beeinflusst den Lungenfunktionswert nicht durch einen vom Alter unabhängigen Wert, sondern die Änderung ist proportional zum Lungenfunktionswert des jeweiligen Alters erhöht bzw. erniedrigt. Das heißt, man muss, um die Körpergröße zu berücksichtigen, einen von der Größe abhängenden Prozentsatz addieren. Dieser Prozentsatz ist dabei für MEF25 - 75, MEF75, MEF50 und MEF25 ungefähr proportional zur Größe, dagegen ist die Abhängigkeit von der Körpergröße für FVC und FEV1 eher quadratisch, einer Oberfläche entsprechend, für den PEF liegt sie dazwischen, und FEV1/VC nimmt sogar mit steigender Körpergröße leicht ab.

Für einen Vergleich der Sollwertformeln von Quanjer und Brändli et. al. reicht es nicht, die Formeln analog umzuschreiben, man kann die Funktionen, die die Altersabhängigkeit beschreiben, aber an einigen Stellen (Alter0) linear approximieren, hier durch ihre Tangente ersetzen, und sie dann in der Nähe von Alter0 lokal vergleichen.

exp (a + b * ln(H) + c1 * Alter + c2 * Alter2.) = k1 * Hb * exp (c1 * Alter + c2 * Alter2.) =

Die Potenzfunktion Hb ist nur von der Körpergröße H, der Exponenzialterm nur vom Alter abhängig. Durch die Auszeichnung der Körpergröße des „Mustermanns” von 180 cm erhalten wir durch den Übergang zur Tangente, die die Kurve im Alter Alter0 berührt:

k2 * (H/180)b * exp (c1 * Alter + c2 * Alter2.) ∼ k2 * (H/180)b * [exp (c1 * Alter0 + c2 * Alter0 2.) + exp (c1 * Alter0 + c2 * Alter0 2.) * (c1 + 2 * c2 * Alter0 .) * (Alter - Alter0)] = k2 * (H/180)b * exp (c1 * Alter0 + c2 * Alter0 2) * [1 + (c1 + * c2 * Alter0) * (Alter - Alter0)]

(H/180)b ist der nur von der Körpergröße abhängige Faktor aus Tab. [1].

In Tab. [2a] sind die Werte der Lungenfunktionssollwerte für einen 1,80 m großen Mann in 10 Jahresschritten angegeben und zusätzlich für das Alter 25 Jahre, das bei Quanjer als Knickpunkt dient. In Tab. [2b] analog für eine 170 cm große Frau. Neben den Lungenfunktionssollwerten kann man auch die lokale Steigung ablesen: bei Quanjer bis 25 Jahre konstant 0, dann ein konstanter Wert bis ins hohe Alter hinein. Die Steigung bei Brändli wird dagegen bis zum Alter von 60 Jahren für verschiedene Parameter zunehmend steiler. Insbesondere für die FVC und den PEF ist die Steigung zu Beginn bei Brändli erheblich schwächer - 0,0085 bzw. - 0,0024 gegenüber - 0,0260 bzw. - 0,0430 bei Quanjer. Im oberen Altersbereich flachen sich die Kurven von Brändli allerdings wieder ab.

Die Bestimmung des Sollgrenzwertes erfolgt bei Quanjer [1] [2] aus dem Sollmittelwert durch Subtraktion eines konstanten Wertes, der sich gemäß dem 5 %-Quantil der Normalverteilung aus dem 1,6449fachen der Standardabweichung ergibt. Dies erfolgt aufgrund der impliziten Annahme, dass die individuellen Abweichungen der Lungenfunktion von ihrem Sollmittelwert einer von diesem Wert und vom Alter unabhängigen normalen Verteilung gehorchen (diese Annahme erlaubt eine einfache Berechnung des Grenzwertes).

In Europa war es dagegen lange Zeit üblich, den Sollgrenzwert als einen festen Prozentsatz des Sollmittelwertes anzugeben, entsprechend der Annahme, dass sich die individuelle Streuung zum Sollmittelwert proportional verhält. Ähnlich unterstellt man ja bei physiologischen oder chemischen Messungen häufig einen konstanten Variationskoeffizienten anstelle einer konstanten Standardabweichung.

Bei den Formeln nach Brändli et al. [9] [10] hat man einen Prozentsatz, der mit dem Alter kleiner wird, d. h. der aus den SAPALDIA-Daten geschätzte Sollgrenzwert liegt zwischen diesen beiden herkömmlichen Modellen.

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Abb. 1a - g.

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Abb. 1Vergleich der Sollmittel- und Sollgrenzwerte am Beispiel eines 180 cm großen männlichen Probanden.

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Abb. 1b.

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Abb. 1c.

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Abb. 1d.

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Abb. 1e.

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Abb. 1f.

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Abb. 1g.

Tab. 1.
Tab. 1aMänner: Faktoren zur Berücksichtigung der Körpergröße für die Sollmittel- und -grenzwerte nach Brändli et al. (1996, 2000) für 180 cm große Männer, sowie fixer Zuwachs pro 10 cm Körpergröße nach Quanjer (1983)
FCVFEV1 PEFMEF25 - 75 MEF75 MEF50 MEF25 FEV1/FVC
AutorKG in cmΔFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichKG
%%%%%%%%cm
Brändli et al.160-200,775-22,50,779-22,10,858-14,20,895-11,50,890-11,00,908-9,20,876-12,41,0383,8160
170-100,883-11,70,897-10,30,929-7,10,947-5,30,945-5,50,955-4,50,938-7,21,0181,8170
18001010101010101010180
190+101,12412,41,10910,91,0737,31,0535,31,0555,51,0454,51,0636,30,983-1,7190
200+201,25725,71,22322,31,14614,61,10510,51,11011,01,0909,01,12612,60,967-3,3200
QuanjerFixerZuwachsfür 10 cmhöhere KG0,5760,4300,6140,1940,5460,3790,2610
Tab. 1bFrauen: Faktoren zur Berücksichtigung der Körpergröße für die Sollmittel- und -grenzwerte nach Brändli et al. (1996, 2000) für 170 cm große Frauen, sowie fixer Zuwachs pro 10 cm Körpergröße nach Quanjer (1983)
FCVFEV1 PEFMEF25 - 75 MEF75 MEF50 MEF25 FEV1/FVC
AutorKGΔFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichFaktorzuzüglichKG
in cm%%%%%%%%cm
Brändli et al.150-200,769-23,10,794-20,60,830-17,00,893-10,70,867-13,30,912-8,80,869-13,01,0343,4150
160-100,881-11,90,894-10,60,914-8,60,947-5,30,933-6,70,956-4,40,934-6,61,0161,6160
17001010101010101010170
180+101,12712,71,11111,11,0898,91,0535,31,0686,81,0434,31,0666,60,985-1,5180
190+201,26326,31,22822,81,18018,01,10610,61,13613,61,0868,61,13313,30,971-2,9190
QuanjerFixer Zuwachs für 10 cm höhere KG0,4430,3950,5500,1250,3220,2450,1050
Tab. 2aSollmittel- und -grenzwerte nach Brändli et al. (1996, 2000) und Quanjer (1983) für 180 cm große Männer
AutorAlter
20253040506070
WertSteigungWertWertSteigungWertSteigungWertSteigungWertSteigungWertSteigung
FVCBrändli et al.Sollmittelwert5,5840,06985,7505,716-0,00855,589-0,01675,383-0,02425,108-0,03064,775-0,0358
Sollgrenzwert4,6960,05094,7964,728-0,01494,547-0,02114,307-0,02654,020-0,03073,695-0,0338
QuanjerSollmittelwert5,37805,3785,248-0,02604,988-0,02604,728-0,02604,468-0,02604,208-0,0260
Sollgrenzwert4,37804,3784,248-0,02603,988-0,02603,728-0,02603,468-0,02603,208-0,0260
FEV1 Brändli et al.Sollmittelwert4,6960,05434,7694,642-0,02634,371-0,02774,089-0,02863,800-0,02913,508-0,0291
Sollgrenzwert3,9430,03943,9733,837-0,02783,557-0,02813,275-0,02812,996-0,02762,722-0,0269
QuanjerSollmittelwert4,52504,5254,380-0,02904,090-0,02903,800-0,02903,510-0,02903,220-0,0290
Sollgrenzwert3,68503,6853,540-0,02903,250-0,02902,960-0,02902,670-0,02902,380-0,0290
PEFBrändli et al.Sollmittelwert9,1090,26119,8199,8480,00249,768-0,01849,485-0,03799,017-0,05528,392-0,0692
Sollgrenzwert6,3060,16356,7056,633-0,01666,401-0,02966,048-0,04085,594-0,04965,066-0,0556
QuanjerSollmittelwert10,127010,1279,912-0,04309,482-0,04309,052-0,04308,622-0,04308,192-0,0430
Sollgrenzwert8,13708,1377,922-0,04307,492-0,04307,062-0,04306,632-0,04306,202-0,0430
MEF25 - 75 Brändli et al.Sollmittelwert4,959-0,03964,7494,516-0,04844,002-0,05393,450-0,05592,894-0,05482,362-0,0512
Sollgrenzwert3,377-0,04983,1262,875-0,05032,381-0,04811,918-0,04411,504-0,03871,147-0,0326
QuanjerSollmittelwert5,11705,1174,902-0,04304,472-0,04304,042-0,04303,612-0,04303,182-0,0430
Sollgrenzwert3,40703,4073,192-0,04302,762-0,04302,332-0,04301,902-0,04301,472-0,0430
MEF75 Brändli et al.Sollmittelwert8,1610,18488,6068,541-0,01628,339-0,02428,060-0,03147,713-0,03787,308-0,0431
Sollgrenzwert4,9870,07515,0634,838-0,04594,379-0,04593,923-0,0453,480-0,04343,057-0,0412
QuanjerSollmittelwert8,63308,6338,488-0,02908,198-0,02907,908-0,02907,618-0,02907,328-0,0290
Sollgrenzwert5,82305,8235,678-0,02905,388-0,02905,098-0,02904,808-0,02904,518-0,0290
MEF50 Brändli et al.Sollmittelwert5,484-0,01965,3715,229-0,03114,869-0,04054,428-0,04743,931-0,05143,409-0,0527
Sollgrenzwert3,708-0,03143,5443,367-0,03652,985-0,03952,584-0,04032,185-0,03931,803-0,0367
QuanjerSollmittelwert5,69705,6975,542-0,03105,232-0,03104,922-0,03104,612-0,03104,302-0,0310
Sollgrenzwert3,52703,5273,372-0,03103,062-0,03102,752-0,03102,442-0,03102,132-0,0310
MEF25 Brändli et al.Sollmittelwert2,703-0,05772,4222,158-0,05111,682-0,04391,281-0,03650,952-0,02940,690-0,0220
Sollgrenzwert1,821-0,04371,8211,416-0,03741,074-0,03090,796-0,02480,576-0,01930,407-0,0146
QuanjerSollmittelwert2,70802,7082,578-0,02602,318-0,02602,058-0,02601,798-0,02601,538-0,0260
Sollgrenzwert1,42801,4281,298-0,02601,038-0,02600,778-0,02600,518-0,02600,258-0,0260
FEV1/VCBrändli et al.Sollmittelwert0,841-0,00280,8280,814-0,00270,788-0,00260,762-0,00250,737-0,00240,713-0,0024
Sollgrenzwert0,731-0,00280,7170,704-0,00270,678-0,00260,652-0,00250,628-0,00240,605-0,0023
QuanjerSollmittelwert0,82700,8270,818-0,00180,800-0,00180,782-0,00180,764-0,00180,746-0,0018
Sollgrenzwert0,70900,7090,700-0,00180,682-0,00180,664-0,00180,646-0,00180,628-0,0018
Tab. 2bSollmittel- und -grenzwerte nach Brändli et al. (1996, 2000) und Quanjer (1983) für 170 cm große Frauen.
AutorAlter
20253040506070
WertSteigungWertSteigungWertSteigungWertSteigungWertSteigungWertSteigungWertSteigung
FVCBrändli et al.Sollmittelwert4,1860,01264,2340,00644,249-0,00014,185-0,01283,997-0,02433,704-0,03393,329-0,0405
Sollgrenzwert3,3720,00643,3910,00133,384-0,00383,296-0,01373,113-0,02242,852-0,02922,535-0,0337
QuanjerSollmittelwert3,991-0,02603,991-0,02603,861-0,02603,601-0,02603,341-0,02603,081-0,02602,821-0,0260
Sollgrenzwert3,281-0,02603,281-0,02603,151-0,02602,891-0,02602,631-0,02602,371-0,02602,111-0,0260
FEV1 Brändli et al.Sollmittelwert3,63-0,00613,588-0,01083,523-0,01513,331-0,02293,069-0,02212,754-0,03332,409-0,0354
Sollgrenzwert2,968-0,00912,913-0,01272,841-0,01612,650-0,02192,408-0,02622,132-0,02871,839-0,0296
QuanjerSollmittelwert3,490-0,02503,490-0,02503,365-0,02503,115-0,02502,865-0,02502,615-0,02502,365-0,0250
Sollgrenzwert2,870-0,02502,870-0,02502,745-0,02502,495-0,02502,245-0,02501,995-0,02501,745-0,0250
PEFBrändli et al.Sollmittelwert6,7840,00626,8010,00076,791-0,00496,687-0,01586,478-0,02596,173-0,03485,787-0,0421
Sollgrenzwert4,729-0,01224,659-0,01584,572-0,01934,347-0,02544,067-0,03053,743-0,03423,388-0,0365
QuanjerSollmittelwert7,490-0,03007,490-0,03007,340-0,03007,040-0,03006,740-0,03006,440-0,03006,140-0,0300
Sollgrenzwert6,010-0,03006,010-0,03005,860-0,03005,560-0,03005,260-0,03004,960-0,03004,660-0,0300
MEF25 - 75 Brändli et al.Sollmittelwert3,965-0,02063,840-0,02923,675-0,03683,246-0,04802,733-0,05362,194-0,05351,678-0,0490
Sollgrenzwert2,781-0,03122,614-0,03552,427-0,03882,020-0,03881,602-0,04101,211-0,03680,872-0,0307
QuanjerSollmittelwert4,195-0,03404,195-0,03404,025-0,03403,345-0,03403,005-0,03403,005-0,03402,665-0,0340
Sollgrenzwert2,795-0,03401,795-0,03402,625-0,03401,945-0,03401,945-0,03401,605-0,03401,265-0,0340
MEF75 Brändli et al.Sollmittelwert6,340-0,00466,306-0,00886,252-0,01306,081-0,02095,836-0,02805,525-0,03405,160-0,0388
Sollgrenzwert3,841-0,02953,690-0,03093,533-0,03193,205-0,03332,869-0,03372,534-0,03322,207-0,0320
QuanjerSollmittelwert6,449-0,02506,449-0,02506,324-0,02506,074-0,02505,824-0,02505,574-0,02505,324-0,0250
Sollgrenzwert4,229-0,02504,229-0,02504,104-0,02503,854-0,02503,604-0,02503,354-0,02503,104-0,0250
MEF50 Brändli et al.Sollmittelwert4,392-0,00944,327-0,01644,228-0,02313,938-0,03463,547-0,04293,091-0,04772,606-0,0488
Sollgrenzwert3,165-0,02703,021-0,03082,859-0,03392,498-0,03792,111-0,03901,726-0,03761,365-0,0343
QuanjerSollmittelwert4,700-0,02504,700-0,02504,575-0,02504,325-0,02504,075-0,02503,825-0,02503,575-0,0250
Sollgrenzwert2,890-0,02502,890-0,02502,765-0,02502,515-0,02502,265-0,02502,015-0,02501,765-0,0250
MEF25 Brändli et al.Sollmittelwert2,243-0,03652,051-0,03991,847-0,04181,426-0,04141,033-0,03660,703-0,02940,448-0,0216
Sollgrenzwert1,593-0,03231,428-0,03351,259-0,03360,034-0,03090,650-0,02560,425-0,01950,260-0,0136
QuanjerSollmittelwert2,270-0,02502,270-0,02502,145-0,02501,895-0,02501,895-0,02501,395-0,02501,145-0,0250
Sollgrenzwert1,140-0,02501,140-0,02501,015-0,02500,765-0,02500,515-0,02500,265-0,02500,015-0,0250
FEV1/VCBrändli et al.Sollmittelwert0,863-0,00320,848-0,00310,832-0,00310,802-0,00300,773-0,00290,745-0,00280,718-0,0027
Sollgrenzwert0,770-0,00330,753-0,00320,738-0,00320,707-0,00300,677-0,00290,648-0,00280,621-0,0027
QuanjerSollmittelwert0,844-0,00190,844-0,00190,834-0,00190,815-0,00190,796-0,00190,777-0,00190,758-0,0019
Sollgrenzwert0,737-0,00190,737-0,00190,727-0,00190,708-0,00190,689-0,00190,670-0,00190,651-0,0019
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Diskussion

Eine Unterschreitung eines (unteren) Sollgrenzwertes eines Lungenfunktionsparameters bei einer zufällig herausgegriffenen Person ist auffällig. Eine solche Auffälligkeit kommt aber definitionsgemäß bei 5 % der gesunden nicht rauchenden Bevölkerung vor. Betrachtet man in der Gesamtschau die Vielzahl der erfassbaren Lungenfunktionsparameter, so zeigen noch weit mehr Personen Auffälligkeiten. Zur Feststellung einer krankhaften Veränderung gehören weitere Indikatoren, z. B. Symptome wie Luftnot, Husten, Auswurf, Giemen etc. Auch ein Vergleich mit früheren Lungenfunktionswerten derselben Person kann aufschlussreich sein. Hilfsweise kann man in manchen Kollektiven [12] [13], z. B. bei Bergleuten mit Recht annehmen, dass sie in früheren Jahren zu denen gehörten, die in ihrer Lungenfunktion eher hochnormale Werte aufwiesen, denn erfahrungsgemäß ergriffen nur sehr gesunde junge Männer derartige Berufe.

Eine Schwierigkeit besteht in der Übergangsphase der Einführung neuer Normwerte in der anfänglichen Unsicherheit bei der Interpretation dieser Werte. Bei den alten Werten gibt es eine Vertrautheit in den jeweiligen Maßnahmen, die sich mit den neuen Werten erst einstellen muss. Die einfache Interpretation, dass erst krank sei, wer außerhalb der Sollgrenzwerte von Quanjer et al. [1] [2] lag, war dabei zwar eine sehr praktische und einfache Konvention, die aber eben zu einfach war und nicht dem heutigen wissenschaftlichen Standard entspricht. Dies betrifft insbesondere auch die Annahme einer über die Körpergröße konstanten Standardabweichung; ein prozentualer Abfall kommt hier der Realität wohl näher.

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Literatur

  • 1 Quanjer P H. Standardized lung function testing.  Bull Eur Physiopath Respir. 1983;  5 1-92
  • 2 Quanjer P H, Tammeling G J, Cotes J E, Pedersen O F, Peslin R, Yernault J C. Lung volumes and forced ventilatory flows.  Eur Respir J. 1993;  6 5-40
  • 3 Baur X, Isringhausen-Bley S, Degens P. Comparison of lung-function reference values.  Int Arch Occup Environ Health. 1999;  72 69-83
  • 4 Degens P, Baur X. Lungenfunktionssollwerte: Vorschläge für ein Positionspapier. In: (Hrsg.: Rettenmeier AW, Feldhaus Ch): Arbeitsmedizinische Gefährdungsbeurteilung: Individual- und Gruppenprävention Dokumentationsband über die 39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V., Wiesbaden, Druckerei Rindt, Fulda 1999: 471-473
  • 5 Ulmer W T, Reichel T, Nolte D, Islam M S. Die Lungenfunktion. Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York 1991
  • 6 Ulmer W T. Lungenfunktions-Manual. Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York 1998
  • 7 Crapo R O, Morris A H, Gardner R M. Reference spirometric values using techniques and equipment that meet ATS recommendations.  Am Rev Respir Dis. 1981;  123 659-664
  • 8 Cara M, Hentz P. Aide-mémoire of spirographic practice for examining ventilatory function.  Ind Health Medicine. 1971;  11: 2nd edition
  • 9 Brändli O, Schindler Ch, Künzli N, Keller R, Perruchoud A P. and SAPALDIA team . Lung function in healthy never smoking adults: reference values and lower limits of normal of a Swiss population.  Thorax. 1996;  51 277-283
  • 10 Brändli O, Leuenberger Ph, Schindler C, Baur X, Degens P, Künzli N, Keller R, Perruchoud A P. Reestimated reference equations for the 5th percentiles of lung function variables in the adult population of Switzerland (SAPALDIA-study).  Thorax. 2000;  55 173-174
  • 11 Miller M R, Pincock A C. Predicted values: how should we use them.  Thorax. 1988;  43 265-267
  • 12 Carstens M, Brinkmann O, Lange H J, Meisterernst A, Schlicht H. Beiträge zur Pathophysiologie der Staublungenkrankheit im Bergbau. III. Mitteilung.  Archiv Gewerbepath u Gewerbehyg. 1958;  16 459-477
  • 13 Hnizdo E. Health risks among white South African gold miners - dust, smoking and chronic obstructive pulmonary disease.  S Afr Med J. 1992;  81 512-517

Prof. Dr. med X Baur

Ordinariat für Arbeitsmedizin Zentralinstitut für Arbeitsmedizin

Adolph-Schönfelder-Str. 5 22083 Hamburg

Email: E-mail: baur@uke.uni-hamburg.de

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Literatur

  • 1 Quanjer P H. Standardized lung function testing.  Bull Eur Physiopath Respir. 1983;  5 1-92
  • 2 Quanjer P H, Tammeling G J, Cotes J E, Pedersen O F, Peslin R, Yernault J C. Lung volumes and forced ventilatory flows.  Eur Respir J. 1993;  6 5-40
  • 3 Baur X, Isringhausen-Bley S, Degens P. Comparison of lung-function reference values.  Int Arch Occup Environ Health. 1999;  72 69-83
  • 4 Degens P, Baur X. Lungenfunktionssollwerte: Vorschläge für ein Positionspapier. In: (Hrsg.: Rettenmeier AW, Feldhaus Ch): Arbeitsmedizinische Gefährdungsbeurteilung: Individual- und Gruppenprävention Dokumentationsband über die 39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V., Wiesbaden, Druckerei Rindt, Fulda 1999: 471-473
  • 5 Ulmer W T, Reichel T, Nolte D, Islam M S. Die Lungenfunktion. Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York 1991
  • 6 Ulmer W T. Lungenfunktions-Manual. Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York 1998
  • 7 Crapo R O, Morris A H, Gardner R M. Reference spirometric values using techniques and equipment that meet ATS recommendations.  Am Rev Respir Dis. 1981;  123 659-664
  • 8 Cara M, Hentz P. Aide-mémoire of spirographic practice for examining ventilatory function.  Ind Health Medicine. 1971;  11: 2nd edition
  • 9 Brändli O, Schindler Ch, Künzli N, Keller R, Perruchoud A P. and SAPALDIA team . Lung function in healthy never smoking adults: reference values and lower limits of normal of a Swiss population.  Thorax. 1996;  51 277-283
  • 10 Brändli O, Leuenberger Ph, Schindler C, Baur X, Degens P, Künzli N, Keller R, Perruchoud A P. Reestimated reference equations for the 5th percentiles of lung function variables in the adult population of Switzerland (SAPALDIA-study).  Thorax. 2000;  55 173-174
  • 11 Miller M R, Pincock A C. Predicted values: how should we use them.  Thorax. 1988;  43 265-267
  • 12 Carstens M, Brinkmann O, Lange H J, Meisterernst A, Schlicht H. Beiträge zur Pathophysiologie der Staublungenkrankheit im Bergbau. III. Mitteilung.  Archiv Gewerbepath u Gewerbehyg. 1958;  16 459-477
  • 13 Hnizdo E. Health risks among white South African gold miners - dust, smoking and chronic obstructive pulmonary disease.  S Afr Med J. 1992;  81 512-517

Prof. Dr. med X Baur

Ordinariat für Arbeitsmedizin Zentralinstitut für Arbeitsmedizin

Adolph-Schönfelder-Str. 5 22083 Hamburg

Email: E-mail: baur@uke.uni-hamburg.de

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Abb. 1a - g.

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Abb. 1Vergleich der Sollmittel- und Sollgrenzwerte am Beispiel eines 180 cm großen männlichen Probanden.

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Abb. 1b.

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Abb. 1c.

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Abb. 1d.

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Abb. 1e.

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Abb. 1f.

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Abb. 1g.